Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 298/2012
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 1/2}
9C_298/2012

Urteil vom 17. Dezember 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Verfahrensbeteiligte
Bundesamt für Sozialversicherungen, Effingerstrasse 20, 3003 Bern 3,
Beschwerdeführer,

gegen

SUVA, Abteilung Militärversicherung, Laupenstrasse 11, 3008 Bern,
Beschwerdegegnerin,

Eidgenössische Ausgleichskasse,
Holzikofenweg 36, 3003 Bern.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 28.
Februar 2012.

Sachverhalt:

A.
Bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Abteilung
Militärversicherung, wurde am 20. August 2008 durch die Revisionsstelle der
Ausgleichskassen eine Arbeitgeberkontrolle für die Periode vom 1. Januar 2004
bis 31. Dezember 2007 durchgeführt. Dabei stellte sich heraus, dass bei den
direkt an die Versicherten ausbezahlten Taggeldleistungen die Nettovergütungen
abgerechnet worden waren.
Die Eidgenössische Ausgleichskasse (EAK) verfügte am 4. Juni 2009, die ab 1.
Januar 2008 direkt an die Versicherten ausbezahlten
Militärversicherungstaggelder seien "netto für brutto aufzurechnen". Es seien
die paritätischen AHV/IV/EO/ALV-Beiträge zu erheben und abzurechnen. Auf eine
rückwirkende Korrektur ab 1. Januar 2006 werde verzichtet. Einspracheweise
machte die SUVA geltend, hierfür fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. In
einer weiteren Eingabe vom 4. September 2009 gab die SUVA ein Rechtsgutachten
zu den Akten. Mit Entscheid vom 31. März 2010 wies die EAK die Einsprache ab.

B.
Die von der SUVA, Abteilung Militärversicherung, hiegegen erhobene Beschwerde
hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 28. Februar
2012 gut und hob den Einspracheentscheid auf. Dabei bezeichnete es das
Bundesamt für Gesundheit (BAG), handelnd durch die SUVA, Abteilung
Militärversicherung, und die Eidgenössische Ausgleichskasse als Parteien.

C.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) führt Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag auf Aufhebung des
kantonalen Entscheides.

Während die SUVA, Abteilung Militärversicherung, auf Abweisung der Beschwerde
schliesst, beantragt die EAK deren Gutheissung.

Erwägungen:

1.
Im angefochtenen Entscheid wird das Bundesamt für Gesundheit (BAG), handelnd
durch die SUVA, Abteilung Militärversicherung, als Beschwerdeführerin
bezeichnet, dies obwohl es am Verfahren nie beteiligt war. Sowohl die Verfügung
als auch der Einspracheentscheid richteten sich an die SUVA, welche die
Verwaltungsakte denn auch angefochten hat. Selbst die prozessleitenden
Verfügungen und der vorinstanzliche Entscheid wurden an die Postadresse der
SUVA zugestellt. Bei dieser Sachlage macht das Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führende BSV zu Recht geltend, es handle
sich dabei um eine unrichtige Parteibezeichnung, die zu korrigieren sei, und es
erübrige sich, den angefochtenen Entscheid wegen fehlender Parteistellung des
BAG aufzuheben. Wie die SUVA zudem richtig festhält, lässt sich diese nicht
allein aus der Tatsache ableiten, dass dem BAG Aufsichtsfunktion zukommt.

2.
2.1 Gemäss Art. 5 Abs. 1 AHVG werden vom Einkommen aus unselbstständiger
Erwerbstätigkeit, dem massgebenden Lohn, AHV-Beiträge erhoben. Hinzu kommen die
Beiträge an die Invalidenversicherung (Art. 3 Abs. 1 IVG), die
Erwerbsersatzordnung (Art. 27 EOG) und die Arbeitslosenversicherung (Art. 3
Abs. 1 AVIG).

Als massgebender Lohn gemäss Art. 5 Abs. 2 AHVG gilt jedes Entgelt für in
unselbstständiger Stellung auf bestimmte oder unbestimmte Zeit geleistete
Arbeit (Satz 1). Er umfasst auch Teuerungs- und andere Lohnzulagen,
Provisionen, Gratifikationen, Naturalleistungen, Ferien- und
Feiertagsentschädigungen und ähnliche Bezüge, ferner Trinkgelder, soweit diese
einen wesentlichen Bestandteil des Arbeitsentgeltes darstellen (Satz 2). Mit
anderen Worten gehören zum massgebenden Lohn begrifflich sämtliche Bezüge der
Arbeitnehmerin und des Arbeitnehmers, die wirtschaftlich mit dem
Arbeitsverhältnis zusammenhängen, gleichgültig, ob dieses Verhältnis
fortbesteht oder gelöst worden ist und ob die Leistungen geschuldet werden oder
freiwillig erfolgen. Als beitragspflichtiges Einkommen aus unselbstständiger
Erwerbstätigkeit gilt somit nicht nur unmittelbares Entgelt für geleistete
Arbeit, sondern grundsätzlich jede Entschädigung oder Zuwendung, die sonst wie
aus dem Arbeitsverhältnis bezogen wird, soweit sie nicht kraft ausdrücklicher
gesetzlicher Vorschrift von der Beitragspflicht ausgenommen ist (BGE 133 V 556
E. 4 S. 558; 133 V 153 E. 3.1 S. 156 f.; 131 V 444 E. 1.1 S. 446; vgl. auch
Ueli Kieser, Alters- und Hinterlassenenversicherung, in: Soziale Sicherheit,
SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007 [nachfolgend: SBVR], S. 1249 f. Rz. 136; Derselbe,
Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Alters- und
Hinterlassenenversicherung, 2. Aufl. 2005 [nachfolgend: AHVG], N. 92 zu Art. 5
AHVG; Scartazzini/Hürzeler, Bundessozialversicherungsrecht, 4. Aufl. 2012, S.
162 f. Rz. 141).

2.2 Nach Art. 5 Abs. 4 AHVG kann der Bundesrat Sozialleistungen sowie
anlässlich besonderer Ereignisse erfolgende Zuwendungen eines Arbeitgebers an
seine Arbeitnehmer vom Einbezug in den massgebenden Lohn ausnehmen. Davon hat
er in Art. 6 ff. AHVV Gebrauch gemacht. Gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. b AHVV
gehören Versicherungsleistungen bei Unfall, Krankheit oder Invalidität -
ausgenommen die hier interessierenden Taggelder nach Art. 29 MVG sowie die
Taggelder nach Art. 25 IVG - nicht zum Erwerbseinkommen. Mit anderen Worten
gehören Taggelder der Militärversicherung sowie der Invalidenversicherung zum
massgebenden Lohn (BGE 123 V 223; vgl. auch Wegleitung über den massgebenden
Lohn [WML] in der AHV, IV, EO [Stand am 1. Januar 2010] Rz. 2071, 2075 f.).

2.3 Die zum massgebenden Lohn gehörenden Bestandteile werden in Art. 7 AHVV
beispielhaft näher aufgeführt (BGE 133 V 346 E. 4 S. 347). Gemäss Art. 7 lit. p
AHVV gehören Leistungen des Arbeitgebers, die in der Übernahme des
Arbeitnehmerbeitrages für die Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenversicherung, die Erwerbsersatzordnung und die
Arbeitslosenversicherung sowie der Steuern bestehen, zum massgebenden Lohn;
ausgenommen ist die Übernahme der Arbeitnehmerbeiträge auf Naturalleistungen
und Globallöhnen (vgl. auch Rz. 2080 f. WML).

2.4 Anspruch auf ein Taggeld der Militärversicherung hat der Versicherte,
welcher infolge einer Gesundheitsschädigung arbeitsunfähig ist (Art. 28 Abs. 1
MVG). Gemäss Art. 29 Abs. 3 MVG werden vom Taggeld (der Militärversicherung)
Beiträge an die Alters- und Hinterlassenenversicherung (lit. a), an die
Invalidenversicherung (lit. b), an die Erwerbsersatzordnung (lit. c) und
gegebenenfalls an die Arbeitslosenversicherung (lit. d) bezahlt. Die Beiträge
werden in vollem Umfang von der Militärversicherung getragen (Art. 29 Abs. 3bis
MVG; vgl. zum Ganzen: Jürg Maeschi, Kommentar zum Militärversicherungsgesetz,
N. 1 ff. zu Art. 28 und 29 MVG; vgl. auch Franz Schlauri, Die
Militärversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale
Sicherheit, 2. Aufl. 2007, S. 1098 ff.; Hans-Jakob Mosimann, Taggelder wegen
Arbeitsunfähigkeit in der IV, der Unfallversicherung und der
Militärversicherung, in: Arbeitsunfähigkeit und Taggeld, Schaffhauser/Kieser
[Hrsg.], 2010, S. 43 ff.).

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die von der SUVA an die Versicherten direkt
ausgerichteten Militärversicherungstaggelder für die Erhebung der AHV/IV/EO/
ALV-Beiträge in Bruttowerte umzurechnen sind. Anders als die SUVA und die
Vorinstanz bejahen die EAK und das BSV die Frage.

4.
4.1 Nach dem in allen drei Amtssprachen übereinstimmenden Wortlaut der
Bestimmung des Art. 7 lit. p AHVV gehören zum massgebenden Lohn "Leistungen des
Arbeitgebers, die in der Übernahme des Arbeitnehmerbeitrages [...] bestehen"
(französisch: "les prestations de l'employeur consistant à prendre en charge la
cotisation due par le salarié", italienisch: "le prestazioni del datore di
lavoro risultanti dall'assunzione del pagamento del contributo dovuto dal
salariato"). Dabei bedeutet "übernehmen" gemäss dem im Duden (Deutsches
Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2007, S. 1732) wiedergegebenen allgemeinen (und
auch von der Vorinstanz zitierten) Sprachverständnis "etwas, was jemandem
angetragen, übertragen wird, annehmen und sich bereit erklären, die damit
verbundenen Aufgaben zu erfüllen".

4.2 Entgegen dem angefochtenen Entscheid ergibt sich nicht etwa bereits aus dem
Wortlaut der Verordnungsbestimmung des Art. 7 lit. p AHVV, dass die
Arbeitnehmerbeiträge nicht in deren Anwendungsbereich fallen. Die von der
Vorinstanz hiefür angeführte Begründung, es liege keine Übernahme vor, weil der
Arbeitnehmer die Beiträge gestützt auf Art. 29 Abs. 3bis MVG gar nicht schulde,
greift, wie das BSV zu Recht geltend macht, zu kurz, weil sie das
Beitragssystem der AHV - insbesondere den Paritätsgrundsatz - ausser acht
lässt:
4.2.1 Im Beitragssystem der AHV (und der mit ihr verbundenen
Versicherungszweige) ist der versicherte Erwerbstätige grundsätzlich
beitragspflichtig für den Arbeitnehmeranteil (Art. 3 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1
AHVG). Der Arbeitgeber hat die Beiträge vom Einkommen aus unselbstständiger
Erwerbstätigkeit bei jeder Lohnzahlung in Abzug zu bringen und zusammen mit dem
Arbeitgeberbeitrag (in gleicher Höhe: Art. 5 Abs. 1, Art. 13 AHVG; Art. 3 Abs.
1 IVG; Art. 27 EOG; Art. 3 Abs. 3 AVIG) periodisch zu entrichten (Art. 14 Abs.
1 AHVG; vgl. auch Art. 3 Abs. 2 IVG, Art. 27 Abs. 3 EOG und Art. 5 Abs. 1
AVIG). Es gilt das Prinzip der Beitragserhebung an der Quelle (in AHI 1995 S.
147 publ. Urteil H 8/94 vom 10. Februar 1995 E. 3b). In diesem Sinne ist zur
Entrichtung der paritätischen Beiträge von vornherein einzig der Arbeitgeber
verpflichtet (vgl. auch Kieser, AHVG, N. 1 zu Art. 14 AHVG). Der Arbeitgeber
ist sowohl zahlender Selbstschuldner als auch gesetzlicher Erfüllungsvertreter
des Arbeitnehmers für dessen Schuld (Urteil 9C_648/2011 vom 6. November 2012 E.
4).
4.2.2 Eine Abweichung von diesem System, in welchem der Arbeitnehmer zu dulden
hat, dass ihm die Hälfte der geschuldeten Beiträge vom Lohn abgezogen wird,
gilt, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Nettolohnvereinbarung getroffen
haben, in welchem Falle der Arbeitgeber sämtliche Beiträge zu seinen Lasten
übernimmt (Urteil H 115/04 vom 29. Dezember 2004 E. 4; ZAK 1989 S. 151; vgl.
auch Rehbinder/Stöckli, Berner Kommentar, 3. Aufl. 2010, N. 14 zu Art. 322 OR;
Staehelin/Vischer, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1996, N. 24 zu Art. 322 OR;
Brunner/Bühler/Waeber/Bruchez, Kommentar zum Arbeitsvertragsrecht, 3. Aufl.
2005, N. 7 zu Art. 322 OR; Subilia/Duc, Droit du travail - Eléments de droit
suisse, 2010, N. 10 f. zu Art. 322 OR; Rémy Wyler, Droit du travail, 2. Aufl.
2008, S. 177 ff.).

4.3 Mit der Einführung des Art. 7 lit. p AHVV sollte - wie sich den damaligen
Erläuterungen des Verordnungsgebers zu den ab 1979 geltenden neuen Vorschriften
auf dem Gebiet der Beiträge (ZAK 1978 S. 378 ff.) entnehmen lässt - dem Umstand
Rechnung getragen werden, dass es vermehrt vorkam, dass der Arbeitgeber gewisse
Leistungen, die der Arbeitnehmer schuldete, wie beispielsweise die
bundesrechtlich geschuldeten Arbeitnehmerbeiträge für die AHV/IV/EO/AlV, selber
trug. Es wurde deshalb vorgesehen, dass unter anderem die vom Arbeitgeber
übernommenen Arbeitnehmeranteile an AHV/IV/EO/AlV-Beiträgen fortan dem
massgebenden Lohn zugerechnet werden (ZAK 1978 S. 378 f.).

4.4 Für die Taggelder der Militärversicherung gilt seit deren Einführung auf
den 1. Januar 1994 grundsätzlich die paritätische Beitragspflicht (Art. 29 Abs.
3 MVG in der damals geltenden Fassung, AS 1993 3043 ff.). Übereinstimmend mit
der seit 1. Januar 2006 in Kraft stehenden Bestimmung des Art. 29 Abs. 3 MVG
war in Art. 29 Abs. 3 Satz 1 MVG in der bis Ende 2005 gültig gewesenen Fassung
vorgesehen, dass vom Taggeld Beiträge an die Alters- und
Hinterlassenenversicherung, die mit ihr verbundenen Versicherungszweige (die
heute geltende Fassung nennt explizit die Invalidenversicherung und die
Erwerbsersatzordnung) und gegebenenfalls die Arbeitslosenversicherung bezahlt
werden. Abweichend von der heutigen Bestimmung des Art. 29 Abs. 3bis MVG war in
Art. 29 Abs. 3 Satz 2 MVG in der bis Ende 2005 gültig gewesenen Fassung
ausdrücklich vorgesehen, dass diese Beiträge je zur Hälfte vom Versicherten und
von der Militärversicherung getragen werden (vgl. dazu Maeschi, a.a.O., N. 8
ff. zu Art. 29 MVG; vgl. auch Schlauri, a.a.O., S. 1100 Rz. 117).

Auch dieser Hintergrund legt die Vermutung nahe, dass die auf den 1. Januar
2006 erfolgte Gesetzesänderung, gemäss welcher die Beiträge statt wie bisher je
hälftig vom Versicherten und von der Militärversicherung nun in vollem Umfang
von der Militärversicherung getragen werden (Art. 29 Abs. 3bis MVG), so zu
verstehen ist, dass nun auch der Arbeitnehmerbeitrag zulasten der
Militärversicherung geht.

4.5 Bestätigt wird diese Auslegung durch die Materialien zu den auf den 1.
Januar 2006 revidierten Bestimmungen des MVG (Botschaft vom 22. Dezember 2004
zum Entlastungsprogramm 2004 für den Bundeshaushalt, BBl 2005 S. 759 ff.).
Darin wird ausgeführt, der Leistungsansatz für künftige Leistungen werde von 95
auf 80 % herabgesetzt und entspreche damit dem Leistungsansatz in der
obligatorischen Unfallversicherung (Taggeld und Invalidenrente) und in der
Invalidenversicherung (Taggeld). Damit die Versicherten eine mit der
obligatorischen Unfallversicherung vergleichbare Entschädigung ausbezahlt
erhielten, übernehme die Militärversicherung künftig auch die Beiträge der
Arbeitnehmer (BBl 2005 S. 807 Ziff. 2.1.7 und S. 860; Agnes Leu, Unterstellung
und Beiträge der Bezüger und Bezügerinnen von Taggeldern, in:
Arbeitsunfähigkeit und Taggeld, Schaffhauser/Kieser [Hrsg.], 2010, S. 145 ff.,
183 f.). Die Reduktion des Leistungsansatzes von 95 auf 80 % entspreche einer
Leistungskürzung von rund 16 Prozent, werde aber mit der Übernahme des
Arbeitnehmeranteils durch die Militärversicherung etwas reduziert (vgl. auch
BBl 2005 S. 807 Ziff. 2.1.7). Mit anderen Worten bezieht sich die Passage der
bundesrätlichen Botschaft, wonach eine mit der UV vergleichbare Entschädigung
ausbezahlt werden solle (BBl 2005 S. 807 Ziff. 2.1.7), auf den massgebenden
Satz des versicherten Verdienstes (Senkung von 95 % auf 80 %), welche Frage
losgelöst von der hier interessierenden Beitragspflicht (von welcher Taggelder
der Unfallversicherung gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. b AHVV befreit sind) zu
beantworten war.

Die Behauptung der SUVA, der Verordnungsgeber habe mit der neu eingeführten
Bestimmung vom allgemeinen Prinzip der Beitragsparität abweichen wollen, findet
mithin auch in den Materialien, in welchen unmissverständlich zwischen (ohnehin
zulasten des Arbeitgebers gehendem) Arbeitgeberbeitrag und vom Arbeitgeber
übernommenem Arbeitnehmerbeitrag die Rede ist, keine Stütze. Im Übrigen trifft
es zwar zu, dass in der Militärversicherung verschiedene Besonderheiten bei der
Beitragsbemessung gelten (vgl. dazu den Überblick bei Agnes Leu, a.a.O., S. 185
f.); allein daraus lässt sich indessen für die hier zu beantwortende Frage
nichts ableiten.

4.6 Dass sich die "Beiträge in vollem Umfang" aus Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerbeitrag zusammensetzen, ergibt sich auch aus einer weiteren
Bestimmung: Art. 19 Abs. 1 MVV sieht vor, dass die Militärversicherung im
Falle, dass das Taggeld dem Arbeitgeber zu Gunsten der versicherten Person
ausbezahlt wird (Art. 29 Abs. 2 MVG), zusammen mit dem Taggeld die darauf
entfallenden Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge an die AHV, IV, EO und ALV
entrichtet und der Arbeitgeber mit seiner Ausgleichskasse abrechnet. Art. 19
Abs. 2 MVV statuiert für den Fall der ausnahmsweisen direkten Ausrichtung an
die versicherte Person, dass die Militärversicherung die Arbeitgeber- und
Arbeitnehmerbeiträge der Eidgenössischen Ausgleichskasse entrichtet und mit ihr
darüber abrechnet. Mit anderen Worten gilt die Militärversicherung in dieser
Konstellation als Arbeitgeberin für die ausgerichteten Taggelder (vgl. auch
Wegleitung über den Bezug der Beiträge [WBB] in der AHV/IV/EO [Stand am 1.
Januar 2010] Rz. 1016 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 lit. b AHVV).

4.7 Das gewonnene Auslegungsergebnis steht auch mit dem Grundsatz in Einklang,
wonach die Beitragserhebung nach Massgabe der wirtschaftlichen
Leistungsfähigkeit zu erfolgen hat (BGE 125 V 383 E. 2 S. 384 f.; Urteil des
Eidg. Versicherungsgerichts H 32/99 vom 5. Juni 2001 E. 7a, in: StR 56/2001 S.
612; Käser, a.a.O., S. 65 f. Rz. 3.2). Denn die Übernahme des
Arbeitnehmerbeitrages durch die Militärversicherung führt beim Arbeitnehmer zu
einer Verbesserung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, indem er ein
Taggeld ausbezahlt erhält, welches frei von Abzügen ist (sog. Nettoeinkommen,
BBl 2005 S. 860 oben). Es verhält sich nicht anders, als wenn eine
Arbeitgeberin im Rahmen einer Nettolohnvereinbarung die Arbeitnehmerbeiträge
ihrer Mitarbeiter übernimmt (vgl. E. 4.2.2 hiervor). Diesfalls gelten die
Arbeitnehmerbeiträge als von den Arbeitnehmern bezahlt (WBB Rz. 2022) und hat
beitragsrechtlich eine Aufrechnung in ein Bruttoeinkommen zu erfolgen (vgl. die
vom BSV herausgegebenen Tabellen für die Umrechnung von Nettolöhnen in
Bruttolöhne). Davon ist ein beitragsfreies Einkommen, auf welchem von
vornherein keine Beitragspflicht besteht - wie beispielsweise die bereits
erwähnten Taggelder der Unfallversicherung gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. b AHVV -
zu unterscheiden.

4.8 Bei dieser Sachlage vermag auch zu keinem anderen Ergebnis zu führen, dass
- was die Vorinstanz für entscheidend hält - es sich bei der Bestimmung des
Art. 29 Abs. 3bis MVG um eine im Verhältnis zu Art. 7 lit. p AHVV höherrangige,
zeitlich jüngere und speziellere Norm handelt. Denn nach dem Gesagten fehlen
jegliche Anhaltspunkte dafür, dass mit der Bestimmung des Art. 29 Abs. 3bis MVG
eine Abweichung vom in der AHV geltenden Grundsatz der Beitragsparität
beabsichtigt war.

4.9 Zusammenfassend ergibt sich, dass gestützt auf Art. 7 lit. p AHVV die AHV/
IV/EO/ALV-Arbeitnehmerbeiträge, welche die SUVA, Abteilung Militärversicherung,
als Arbeitgeberin auf den von ihr direkt an die Versicherten ausgerichteten
Militärversicherungstaggeldern übernommen hat, massgebenden Lohn darstellen.
Für die Beitragsbemessung sind die ausgerichteten Taggelder deshalb durch
Aufrechnung der übernommenen AHV/IV/EO/ALV-Arbeitnehmerbeiträge in Bruttowerte
umzurechnen.

5.
Die von der EAK mit Verfügung vom 4. Juni 2009 angeordnete und mit
Einspracheentscheid vom 31. März 2010 bestätigte Aufrechnung der direkt an die
Versicherten ausbezahlten Taggeldleistungen der Militärversicherung "netto für
brutto" ist nach dem Gesagten rechtens.

6.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG) und es ist
keine Parteientschädigung geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 28. Februar 2012
aufgehoben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Eidgenössischen Ausgleichskasse, dem
Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung,
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. Dezember 2012

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Die Gerichtsschreiberin: Keel Baumann