Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 155/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_155/2012

Urteil vom 30. Juli 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Glanzmann,
Gerichtsschreiber Attinger.

Verfahrensbeteiligte
K.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dieter Studer,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau, St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Parteientschädigung),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungs-gerichts des Kantons Thurgau vom
13. Januar 2010.

Sachverhalt:

A.
A.a Mit Revisionsverfügung vom 27. Oktober 2008 lehnte die IV-Stelle des
Kantons Thurgau eine Erhöhung der K.________ seit September 2003 ausgerichteten
halben Invalidenrente ab, was das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit
Entscheid vom 20. Mai 2009 bestätigte. Die vom Versicherten hiegegen
eingereichte Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten hiess das
Bundesgericht mit Urteil 9C_520/2009 vom 24. November 2009 in dem Sinne gut,
als es den erwähnten Entscheid des Verwaltungsgerichts und die angeführte
Verwaltungsverfügung aufhob und die Sache an die IV-Stelle zurückwies, damit
diese nach Durchführung ergänzender medizinischer Abklärungen über die
Rentenrevision neu verfüge. Überdies wies das Bundesgericht die Sache zur
Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Verwaltungsgericht zurück.
A.b Dieses verpflichtete die IV-Stelle, K.________ für das erstinstanzliche
Beschwerdeverfahren mit Fr. 1600.- (einschliesslich Barauslagen) zuzüglich 7,6%
Mehrwertsteuer zu entschädigen (Dispositiv-Ziffer 2 des Entscheids vom 13.
Januar 2010).
A.c Auf die dagegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten vom 4. Februar 2010, mit welcher K.________ eine
Parteientschädigung "von Fr. 3750.-, mindestens aber Fr. 3250.- (zuzüglich 3%
Barauslagenpauschale und 7.6% Mehrwertsteuer)" beantragt hatte (eventuell "sei
die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen"), trat
das Bundesgericht mit Urteil 9C_117/2010 vom 23. Juli 2010 nicht ein: Der nach
einem letztinstanzlichen Rückweisungsurteil ergangene Entscheid des kantonalen
Gerichts über die Neuverlegung der Kosten und Parteientschädigung stellt einen
Zwischenentscheid dar; auch in dieser Konstellation ist die Beschwerde ans
Bundesgericht mangels eines nicht wiedergutzumachenden Nachteils unzulässig.

B.
In Nachachtung des bundesgerichtlichen Rückweisungsurteils vom 24. November
2009 führte die IV-Stelle die ergänzenden medizinischen Abklärungen durch und
sprach K.________ gestützt darauf mit Wirkung ab 1. Januar 2008 eine
Dreiviertelsrente der Invalidenversicherung zu (unangefochten in Rechtskraft
erwachsene Revisionsverfügungen vom 22. September und 15. Dezember 2011).

C.
Daraufhin gelangt K.________ mit neuerlicher Beschwerde in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten direkt ans Bundesgericht und wiederholt
seine bereits am 4. Februar 2010 gestellten Anträge.

IV-Stelle und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Vernehmlassung zur Beschwerde, während das Verwaltungsgericht deren
vollumfängliche Abweisung beantragt.

Erwägungen:

1.
1.1 Die auf die Revisionsverfügungen vom 22. September und 15. Dezember 2011
hin erhobene Beschwerde richtet sich gegen die Entschädigungsfolgen gemäss
Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 13. Januar 2010. Eine diesbezügliche
direkte Anfechtung innert damaliger Rechtsmittelfrist war dem Beschwerdeführer,
wie bereits gesagt, prozessual verwehrt (Urteil 9C_117/2010 vom 23. Juli 2010
E. 2 und 3.1; JdT 2012 I S. 36, 2C_60/2011 E. 1; vgl. auch BGE 137 V 57 E. 1.1
S. 59; 135 III 329; 133 V 645). Die Anfechtung der Entschädigungsregelung ist
grundsätzlich erst mit Beschwerde gegen den Endentscheid möglich. Entscheidet
die Instanz, an welche die Sache zurückgewiesen wurde, in der Hauptsache voll
zugunsten der beschwerdeführenden Person, so steht dieser innerhalb der Frist
gemäss Art. 100 BGG ab Rechtskraft des Endentscheids der direkte Weg ans
Bundesgericht offen (erwähntes, den Beschwerdeführer betreffendes Urteil 9C_117
/2010 E. 3.2; BGE 137 V 57 E. 1.1 S. 59; 135 III 329 E. 1.2.2 S. 333 in fine;
133 V 645 E. 2.2 in fine S. 648).

Mit Verfügung der IV-Stelle vom 15. Dezember 2011 stand fest, dass dem
materiellrechtlichen Begehren des Beschwerdeführers auf Zusprechung einer
höheren Invalidenrente vollumfänglich entsprochen wird. Die am 14. Februar 2012
direkt beim Bundesgericht eingereichte Beschwerde gegen die
Entschädigungsregelung (Dispositiv-Ziffer 2) im verwaltungsgerichtlichen
Kostenentscheid vom 13. Januar 2010 erfolgte auf jeden Fall innert der
30-tägigen Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) ab Eintritt der Rechtskraft
der Revisionsverfügung vom 15. Dezember 2011 (vgl. Art. 60 Abs. 1 und 2 ATSG
[SR 830.1]; letzterer Abs. in Verbindung mit Art. 38 Abs. 4 lit. c ATSG).

1.2 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt
das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann eine - für den Ausgang des
Verfahrens entscheidende (vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) - Sachverhaltsfeststellung
von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Soweit sich der vorinstanzliche Entscheid auf
kantonales Recht stützt, kommt als Beschwerdegrund im Wesentlichen die
Verletzung von Bundesrecht, insbesondere von verfassungsmässigen Rechten der
Bundesverfassung in Frage (Art. 95 BGG). Die Anwendung des kantonalen Rechts
als solches bildet nicht Beschwerdegrund. Überprüft werden kann insoweit nur,
ob der angefochtene Entscheid auf willkürlicher Gesetzesanwendung beruht oder
ob das Gesetz oder seine Anwendung sonst wie gegen übergeordnetes Recht
verstösst (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.1 S. 251 f.; Urteil 8C_123/2009 vom 18.
Januar 2010 E. 2 mit Hinweisen). Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten
und von kantonalem und interkantonalem Recht gilt eine qualifizierte
Rügepflicht: Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in
der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2
BGG; BGE 136 I 49 E. 1.4.1 S. 53). Wird eine Verletzung des Willkürverbots
geltend gemacht, muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene
Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf
ungenügend begründete Rügen und bloss allgemein gehaltene, appellatorische
Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 130 I 258 E. 1.3 S.
262; 129 I 113 E. 2.1 S. 120; je mit Hinweisen; zum Ganzen: BGE 137 V 57 E. 1.3
S. 59).

2.
2.1 Der Beschwerdeführer beanstandet, dass mit der vorinstanzlich
zugesprochenen Parteientschädigung von Fr. 1600.- (einschliesslich Barauslagen)
nicht einmal die Hälfte der effektiv angefallenen und ausgewiesenen
Parteikosten gedeckt würden. Weder habe das kantonale Gericht auf die mit
Schreiben vom 26. März 2009 eingereichte Honorarnote (mit Leistungsübersicht)
Bezug genommen noch habe es anderweitig begründet, von welchen Überlegungen es
sich bei der Festlegung der Entschädigung leiten liess. Die Sache sei daher
zumindest zur korrekten Durchführung des Verfahrens an die Vorinstanz
zurückzuweisen.

2.2 Das Bundesgericht prüft frei, ob der vorinstanzliche Entscheid hinsichtlich
der Bemessung der Parteientschädigung den in Art. 61 lit. g ATSG statuierten
bundesrechtlichen Anforderungen genügt. Weil die Bemessung der
Parteientschädigung für das kantonale Verfahren im Übrigen dem kantonalen Recht
überlassen ist (Ingress von Art. 61 ATSG), prüft das Bundesgericht darüber
hinaus nur, ob die Höhe der Parteientschädigung vor dem Willkürverbot
standhält. Dies gilt insbesondere mit Bezug auf den vom kantonalen
Versicherungsgericht angewandten Tarif (SVR 2011 AHV Nr. 7 S. 23, 9C_338/2010
E. 3.2 mit Hinweis).

Nach der Rechtsprechung muss der Entscheid über die zu entrichtende
Parteientschädigung in der Regel nicht begründet werden. Um überhaupt eine
sachgerechte Anfechtung zu ermöglichen (vgl. hiezu BGE 124 V 180 E. 1a S. 181
mit Hinweisen), wird eine Begründungspflicht jedoch angenommen, wenn sich das
Gericht nicht an vorgegebene Tarife oder gesetzliche Regelungen hält oder
sofern von einer Partei aussergewöhnliche Umstände geltend gemacht werden (BGE
111 Ia 1; ZAK 1986 S. 133, I 343/85 E. 2a) oder schliesslich wenn das Gericht
den Rechtsvertreter zur Einreichung einer Kostennote auffordert und die
Parteientschädigung abweichend von der Kostennote auf einen bestimmten, nicht
der üblichen, praxisgemäss gewährten Entschädigung entsprechenden Betrag
festsetzt (Urteil U 181/94 vom 23. März 1995 E. 1b). Diese Grundsätze sind auch
anzuwenden, wenn der Rechtsvertreter, wie hier, die Kostennote ohne vorgängige
richterliche Aufforderung einreicht (SVR 2003 IV Nr. 32 S. 97, I 30/03 E. 4.1
mit Hinweisen; Urteil 8C_757/2007 vom 29. Oktober 2008 E. 4.2).

2.3 Wie vom Beschwerdeführer zu Recht bemängelt wird, hat die Vorinstanz in
keiner Weise auf die bei ihr eingereichte Kostennote Bezug genommen. Sie hat
zur Begründung der zugesprochenen Parteientschädigung lediglich auf die (auch)
in Art. 61 lit. g ATSG festgelegten Grundsätze sowie auf den bis Ende September
2009 gültig gewesenen thurgauischen Anwaltstarif für Streitigkeiten vor dem
Verwaltungsgericht vom 14. August 1991 (aATVG) verwiesen. Mithin liess sich dem
Parteikostenentscheid nicht entnehmen, welchen Stundenansatz das kantonale
Gericht veranschlagt hatte und von welchem Stundenaufwand es ausgegangen war.
Damit vermag der Entscheid der richterlichen Begründungspflicht - die einen
wesentlichen Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches Gehör bildet (BGE 129 I
232 E. 3.2 S. 236 f.) - nicht zu genügen. Die Sache ist deshalb, dem
Eventualantrag des Beschwerdeführers entsprechend, an die Vorinstanz
zurückzuweisen, damit diese in Kenntnis der Honorarnote die Entschädigung neu
festlege und eine allfällige Abweichung begründe.

Ein Vorgehen im Sinne des Hauptantrags des Beschwerdeführers (ausnahmsweise
Heilung der Gehörsverletzung und Prüfung des Anspruchs auf die beantragte
Parteientschädigung durch das Bundesgericht) verbietet sich schon deshalb, weil
die Begründung dieses Rechtsbegehrens den qualifizierten Anforderungen des Art.
106 Abs. 2 BGG (E. 1.2 hievor) nicht zu genügen vermag, wird doch in der
Beschwerde ans Bundesgericht eine (praktisch allein zu prüfende) Verletzung des
Willkürverbots durch den vorinstanzlichen Parteikostenentscheid nicht einmal
gerügt.

3.
Ausgangsgemäss trägt die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG). Ausserdem hat sie dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu
bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 2 des
Entscheids des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 13. Januar 2010
aufgehoben. Die Sache wird an die Vorinstanz zurückgewiesen, damit diese im
Sinne der Erwägungen verfahre und über den Anspruch des Beschwerdeführers auf
Parteientschädigung für das vorinstanzliche Verfahren neu entscheide. Im
Übrigen wird auf die Beschwerde nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 600.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2000.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. Juli 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Attinger