Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 147/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_147/2012

Urteil vom 26. April 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Glanzmann, als Einzelrichterin,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Verfahrensbeteiligte
IV-Stelle des Kantons St. Gallen,
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Fürsprecher Marco Büchel,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 20. Dezember 2011.

Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 17. März 2010 verneinte die IV-Stelle des Kantons St. Gallen
den Anspruch des A.________ auf eine Rente der Invalidenversicherung.
Auf Beschwerde hin verneinte das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
mit Entscheid vom 20. Dezember 2011 die beweismässige Verwertbarkeit eines
Observationsberichts, hob die Verfügung vom 17. März 2010 auf und wies die
Angelegenheit zur Neubeurteilung des Rentenanspruchs, gegebenenfalls zu
weiteren Abklärungen, sowie zur neuen Verfügung an die IV-Stelle zurück.
Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheides sei die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit dieses
die Angelegenheit unter Berücksichtigung des Observationsmaterials prüfe.
Eventuell sei ihre Verfügung vom 17. März 2010 in Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheides zu bestätigen.

Erwägungen:

1.
1.1 Beim angefochtenen Rückweisungsentscheid handelt es sich, da das Verfahren
noch nicht abgeschlossen wird und die Rückweisung auch nicht einzig der
Umsetzung des oberinstanzlich Angeordneten dient (vgl. Urteil 9C_684/2007 vom
27. Dezember 2007 E. 1.1 mit Hinweisen, in: SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131), um
einen - selbstständig eröffneten - Vor- oder Zwischenentscheid im Sinne von
Art. 93 BGG (BGE 133 V 477 E. 4.2 S. 481 f. mit Hinweisen). Die Zulässigkeit
der Beschwerde setzt somit - alternativ - voraus, dass der Entscheid einen
nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Abs. 1 lit. a) oder dass
die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit
einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (Abs. 1 lit. b).

1.2 Rechtsprechungsgemäss bewirkt ein Rückweisungsentscheid in der Regel keinen
irreversiblen Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, da der
Rechtsuchende ihn später zusammen mit dem neu zu fällenden Endentscheid wird
anfechten können (vgl. Art. 93 Abs. 3 BGG). Anders verhält es sich allerdings,
wenn durch materiellrechtliche Anordnungen im Rückweisungsentscheid der
Beurteilungsspielraum der unteren Instanz wesentlich eingeschränkt wird. Sodann
ist für die Verwaltung bzw. den Versicherungsträger ein nicht wieder
gutzumachender Nachteil gegeben, wenn diese durch den Rückweisungsentscheid
gezwungen werden, eine ihres Erachtens rechtswidrige Verfügung zu treffen. Auch
diesfalls braucht nicht der Endentscheid abgewartet zu werden (BGE 133 V 477 E.
5.2 S. 483 ff.; Urteil 8C_682/2007 vom 30. Juli 2008 E. 1.2.1, nicht publ. in:
BGE 134 V 392, aber in: SVR UV Nr. 31 S. 115; Urteil 8C_272/2011 vom 11.
November 2011 E. 1.2 und 1.4; 9C_588/2010 vom 3. November 2010 E. 1.3).

1.3 Weist die Vorinstanz die Sache zu weiteren Abklärungen und anschliessender
Neuverfügung an die IV-Stelle zurück, weil sie die Aktenlage im Rahmen der
Beweiswürdigung als nicht schlüssig betrachtet, liegt praxisgemäss kein nicht
wieder gutzumachender Nachteil vor (Urteile 8C_121/2011 vom 30. Juni 2011 E.
3.2 und 9C_605/2011 vom 31. Januar 2012 E. 1.3). Um eine solche Konstellation
geht es im Ergebnis im vorliegenden Fall. Das kantonale Gericht hat im
angefochtenen Entscheid einzig den Observationsbericht vom 5. Oktober 2009 für
beweismässig unverwertbar qualifiziert. Es hat laut Dispositiv die Sache nicht
einmal im Sinne der Erwägungen an die IV-Stelle zurückgewiesen.
Dispositivmässig hat es lediglich entschieden, die Angelegenheit sei zur
Neubeurteilung des Rentenanspruchs, gegebenenfalls zu weiteren Abklärungen,
sowie zur neuen Verfügung an die IV-Stelle zurückzuweisen. So hat es auch nicht
angeordnet, dass der Observationsbericht aus den Akten zu entfernen ist
(Schreiben des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 20. Januar 2012
an die IV-Stelle). Der IV-Stelle sind daher lediglich in Bezug auf den
Observationsbericht (einstweilen) die Hände gebunden. Es steht ihr frei,
aufgrund der gegenwärtigen Aktenlage neu zu verfügen, oder vorerst weitere
Sachverhaltsabklärungen, insbesondere in medizinischer Hinsicht vorzunehmen.
Der angefochtene Rückweisungsentscheid zwingt daher die IV-Stelle nicht, eine
rechtswidrige Verfügung zu erlassen. Vielmehr kann sie die Frage der
Verwertbarkeit des strittigen Observationsberichts nötigenfalls durch
Beschwerde gegen den Endentscheid anfechten, soweit sie sich auf dessen Inhalt
auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG; SVR 2010 IV Nr. 61 S. 186, 9C_34/2009 E. 3.3).

2.
Die Beschwerde ist offensichtlich unzulässig (Art. 108 Abs. 1 lit. a BGG),
weshalb darauf nicht einzutreten ist. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens
hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt die Einzelrichterin:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 26. April 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Einzelrichterin: Glanzmann

Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer