Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 145/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_145/2012

Urteil vom 17. April 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Verfahrensbeteiligte
D.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Bruno Bauer,
Beschwerdeführer,

gegen

IV-Stelle des Kantons Thurgau,
St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Invalidenrente),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 4. Januar 2012.

Sachverhalt:

A.
A.a D.________, geboren 1956, arbeitete bis ... als Schweisser in der
A.________ AG. Am 22. März 2000 meldete er sich unter Angabe von Problemen mit
Bandscheiben seit Februar 1999 bei der IV-Stelle des Kantons Thurgau zum Bezug
von Leistungen der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle klärte die
medizinischen und wirtschaftlichen Verhältnisse ab und gab beim medizinischen
Institut X.________ ein multidisziplinäres Gutachten (vom 18. Januar 2002) in
Auftrag. Mit Verfügungen vom 3. Juli 2002 und Wirkung ab 1. Februar 2000 sprach
sie D.________ eine ganze Rente zu (Invaliditätsgrad von 100 %). Sie bestätigte
den Anspruch mit Mitteilungsschreiben vom 12. Juli 2005 und 4. Februar 2010.
A.b Auf Ersuchen der Pensionskasse der A.________ AG vom 12. Februar 2010
erliess die IV-Stelle am 6. Mai 2010 eine Verfügung. Sie hielt dabei an der
Ausrichtung der ganzen Rente fest. Die von der Pensionskasse erhobene
Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom
1. September 2010 in dem Sinne gut, als es die Verfügung vom 6. Mai 2010 aufhob
und die Sache zu zusätzlichen Abklärungen und zum Neuentscheid über die
Ausrichtung der Invalidenrente an die IV-Stelle zurückwies.
A.c Die IV-Stelle beauftragte die medizinische Begutachtungsstelle Y.________
mit der Erstattung eines polydisziplinären Gutachtens (vom 27. März 2011).
Dieses attestierte D.________ in der früheren sowie jeder anderen
mittelschweren Beschäftigung eine ganztägig verwertbare Arbeits- und
Leistungsfähigkeit von 50 % und in einer körperlich leichten Tätigkeit eine
solche von 80 %. Aufgrund einer festgestellten ausgeprägten Selbstlimitierung
und subjektiven Krankheitsüberzeugung und unter Berücksichtigung von multiplen
gravierenden Inkonsistenzen wurden berufliche Massnahmen als nicht indiziert
erachtet. Mit Verfügung vom 7. September 2011 hob die IV-Stelle die Verfügung
vom 3. Juli 2002 wiedererwägungsweise auf und stellte die Rente auf Ende
Oktober 2011 ein.

B.
Die vom Versicherten erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Thurgau mit Entscheid vom 4. Januar 2012 ab. Es kam zum Schluss,
aufgrund der medizinischen Unterlagen lasse sich zwar eine wiedererwägungsweise
Aufhebung der Rente nicht legitimieren, hingegen sei eine revisionsrechtliche
Einstellung möglich und begründet. Dies sei ohne Eingliederungsmassnahmen
gerechtfertigt.

C.
D.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Er
beantragt, die Verfügung vom 3. Juli 2002 sei unter Ausrichtung der bisherigen
Rente aufrechtzuerhalten; eventualiter seien Eingliederungsmassnahmen
zuzusprechen; zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beurteilung von Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
(Art. 82 ff. BGG) liegt der Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesen kann das Bundesgericht von Amtes
wegen berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG;
vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG). Zu den Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95
lit. a BGG gehören auch die unvollständige Feststellung der rechtserheblichen
Tatsachen und die Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes als einer
wesentlichen Verfahrensvorschrift (Urteil 9C_53/2008 vom 18. Februar 2009 E.
1.3 mit Hinweisen).

1.2 Die gesetzliche Kognitionsbeschränkung gilt namentlich für die Einschätzung
der gesundheitlichen und leistungsmässigen Verhältnisse (Art. 6 ATSG), wie sie
sich bei der revisionsweisen Anpassung einer Invalidenrente nach Art. 17 ATSG
wegen Tatsachenänderungen (Gesundheitszustand, Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit
usw.) im revisionsrechtlich massgeblichen Vergleichszeitraum (BGE 133 V 108;
Urteil I 692/06 vom 19. Dezember 2006 E. 3.1) entwickelt haben.

2.
Umstritten ist, ob sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers
anspruchserheblich (Art. 17 Abs. 1 ATSG; BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114)
verbessert hat und die revisionsweise Aufhebung der seit 1. Februar 2000
ausgerichteten Invalidenrente auf den 31. Oktober 2011 rechtmässig ist.

2.1 Gemäss Art. 42 Abs. 2 Satz 1 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt.
Dieser inhaltlichen Mindestanforderung genügt das vorliegende Rechtsmittel in
weiten Teilen nicht: So kann den Ausführungen nicht entnommen werden, inwiefern
die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz offensichtlich unrichtig ist und
die darauf beruhenden Erwägungen rechtsfehlerhaft sein sollen (Art. 97 Abs. 1
BGG). Die Vorbringen beschränken sich im Wesentlichen auf die Wiedergabe des in
der vorinstanzlichen Beschwerde vom 6. Oktober 2011 Ausgeführten, was im Rahmen
von Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG nicht ausreicht. Soweit
bereits vorgebrachte Beanstandungen wiederholt werden, wird auf die
entsprechenden Erwägungen im angefochtenen Gerichtsentscheid verwiesen (Art.
109 Abs. 3 BGG).

2.2 Gegen die vorinstanzliche Entscheidbegründung bringt der Beschwerdeführer
im Grunde einzig vor, es sei unerörtert geblieben, warum das Gutachten des
medizinischen Instituts X.________ vom 18. Januar 2002 nicht mangelhaft war und
darum eine Wiedererwägung unstatthaft sei. Für das zur Klärung dieser Frage
beantragte Obergutachten besteht kein Anlass. Die vorinstanzlichen
Feststellungen sind im allein massgeblichen rentenrevisionsrechtlichen Kontext
weder offensichtlich unrichtig noch willkürlich (vorne E. 1.1). Wie die
Vorinstanz mit Recht erwogen hat, kann auch bei einem grundsätzlich
unveränderten Gesundheitszustand im Laufe der Zeit eine Verbesserung der
Arbeitsfähigkeit erreicht werden. Das ist hier der Fall. Denn aufgrund der
umfassenden Abklärungen der medizinischen Begutachtungsstelle Y.________ ist
schlüssig erstellt, dass der Beschwerdeführer trotz seiner nach wie vor
bestehenden leidensbedingten Einschränkungen spätestens seit Februar 2011 in
einer angepassten Tätigkeit wieder zu 80 % arbeitsfähig ist.

3.
Auch zur beantragten Gewährung von Eingliederungsmassnahmen wird schon
Vorgebrachtes zitiert, ohne dass dabei auf (allfällige) Mängel der
vorinstanzlichen Ausführungen hingewiesen wird. Die betreffenden Erwägungen
halten sich zur Frage der Wiedereingliederung nach einem Rentenbezug an die
Rechtsprechung (Urteile 9C_163/2009 vom 10. September 2010 E. 4.2.1 und 9C_228/
2010 vom 28. April 2011 E. 3.3 f.). Auch dazu kann auf den angefochtenen
Entscheid verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG).

4.
Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 BGG als offensichtlich unbegründet (Abs. 2 lit. a) ohne
Durchführung des Schriftenwechsels und mit summarischer Begründung erledigt
wird.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau,
der Ostschweizerischen Ausgleichskasse für Handel und Industrie und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. April 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Schmutz