Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 111/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_111/2012

Urteil vom 10. August 2012
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber R. Widmer.

Verfahrensbeteiligte
V.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Walter Keller,
Beschwerdeführer,

gegen

AXA Stiftung Berufliche Vorsorge,
c/o AXA Leben AG, Legal & Compliance,
Paulstrasse 9, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin,

Stiftung Auffangeinrichtung BVG, Rechtsdienst, Dominique Follonier,
Passage Saint-François 12, 1003 Lausanne.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 30. November 2011.

Sachverhalt:

A.
Der 1952 geborene V.________ war von April 1998 bis 31. Januar 2002 als
Biegereimitarbeiter bei der X.________ AG tätig und bei der Winterthur-Columna
Stiftung für die berufliche Vorsorge (heute: AXA Stiftung Berufliche Vorsorge;
im Folgenden: AXA) für die berufliche Vorsorge versichert. Mit Unfallmeldung
vom 27. März 2001 liess V.________ der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) mitteilen, er habe sich am 6. Dezember 2000
bei einem Sturz am linken Arm verletzt. Die SUVA erbrachte vom 14. Dezember
2000 bis 7. September 2001 die gesetzlichen Leistungen. Am 28. November 2001
kündigte die Arbeitgeberfirma auf den 31. Januar 2002 infolge Aufgabe des
Betriebsstandortes das Anstellungsverhältnis mit dem Versicherten. Ab 1.
Februar 2002 bezog dieser Taggelder der Arbeitslosenversicherung, bis die
Arbeitslosenkasse mit Verfügung vom 3. Juli 2002 die Anspruchsberechtigung ab
26. Juni 2002 verneinte, weil V.________ voll arbeitsunfähig sei. Am 23.
Dezember 2003 meldete sich V.________ bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Gestützt auf Abklärungen in medizinischer und erwerblicher
Hinsicht ermittelte die IV-Stelle Thurgau einen Invaliditätsgrad von 73 %.
Demgemäss sprach sie dem Versicherten rückwirkend auf 1. Mai 2003 eine ganze
Invalidenrente zu (Verfügung vom 22. Februar 2005).

B.
Nachdem sich die AXA in der Folge geweigert hatte, V.________
Invalidenleistungen aus der beruflichen Vorsorge auszurichten, liess dieser
beim Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Klage vom 9. März 2010
zur Hauptsache beantragen, die AXA sei zu verpflichten, ihm ab 1. Juni 2004
gestützt auf einen Invaliditätsgrad von 73 % die gesetzlichen und
reglementarischen Invalidenleistungen aus der beruflichen Vorsorge zu gewähren.
Mit Verfügung vom 15. November 2010 lud das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich die Stiftung Auffangeinrichtung BVG zum Prozess bei. Mit
Entscheid vom 30. November 2011 wies es die Klage ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt der Versicherte
das vorinstanzlich gestellte Rechtsbegehren erneuern; eventuell sei die Sache
zu weiteren Sachverhaltsabklärungen an das kantonale Gericht zurückzuweisen.
Während die AXA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten die zum
Verfahren beigeladene Stiftung Auffangeinrichtung BVG und das Bundesamt für
Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung
des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die
Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann
(Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zu
Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die Gesetzesbestimmungen über den Anspruch auf eine
Invalidenrente aus der beruflichen Vorsorge und deren Beginn (Art. 23, 24 Abs.
1 und 26 Abs. 1 BVG, je in der vorliegend anwendbaren, bis Ende 2004 gültig
gewesenen Fassung) sowie die hiezu ergangene Rechtsprechung (BGE 123 V 262 E.
1b S. 264, 121 V 97 E. 2a S. 101, 120 V 112 E. 2b S. 116) zutreffend
wiedergegeben. Richtig sind auch die Erwägungen zur Haftung einer
Vorsorgeeinrichtung für die nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses
eingetretene Invalidität bei Vorliegen eines engen sachlichen und zeitlichen
Zusammenhangs zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität (BGE 130 V 270 E. 4.1
S. 275) sowie zu den Voraussetzungen, unter denen rechtsprechungsgemäss ein
enger sachlicher und zeitlicher Konnex angenommen werden muss (BGE 123 V 262 E.
1c S. 264, 120 V 112 E. 2c/aa und bb S. 117 f.). Ebenfalls korrekt dargelegt
hat die Vorinstanz die Rechtsprechung zur Bindungswirkung der Feststellungen
der IV-Organe für die Vorsorgeeinrichtungen im Bereich der obligatorischen
beruflichen Vorsorge (BGE 126 V 308 E. 1 S. 311). Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Die Vorinstanz hat den Anspruch des Beschwerdeführers auf
Invalidenleistungen aus beruflicher Vorsorge verneint. Sie stellte in Würdigung
der zahlreichen Arztberichte fest, dass die Festsetzung des Beginns der für den
Rentenanspruch gegenüber der Invalidenversicherung massgebenden Wartezeit von
einem Jahr gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG (in der bis 31. Dezember 2007
gültig gewesenen Fassung) auf den 27. Mai 2002 nicht als offensichtlich
unrichtig bezeichnet werden könne. Der Rentenbeginn in der
Invalidenversicherung (1. Mai 2003) sei nach der Rechtsprechung auch für die
berufliche Vorsorge verbindlich. Weil sodann die tatsächlichen Verhältnisse
nicht auf eine in der Zeit vom 8. September 2001 bis 27. Mai 2002 bestehende
BVG-rechtlich relevante Einschränkung des funktionellen Leistungsvermögens
schliessen lassen, fehle es an einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der
bis Anfang September 2001 ausgewiesenen Arbeitsunfähigkeit und der schliesslich
eingetretenen Invalidität. Damit könne offenbleiben, ob die zwischen Dezember
2001 und September 2002 attestierte Arbeitsunfähigkeit ihre Grundlage im
nämlichen Gesundheitsschaden hatte wie die später eingetretene Invalidität,
somit der sachliche Konnex gegeben wäre.

3.2 Der Beschwerdeführer wendet ein, nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit wegen
einer arthritischen Erkrankung im Handgelenk links im Dezember 2000 habe er
erst vom 11. bis 20. September 2001 wieder arbeiten können; in der Folge habe
er bis 26. Oktober 2001 Ferien bezogen. Anschliessend habe er die Arbeit wieder
aufgenommen, bis Ende Januar 2002 aber lediglich Aufräumarbeiten verrichtet,
nachdem sein Arbeitsvertrag infolge Aufgabe des Betriebsstandortes beendet
wurde. Die Vorinstanz habe den Charakter der Arthritis als Schubkrankheit
verkannt, welcher bei der Beurteilung des zeitlichen Zusammenhangs, bei der die
gesamten Umstände zu würdigen sind, von wesentlicher Bedeutung sei. Indem das
Sozialversicherungsgericht auf die Vorbringen zu diesem Punkt nicht eingegangen
ist, habe es den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Entgegen den Vorgaben
der Rechtsprechung habe die Vorinstanz einen engen Massstab an die zeitliche
Konnexität angelegt. Im Zusammenhang mit den Erwägungen zur Schubkrankheit
wirft der Beschwerdeführer der Vorinstanz schliesslich vor, sie habe
willkürlich entschieden.

4.
4.1 Die beschwerdeweise vorgetragenen Rügen erschöpfen sich in weiten Teilen in
einer appellatorischen Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz zur Entwicklung der medizinischen Situation und der Perioden der
Arbeitsunfähigkeit, welche auf Grund der gesetzlichen Überprüfungsbefugnis des
Bundesgerichts (E. 1 hievor) unzulässig ist. Ob das kantonale Gericht den
Begriff Schubkrankheit in seinen Erwägungen ausdrücklich verwendet hat oder
nicht, ist nicht entscheidend. Massgebend ist vielmehr, dass es den
rechtserheblichen Sachverhalt in Bezug auf Grad und Dauer der
Arbeitsunfähigkeit korrekt, ohne Verletzung von Bundesrecht, ermittelt hat;
dabei hat es nicht ausser Acht gelassen, dass sich im interessierenden Zeitraum
seit Dezember 2000 längere Perioden von Arbeitsunfähigkeit und Arbeitsfähigkeit
abgelöst haben. Wenn die Vorinstanz dabei in Würdigung der medizinischen
Unterlagen zum Schluss gelangt ist, dass kein enger zeitlicher Zusammenhang
zwischen der im Dezember 2000 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und der
Invalidität, welche nach Ablauf der Wartezeit von einem Jahr (gemäss Art. 29
Abs. 1 lit. b IVG in der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung) ab 1.
Mai 2003 den Anspruch auf eine ganze Invalidenrente begründet, bestehe, ist
darin keine Bundesrechtsverletzung zu erkennen. Insbesondere fehlt auch eine
hinreichende Begründung für den Vorwurf, der angefochtene Entscheid verletze
den Anspruch auf rechtliches Gehör oder gar das Willkürverbot.

4.2 Weil das für die Vorsorgeeinrichtung verbindliche Datum der Eröffnung der
Wartezeit mit Vorliegen einer erheblichen Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
von der IV-Stelle auf den 27. Mai 2002 und damit auf einen Zeitpunkt festgelegt
wurde, als der Beschwerdeführer nicht mehr bei der AXA für die berufliche
Vorsorge versichert war und überdies ein enger zeitlicher Konnex zwischen
ursprünglicher Arbeitsunfähigkeit und späterer Invalidität fehlt, hat das
Sozialversicherungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen. Anlass zu ergänzenden
Sachverhaltsabklärungen, wie sie der Beschwerdeführer eventualiter beantragt,
besteht nicht. Die Vorinstanz hat die medizinische Sachlage einlässlich
überprüft. Weitere Beweismassnahmen vermöchten am Ergebnis nichts zu ändern.

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Stiftung Auffangeinrichtung BVG, dem
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 10. August 2012
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Meyer

Der Gerichtsschreiber: Widmer