Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 1015/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
9C_1015/2012

Urteil vom 16. August 2013

II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Kernen, Präsident,
Bundesrichterinnen Pfiffner Rauber, Glanzmann,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Verfahrensbeteiligte
S.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Claude Wyssmann,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Bern,
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 2. November 2012.

Sachverhalt:

A.

A.a. S.________ (geboren 1958) arbeitete vom 1. Juni 2001 bis 28. Februar 2005
im Reinigungsdienst. Im April 2004 meldete sie sich bei der IV-Stelle Bern zum
Bezug von Leistungen der Invalidenversicherung an. Nach Einholen eines
polydisziplinären Gutachtens der Medizinischen Abklärungsstation des Spitals
X.________ (MEDAS) vom 29. Juni 2006 verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom
3. Oktober 2006 einen Anspruch auf eine Invalidenrente. Die hiegegen erhobene
Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 31.
Mai 2007 ab.

A.b. Am 29. Juni 2010 meldete sich S.________ erneut zum Leistungsbezug an.
Nach Einholen eines Gutachtens der Psychiaterin Dr. med. H.________ vom 12.
Juli 2011, von Stellungnahmen des Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD), Dres.
med. W.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, und
P.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie FMH, vom 15./16. November 2011
verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 23. November 2011 wiederum einen
Anspruch auf eine Invalidenrente.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 2. November 2012 ab,
soweit es darauf eintrat.

C.
S.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides seien ihr die
gesetzlichen IV-Leistungen (Integrationsmassnahmen nach Art. 14 IVG, berufliche
Massnahmen, Invalidenrente) nach Massgabe einer Erwerbsunfähigkeit von
mindestens 40 % nebst Verzugszins zu 5 % auszurichten. Eventuell sei die Sache
an die Vorinstanz, subeventuell an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit diese
den rechtserheblichen Sachverhalt, unter anderem mit einem medizinischen
Gutachten sowie beruflich-erwerbsbezogen, abklärten. Die IV-Stelle und die
kantonale Vorinstanz seien zu verpflichten, die ihr entstandenen Kosten für die
Einholung der medizinischen Stellungnahmen von Dr. med. M.________ im Betrage
von Fr. 3'500.- und von Fr. 2'000.- zu ersetzen. Eventuell sei die Sache zur
Prüfung der Kostenerstattungspflicht an die beiden Vorinstanzen zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (BGE 134 V 250 E.
1.2 S. 252 mit Hinweisen; 133 III 545 E. 2.2 S. 550; 130 III 136 E. 1.4 S.
140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Rüge- und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG),
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel
nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2.

1.2.1. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz auf Rüge hin oder von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht, und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 105 Abs. 2
BGG und Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat die
Beschwerde führende Person genau darzulegen. Dazu genügt es nicht, einen von
den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu
behaupten oder die eigene Beweiswürdigung zu erläutern (BGE 137 II 353 E. 5.1
S. 356; SVR 2012 BVG Nr. 11 S. 44, 9C_779/2010 E. 1.1.2 [nicht publ. in: BGE
137 V 446]).
Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig,
wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig
unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine
offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in
Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erschiene (vgl. BGE 129 I
8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1). Diese Grundsätze
gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (Urteile 9C_999/2010 vom
14. Februar 2011 E. 1 und 9C_735/2010 vom 21. Oktober 2010 E. 3; SVR 2012 BVG
Nr. 11 S. 44, 9C_779/2010 E. 1.1.1).

1.2.2. Einem ärztlichen Bericht kommt Beweiswert zu, wenn er für die streitigen
Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die
geklagten Beschwerden berücksichtigt und in Kenntnis der Vorakten (Anamnese)
abgegeben worden ist, wenn die Beschreibung der medizinischen Situation und
Zusammenhänge einleuchtet und die Schlussfolgerungen begründet sind (BGE 125 V
351 E. 3a S. 352). Der Arzt muss über die notwendigen fachlichen
Qualifikationen verfügen (Urteil 9C_736/2009 vom 26. Januar 2010 E. 2.1).
Untersuchungsberichte regionaler ärztlicher Dienste können, sofern sie diesen
Anforderungen genügen, einen vergleichbaren Beweiswert wie ein Gutachten haben
(Art. 49 Abs. 2 IVV; BGE 137 V 210 E. 1.2.1 S. 219; 135 V 254 E. 3.3.2 S. 257;
Urteil 9C_999/2010 vom 14. Februar 2011 E. 5.1.2).

1.2.3. Dem Sachgericht steht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher
Ermessensspielraum zu (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40). Das Bundesgericht greift auf
Beschwerde hin nur ein, wenn das Sachgericht diesen missbraucht, insbesondere
offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder
solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211; zum
Begriff der Willkür BGE 137 I 1 E. 2.4 mit Hinweisen S. 5). Inwiefern das
kantonale Gericht sein Ermessen missbraucht haben soll, ist in der Beschwerde
klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261). Auf ungenügend
begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am
angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E.
2.2 mit Hinweis S. 246).

2.
Das kantonale Gericht ging im angefochtenen Entscheid davon aus, dass die
Verfügung der IV-Stelle vom 23. November 2011 einzig über den Rentenanspruch
entschieden habe. Nicht Anfechtungsobjekt bildeten berufliche Massnahmen, da
die IV-Stelle darüber (noch) nicht verfügt habe. Auf den entsprechenden Antrag
sei nicht einzutreten. In der Beschwerdeantwort vom 3. Februar 2012 habe die
IV-Stelle dargelegt, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf berufliche
Massnahmen im Rahmen einer Arbeitsvermittlung habe. Die Beschwerdeführerin
werde sich deshalb bei der IV-Stelle zu melden haben.

Mit dieser Begründung setzt sich die Beschwerdeführerin nicht in
rechtsgenüglicher Weise auseinander. Es genügt in diesem Zusammenhang nicht,
einzig auszuführen, die beruflichen Massnahmen seien zweifellos Streit- und
Anfechtungsgegenstand im vorinstanzlichen Verfahren gewesen und es stelle eine
bundesrechtswidrige Verfahrenserledigung dar, wenn das kantonale Gericht einzig
den Anspruch auf eine Invalidenrente geprüft und sich mit keinem Wort zum
ebenfalls im Streit liegenden Anspruch auf berufliche Eingliederungsmassnahmen
beschäftigt und keinen Entscheid getroffen habe. Damit setzt sie sich nicht mit
der Begründung des kantonalen Gerichts für sein Nichteintreten auseinander.
Darauf und auf die entsprechenden Anträge auf Integrationsmassnahmen nach Art.
14 IVG und berufliche Massnahmen ist daher nicht weiter einzugehen.

3.

3.1. Das kantonale Gericht kam nach eingehender Würdigung sämtlicher
medizinischer Akten zum Schluss, der medizinische Sachverhalt sei sowohl
psychiatrisch wie somatisch hinreichend abgeklärt und es drängten sich keine
weiteren (interdisziplinären) Abklärungen auf. In psychiatrischer Hinsicht
stützte es sich wie die IV-Stelle auf das Gutachten der Psychiaterin Dr. med.
H.________ vom 12. Juli 2011 ab. Die Gutachterin diagnostiziere mit Auswirkung
auf die Arbeitsfähigkeit eine Somatisierungsstörung (ICD-10: F 45.0) und eine
rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig leichtgradige Episode ohne
somatisches Syndrom (ICD-10: F 33.0). Das psychiatrische Gutachten vom 12. Juli
2011 erfülle die Anforderungen der Rechtsprechung an Expertisen (Hinweis auf
BGE 134 V 232 E. 5.1, 125 V 353 E. 3b/bb). Die Gutachterin habe nachvollziehbar
eine Somatisierungsstörung diagnostiziert, weshalb die Rechtsprechung zur
somatoformen Schmerzstörung analog anzuwenden sei (Hinweis auf das Urteil des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 14. April 2008, I 70/07 E. 5). Das
kantonale Gericht gelangte mit ausführlicher Begründung zum Schluss, dass die
diagnostizierte Somatisierungsstörung überwindbar sei. Die Gutachterin habe die
mehrfach diagnostizierte rezidivierende depressive Störung bestätigt und sei
von einer leichtgradigen Episode ausgegangen. Sie erachte in der bisherigen
oder in einer anderen angepassten Tätigkeit ein Pensum von 100 % mit einer
Minderung der Leistungsfähigkeit um 20 % als zumutbar. Das kantonale Gericht
ging von dieser Beurteilung aus und berücksichtigte dabei, dass die depressiven
Episoden der Beschwerdeführerin auch massgeblich Resultat ihrer psychosozialen
Belastung seien. Fraglich sei deshalb lediglich, ob die leichtgradige Episode
eine Einschränkung von 20 % in der Arbeitsfähigkeit rechtfertige. Letztlich
könne diese Frage offen gelassen werden, denn auch eine 20%ige
Arbeitsunfähigkeit in der bisherigen oder einer angepassten Tätigkeit wirke
sich nicht rentenbegründend aus. Daran ändere auch nichts, dass die Gutachterin
eine ungünstige Prognose erwähne und auf eine fragliche dauerhafte Remission
der depressiven Symptomatik hinweise. Der Bericht des behandelnden
Psychotherapeuten Dr. med. I.________ vom 13. November 2011 vermöge das
überzeugende Gutachten der Frau Dr. med. H.________ nicht in Zweifel zu ziehen.
In somatischer Hinsicht ging das kantonale Gericht nach Würdigung des
Austrittsberichts des Spitals X.________ vom 9. April 2010, wo sich die
Beschwerdeführerin vom 1. März bis 1. April 2010 zu einer stationären Abklärung
und Behandlung aufhielt, und gestützt auf die orthopädische Stellungnahme des
RAD-Facharztes Dr. med. P.________ vom 16. November 2011 davon aus, dass im
Vergleich zu 2006 aus orthopädisch-somatischer Sicht keine Verschlechterung
ausgewiesen sei und dementsprechend das damals formulierte Zumutbarkeitsprofil
unverändert Gültigkeit habe. Im Austrittsbericht über die stationäre Abklärung
vom 1. März bis 1. April 2010 liessen sich nach Auffassung des RAD-Arztes im
Vergleich zum MEDAS-Gutachten von 2006 keine Hinweise für eine objektivierbare
Verschlechterung finden. Bezüglich der subjektiven behaupteten
Schmerzproblematik werde zudem darauf hingewiesen, dass anlässlich der
psychiatrischen Begutachtung eine Blutentnahme erfolgt sei, in der sich keine
Schmerzmittel hätten nachweisen lassen. Ferner befasste sich das kantonale
Gericht mit dem ihm eingereichten audio-neurootologischen Bericht des Dr. med.
M.________, Spezialarzt FMH für Otorhinolaryngologie, Hals- und
Gesichtschirurgie, vom 16. Januar 2012. Nach Dr. med. M.________ liege eine
multimodale Funktionsstörung innerhalb des Gleichgewichtssystems mit einer
peripher-zentralen vestibulären Funktionsstörung rechtsbetont, eine
visuo-visuo-oculomotorische Funktionsstörung mit Verlust der visuellen Dominanz
und reduzierter visueller Antizipierung der Posturo-Locomotorik zusammen mit
einer posturalen Dysfunktion entlang des sacculo-collischen, vestibulospinalen
und cervic-spinalen Reflexes bei hochgradig reduzierter neuro-muskulärer
Leistung der unteren Extremitäten vor. Dr. med. M.________ gehe gestützt auf
die von ihm diagnostizierten Leiden von einer Arbeitsunfähigkeit von 65 bis 70
% in allen Tätigkeiten aus. Das kantonale Gericht gelangte mit ausführlicher
Begründung gestützt auf die Stellungnahme der RAD-Ärztin Dr. med. O.________
vom 12. Juni 2012 zum Schluss, mit dem Bericht von Dr. med. M.________ vom 16.
Januar 2012 sei nicht nachgewiesen worden, dass die Symptomatik der
Beschwerdeführerin auf somatische Gründe zurückzuführen sei. Die von Dr. med.
M.________ empfohlene cranio-cerebrale Kernspintomographie habe zu keiner
signifikanten Änderung zum Befund von 2010 und keine signifikante Pathologie
gezeigt. Abschliessend erwog das kantonale Gericht, der medizinische
Sachverhalt sei sowohl psychiatrisch wie somatisch hinreichend abgeklärt und es
drängten sich keine weiteren (interdisziplinären) Abklärungen auf.
Den von der IV-Stelle durchgeführten Einkommensvergleich bestätigte es und
verneinte einen rentenrelevanten Invaliditätsgrad.

3.2.

3.2.1. Im Lichte der eingangs erwähnten Beweisregeln und Grundsätze zur
Beweiswürdigung ist die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung und die
entsprechende Beweiswürdigung nicht mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG.
Das kantonale Gericht hat sich mit allen relevanten medizinischen Unterlagen
auseinandergesetzt und eingehend begründet, weshalb es auf das psychiatrische
Gutachten der Frau Dr. med. H.________ vom 12. Juli 2011 und in somatischer
Hinsicht auf die Beurteilung des RAD-Arztes Dr. med. P.________ vom 16.
November 2011 abgestellt hat. Das Gutachten der Frau Dr. med. H.________ wurde
vor Erlass von BGE 137 V 210 eingeholt, weshalb die in diesem Entscheid
festgehaltenen Mitwirkungsrechte, die sich im Übrigen auf eine
interdisziplinäre Begutachtung beziehen, ohnehin nicht zum Tragen kommen
konnten. Das kantonale Gericht hat dargelegt, weshalb das psychiatrische
Gutachten vom 12. Juli 2011 nichts an Beweiswert eingebüsst hat (BGE 137 V 210
E. 6 Ingress S. 266; Urteil 9C_495/2012 vom 4. Oktober 2012 E. 2.2). Entgegen
der Auffassung der Beschwerdeführerin hat Frau Dr. med. H.________ ausführlich
begründet, weshalb sie zur Diagnose einer Somatisierungsstörung gekommen ist.
Ferner hat sie sich mit den somatischen Beschwerden befasst, namentlich mit den
seit der Begutachtung durch die MEDAS vom 29. Juni 2006 erstellten ärztlichen
Berichten. Was die geltend gemachte Verschlechterung des psychischen
Gesundheitszustandes betrifft, so sind die Verhältnisse bis zum Zeitpunkt der
rentenablehnenden Verfügung vom 23. November 2011 massgebend. Dr. med.
I.________ spricht im Bericht vom 13. November 2011 erst von einem Verdacht auf
beginnende andauernde Persönlichkeitsstörung und wonach die bisherige
Entwicklung zu einer andauernden Persönlichkeitsänderung führen könnte. Es
könne von einer leichten Zunahme und weiteren Chronifizierung der Beschwerden
ausgegangen werden. Für den massgebenden Zeitpunkt der Verwaltungsverfügung vom
23. November 2011 kann nicht davon ausgegangen werden, der Gesundheitszustand
der Beschwerdeführerin habe sich seit der Begutachtung durch Frau Dr. med.
H.________ (Untersuchung vom 29. Juni 2011) in einer für den Rentenanspruch
relevanten Weise verändert. Hiefür steht der Beschwerdeführerin die
Neuanmeldung unter den Voraussetzungen des Art. 87 Abs. 2 und 3 IVV zur
Verfügung. Das kantonale Gericht durfte daher, ohne Bundesrecht zu verletzen,
in psychiatrischer Hinsicht auf das Gutachten der Dr. med. H.________
abstellen.

3.2.2. Ebenso wenig kann eine Bundesrechtsverletzung darin erblickt werden,
dass das kantonale Gericht in somatischer Hinsicht die Beurteilung des
RAD-Arztes Dr. med. P.________ vom 16. November 2011 als beweiskräftig
angesehen und von weiteren Abklärungen abgesehen hat. Der Bericht des Dr. med.
P.________ berücksichtigt die seit dem MEDAS-Gutachten vom 29. Juni 2006
erstellten ärztlichen Unterlagen, namentlich den Bericht des Spitals X.________
vom 9. April 2010, wo sich die Beschwerdeführerin vom 1. März bis 1. April 2010
zur stationären Abklärung und Behandlung aufgehalten hatte. Der vorinstanzliche
Schluss auf einen gegenüber der MEDAS-Begutachtung vom 29. Juni 2006 im
Wesentlichen unveränderten somatischen Gesundheitszustand gestützt auf den
Bericht des Dr. med. P.________ vom 16. November 2011 ist weder offensichtlich
unrichtig noch willkürlich. Die Vorinstanz hat sich auch eingehend mit dem
Bericht des Dr. med. M.________ vom 16. Januar 2012 auseinandergesetzt. Ihre
Schlussfolgerung ist vertretbar. Selbst wenn mit Dr. med. M.________ von
somatischen Ursachen der Schwindel- und Gleichgewichtsstörungen ausgegangen
wird, so sind diese Beschwerden und die damit verbundenen Stürze sowie Synkopen
bereits im Gutachten der MEDAS vom 29. Juni 2006 und jüngeren Arztberichten
erwähnt und in die Arbeitsunfähigkeitsbeurteilung einbezogen worden. Dr. med.
M.________ begründet im Bericht vom 16. Januar 2012 (ebenso wie in der im
letztinstanzlichen Verfahren eingereichten Stellungnahme vom 3. Dezember 2012)
nicht näher, weshalb er die Beschwerdeführerin für sämtliche berufliche
Tätigkeiten zwischen 65 und 70 % arbeitsunfähig hält. Dass das kantonale
Gericht unter diesen Umständen keine zusätzlichen Abklärungen getroffen hat,
insbesondere nicht nach dem Vorliegen des Berichts des Dr. med. M.________ vom
16. Januar 2012, verletzt den Untersuchungsgrundsatz und das Recht auf Beweis
nicht. Ebenso wenig hat es im Zusammenhang mit dem Bericht der RAD-Ärztin Dr.
med. O.________, Fachärztin für Neurologie FMH, vom 12. Juni 2012, welche zum
Bericht des Dr. med. M.________ Stellung genommen hatte, die geltend gemachten
Verfahrensrechte (Art. 6 Ziff. 1 EMRK; Art. 29 bis 31 BV) der
Beschwerdeführerin verletzt. Namentlich war es nicht verpflichtet, der
Beschwerdeführerin schriftlich im Rahmen einer Replik Gelegenheit zur
Stellungnahme zum Bericht der RAD-Ärztin vom 12. Juni 2012 zu geben, da am 29.
Oktober 2012 eine mündliche Schlussverhandlung mit der Möglichkeit von
Plädoyers stattfand. In deren Vorfeld stellte die Vorinstanz dem
Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin auf dessen Gesuch hin mit Schreiben vom
4. September 2012 den Bericht der RAD-Ärztin vom 12. Juni 2012 zu.

3.2.3. Insgesamt ist aufgrund der Vorbringen der Beschwerdeführerin und der
Aktenlage nicht ersichtlich, dass und inwiefern das vorinstanzliche
Beweisergebnis schlechterdings nicht mehr vertretbar und damit willkürlich ist.
Ebenso wenig liegt eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vor, indem das
kantonale Gericht von Beweisweiterungen abgesehen hat. Die Ermittlung des
Invaliditätsgrades wird nicht beanstandet.

3.3. Die Beschwerdeführerin macht schliesslich eine Bundesrechtsverletzung
geltend, weil das kantonale Gericht eine Übernahme der Kosten des im
vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Berichts des Dr. med. M.________ vom
16. Januar 2012 in Höhe von Fr. 3'500.- durch die IV-Stelle resp. durch das
Gericht selbst verneint hat. Ferner beantragt sie den Ersatz der Kosten von Fr.
2'000.- für die im vorliegenden Verfahren eingereichte Stellungnahme des Dr.
med. M.________ vom 3. Dezember 2012. Expertenkosten sind nur dann Bestandteil
der Parteientschädigung nach Art. 61 lit. g ATSG (SVR 2011 IV Nr. 13 S. 35 f.,
E. 2; BGE 115 V 62 f.), sofern die betreffende Beurteilung für die
Interessenwahrung notwendig war, weil sich der medizinische Sachverhalt erst
aufgrund dieser neu beigebrachten Untersuchungsergebnisse schlüssig feststellen
lässt, und soweit die Vorinstanz massgeblich darauf abgestellt hat (Urteile
8C_708/2012 vom 16. April 2013 E. 6 und 9C_819/2010 vom 29. Oktober 2010 E. 7).
Diese Voraussetzungen sind nach den zutreffenden Erwägungen des kantonalen
Gerichts nicht erfüllt. Der kantonale Entscheid ist auch in diesem Punkt
bundesrechtskonform. Das Gleiche gilt angesichts des Ausgangs des
letztinstanzlichen Verfahrens für die Kosten des Berichts vom 3. Dezember 2012,
zumal es sich bei diesem Bericht, mit welchem sich Dr. med. M.________ mit der
Stellungnahme der RAD-Ärztin Dr. med. O.________ vom 12. Juni 2012
auseinandersetzt, um ein unzulässiges Novum handelt (Art. 99 Abs. 1 BGG). Die
Auffassung des Dr. med. M.________ hätte im kantonalen Verfahren bis zur
öffentlichen Schlussverhandlung am 29. Oktober 2012 vorgelegt werden können,
nachdem die Vorinstanz dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin den
RAD-Bericht vom 12. Juni 2012 am 4. September 2012 zugestellt hat.

4.
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66
Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. August 2013
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Kernen

Der Gerichtsschreiber: Nussbaumer

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