Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 8F.9/2012
Zurück zum Index I. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 2012
Retour à l'indice I. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8F_9/2012

Urteil vom 6. November 2012
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiber Grunder.

Verfahrensbeteiligte
H.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Deecke,
Gesuchsteller,

gegen

IV-Stelle Glarus, Burgstrasse 6, 8750 Glarus,
Gesuchsgegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts 8C_548/2011
vom 22. November 2011.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 25. Mai 2010 verneinte die IV-Stelle Glarus einen Anspruch
auf Invalidenrente des 1960 geborenen H.________ mangels leistungsbegründenden
Invaliditätsgrades (38 %). Dies bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons
Glarus auf Beschwerde des Versicherten hin mit Entscheid vom 6. Juli 2011.

B.
Die dagegen eingereichte Beschwerde vom 15. Juli 2011, mit welcher H.________
beantragen liess, "1. Es sei der Beschwerdeführer interdisziplinär zu
begutachten. 2. Eventualiter sei die Angelegenheit an die Vorinstanz
zurückzuweisen und das Verfahren bis zum Vorliegen des im
unfallversicherungsrechtlichen Verfahren angeordneten, interdisziplinären
Gutachtens zu sistieren. 3. Es sei dem Beschwerdeführer eine Rente nach Gesetz
zuzusprechen.", wies das Bundesgericht mit Urteil vom 22. November 2011 (8C_548
/2011) ab.

C.
Mit Eingabe vom 6. Juli 2012 lässt H.________ gestützt auf das von der
Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) eingeholte polydisziplinäre
Gutachten des Kantonsspitals Z.________ vom 30. Januar 2012 um Revision des
bundesgerichtlichen Urteils vom 22. November 2011 ersuchen und folgende
Rechtsbegehren stellen: "2. Es sei in der Sache selber neu zu entscheiden und
die Angelegenheit zur weiteren Abklärung im Sinne der Anträge in der Beschwerde
vom 15. Juli 2011 zurückzuweisen. 3. Es sei dem Gesuchsteller eine Rente nach
Gesetz zuzusprechen."
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung des Revisionsgesuchs. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Urteile des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft
(Art. 61 BGG). Eine nochmalige Überprüfung der einem Urteil des Bundesgerichts
zugrunde liegenden Streitsache ist grundsätzlich ausgeschlossen. Das Gericht
kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG
aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Ein solcher Revisionsgrund ist
ausdrücklich geltend zu machen, wobei es nicht genügt, dessen Vorliegen zu
behaupten. Der geltend gemachte Revisionsgrund ist im Revisionsgesuch unter
Angabe der Beweismittel anzugeben und es ist aufzuzeigen, weshalb er gegeben
und inwiefern deswegen das Dispositiv des früheren Urteils abzuändern sein soll
(Urteil 8F_4/2009 vom 24. August 2009 E. 1.1).

1.2 Gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG kann die Revision in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten verlangt werden, wenn die ersuchende
Partei nachträglich erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende
Beweismittel auffindet, die sie im früheren Verfahren nicht beibringen konnte,
unter Ausschluss der Tatsachen und Beweismittel, die erst nach dem Entscheid -
mithin dem Urteil, um dessen Revision ersucht wird - entstanden sind. Nach der
zum analogen Art. 137 lit. b OG ergangenen, gemäss BGE 134 III 45 E. 2.1 S. 47
weiterhin gültigen Rechtsprechung sind "neue" Tatsachen solche, die sich bis
zum Zeitpunkt, da im Hauptverfahren noch tatsächliche Vorbringen prozessual
zulässig waren, verwirklicht haben, jedoch dem Revisionsgesuchsteller trotz
hinreichender Sorgfalt nicht bekannt waren; es handelt sich somit um unechte
Noven. Die Geltendmachung echter Noven, also von Tatsachen, die sich erst nach
Ausfällung des Urteils, das revidiert werden soll, zugetragen haben, ist
ausgeschlossen. Die neuen Tatsachen müssen ferner erheblich sein, d.h. sie
müssen geeignet sein, die tatbeständliche Grundlage des angefochtenen Urteils
zu verändern und bei zutreffender rechtlicher Würdigung zu einer andern
Entscheidung zu führen. Neue Beweismittel haben entweder dem Beweis der die
Revision begründenden neuen erheblichen Tatsachen oder dem Beweis von Tatsachen
zu dienen, die zwar im früheren Verfahren bekannt gewesen, aber zum Nachteil
des Gesuchstellers unbewiesen geblieben sind. Erheblich ist ein Beweismittel,
wenn anzunehmen ist, es hätte zu einem anderen Urteil geführt, falls das
Gericht im Hauptverfahren davon Kenntnis gehabt hätte. Ausschlaggebend ist,
dass das Beweismittel nicht bloss der Sachverhaltswürdigung, sondern der
Sachverhaltsermittlung dient (BGE 110 V 138 E. 2 S. 141; 108 V 170 E. 1 S.
171). Es genügt nicht, dass ein neues Gutachten den Sachverhalt anders wertet;
vielmehr bedarf es Elemente tatsächlicher Natur, welche die
Entscheidungsgrundlagen als objektiv mangelhaft erscheinen lassen (BGE 127 V
353 E. 5b mit Hinweisen).

1.3 Das Revisionsgesuch ist gemäss Art. 124 Abs. 1 lit. d BGG innert 90 Tagen
nach der Entdeckung des Revisionsgrundes, frühestens nach Eröffnung der
vollständigen Ausfertigung des Entscheids einzureichen.

2.
2.1 Zu prüfen ist zunächst die Frage, ob das nach dem angefochtenen Urteil des
Bundesgerichts vom 22. November 2011 ausgefertigte polydisziplinäre Gutachten
des Kantonsspitals Z.________ vom 30. Januar 2012 als nachträglich
aufgefundenes und damit revisionsrechtlich zulässiges neues Beweismittel
betrachtet werden kann (vgl. dazu Urteile 4A_144/2010 vom 28. September 2010 E.
2.2, publ. in: SZIER 2012 S. 384, und 9F_9/2007 vom 15. September 2008 E. 3
[die Frage wurde jeweils offen gelassen]).

2.2 Die psychiatrische Exploration wurde am 13. Juli 2011 (vgl. Teilgutachten
der Frau Dr. med. T.________, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie
sowie Neurologie, Oberärztin Psychiatrie, vom 29. Januar 2012), die
neurologische am 28. Juni 2011 (vgl. Teilgutachten des Dr. med. M.________,
Leitender Arzt Neurologie, vom 10. August 2011) und die
orthopädisch-rheumatologische am 29. Juni 2011 durchgeführt (vgl.
Hauptgutachten des federführenden Dr. med. S.________, Chefarzt, Orthopädische
Chirurgie und Traumatologie FMH, vom 30. Januar 2012). Die ärztlichen
Sachverständigen diskutierten zwar die Befunde sowie die Einschätzung und
Bewertung der Ergebnisse erst am 13. Januar 2012, und Dr. med. S.________
untersuchte zur Validierung der interdisziplinär gezogenen Schlussfolgerungen
den Versicherten nochmals am 24. Januar 2012. Indessen ergibt sich aus dem
Hauptgutachten des Kantonsspitals Z.________ vom 30. Januar 2012, dass es auf
den Ergebnissen gutachterlicher Untersuchungen sowie anamnestisch auf
Unterlagen beruhte, die im Zeitpunkt des Urteils vom 22. November 2011 bereits
vorlagen. Unter diesen Umständen ist von einem Beweismittel im Sinne eines
(zulässigen) unechten Novums auszugehen. Im Hauptverfahren war zwar bekannt,
dass die SUVA ein polydisziplinäres Gutachten einholen würde, dieser Umstand
ändert aber nichts an der Zulässigkeit des von dieser eingeholten, nunmehr vom
Gesuchsteller vorgelegten medizinischen Gutachtens des Kantonsspitals
Z.________ vom 30. Januar 2012 (Urteil 8F_9/2011 vom 10. Mai 2012 E. 3.1).

2.3 Vom Gutachten des Kantonsspitals Z.________ vom 30. Januar 2012 erlangte
der Rechtsvertreter des Gesuchstellers, wie er unter Hinweis auf einen
Kurzbrief der SUVA vom 19. April 2012 geltend macht, am 24. April 2012
(Posteingangsstempel) Kenntnis, weshalb er mit seiner Eingabe vom 6. Juli 2012
die Frist von 90 Tagen ab Entdeckung des Revisionsgrundes eingehalten hat.

3.
Anhand der Vorbringen des Gesuchstellers ist im Folgenden zu prüfen, ob das
Bundesgericht in Kenntnis des Gutachtens des Kantonsspitals Z.________ vom 30.
Januar 2012 zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen müssen, und ob das neue
Beweismittel erheblich und geeignet ist, die Urteilsgrundlage und damit den
Ausgang des Verfahrens zu beeinflussen. Dabei ist auf die Rechtsprechung
hinzuweisen, wonach ein neues medizinisches Gutachten, damit es einen
Revisionsgrund bilden kann, den Fehler in der früheren Beweisgrundlage
eindeutig ("indiscutable"; SZS 2008 S. 169, U 561/06 E. 6.2 mit Hinweis) oder
mit überlegenen Gründen (Urteil 6B_539/2008 vom 8. Oktober 2008 E. 1.3 mit
Hinweisen) aufzeigen muss.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht bezogen auf den somatischen Gesundheitszustand
geltend, mit dem Gutachten sei nunmehr die diabetisch bedingte sensomotorische
Polyneuropathie objektiviert. Dasselbe gelte für den schweren Weichteilschaden
im Bereich des linken Oberschenkels bei stumpfen Trauma mit persistierendem
Muskeluntergang und grosser lateraler Muskelhernie, weshalb anders als im
Hauptverfahren von einer erheblichen funktionellen Einschränkung ausgegangen
werden müsse. Schliesslich stehe nunmehr fest, dass im Bereich der lumbalen
Wirbelsäule eine radikuläre Claudicatio mit Ausstrahlung vor allem in das linke
Bein vorliege, mithin eine deutlich schwerwiegendere Schädigung als sie im
Hauptverfahren angenommen worden sei. Insgesamt sei laut Gutachten des
Kantonsspitals Z.________ wegen dieser Befunde von einer um mindestens 30
%-igen Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit auszugehen, wobei selbst in einer
ideal angepassten leichten und wechselbelastenden Tätigkeit keine
Gewichtsbelastungen zumutbar seien.
4.2
4.2.1 Gemäss E. 3.3.2.4 des Urteils vom 22. November 2011 waren hinsichtlich
des Verdachts auf eine diabetisch bedingte, beginnende sensomotorische
Polyneuropathie weitere medizinische Abklärungen nicht notwendig, weil die
Rehaklinik Y.________ (Bericht vom 7. Dezember 2009) die damit verbundenen
Beeinträchtigungen bei der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit und des
Zumutbarkeitsprofils berücksichtigte. Der Beschwerdeführer übersieht, dass die
Polyneuropathie auch gemäss Darlegungen des neurologischen Sachverständigen des
Kantonsspitals Z.________ für sich allein genommen keine relevante
Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit zur Folge hatte. Damit ist ein
revisionsrechtlich erheblicher, neu entdeckter medizinischer Befund ohne
Weiteres zu verneinen.
4.2.2 Weiter schränkten laut E. 3.3.2.2 f. des Urteils vom 22. November 2011
die Folgen des im Jahre 1979 erlittenen Bruchs am linken Oberschenkel bis zur
geltend gemachten Prellung am 22. Oktober 2008 die Arbeitsfähigkeit nicht ein.
Dr. med. L.________ (SUVA Versicherungsmedizin) hielt im Bericht vom 2. Februar
2010 in Übereinstimmung mit der Anamnese und den ausführlich dargelegten Akten
- allerdings ohne eigene Untersuchung (vgl. E. 3.3.1) - fest, die fettig
degenerierte Muskulatur eines Teils des linksseitigen Oberschenkelstreckers
wirke sich nach medizinischer Erfahrung nicht dauerhaft leistungsmindernd aus.
Auch der neurologische Sachverständige des Kantonsspitals Z.________ hielt im
Teilgutachten vom 10. August 2011 fest, die diesbezüglichen Beschwerden seien
im Vergleich zur radikulären Claudicatio im Bereich der unteren
Lendenwirbelsäule gering. Überhaupt ist fraglich, ob die Diagnose einer
Muskelhernie einen neuen Befund darstellt, zumal auch Dr. med. L.________
gemäss E. 3.3.2.2 des Urteils vom 22. November 2011 von einem Riss der
Muskelhülle und damit einhergehender Verwölbung des Muskels ausging. Das
Bundesgericht sah im Hauptverfahren von weiteren Abklärungen im Übrigen auch
deshalb ab, weil die die Funktion des linken Beines einschränkenden Störungen
insgesamt in das Zumutbarkeitsprofil der Rehakliniken X.________ (Bericht vom
5. Juni 2009 mit Testbericht Job Match vom 18. Mai 2009) und Y.________
(Bericht vom 7. Dezember 2009) aufgenommen wurden.
4.2.3 Im Gutachten des Kantonsspitals Z.________ vom 30. Januar 2012 wurde die
seit Jahren bekannte Symptomatik im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule mit
Ausstrahlungen in die unteren Extremitäten (vgl. Sachverhalt A des Urteils vom
22. November 2011) diagnostisch als radikuläre Claudicatio erfasst. Im
Vergleich zu den dem Urteil vom 22. November 2011 zugrunde liegenden Berichten
der Rehakliniken X.________ (vom 5. Juni 2009) und Y.________ (vom 7. Dezember
2009), die im bestätigten Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus
vom 6. Juli 2011 ausführlich zitiert wurden (vgl. dortige E. 2b und 3b), ergibt
sich daraus möglicherweise eine Verschlechterung des Gesundheitsschadens, die
den Gesuchsteller allenfalls berechtigen könnte, bei der Invalidenversicherung
gestützt auf eine Neuanmeldung geänderte Verhältnisse geltend zu machen. Dieser
Umstand ist indessen gemäss Art. 123 Abs. 2 lit. a BGG, der eine zur Zeit des
zu überprüfenden Sachverhalts bestandene Tatsache (hier: Ablehnungsverfügung
der IV-Stelle Glarus vom 25. Mai 2010) voraussetzt, unerheblich.
4.2.4 Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich mit den im Gutachten des
Kantonsspitals Z.________ vom 30. Januar 2012 festgehaltenen somatischen
Befunden eine Revision des Urteils vom 22. November 2011 nicht rechtfertigen
lässt.

5.
5.1 Der Gesuchsteller machte im Hauptverfahren geltend (E. 3.2 des Urteils vom
22. November 2011), den anlässlich der Abklärungen zur Evaluation der
funktionellen Leistungsfähigkeit (EFL) in den Kliniken X.________ (Bericht vom
vom 5. Juni 2009 mit Testbericht Job Match vom 18. Mai 2009) und Y.________
(Bericht vom 7. Dezember 2009) festgestellten Inkohärenzen zwischen
objektivierten medizinischen Befunden und Selbsteinschätzung sowie den Gründen
für die Selbstlimitierung hätte nachgegangen werden müssen. Das Bundesgericht
verwies in E. 3.3.2.4 in fine zum einen auf den kantonalen Entscheid, wonach
ausweislich der Akten keine Anhaltspunkte für ein psychopathologisches
Geschehen bestanden, zum anderen hielt es fest, dass der Beschwerdeführer keine
substantiierte Begründung lieferte, inwiefern von weiteren Abklärungen zu
diesem Punkt neue Erkenntnisse zu erwarten waren.
5.2
5.2.1 Frau Dr. med. T.________ diagnostizierte im psychiatrischen Teilgutachten
des Kantonsspitals Z.________ vom 29. Januar 2012 eine die Arbeitsfähigkeit um
mindestens 30 % einschränkende chronische Schmerzstörung mit somatischen und
psychischen Faktoren (ICD-10 F45.41), deren Beginn auf Herbst 2008 festzulegen
war. Sie bezog sich dabei auf den Unfall vom 22. Oktober 2008 (Prellung im
Bereich der operativ mehrfach versorgten, folgenlos abgeheilten
Oberschenkelfraktur vom 28. Oktober 1978; vgl. E. 3.3.2.2 des Urteils vom 22.
November 2011) und dessen Folgen, seit welchem der Gesuchsteller im
angestammten Beruf als Lastwagenfahrer vollständig arbeitsunfähig ist (vgl. E.
4.2 des Urteils vom 22. November 2011).
Zur diagnostischen Einschätzung hielt die Gutachterin u.a. fest, der
Versicherte sei bereits wegen der Folgen des Verkehrsunfalls vom 28. Oktober
1978 körperlich dauernd beeinträchtigt gewesen; die SUVA habe aufgrund eines
Invaliditätsgrades von 15 % wegen der verbliebenen Einschränkungen im Bereich
des rechten Fusses seither eine Invalidenrente ausgerichtet. Der Versicherte
dürfte dadurch sowie mit Blick auf seine soziale Rolle (Vater von fünf Kindern
und Alleinernährer der grossen Familie) über Jahre hinweg an der Grenze seiner
Leistungsfähigkeit gelebt haben. Zusätzlich traten weitere körperliche
Störungen auf, wie die Rückenprobleme vor allem im Bereich der
Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in die Beine und das metabolische Syndrom
mit Adipositas, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und Polyneuropathie. Nach dem
letzten Unfall (vom 22. Oktober 2008) hätten die Kompensationskräfte zur
erneuten Überwindung und Bewältigung des komplexen multimodalen Störungsbildes
insgesamt nicht mehr ausgereicht.
Zur Prognose hielt Frau Dr. med. T.________ weiter fest, das diagnostizierte
Leiden sei mit Psychopharmaka, anders als bspw. eine Depression, nicht
behandelbar. Die Dauermedikation mit nicht steroidalen und opioidhaltigen
Schmerzmitteln (wie Muskelrelaxantien oder Antiepileptika) sei erfolglos
gewesen. Angesichts der - für sich allein genommen psychopathologisch nicht
relevanten - Persönlichkeitsstruktur mit verfestigten Überzeugungen und
Ansichten über das eigene Krankheitsbild (geringe Fähigkeit zur Introspektion
in Bezug auf die psychische Befindlichkeit; geringe Fähigkeit zum Erkennen und
Benennen psychischer Prozesse; verfestigte Vorstellung über "richtige(r)"
Behandlungsstrategien) seien auch die Erfolgsaussichten einer Psychotherapie
gering einzuschätzen. Es hätten denn auch in dieser Richtung anamnestisch keine
Therapien stattgefunden. Insgesamt sei langfristig mit keiner Besserung mehr zu
rechnen.
Schliesslich prüfte die psychiatrische Gutachterin anhand der in der
versicherungsmedizinischen Praxis zumindest versuchsweise anzuwendenden
"Förster-Kriterien", ob die chronische Schmerzstörung mit somatischen und
psychischen Faktoren ausnahmsweise nicht überwindbar sei. Sie gelangte zum
Ergebnis, es läge zwar weder eine auffällige prämorbide Persönlichkeit noch
eine sonstige über die Schmerzstörung hinausgehende psychiatrische Komorbidität
vor. Indessen müsse davon ausgegangen werden, dass die - fachärztlich u.a. auch
von den Kliniken X.________ und Y.________ bestätigten - seit Herbst 2008
bestehenden, chronischen körperlichen Begleiterkrankungen, der in der
Entlastung von den sozialen Rollenverpflichtungen bestehende primäre
Krankheitsgewinn, sowie die unbefriedigenden Behandlungsergebnisse (u.a.
entwickelte der Versicherte wegen der ärztlich verordneten opioidhaltigen
Schmerzmittel eine Abhängigkeit) insgesamt die Überwindbarkeit der bestehenden
Beschwerden einschränkten; diese unterläge insoweit nicht mehr der
willentlichen Kontrolle des Versicherten, obwohl weder depressive Symptome noch
Anhaltspunkte für Wahrnehmungsstörungen oder schwerwiegende kognitive
Einschränkungen oder fehlenden Antrieb festzustellen seien.
5.2.2
5.2.2.1 Aufgrund der überzeugenden Darlegungen der Frau Dr. med. T.________ ist
anzunehmen, dass insbesondere den Ärzten der Kliniken X.________ und Y.________
ein psychopathologisch relevantes Geschehen entging, weil der Versicherte keine
Anzeichen einer depressiven Symptomatik, einer Wahrnehmungs-, kognitiven oder
Antriebsstörung zeigte. So empfahl die Klinik X.________ gemäss E. 3.2.2.2 des
Urteils vom 22. November 2011 "umfangreiche Abklärungen" zur Frage, "ob trotz
des etwas auffälligen Verhaltens allenfalls doch eine spezifische Pathologie
die Schmerzursache erklären könnte." Dass diese in einer psychiatrisch
relevanten Störung liegen könnte, war ihrem im Entscheid des Verwaltungsgericht
des Kantons Glarus vom 6. Juli 2011 ausführlich zitierten Bericht vom 5. Juni
2009 nicht zu entnehmen. Vielmehr wies sie, wie auch die Klinik Y.________
(Bericht vom 7. Dezember 2009) auf die nur teilweise erklärbare
Selbstlimitierung mit Verdeutlichungstendenz hin, sich bis ans körperliche
Limit zu belasten. Frau Dr. med. T.________ hielt in diesem Zusammenhang auch
fest, der Versicherte messe seiner psychischen Befindlichkeit wenig Bedeutung
zu, er scheine diese im Sinne einer Alexithymie gar nicht selbst wahrzunehmen;
eine solche Konstitution schütze zwar vor einer Depression und erleichtere die
Bewältigung von Lebensschwierigkeiten, prädestiniere aber auf der anderen Seite
die Entwicklung psychosomatischer Beschwerden.
5.2.2.2 Insgesamt ist aufgrund der in das Hauptgutachten des Kantonsspitals
Z.________ vom 30. Januar 2012 übernommenen psychiatrischen Expertise der Frau
Dr. med. T.________ vom 29. Januar 2012 davon auszugehen, dass neue Elemente
tatsächlicher Natur auftauchten, die im Hauptverfahren nicht bekannt waren, und
die die anhaltende Schmerzproblematik hinreichend zu erklären vermögen. Sie
sind geeignet, die Entscheidungsgrundlagen, auf welchen das Urteil vom 22.
November 2011 beruhte, als objektiv mangelhaft erscheinen zu lassen. Das neue
Beweismittel konnte der Gesuchsteller fraglos im früheren Verfahren nicht
einbringen. Entscheidend ist das neue Beweismittel, weil die Annahme einer 30
%igen Arbeitsunfähigkeit zu einem über der Erheblichkeitsschwelle von 40 %
liegenden Invaliditätsgrades führen und damit einen Rentenanspruch begründen
könnte.
5.2.2.3 Unter diesen Umständen ist das im Hauptverfahren in Aussicht gestellte
und vom Bundesgericht in antizipierender Beweiswürdigung als unerheblich
betrachtete Resultat einer nachträglichen medizinischen Begutachtung
revisionsrechtlich zu berücksichtigen. Bei dieser Prozesslage hat der
Gesuchsteller Anspruch auf eine erneute Leistungsbeurteilung. Nachdem deutliche
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass vor der Ablehnungsverfügung der IV-Stelle
Glarus vom 25. Mai 2010 eine rentenbegründende Invalidität bestanden haben
könnte, und sich im bundesgerichtlichen Revisionsverfahren Hinweise auf eine
seither eingetretene gesundheitliche Verschlechterung ergeben haben, ist die
Sache an die IV-Stelle zurückzuweisen.

6.
6.1 Die Kosten des Revisionsverfahrens sind bei diesem Verfahrensausgang der
Gesuchsgegnerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie hat den anwaltlich
vertretenen Gesuchsteller für das bundesgerichtliche Verfahren zu entschädigen
(Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

6.2 Die im Hauptverfahren 8C_548/2011 (Urteil vom 22. November 2011) auf Fr.
500.- festgesetzten Gerichtskosten sind entsprechend dem Ausgang des
Revisionsverfahrens von der IV-Stelle zu entrichten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Das Revisionsgesuch wird gutgeheissen und der Entscheid des Schweizerischen
Bundesgerichts vom 22. November 2011 (Verfahren 8C_548/2011) wird aufgehoben.

2.
In der Sache 8C_548/2011 wird wie folgt neu entschieden:
"1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 6. Juli 2011 und die Verfügung der
IV-Stelle Glarus vom 25. Mai 2010 aufgehoben werden, und die Sache an die
IV-Stelle Glarus zurückgewiesen wird, damit sie im Sinne der Erwägungen über
den Anspruch auf Invalidenrente neu verfüge.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung von Fr. 2800.- auszurichten.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus zurückgewiesen."

3.
Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens von Fr. 500.- werden der
Gesuchsgegnerin auferlegt.

4.
Die Gesuchsgegnerin hat den Gesuchsteller für das bundesgerichtliche Verfahren
mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. November 2012
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Ursprung

Der Gerichtsschreiber: Grunder