Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.752/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_752/2012

Urteil vom 1. Februar 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfacher teilweise versuchter gewerbs- und bandenmässiger Diebstahl,
mehrfacher Hausfriedensbruch etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer,
vom 8. November 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Obergericht des Kantons Aargau bestrafte X.________ am 8. November 2012 im
Berufungsverfahren unter anderem wegen mehrfachen teilweise versuchten gewerbs-
und bandenmässigen Diebstahls, mehrfacher Sachbeschädigung (grosser Schaden)
und mehrfachen Hausfriedensbruchs zu 4 ¼ Jahren Freiheitsstrafe. Die
erstinstanzlich verhängte Busse von Fr. 200.-- bzw. die Ersatzfreiheitsstrafe
von zwei Tagen wurden bestätigt.

X.________ wandte sich am 19. Dezember 2012 ans Bundesgericht und machte
geltend, er sei mit dem Urteil "in verschiedener Hinsicht" nicht einverstanden.
Gleichzeitig stellte er das Gesuch, es sei ein amtlicher Verteidiger
einzusetzen (act. 1).

Das Bundesgericht stellte am 21. Dezember 2012 fest, sein Vorbringen reiche
nicht aus, um die Voraussetzungen der unentgeltlichen Rechtspflege und
Verbeiständung zu überprüfen. Der angefochtene Entscheid sei seinem
seinerzeitigen Anwalt am 26. November 2012 eröffnet worden, weshalb die nicht
erstreckbare Beschwerdefrist noch bis zum 11. Januar 2013 laufe. Bis zu diesem
Datum könnten er oder sein Anwalt die Eingabe ergänzen (act. 4).

Der seinerzeitige Anwalt teilte dem Bundesgericht am 3. Januar 2013 mit, soweit
ihm bekannt sei, verlange X.________ sinngemäss die Aufhebung des
obergerichtlichen Urteils. Er sei offenbar der Auffassung, zumindest ein Teil
der Schuldsprüche sei unrichtig und das Strafmass sei unangemessen hoch (act.
5).

Am 7. Januar 2013 ergänzte X.________ seine Eingabe vom 19. Dezember 2012
persönlich. Er beantragt in Bezug auf einige ihm vorgeworfene Straftaten
("Punkte 1.-1.6") einen Freispruch. Für die übrigen Delikte sei eine viel
tiefere Strafe auszusprechen. Zudem ersucht er um die unentgeltliche
Rechtspflege (act. 6).

2.
Die tatsächlichen Feststellungen und die Beweiswürdigung können vor
Bundesgericht gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig im Sinne von
Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV sind. Willkürlich
sind sie, wenn sie offensichtlich unhaltbar sind oder mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch stehen. Dass eine andere Lösung ebenfalls
vertretbar erscheint, genügt nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4). Die angebliche Willkür
ist in der Beschwerde präzise zu rügen, und die Rüge ist zu begründen (Art. 106
Abs. 2 BGG).

In Bezug auf die bestrittenen Schuldsprüche macht der Beschwerdeführer geltend,
es lägen keine Beweise gegen ihn vor. Die kantonalen Richter hätten die
Verurteilung mit Aussagen begründet, die ein Mittäter bei der Polizei gemacht
habe. Es sei jedoch allgemein bekannt, mit welchen Mitteln und Versprechungen
die Polizei ihre Vernehmungen durchführe, um Geständnisse zu erhalten. Dass
dies auch im vorliegenden Fall so gewesen sei, werde durch die total
widersprüchlichen Aussagen bei der Konfrontationseinvernahme und an der
Gerichtsverhandlung bestätigt (act. 6 Ziff. 1).

Der Beschwerdeführer hat die Rüge bereits vor der Vorinstanz vorgebracht. Diese
hat sich dazu geäussert, worauf hier verwiesen werden kann (vgl. angefochtenen
Entscheid S. 28/29). Sie stellt auf die ersten Aussagen des Mittäters ab,
obwohl dieser sie in der Folge widerrief, denn sie seien im Kerngehalt in sich
stimmig und detailreich und zeichneten sich durch eine hohe Anschaulichkeit
aus. Inwieweit sich die kantonalen Richter nicht auf die ersten Aussagen des
Mittäters hätten stützen dürfen, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.
Insbesondere spricht nichts dafür, dass die pauschalen Vorwürfe gegen die
Polizei zutreffen könnten. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer auch durch
DNA-Spuren und die Aussagen eines weiteren Mitbeschuldigten belastet wird (vgl.
angefochtenen Entscheid S. 27 und 29). Zu diesen Beweismitteln äussert er sich
nicht. Von Willkür kann nicht die Rede sein.

3.
Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden
des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse
und die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des
Verschuldens richtet sich gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung nach der Schwere
der Verletzung oder der Gefährdung des betroffenen Rechtsgutes, nach der
Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie
danach, wie weit er nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war,
die Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Es liegt im Ermessen des
Sachrichters, in welchem Umfang er den verschiedenen Strafzumessungsfaktoren
Rechnung trägt. Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Vorinstanz den
gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich
nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte
ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens
falsch gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.4, 5.6; 134 IV 17 E. 2.1 mit
Hinweisen).

Die kantonalen Richter haben die Strafzumessung einlässlich begründet, worauf
verwiesen werden kann (vgl. angefochtenen Entscheid S. 33-38 mit Hinweis auf
die Erwägungen des Bezirksgerichts).

Der Beschwerdeführer macht geltend, die kantonalen Richter hätten weder sein
Alter und seine persönlichen Verhältnisse zum Tatzeitpunkt noch die Tatsache
berücksichtigt, dass er von sich aus auf den richtigen Weg zurückgekehrt sei
und keine Straftaten mehr verübt habe. Zudem sei sein Mittäter nur zu vier
Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, obwohl er bedeutend mehr Straftaten
verübt habe (act. 6 Ziff. 2).

Das Bezirksgericht hat das jugendliche Alter und die schwierige Lage des aus
Moldawien stammenden Beschwerdeführers beachtet und die Straffreiheit seit dem
6. Januar 2010 zu Recht nicht berücksichtigt (Urteil Bezirksgericht S. 39 mit
Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts). Zwar war der Mittäter
zahlenmässig an mehr Delikten beteiligt als der Beschwerdeführer (Urteil
Bezirksgericht S. 37). Indessen ist den Erwägungen der Vorinstanz nicht zu
entnehmen, in welchem Verhältnis die konkreten Tatbeiträge und insbesondere die
individuellen Täterkomponenten der Beteiligten zueinander stehen (vgl.
angefochtenen Entscheid S. 38). Doch der Beschwerdeführer äussert sich dazu
nicht. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass und inwieweit eine
ungerechtfertigte Ungleichbehandlung vorliegen könnte.

4.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil
die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des
Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen
(Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. Februar 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Monn