Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.742/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_742/2012

Urteil vom 10. Mai 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Boog.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Spörli,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
2. A.________,
3. B.________,
beide vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Sonja Gabi,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Mehrfache versuchte vorsätzliche Tötung; Genugtung; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 11. Oktober 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 23. November 2010, ab ca. 17.00 Uhr, kam es zwischen X.________ und seiner
damaligen Ehefrau A.________ in der ehelichen Wohnung in Dübendorf zu einer
verbalen Streitigkeit über die gemeinsame Gestaltung des Geburtstagsabends der
Ehefrau. Diese dauerte längere Zeit an, steigerte sich zunehmend in der
Intensität und entwickelte sich schliesslich zu einer tätlichen
Auseinandersetzung. In deren Verlauf packte X.________ seine Ehefrau am Hals,
würgte sie mehrmals und fügte ihr mit einem kleinen Schäl- bzw. Küchenmesser
insgesamt 18 Stichwunden, insbesondere im Bauch- und Brustbereich mit
Verletzung des Dickdarms, und seiner im ehelichen Haushalt lebenden
Stieftochter B.________ fünf Stichverletzungen im Bereich des Bauches mit
Verletzung der Leber zu. Bei beiden Geschädigten entstand eine konkrete und
unmittelbare Lebensgefahr.

B.
Das Bezirksgericht Uster erklärte X.________ mit Urteil vom 15. Dezember 2011
der mehrfachen versuchten vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB in
Verbindung mit Art. 22 Abs. 1 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer
Freiheitsstrafe von 13 Jahren, unter Anrechnung der ausgestandenen
Untersuchungshaft und dem vorzeitigen Strafvollzug. Ferner verpflichtete es
ihn, den Opfern eine Genugtuung von Fr. 30'000.-- bzw. Fr. 20'000.--, zuzüglich
5 % Zins seit 23. November 2010 zu bezahlen. Zudem entschied es über die
Schadenersatzforderungen und die Einziehung der beschlagnahmten Gegenstände.

Auf Berufung des Beurteilten und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hin
bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich am 11. Oktober 2012 das
erstinstanzliche Urteil, soweit es nicht in Rechtskraft erwachsen war, im
Schuldpunkt sowie hinsichtlich der zugesprochenen Genugtuung und erhöhte die
Freiheitsstrafe auf 16 Jahre, unter Anrechnung von 689 Tagen Untersuchungshaft
bzw. vorzeitigem Strafvollzug.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht, mit der er
beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei er in
Aufhebung des angefochtenen Urteils des mehrfachen versuchten Totschlags
schuldig zu sprechen und mit einer Freiheitsstrafe von maximal vier Jahren zu
bestrafen, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft und des
vorzeitigen Strafvollzuges. Ferner sei er zu verpflichten, den Opfern je eine
Genugtuung zuzusprechen, bei deren Bemessen dem Mitverschulden der
Privatklägerinnen angemessen Rechnung zu tragen sei. Schliesslich ersucht er um
Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer macht zunächst geltend, die (Haft)-Einvernahme vom 25.
November 2010 durch den Staatsanwalt sei ohne Beisein eines Rechtsbeistandes
erfolgt, obwohl bereits im damaligen Zeitpunkt offenkundig ein Fall notwendiger
Verteidigung im Sinne von § 11 Abs. 2 Ziff. 3 StPO/ZH vorgelegen habe. Seine
anlässlich dieser Einvernahme gemachten Aussagen hätten daher nicht verwertet
werden dürfen. Trotzdem habe sich die Vorinstanz entgegen einer gefestigten
kantonalen Rechtsprechung auf diese Aussagen gestützt und in verschiedener
Hinsicht Widersprüche und Differenzen festgestellt, so dass sie zum Schluss
gekommen sei, seine Aussagen seien für sich allein betrachtet nicht glaubhaft
(Beschwerde S. 6 ff.).

1.2 Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdeführer sei am 24. November 2010,
einen Tag nach dem Vorfall, erstmals durch die Polizei befragt und auf seine
Rechte, insbesondere auf das Recht, sich jederzeit einen Verteidiger zu
bestellen und die Aussage zu verweigern, hingewiesen worden. Daraufhin habe er
erklärt, dass er sich ohne anwaltliche Vertretung nicht zur Sache äussern wolle
(Untersuchungsakten Urk. 4/1 S. 1 f.). Bei der Hafteinvernahme vom folgenden
Tag habe er sich, nachdem er erneut auf seine Rechte hingewiesen worden sei,
dazu entschieden auszusagen (Untersuchungsakten Urk. 4/2). Am 29. November 2010
sei dem Beschwerdeführer eine amtliche Verteidigung bestellt worden
(Untersuchungsakten Urk. 13/2). In der Folge hätten die Einvernahmen des
Beschwerdeführers jeweils in Anwesenheit seines Rechtsbeistandes stattgefunden
(Untersuchungsakten Urk. 4/3-4 und 5/3-4). Da ein Tötungsdelikt in Frage
gestanden habe, sei von Beginn weg klar gewesen, dass es sich um einen Fall
amtlicher Verteidigung gehandelt habe. Doch sei im vorliegenden Haftfall eine
zeitlich dringliche Komponente hinzugekommen. Nach dem zürcherischen
Strafprozessrecht habe im polizeilichen Ermittlungsverfahren kein generelles
Teilnahmerecht der Verteidigung bestanden. Der Beschwerdeführer sei jeweils
korrekt auf seine Rechte hingewiesen worden und nach der ersten einlässlichen
Hafteinvernahme sei ihm ein Rechtsbeistand zur Seite gestellt worden. Die
Hafteinvernahme vom 25. November 2010 sei somit in Einklang mit den damals
geltenden gesetzlichen Bestimmungen erfolgt. Im Übrigen habe der
Beschwerdeführer später in Anwesenheit seines amtlichen Verteidigers sämtliche
früheren Aussagen als richtig bestätigt, obwohl er ausdrücklich auf die
Möglichkeit hingewiesen worden sei, diese zu korrigieren oder zu ergänzen
(angefochtenes Urteil S. 7 f.).

1.3 Nach der früheren Regelung von § 11 Abs. 2 StPO/ZH musste der
Angeschuldigte u.a. dann durch einen Verteidiger verbeiständet sein, wenn gegen
ihn eine Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr oder eine freiheitsentziehende
Massnahme im Sinne des Strafgesetzbuches beantragt war oder in Aussicht stand
(Ziff. 3) oder sich die Untersuchung auf Straftaten bezog, deren Beurteilung
dem Geschworenengericht oder erstinstanzlich dem Obergericht zustand (Ziff. 4).
Gemäss § 17 Abs. 2 StPO/ZH hat der Untersuchungsbeamte dem Verteidiger
Gelegenheit zu geben, an den Einvernahmen des Angeschuldigten teilzunehmen,
wenn dieser es verlangt und der Zweck der Untersuchung dadurch nicht gefährdet
wird. Im Kanton zugelassene Rechtsanwälte sind zur Einvernahme stets
zuzulassen, sobald der Angeschuldigte vor dem Untersuchungsbeamten erstmals
einlässlich ausgesagt hat oder sich seit 14 Tagen in Haft befindet.

Nach der Rechtsprechung der Zürcher Gerichte sind Aussagen, welche ein
Angeschuldigter ohne Anwesenheit eines Verteidigers gemacht hat, obschon in
jenem Zeitpunkt ein Fall notwendiger Verteidigung bestand, nicht verwertbar,
sofern sich der Angeschuldigte selber belastet. Dies gilt auch dann, wenn ihm
diese nachträglich nochmals vorgehalten werden und er dazu Stellung nehmen
kann. An der Unverwertbarkeit der Aussagen ändert nichts, dass der Beschuldigte
zu Beginn der Einvernahme auf sein Aussageverweigerungsrecht sowie das Recht
auf Beizug eines Verteidigers hingewiesen worden ist und er im Wissen darum
bereit war, Aussagen zu machen (Beschluss des Kassationsgerichts Zürich vom 23.
März 2012, AC110014, E. III. 2.3 [Beschwerdebeilage 3] und vom 19.4.2012,
AC110008, E. V. 3.3 f.; Obergericht Zürich vom 30.10.2009 E. 2.2.2 in: ZR 109/
2010 Nr. 18; NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl., Zürich 2004, N 494
auf S. 161).

1.4 Die Anwendung einfachen kantonalen Rechts ist gemäss Art. 95 BGG von der
Überprüfung durch das Bundesgericht ausgenommen. Sie kann mit Beschwerde an das
Bundesgericht nur gerügt werden, wenn geltend gemacht wird, sie verletze
gleichzeitig das Willkürverbot von Art. 9 BV (BGE 138 I 225 E. 3.1). Dass einem
Angeschuldigten der notwendige Verteidiger erst im Zeitpunkt der zweiten
untersuchungsrichterlichen Einvernahme beigegeben wird, stellt nach der
Rechtsprechung keine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK bzw. Art. 29 Abs. 1 BV
dar (Urteil des Bundesgerichts 6P.65/2004 vom 3.7.2004 E. 3.4).

1.5 Der Beschwerdeführer wurde am 24. November 2010 von der Kantonspolizei
Zürich als Angeschuldigter befragt, wobei er sich ohne anwaltliche Vertretung
nicht zur Sache äussern wollte (Untersuchungsakten act. 4/1). Am 25. November
2010 wurde er von der Staatsanwaltschaft ein weiteres Mal einvernommen. Nach
dem Hinweis darauf, dass er jederzeit einen Verteidiger bestellen und die
Aussage verweigern könne, beantwortete er die gestellten Fragen. Die
Hafteinvernahme erfolgte ohne anwaltlichen Beistand. Darin schilderte der
Beschwerdeführer den Vorfall, wie er aus seiner Sicht stattgefunden hatte.
Namentlich berichtete er, wie er von der Ehefrau als "Hund" beschimpft, von der
Tochter an der Nase gepackt und hernach von der Ehefrau mit dem Küchenmesser am
Oberarm verletzt worden sei. Daraufhin habe er ihr das Messer entwinden können
und seinerseits auf sie eingestochen. In den weiteren Einvernahmen durch die
Staatsanwaltschaft vom 27. Januar und 1. Juni 2011, welche im Beisein seines
Verteidigers erfolgten, sowie in den Hauptverhandlungen vor den kantonalen
Instanzen sagte der Beschwerdeführer in Bezug auf den Umstand, dass er zuerst
von der Ehefrau mit dem Messer verletzt worden sei, im Wesentlichen gleich aus
(vgl. auch erstinstanzliches Urteil S. 11 ff.; angefochtenes Urteil S. 21 ff.).

Bei dieser Sachlage ist nicht erkennbar, inwieweit sich für den
Beschwerdeführer nachteilig auswirken soll, wenn die Vorinstanz auch die
Aussagen anlässlich der ersten Einvernahme berücksichtigt. Dies gilt umso mehr,
als sich auch der Beschwerdeführer selbst in seiner Beschwerde darauf beruft
(vgl. Beschwerde S. 31). Unter diesen Umständen kann offen bleiben, ob die
Anwendung kantonalen Rechts durch die Vorinstanz als schlechterdings unhaltbar
zu qualifizieren ist.

2.
2.1 Im Weiteren wendet sich der Beschwerdeführer ausschliesslich gegen die
Feststellung des Sachverhalts. Er macht geltend, seine Ehefrau habe das
Küchenmesser als erste behändigt. Die Stieftochter habe sich daraufhin
eingemischt und ihm die Nase verdreht, worauf die Ehefrau ihn mit dem Messer an
der rechten Ellenbeuge verletzt habe. Im Anschluss daran habe er in einer
eigentlichen Kurzschlussreaktion der Ehefrau das Messer entwunden und -
überwältigt von der Situation und aufgrund des vorgängigen Alkoholkonsums
enthemmt - unkontrolliert auf sie und die Stieftochter eingestochen. Er habe
nie die Absicht gehabt, die Frauen zu töten. Der Ehefrau und der Stieftochter
sei bei der Auseinandersetzung auf jeden Fall eine weit aktivere Rolle
zugekommen als die Vorinstanz annehme (Beschwerde S. 6; vgl. auch angefochtenes
Urteil S. 9 f.).

Im Einzelnen beanstandet der Beschwerdeführer, die kantonalen Instanzen
stützten sich vollumfänglich auf die Schilderungen der Geschädigten, während
sie seine eigenen Aussagen insgesamt als unglaubhaft qualifizierten. Dabei
liessen sie zahlreiche Widersprüche in den Aussagen der Geschädigten und deren
Unvereinbarkeit mit den übrigen Beweismitteln ausser Acht und wichen in
entscheidenden Punkten ohne Begründung davon ab. So würden die
unbestrittenermassen von ihm selbst erlittenen Verletzungen in der
Anklageschrift nicht erwähnt. Zudem habe keine der beiden Geschädigten den
Sachverhalt so geschildert, wie er in der Anklageschrift umschrieben werde. Die
Anklageschrift stelle vielmehr eine Kombination der in verschiedener Hinsicht
voneinander abweichenden Darstellungen der Geschädigten dar. Auch die
Vorinstanz weiche in entscheidenden Punkten und ohne entsprechende Begründung
von den Aussagen der Geschädigten ab (Beschwerde S. 12, 24 ff.).

2.2 Die Vorinstanz erachtet die Aussagen der Geschädigten insgesamt als
glaubhaft. In Bezug auf die Aussagen der Ehefrau des Beschwerdeführers nimmt
sie in Übereinstimmung mit der ersten Instanz an, jene habe sowohl in der
Untersuchung als auch an der Hauptverhandlung weitestgehend beständig,
detailreich, lebendig und bildhaft, zugleich aber auch differenziert und
zurückhaltend ausgesagt. Die sehr plastische Wiedergabe des Tatablaufs werde
durch die geringfügigen Abweichungen in ihren Aussagen nicht beeinträchtigt,
zumal zwischen den einzelnen Einvernahmen eine grössere Zeitspanne von mehreren
Wochen bzw. Monaten liege, die geprägt von Operationen, Komplikationen,
Schmerzen, Ängsten und wohl auch von Versuchen, zu vergessen und Distanz zu
gewinnen, geprägt gewesen seien (angefochtenes Urteil S. 14 ff.). Hinsichtlich
der Aussagen der Stieftochter nimmt die Vorinstanz an, diese untermauerten die
Darstellung der Ehefrau in allen zentralen Punkten. Sie seien detailliert, in
sich stimmig, widerspruchsfrei und spiegelten anschaulich das Geschehen am
Tatabend (angefochtenes Urteil S. 19 ff.).

Demgegenüber erachtet die Vorinstanz die Aussagen des Beschwerdeführers
aufgrund der inkonsistenten Darlegungen zum Beweggrund seines Handelns, der
augenfällig zunehmenden Flucht in fehlende Erinnerung sowie aufgrund
verschiedener Widersprüche als unglaubhaft. Bei gesamthafter Betrachtung
verblieben keinerlei vernünftige Zweifel, dass sich der Tathergang im
Wesentlichen so ereignet habe, wie er von den Geschädigten geschildert worden
und wie er in die Anklageschrift eingeflossen sei (angefochtenes Urteil S. 21
ff.).

In Bezug auf die vom Beschwerdeführer am Oberarm erlittene Stichverletzung
gelangt die Vorinstanz zum Schluss, es sei unbestritten, dass im Zuge des
Kerngeschehens ein heftiges Gerangel zwischen dem Beschwerdeführer und seiner
Ehefrau stattgefunden habe, wobei das Messer im Spiel gewesen sei. Es sei
ebenso lebensnah wie nachvollziehbar, dass sich die Geschädigte nach ihren
Möglichkeiten zu wehren versucht habe. Nicht nur die Stichverletzung am
Oberarm, sondern sämtliche Verletzungen des Beschwerdeführers, wie die
Kratzspuren, Hautabschürfungen, Hautunterblutungen und Hautrötungen, liessen
sich fraglos mit diesem Gerangel in Einklang bringen. Es sei durchaus denkbar,
dass der Beschwerdeführer dabei die Herrschaft über das Messer verloren habe
und durch dieses an der Ellenbeuge verletzt worden sei. Im Übrigen habe der
Beschwerdeführer nebst oberflächlichen Hautabschürfungen keinerlei
Schnittverletzungen an seinen beiden Händen, insbesondere den Handflächen,
davon getragen, was umso mehr erstaune, als er nach seiner Darstellung nach der
Klinge des Messer gegriffen habe, um es seiner Ehefrau wegzunehmen. Dabei wären
indes naturgemäss entsprechende Verletzungen zu erwarten gewesen (angefochtenes
Urteil S. 33 f.).

2.3 Gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts durch die
Vorinstanz nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig, d.h.
willkürlich ist oder auf einer Verletzung von schweizerischem Recht im Sinne
von Art. 95 BGG beruht. Die Rüge der willkürlichen Feststellung des
Sachverhalts prüft das Bundesgericht gemäss Art. 106 Abs. 2 BGG nur insoweit,
als sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substantiiert begründet
worden ist. In der Beschwerde muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der
angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel
leidet. Auf eine bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das
Bundesgericht nicht ein (BGE 138 I 171 E. 1.4; 136 II 489 E. 2.8; 133 IV 286 E.
1.4; je mit Hinweisen).

Art. 9 BV gewährleistet den Anspruch darauf, von den staatlichen Organen ohne
Willkür behandelt zu werden. Auf dem Gebiet der Beweiswürdigung steht den
kantonalen Instanzen ein weiter Spielraum des Ermessens zu. Nach ständiger
Rechtsprechung genügt für die Annahme von Willkür nicht, wenn eine andere
Lösung oder Würdigung vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen ist. Willkür
liegt nur vor, wenn der angefochtene Entscheid auf einer schlechterdings
unhaltbaren Beweiswürdigung beruht, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid
von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dabei genügt es
nicht, wenn sich der angefochtene Entscheid lediglich in der Begründung als
unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im
Ergebnis verfassungswidrig ist (BGE 138 I 49 E. 7.1 und 305 E. 4.3; 138 V 74 E.
7; je mit Hinweisen).

2.4 Die Vorinstanz stützt sich im Wesentlichen auf die Aussagen der Ehefrau des
Beschwerdeführers. Dass diese den Tatablauf mehr oder weniger gleichbleibend
geschildert hat, und sowohl sie als auch die Stieftochter - insbesondere in
Bezug auf das Nebengeschehen - weitestgehend detailliert, sachlich,
differenziert und zurückhaltend ausgesagt haben, räumt auch der
Beschwerdeführer ein (Beschwerde S. 25, 28 und 35). Er rügt aber, die Aussagen
der Stieftochter liessen sich in verschiedenen Punkten mit denjenigen ihrer
Mutter nicht in Übereinstimmung bringen, so dass sich das Kerngeschehen
gestützt auf deren Bekundungen nicht verlässlich und in rechtsgenügender Weise
rekonstruieren lasse. Zudem stimme das im Gutachten des Instituts für
Rechtsmedizin der Universität Zürich (vgl. Untersuchungsakten act. 7/5)
festgestellte Verletzungsbild mit seiner Darstellung überein (Beschwerde S. 24
ff.).

Was der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanz einwendet,
genügt für den Nachweis von Willkür nicht. Der Beschwerdeführer beschränkt sich
im Wesentlichen darauf, die Aussagen der Tatbeteiligten zusammenzufassen und
darzulegen, wie seiner Auffassung nach die vorhandenen Beweise richtigerweise
zu würdigen gewesen wären. Er hätte indes vielmehr dartun müssen, inwiefern die
Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unhaltbar seien und die
vorhandenen Beweise andere Schlussfolgerungen geradezu aufdrängten. Dies lässt
seine Beschwerde weitgehend vermissen. Im Übrigen mag zutreffen, dass die
Schilderung des Geschehens durch die beiden Geschädigten nicht in jeder
Hinsicht lückenlos und stimmig erscheint. Doch drängt der Umstand, dass sich
aufgrund der verschiedenen Aussagen der Beteiligten nicht mit letzter
Sicherheit klären lässt, woher die Verletzungen des Beschwerdeführers,
namentlich die Stichverletzung im Oberarm, herrühren und auf welche Weise sie
ihm beigebracht worden sind, nicht zwingend den Schluss auf, die Ehefrau habe
das Messer als erste in Händen gehalten und habe dem Beschwerdeführer die
Verletzungen zu Beginn der Auseinandersetzung zugefügt, so dass der Streit
eskaliert und eine gewaltsame Gegenreaktion des Beschwerdeführers geradezu
provoziert worden sei. Es ist denn auch nicht ersichtlich, dass die
Abweichungen in den Aussagen der Geschädigten derart gravierend wären, dass als
unhaltbar erschiene, auf diese abzustellen. Dies gilt umso mehr, als die
Vorinstanz zutreffend erkennt, dass sich die Darstellung des Geschehens, wie es
der Beschwerdeführer schildert, in weit stärkerem Masse zu Zweifeln Anlass
gibt. Die Vorinstanz führt zu Recht aus, dass Verwechslungen oder verblasste
Erinnerungen zu Details die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Geschädigten nicht
beeinflussen. Darüber hinaus sind geringfügige Abweichungen in den Berichten
der beiden Geschädigten ohne weiteres damit erklärbar, dass sie sich während
des Vorfalls nur teilweise im selben Raum befanden, das dynamische Tatgeschehen
aus unterschiedlichen Blickwinkeln wahrnahmen und beide verletzt und von
Schrecken erfüllt waren (angefochtenes Urteil S. 20). Insgesamt erscheint die
Annahme der Vorinstanz, die Messerattacken seien vom Beschwerdeführer
ausgegangen und dieser habe sich die Verletzungen im Laufe des Gerangels
zugezogen, jedenfalls nicht als schlechterdings unhaltbar.

Bei diesem Ergebnis entfällt die Grundlage für die Würdigung des Sachverhalts
als mehrfachen versuchten Totschlag, die der Beschwerdeführer eventualiter für
den Fall beantragt, dass das Bundesgericht die Beschwerde gutheissen und einen
reformatorischen Entscheid fällen sollte (Beschwerde S. 38 f.).

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit sie den
Begründungsanforderungen genügt.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit auf sie einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG). Da sein Rechtsbegehren von vornherein als
aussichtslos (vgl. BGE 138 III 217 E. 2.2.4) erschien, ist sein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). Seinen
eingeschränkten finanziellen Verhältnissen kann bei der Festsetzung der
Gerichtsgebühr Rechnung getragen werden (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Mai 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Boog

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