Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.717/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_717/2012

Urteil vom 17. September 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiber Näf.

Verfahrensbeteiligte
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Lars Gerspacher,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Betrug, Versuch; Verwertbarkeit von Beweismitteln,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, vom 16. August 2012.

Sachverhalt:

A. 
Die Anklage wirft X.________ strafbare Handlungen im Zusammenhang mit den von
ihm geführten Unternehmen A.________ AG, B.________ AG sowie C.________ AG vor.
Ihm werden im Rahmen der Anlagetätigkeit und des Öl-Handels der A.________ AG
gewerbsmässiger Betrug in 283 Fällen sowie unwahre Angaben über kaufmännische
Gewerbe zur Last gelegt (Anklagesachverhalt B). Im Zusammenhang mit dem von der
B.________ AG betriebenen Stahlhandel wirft ihm die Anklage gewerbsmässigen
Betrug zum Nachteil von fünf Geschädigten vor (Anklagesachverhalt C). In Bezug
auf den Kunsthandel der C.________ AG werden ihm gewerbsmässiger Betrug zum
Nachteil von rund 40 Geschädigten, mehrfache ungetreue Geschäftsbesorgung sowie
mehrfache Urkundenfälschung zur Last gelegt (Anklagesachverhalt D).

B. 
Die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich sprach X.________ am 16.
August 2012 zweitinstanzlich des mehrfachen Betrugs zum Nachteil von 17
Geschädigten sowie der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig. Sie verurteilte
ihn zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von drei Jahren, welche sie im
Umfang von 21 Monaten bei einer Probezeit von vier Jahren aufschob. Sie sprach
X.________ vom Vorwurf des gewerbsmässigen Betrugs in zahlreichen Fällen sowie
vom Vorwurf der ungetreuen Geschäftsbesorgung frei. Sie verpflichtete ihn zur
Zahlung von Schadenersatz an diverse Geschädigte. Von der Festsetzung einer
staatlichen Ersatzforderung sah sie ab.

C. 
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt Beschwerde in Strafsachen.
Sie stellt den Antrag, das Urteil des Obergerichts sei in Punkten mit Bezug zum
Anklagesachverhalt B wegen Verletzung von Bundesrecht aufzuheben und die Sache
in diesen Punkten zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Eventualiter sei X.________ über die Verurteilung gemäss dem angefochtenen
Entscheid hinaus in zahlreichen weiteren Punkten des Anklagesachverhalts B des
mehrfachen, teilweise versuchten Betrugs schuldig zu sprechen und diesem
zusätzlichen Schuldspruch bei der Strafzumessung angemessen Rechnung zu tragen.

Erwägungen:

1. 
Die Beschwerde beschränkt sich auf den Anklagesachverhalt B betreffend die
A.________ AG.

1.1. Die Anklage warf dem Beschwerdegegner vor, er habe nach Dezember 2002 über
seine Vertriebsstrukturen Aktien der A.________ AG an 283 Kleinanleger verkauft
mit der wahrheitswidrigen Zusicherung, dass die Anlage kapitalgeschützt, d.h.
das Aktienkapital durch eine Bank mit mindestens A-Rating garantiert sei.

1.2. Die Vorinstanz kommt mit der ersten Instanz in Bezug auf 274 Anleger zum
Schluss, es sei nicht bewiesen, dass diese aufgrund der Täuschung über den
Kapitalschutz A.________-Aktien kauften beziehungsweise zeichneten. Vielmehr
scheine das Versprechen einer Rendite von 4,5% ausschlaggebend und somit das
Motiv für die Vermögensdisposition gewesen zu sein. Daher sei der
Motivationszusammenhang zwischen der von der Anklage als arglistig
qualifizierten Täuschung über den Kapitalschutz und der Vermögensverfügung
nicht gegeben. Hinzu komme, dass das Renditeversprechen nicht dem
Beschwerdegegner zugerechnet werden könnte, da er ein solches nie abgegeben
habe. Die Vorinstanz spricht daher den Beschwerdegegner im Anklagekomplex B in
Bestätigung des erstinstanzlichen Entscheids in 274 von 283 eingeklagten Fällen
vom Vorwurf des Betrugs frei (Urteil E. 2.7 S. 31 f.).

1.3.

1.3.1. Die erste Instanz sprach den Beschwerdegegner im Anklagekomplex
A.________ AG in neun von 283 eingeklagten Fällen des mehrfachen Betrugs
schuldig. Die Vorinstanz spricht ihn in sieben dieser neun Fälle vom Vorwurf
des Betrugs frei. Sie erwägt, die Aussagen dieser sieben Geschädigten im Rahmen
von telefonischen Befragungen seien prozessual nicht verwertbar. Daher sei
nicht zu prüfen, ob auf der Grundlage dieser Aussagen der Schluss gezogen
werden könnte, dass die Irreführung über den Kapitalschutz kausal für den
Aktienkauf und arglistig gewesen sei (Urteil E. 2.9 S. 33).

1.3.2. Die Vorinstanz spricht den Beschwerdegegner im Anklagesachverhalt B
lediglich in zwei Fällen (Anklageziffer 60 betreffend die Geschädigten
AD.________ und BD.________ und Anklageziffer 185 betreffend die Geschädigte
E.________) des Betrugs schuldig. Sie kommt aufgrund der ihres Erachtens
prozessual verwertbaren Zeugenaussagen der Geschädigten zum Schluss, dass diese
nicht nur durch die unwahre Angabe im Zeichnungsschein, sondern durch weitere,
dem Beschwerdegegner zurechenbare unwahre Informationen und daher arglistig
über den Kapitalschutz getäuscht wurden und sich gerade durch diese Täuschung,
also nicht durch andere Motive wie etwa die Renditeaussicht, zum Kauf von
A.________-Aktien verleiten liessen (Urteil E. 2.10 S. 33 ff., E. 2.11 S. 36
ff.).

2.

2.1. Die von der Vorinstanz als nicht verwertbar qualifizierten Befragungen von
Geschädigten wurden wie folgt durchgeführt. Die Staatsanwaltschaft III des
Kantons Zürich gelangte mit Rechtshilfeersuchen an die am Wohnort der
Auskunftspersonen zuständigen deutschen und österreichischen
Staatsanwaltschaften und beantragte, die Auskunftspersonen seien auf dem
örtlich zuständigen Polizeiposten zu empfangen, zu identifizieren und bei einer
telefonischen Befragung durch die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich zu
begleiten. Die ausländischen Behörden gingen auf dieses Anliegen ein. Der
Beschuldigte und sein Verteidiger nahmen an den telefonischen Befragungen in
Gegenwart des Staatsanwaltes in Zürich teil. Sie konnten die Telefongespräche
über den Lautsprecher mitverfolgen und die Protokollführung in Echtzeit am
Monitor kontrollieren. Sie hatten auch Gelegenheit, Fragen zu stellen. Der
Staatsanwalt wies die Auskunftspersonen darauf hin, dass er im Ausland über
keine Amtsgewalt verfüge und sie daher zur Verweigerung der Aussage berechtigt
seien. Die Verteidigung brachte ausdrücklich den Vorbehalt an, mit dieser Form
der Befragung nicht einverstanden zu sein. Nach diversen telefonischen
Befragungen beantragte die Verteidigung allerdings ihrerseits, dass eine
weitere im Ausland wohnhafte Auskunftsperson telefonisch befragt werde.

2.2. Als die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich im Jahr 2009 die
telefonischen Befragungen durchführte, galt die Strafprozessordnung des Kantons
Zürich.

§ 14 Abs. 1 aStPO/ZH lautete: "Dem Angeschuldigten und seinem Verteidiger wird
Gelegenheit gegeben, den Einvernahmen von Zeugen, Auskunftspersonen und
Sachverständigen vor dem Untersuchungsbeamten beizuwohnen und an sie Fragen zu
richten, welche zur Aufklärung der Sache dienen können. Bei Einvernahmen im
Ausland genügt die Mitwirkung des Verteidigers." § 15 aStPO/ZH bestimmte:
"Einvernahmen von Zeugen, Auskunftspersonen oder Sachverständigen, bei welchen
die Vorschriften von § 14 nicht beachtet wurden, sind nichtig, soweit sie den
Angeschuldigten belasten."

2.2.1. Die Vorinstanz erwägt, die telefonische Befragung von Zeugen und
Auskunftspersonen sei in der Zürcher Strafprozessordnung nicht vorgesehen
gewesen und mangels gesetzlicher Grundlage ungültig. Selbst wenn man davon
ausginge, dass der Beschwerdegegner und sein Verteidiger an den telefonischen
Befragungen teilnehmen und daran durch Ergänzungsfragen mitwirken konnten, sei
doch ihr Anweenheitsrecht bei Einvernahmen verletzt worden. Der Beschuldigte
und sein Verteidiger hätten grundsätzlich ein Anwesenheits-, Teilnahme- und
Fragerecht bei Zeugeneinvernahmen. Diese Rechte könnten nur in speziellen
Fällen eingeschränkt werden. Eine Einschränkung sei in § 14 Abs. 1 Satz 2 aStPO
/ZH geregelt. Einschränkungen seien aber nur unter Beachtung der
Verhältnismässigkeit zulässig. Das Anwesenheitsrecht sei wichtig, um das
non-verbale Verhalten (Mimik, Gestik etc.) der befragten Person wahrzunehmen,
welches Anlass zu Ergänzungsfragen bilden könne. Das Anwesenheitsrecht könne
die Wahrheitsfindung auch gestützt auf die Erfahrung fördern, dass es für die
einvernommene Person einfacher sei, gegenüber abwesenden als gegenüber
anwesenden Personen unzutreffende Vorwürfe zu erheben. Im vorliegenden Fall
seien die Einvernahmen nicht aus Gründen des Opfer- beziehungsweise
Zeugenschutzes, sondern zwecks Beschleunigung und Vereinfachung des Verfahrens
telefonisch durchgeführt worden. Eine rechtshilfeweise Einvernahme der in
Deutschland und Österreich wohnhaften Personen, bei welcher die Teilnahmerechte
des Beschuldigten gewahrt worden wären, hätte nicht zu einer übermässigen
Verzögerung des Verfahrens geführt. "Die - faktisch erfolgte - optische
Abschirmung der Befragten" bei lediglich telefonischer Einvernahme sei
unverhältnismässig und verletze das Konfrontationsrecht und damit die
Verteidigungsrechte des Beschwerdegegners. Daher seien die Aussagen der
telefonisch befragten Geschädigten nicht zu dessen Lasten verwertbar (Urteil E.
2.3.7 S. 19 ff.).

2.2.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die erste Instanz und die
Vorinstanz hätten die Aussagen von diversen Geschädigten zu Unrecht als
prozessual nicht verwertbar qualifiziert. Die zur Zeit der Einvernahmen
massgebende Bestimmung der Strafprozessordnung des Kantons Zürich, wonach bei
Einvernahmen im Ausland die Mitwirkung des Verteidigers genügt (§ 14 Abs. 1
Satz 2 aStPO/ZH), sei entgegen der willkürlichen Auslegung der kantonalen
Instanzen nicht in dem Sinne zu verstehen, dass dem Verteidiger Gelegenheit zu
geben sei, an Einvernahmen im Ausland physisch anwesend zu sein. Bei
Einvernahmen im Ausland genüge nach dem Wortlaut der Bestimmung eine
"Mitwirkung" des Verteidigers. Dies setze nicht voraus, dass der Verteidiger
bei der Einvernahme im Ausland anwesend sein, ihr also im Sinne von § 14 Abs. 1
Satz 1 aStPO/ZH "beiwohnen" könne. Die gemäss § 14 Abs. 1 Satz 2 aStPO/ZH bei
Einvernahmen im Ausland genügende "Mitwirkung" entspreche der nun geltenden
Regelung gemäss Art. 148 der Schweizerischen Strafprozessordnung. Danach sei
bei Beweiserhebungen im Ausland im Rahmen eines Rechtshilfegesuchs dem
Teilnahmerecht der Parteien Genüge getan, wenn diese zuhanden der ersuchten
ausländischen Behörde Fragen formulieren, nach Eingang des erledigten
Rechtshilfegesuchs Einsicht in das Protokoll erhalten und schriftliche
Ergänzungsfragen stellen können. Die telefonischen Befragungen seien unter dem
Gesichtspunkt von Art. 299 StGB ("Verletzung fremder Gebietshoheit")
unproblematisch, da die zürcherische Staatsanwaltschaft die befragten Personen
stets darauf hingewiesen habe, dass sie im Ausland über keine Amtsgewalt
verfüge. Die Beweise seien somit nicht durch strafbare Handlungen erlangt
worden. Nach der telefonischen Befragung von mehreren Geschädigten habe die
Verteidigung selber die telefonische Befragung eines weiteren Geschädigten
beantragt. Damit habe sie zum Ausdruck gebracht, dass sie die bereits
durchgeführten telefonischen Befragungen als unproblematisch erachte. Die
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich habe durch die telefonischen Befragungen
der im Ausland wohnhaften Geschädigten höchstens Ordnungsvorschriften verletzt,
was sowohl nach der Praxis zur damaligen Zürcher Strafprozessordnung wie auch
gemäss Art. 141 Abs. 3 StPO einer Verwertung der Aussagen nicht entgegenstehe.

2.3. § 14 Abs. 1 Satz 2 aStPO/ZH betreffend Einvernahmen im Ausland bezog sich
auf Befragungen, die im Rahmen eines Rechtshilfeverfahrens im Ausland
durchgeführt werden (siehe DONATSCH/LIEBER, in: Kommentar zur
Strafprozessordnung des Kantons Zürich, 2007, § 14 StPO N. 41). Die Bestimmung
war offensichtlich keine Grundlage für telefonische Befragungen von im Ausland
wohnhaften Personen durch die zürcherischen Strafbehörden. Die telefonische
Befragung von Zeugen und Auskunftspersonen war in der Strafprozessordnung des
Kantons Zürich nicht vorgesehen. Diese sah in § 150a einzig das Verhör (mit dem
Angeschuldigten) mittels Direktübertragung von Bild und Ton vor. Die Vorinstanz
wendet die Bestimmungen der damals geltenden Zürcher Strafprozessordnung nicht
willkürlich an, wenn sie die telefonischen Befragungen von Geschädigten als
ungültig und daher nicht zu Lasten des Beschwerdegegners verwertbar
qualifiziert. Bei diesem Ergebnis kann offenbleiben, wie der Begriff der
"Mitwirkung" im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 2 aStPO/ZH zu verstehen ist. Der
Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass telefonische Befragungen
beispielsweise von Geschädigten im In- oder Ausland durch schweizerische
Strafbehörden auch in der Schweizerischen Strafprozessordnung nicht vorgesehen
sind. Diese kennt einzig die Einvernahme mittels Videokonferenz (Art. 144
StPO). Bereits in der Botschaft des Bundesrates vom 26. März 2003 betreffend
das Zweite Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe
in Strafsachen (SR 0.351.12) wird zu Art. 10 des Zusatzprotokolls ("Einvernahme
per Telefonkonferenz") darauf hingewiesen, dass das schweizerische
Verfahrensrecht die Einvernahme per Telefonkonferenz nicht vorsieht (BBl 2003
3267 ff., 3282; GUNHILD GODENZI, in: Kommentar zur Schweizerischen
Strafprozessordnung, 2010, Art. 144 StPO N. 13).

Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen.

3.

3.1. Die Vorinstanz geht in Übereinstimmung mit der ersten Instanz im Zweifel
zugunsten des Beschwerdegegners davon aus, dass im Anklagekomplex A.________ AG
zahlreiche Anleger sich nicht durch die wahrheitswidrige Zusicherung eines
Kapitalschutzes, sondern durch die Aussicht auf eine Rendite von 4,5% zum
Erwerb der Aktien motivieren liessen. Insoweit fehle der erforderliche Kausal-
beziehungsweise Motivationszusammenhang zwischen der Täuschung und der
Vermögensverfügung, weshalb der Beschwerdegegner vom Vorwurf des Betrugs
freizusprechen sei (erstinstanzlicher Entscheid E. 2.4.4.5 S. 52; angefochtenes
Urteil E. 2.3.2 S. 13 f., E. 2.7 S. 31 f., E. 2.8 S. 32 f.).

Die Vorinstanz verneint auch einen Betrugsversuch. Zur Begründung erwägt sie,
die Prüfung der Arglist als objektives Tatbestandsmerkmal des Betrugs setze
eine Täuschung voraus. Wenn keine Täuschung erfolgt respektive erstellt sei,
könne keine Arglist vorliegen und sei daher Betrugsversuch nicht zu prüfen
(Urteil E. 2.3.4 S. 18). An einer anderen Stelle ihres Entscheids hält die
Vorinstanz fest, dass zur Frage der Arglist in den zahlreichen Fällen der
telefonisch befragten Geschädigten abgesehen von der wahrheitswidrigen
Zusicherung eines Kapitalschutzes im Zeichnungsschein zufolge Unverwertbarkeit
der telefonischen Befragungen keine zusätzlichen, prozessual verwertbaren
Beweismittel vorliegen (Urteil E. 2.3.7 S. 29).

3.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, in den Fällen, in welchen sich die
Anleger nicht erwiesenermassen durch Angaben betreffend den Kapitalschutz,
sondern aus andern Gründen, etwa wegen der in Aussicht stehenden Rendite, zum
Kauf von Aktien entschlossen, habe sich der Beschwerdegegner des
Betrugsversuchs schuldig gemacht. Die Beschwerdeführerin begründet diese
Auffassung wie schon im Berufungsverfahren sehr ausführlich.

3.3. Des Betruges macht sich schuldig, wer in der Absicht, sich oder einen
andern unrechtmässig zu bereichern, jemanden durch Vorspiegelung oder
Unterdrückung von Tatsachen arglistig irreführt oder ihn in einem Irrtum
arglistig bestärkt und so den Irrenden zu einem Verhalten bestimmt, wodurch
dieser sich selbst oder einen andern am Vermögen schädigt (Art. 146 Abs. 1
StGB). Führt der Täter, nachdem er mit der Ausführung eines Verbrechens oder
Vergehens begonnen hat, die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende oder tritt der
zur Vollendung der Tat gehörende Erfolg nicht ein oder kann dieser nicht
eintreten, so kann das Gericht die Strafe mildern (Art. 22 Abs. 1 StGB).

3.3.1. Der tatbestandsmässige Erfolg liegt beim Betrug im Vermögensschaden, der
durch die irrtumsbedingte Vermögensverfügung bewirkt wird. Die Tathandlung des
Betrugs besteht in der vorliegend relevanten Tatbestandsvariante darin, dass
der Täter jemanden durch Vorspiegelung von Tatsachen irreführt. Dies ist die
Ausführung der Tat. Die Tathandlung ist allerdings nur strafbar, wenn die
Irreführung arglistig ist.

Die Tathandlung erschöpft sich bei der Tatbestandsvariante der Vorspiegelung
darin, dass der Täter gegenüber jemandem unwahre Angaben macht. Der Irrtum des
Adressaten der Mitteilung ist nicht Bestandteil der Tathandlung. Ob der
Adressat zufolge der falschen Angabe einem Irrtum erliegt, entzieht sich dem
Einflussbereich des Täters.

3.3.2. Die Vorinstanz geht offenbar davon aus, dass in allen Fällen keine
"Täuschung" erfolgte, in welchen die Anleger nicht wegen des unter anderem in
den Zeichnungsscheinen zugesicherten Kapitalschutzes, sondern aus andern
Gründen Aktien erwarben (siehe Urteil S. 16/17), weshalb auch keine Arglist
vorliegen kann und daher nicht nur Betrug, sondern auch Betrugsversuch ausser
Betracht fällt. Mit dieser Erwägung scheint die Vorinstanz zu verkennen, dass
die Vorspiegelung von Tatsachen schon darin besteht, dass in den
Zeichnungsscheinen, welche die Anleger unterschrieben, wahrheitswidrig ein
Kapitalschutz zugesichert wurde. Es ist unerheblich, ob die Anleger diese
unwahre Angabe als relevant erachteten und überhaupt zur Kenntnis nahmen. Daher
ist in den Fällen, in denen die Geschädigten die Aktien nicht wegen des
zugesicherten Kapitalschutzes, sondern aus andern Gründen, erwarben,
Betrugsversuch gegeben unter der Voraussetzung, dass die wahrheitswidrige
Zusicherung eines Kapitalschutzes gegenüber den einzelnen Anlegern arglistig
ist.

3.4. Die Zusicherung eines Kapitalschutzes in den Zeichnungsscheinen ist eine
einfache Lüge. Sie ist als solche nach der zutreffenden Auffassung der
Vorinstanzen nicht arglistig, weil ihre Überprüfung ohne besondere Mühe möglich
und zumutbar war. Es ist auch nicht ersichtlich, inwiefern die Anleger von
einer Überprüfung der im Zeichnungsschein enthaltenen Angabe betreffend
Kapitalschutz abgehalten wurden oder aufgrund eines besonderen
Vertrauensverhältnisses zum Beschwerdeführer oder zu dessen Vertretern von
einer Prüfung absahen. Dass bis Dezember 2002 tatsächlich ein Kapitalschutz
bestand, ist entgegen einer Bemerkung in der Beschwerde (Ziff. 37) unerheblich.
Die Vorinstanz stellt nicht fest, dass dies den Anlegern bekannt war. Selbst
wenn die Anleger gewusst hätten, dass vor Dezember 2002 ein Kapitalschutz
bestand, konnten sie daraus nicht ungeprüft den Schluss ziehen, dass dieser
auch im Zeitpunkt des Aktienkaufs bestand.

3.5.

3.5.1. Vom Kapitalschutz war nicht nur im Zeichnungsschein, welchen die Anleger
unterschrieben, sondern beispielsweise auch in Prospekten sowie an einer
Generalversammlung und an einem Vortrag des Beschwerdegegners die Rede. Gemäss
den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil (E. 2.4.4 S. 47) wurden diejenigen
Geschädigten, die vor der Einzahlung laut ihren Aussagen nebst den
Irreführungen beim Unterschreiben des Zeichnungsscheins zusätzlich anderen
Irreführungen ausgesetzt waren, arglistig getäuscht, da sie individuell der
Inszenierung des Beschwerdegegners (Lügengebäude/Machenschaften) ausgesetzt
waren. Arglistig getäuscht wurden nach der Auffassung der ersten Instanz die
Geschädigten AF.________ und BF.________, G.________, H.________, I.________
(erstinstanzliches Urteil E. 2.4.4.1 S. 48), die Geschädigten K.________,
L.________, M.________ (erstinstanzliches Urteil E. 2.4.4.2 S. 49), die
Geschädigten AD.________ und BD.________ (erstinstanzliches Urteil E. 2.4.4.3
S. 51) sowie die Geschädigte E.________ (erstinstanzliches Urteil E. 2.4.4.4 S.
52). Die erste Instanz bejahte in diesen Fällen auch den
Motivationszusammenhang zwischen der arglistigen Täuschung und der
Vermögensverfügung (erstinstanzliches Urteil E. 2.6 S. 54) und sprach den
Beschwerdegegner des mehrfachen Betrugs schuldig (erstinstanzliches Urteil E.
2.7 ff., S. 55 ff.).

3.5.2. Die Vorinstanz spricht den Beschwerdegegner auch in diesen Fällen mit
Ausnahme derjenigen der Geschädigten AD.________ und BD.________ sowie
E.________ , vom Vorwurf des Betrugs frei. Wohl hätten diese Geschädigten
möglicherweise nicht nur den inhaltlich unwahren Zeichnungsschein, sondern auch
weitere irreführende Informationsmittel betreffend den angeblichen
Kapitalschutz zur Kenntnis genommen. Dass jedoch nicht auch sie letztendlich
allein aufgrund der Renditeaussichten investierten, lasse sich nicht
ausschliessen, da keine prozessual verwertbaren Aussagen dieser Geschädigten
vorlägen. Aus demselben Grund sei auch nicht erstellt, ob diese über den von
ihnen unterschriebenen Zeichnungsschein hinaus weitere irreführende
Informationen erhielten, weshalb eine Prüfung der Arglist nicht möglich sei
(Urteil E. 2.9 S. 33).

3.6. Die Beschwerdeführerin wendet ein, der Beschwerdegegner habe mit
Zeichnungsscheinen, Vermittlern, Werbeunterlagen, Präsentationen,
Internetauftritten und dergleichen eine als Machenschaft und damit arglistig zu
qualifizierende Täuschungsmaschinerie in Gang gesetzt, die sich an eine anonyme
Masse gerichtet habe und grundsätzlich für jeden potenziellen Geschädigten
bestimmt gewesen sei. Dadurch habe er einen Betrugsversuch gegen jede Person
verübt, die in den Wirkungskreis seines Verhaltens geraten sei. Dies sei
vorliegend bereits der Fall, wenn eine Person in unmittelbare Berührung mit der
grundlegend falschen Tatsachenbehauptung betreffend Kapitalschutz im
Zeichnungsschein gekommen sei, auch wenn die Vorlage des Zeichnungsscheins für
sich allein entsprechend der Auffassung der Vorinstanzen nicht arglistig sei.
Denn für den Versuch sei es nicht erforderlich, dass der Täter wenigstens ein
objektives Tatbestandsmerkmal, als welches auch die Arglist anzusehen sei,
verwirklicht habe. Der Beschwerdegegner habe die Tathandlung des Betrugs
vollumfänglich ausgeführt, indem er über Vermittler und sonstige Medien ein
insgesamt als arglistig zu würdigendes Täuschungsprogramm verbreitet und dann
abgewartet habe, ob ihm jemand ins Netz gehe. Damit habe er die Schwelle zum
Betrug längst überschritten, sodass sich der Versuch in Bezug auf einen
bestimmten Geschädigten hinreichend konkretisiert habe, wenn ihn zufällig nur
ein einziges, aber zentrales Element des Täuschungsprogramms (d.h. der
Zeichnungsschein) erreicht habe (Beschwerde Ziff. 39).

3.7. Der Betrug ist ein Delikt gegen den Einzelnen. Entsprechendes gilt für den
Betrugsversuch. Ein solcher kann nur vorliegen, soweit die Tathandlung der
Vorspiegelung von Tatsachen einen Einzelnen erreicht. Das Merkmal der Arglist
schränkt den Anwendungsbereich von Art. 146 StGB auf gewisse qualifizierte
Irreführungen von Einzelnen ein. Es muss auch beim Betrugsversuch erfüllt sein.
Betrugsversuch ist nicht schon gegeben, wenn der Beschuldigte eine als
Machenschaft und somit arglistig zu qualifizierende Täuschungsmaschinerie in
Gang setzt, die sich an eine anonyme Masse richtet. Dies anerkennt auch die
Beschwerdeführerin, indem sie annimmt, Betrugsversuch liege nur insoweit vor,
als wenigstens ein einziges, zentrales Element der Täuschungsmaschinerie einen
konkreten Einzelnen erreicht. Erforderlich ist indessen zudem, dass dieses
Element arglistig ist. Betrugsversuch ist entgegen der Meinung der
Beschwerdeführerin nicht schon zu bejahen, wenn das Element der Irreführung,
welches einen konkreten Einzelnen erreicht, nur in Verbindung mit anderen
Elementen der Irreführung, welche diesen konkreten Einzelnen nicht erreichen,
arglistig ist. Denn die Vorspiegelung von Tatsachen gegenüber dem konkreten
Einzelnen als solche muss arglistig sein. Nur unter dieser Voraussetzung ist
Betrug respektive, bei Nichteintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs,
Betrugsversuch zum Nachteil dieses konkreten Einzelnen gegeben.

3.8. Die Voraussetzungen eines serienmässigen Betrugs sind vorliegend entgegen
einer Andeutung in der Beschwerde (Ziff. 38 S. 13) nicht erfüllt. Bei einem
solchen Betrug handelt der Täter häufig mehrfach nach demselben
Handlungsmuster, wobei dieses nicht auf ein konkretes Opfer, sondern auf eine
ganze Opfergruppe angelegt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf
bei dieser Konstellation, soweit die Einzelfälle in tatsächlicher Hinsicht
gleichgelagert sind und sich bezüglich Opfergesichtspunkten nicht wesentlich
unterscheiden, das Gericht die Tatbestandsmerkmale des Betrugs, namentlich das
Element der arglistigen Täuschung, zunächst in allgemeiner Weise für alle
Einzelhandlungen gemeinsam prüfen. Eine ausführliche fallbezogene Erörterung
der einzelnen Merkmale muss nur in denjenigen Fällen erfolgen, welche deutlich
vom üblichen Handlungsmuster abweichen. Dies setzt voraus, dass sich die
einzelnen Handlungen tatsächlich voneinander unterscheiden. Wo das Vorgehen in
den einzelnen Fällen nicht nur ähnlich oder gleichgelagert, sondern identisch
ist, ist die Prüfung der einzelnen Täuschungsmerkmale nicht notwendig, sofern
sich diese schon aufgrund des Handlungsmusters für alle Opfer als arglistig
erweisen. Dies gilt namentlich bei Seriendelikten mit einer Vielzahl von
Geschädigten, wenn nachgewiesen ist, dass diese durch gleichartige,
insbesondere etwa öffentlich erhobene falsche Angaben getäuscht wurden. Die
Annahme eines Serienbetrugs darf allerdings nicht dazu führen, dass der
Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweislastregel unterlaufen wird (BGE 119 IV
284 E. 5a; Urteile 6B_466/2008 vom 15. Dezember 2008 E. 3.3; 6P.133/2005 vom 7.
Juni 2006 E. 4.3; 6S.37/2003 vom 5. November 2003 E. 3.3).

Allen dem Beschwerdegegner unter dem Anklagekomplex A.________ AG zur Last
gelegten Handlungen ist gemeinsam, dass die Geschädigten einen Zeichnungsschein
unterschrieben, welcher die wahrheitswidrige Zusicherung eines Kapitalschutzes
enthielt. Die Vorlage des unwahren Zeichnungsscheins ist indessen für sich
allein nicht arglistig. Soweit die Geschädigten über den Zeichnungsschein
hinaus mit weiteren irreführenden Informationsmitteln betreffend den
Kapitalschutz konfrontiert wurden, liegt nach der zutreffenden Auffassung der
Vorinstanzen kein einheitliches Handlungsmuster seitens des Beschwerdegegners
vor (erstinstanzliches Urteil S. 53; angefochtener Entscheid S. 16, 17). Der
Beschwerdegegner führte die einzelnen Geschädigten bei diversen Gelegenheiten
und mit unterschiedlichen Mitteln über den Kapitalschutz in die Irre,
beispielsweise an einer Generalversammlung, in einem Vortrag oder durch
Prospekte. Die erste Instanz, die noch von der prozessualen Verwertbarkeit der
telefonischen Befragungen der Geschädigten ausging, musste in jedem einzelnen
Fall prüfen, ob und weshalb die Irreführung arglistig ist (erstinstanzliches
Urteil S. 47 ff.).

3.9. In Bezug auf die Geschädigten, die nicht durch die unwahren Angaben über
den Kapitalschutz, sondern beispielsweise aufgrund der Renditeaussichten zum
Aktienkauf motiviert wurden, gilt somit Folgendes.

3.9.1. Soweit Geschädigte nur mit den Zeichnungsscheinen konfrontiert wurden,
fällt eine Verurteilung des Beschwerdegegners wegen Betrugsversuchs ausser
Betracht, da die Vorlage der Zeichnungsscheine mit der unwahren Angabe
betreffend Kapitalschutz für sich allein nach der zutreffenden Auffassung der
Vorinstanz nicht arglistig ist.

3.9.2. Soweit Geschädigte gemäss ihren Aussagen vor dem Aktienkauf nicht nur
mit den Zeichnungsscheinen, sondern noch mit diesem und/oder jenem anderen
Informationsmittel konfrontiert wurden, fällt eine Verurteilung des
Beschwerdegegners wegen Betrugsversuchs ausser Betracht, da die Aussagen der
Geschädigten nach der zutreffenden Auffassung der Vorinstanz prozessual nicht
verwertbar sind und daher nicht zu prüfen ist, ob die Irreführung Einzelner
durch mehrere Informationsmittel arglistig ist.

3.9.3. Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, indem sie den Beschwerdegegner
in sämtlichen Fällen des Anklagekomplexes A.________ AG mit Ausnahme der nicht
Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bildenden Fälle betreffend die
Geschädigten AD.________ und BD.________ (Anklageziffer 60) sowie E.________
(Anklageziffer 185) freispricht.

Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt abzuweisen.

4. 
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im
bundesgerichtlichen Verfahren keine Umtriebe erwachsen sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2. 
Es werden keine Kosten erhoben.

3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. September 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Näf

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