Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.660/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_660/2012

Urteil vom 23. Mai 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Briw.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hermann Roland Etter,
Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Maulbeerstrasse 10, 3011 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Raub usw., Willkür, rechtliches Gehör, Grundsatz in dubio pro reo,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Bern, Strafabteilung,
2. Strafkammer, vom 24. April 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 2. Juni 2010 nahm die Polizei aufgrund der Meldung eines Raubüberfalls in
Oberburg (Coop Tankstellenshop) Y.________ und X.________ fest. Nach der
Anklage waren sie übereingekommen, die Tankstelle zu überfallen. Y.________
habe maskiert und mit vorgehaltener, ungeladener Pistole die Verkäuferin
aufgefordert, ihm das Geld aus der Kasse zu geben. Dann sei er zu dem wartenden
X.________ gerannt, und sie seien davongefahren. Die Anklage warf ihnen zudem
vor, sie seien am 26./27. Mai 2010 in das Restaurant der Badeanstalt Koppingen
eingedrungen, hätten dort Sachen im Wert von Fr. 1'710.-- entwendet und einen
Schaden von Fr. 1'000.-- angerichtet. Ferner seien sie am 31. Mai 2010 in das
Verkaufsgeschäft Blackout in Murgenthal eingebrochen, hätten einen Schaden von
Fr. 8'000.-- verursacht und das Geschäft ohne Beute verlassen.

B.
Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte im Berufungsverfahren am 24. April
2012 X.________ wegen gemeinsam mit Y.________ begangenen Raubes in Oberburg,
Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs in Koppingen sowie
versuchten Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs in Murgenthal zu
einer Freiheitsstrafe von 47 Monaten (unter Einbezug einer Reststrafe von 949
Tagen gemäss Verfügung des Departements des Inneren des Kantons Solothurn vom
11. Mai 2009).

C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das
obergerichtliche Urteil aufzuheben, ihn freizusprechen und ihn gemäss Art. 429
StPO mit mindestens Fr. 140'000.-- zu entschädigen. Es seien ihm die
unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren und der Beschwerde die aufschiebende
Wirkung zu erteilen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde ist hinreichend zu begründen. Erhöhte Anforderungen gelten bei
Grundrechts- und Willkürrügen (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE
135 I 313 E. 1.3; 134 II 244 E. 2.1 und 2.2). Auf appellatorische Kritik am
Urteil ist nicht einzutreten (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5).

2.
Bei Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe hat die Beschwerde im
Umfang der Begehren aufschiebende Wirkung (Art. 103 Abs. 2 lit. b BGG). Der
Beschwerdeführer legt nicht dar, dass Vollzugsmassnahmen angeordnet wurden oder
vorgesehen sind. Auf den Verfahrensantrag ist nicht einzutreten.

3.
Der Beschwerdeführer rügt Verletzungen des Gehörsrechts.

3.1 Die Vorinstanz nimmt Erwägungen der Erstinstanz in ihr Urteil auf. Sie
verletzt damit weder das rechtliche Gehör noch ihre Begründungspflicht (vgl.
BGE 136 I 229 E. 5.2).

3.2 Die Vorinstanz wies in antizipierter Würdigung (vgl. BGE 134 I 140 E. 5.3)
einen Teil der Beweisanträge ab (Urteil S. 5; act. 746 ff.). Weshalb die
behaupteten Entlastungszeugen hätten befragt und Akten aus anderen
Strafverfahren gegen Y.________ hätten beigezogen werden müssen, legt der
Beschwerdeführer nicht dar (Beschwerde S. 6). Er verzichtete in der
vorinstanzlichen Befragung auf weitere Beweisanträge (act. 784). Willkür ist
nicht ersichtlich.

3.3 Eine Gehörsverletzung liegt auch nicht im Verzicht auf Einvernahme eines
Polizisten. Y.________ erklärte, dass er und der Beschwerdeführer bei einer
Verkehrskontrolle "nervös gewesen seien", und nannte den Namen des
kontrollierenden Polizisten (Urteil S. 24). Die Vorinstanz nimmt an, diese
Namensnennung spreche für die Glaubhaftigkeit der Aussage. Nach dem
Beschwerdeführer sind Existenz und Identität des Polizisten zweifelhaft und
hätten abgeklärt werden müssen (Beschwerde S. 10 f.). Er trägt keine
Anhaltspunkte für den geltend gemachten Zweifel vor. Auf die Rüge ist nicht
einzutreten.

3.4 Der Beschwerdeführer wendet ein, die entlastenden Fakten seien ausgeblendet
und die Untersuchungsmaxime verletzt worden (Beschwerde S. 6 und 11). Die Sache
wurde umfassend geprüft. Der Einwand ist unbegründet.

4.
Der Beschwerdeführer berief sich auf sein Aussageverweigerungsrecht und
äusserte sich erst bei der vorinstanzlichen Befragung (act. 781 ff.). Er bringt
vor, die Vorinstanz schiebe ihm die Beweislast zu und verletze die
Unschuldsvermutung, wenn sie annehme, das Schweigen dürfe in Konstellationen
mitberücksichtigt werden, die nach einer Erklärung riefen (Beschwerde S. 5 und
12).
Die Vorinstanz nimmt an, das Schweigen dürfe in gewissen Situationen beachtet
werden (Urteil S. 7 f.), und hält fest, es leuchte ihr nicht ein, weshalb der
Beschwerdeführer seine entlastende Darstellung erst in der Hauptverhandlung
präsentierte (Urteil S. 18). Offenkundig stützt die Vorinstanz den Schuldspruch
nicht auf das Schweigen des Beschwerdeführers. Seine Aussagen in der
vorinstanzlichen Befragung würdigt sie willkürfrei (Urteil 11 ff. und 16 ff.,
ferner S. 21 ff. und 23 ff.).
Entgegen der Beschwerde (S. 13) verkennt die Vorinstanz nicht, dass keine
Auskunftspflichten bestanden. Für eine Verletzung der Unschuldsvermutung oder
des Grundsatzes in dubio pro reo sind auch unter diesem Gesichtspunkt keine
Anhaltspunkte ersichtlich.

5.
Der Beschwerdeführer bringt vor, die Schuldsprüche in den drei Anklagepunkten
beruhten einzig auf den Aussagen von Y.________ (sowie den "Wahrnehmungen"
einer Zeugin zum Raubüberfall in Oberburg). Y.________ sei ein "zig-facher
Lügner" (Beschwerde S. 9). Die Vorinstanz stelle willkürlich auf dessen Angaben
ab.
Die Beweiswürdigung ist willkürlich, wenn sie unhaltbar ist oder mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht (BGE 135 I 313 E. 1.3).
Die Vorinstanz setzt sich mit den Aussagen von Y.________, jenen des
Beschwerdeführers und Dritter (Urteil S. 13 ff. betreffend den Raubüberfall)
sowie mit zahlreichen Indizien auseinander. Es ist weder plausibel noch
ersichtlich, weshalb Y.________ den Beschwerdeführer zu Unrecht hätte belasten
sollen. Das Beweisergebnis, nämlich die gemeinsame Tatbegehung, ist offenkundig
nicht unhaltbar.

6.
Der Beschwerdeführer verweist für die Entschädigung von mindestens Fr.
140'000.-- auf Art. 429 StPO. Die Bestimmung regelt Ansprüche des Beschuldigten
bei Freisprüchen und ist bei diesem Ausgang des Verfahrens nicht anwendbar.

7.
Die Beschwerde erweist sich als appellatorisch. Sie ist abzuweisen, soweit
darauf eingetreten werden kann. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist
wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 64 BGG). Der
finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist praxisgemäss mit herabgesetzten
Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 und Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Strafabteilung, 2. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 23. Mai 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Das präsidierende Mitglied: Schneider

Der Gerichtsschreiber: Briw

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