Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.652/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_652/2012

Urteil vom13. Juni 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Held.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Eric Stern,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Strafzumessung (mehrfache qualifizierte Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz); Rechtsgleichheit,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, vom 21. September 2012.

Sachverhalt:

A.

 X.________ kam mit A.________ und B.________ überein, bei der Einfuhr
grösserer Mengen Kokain im Mehrkilobereich mitzuwirken. Am 27. März 2009
landete eine von der Dominikanischen Republik kommende Drogenkurierin mit 8 kg
Kokaingemisch (geschätzter Reinheitsgehalt zwischen 61 % und 86 %) am Flughafen
Zürich-Kloten. X.________ hatte den Flughafenmitarbeiter C._________ gewonnen,
um das Kokain aus dem am Flughafen zwischengelagerten Gepäck zu entnehmen, es
am Zoll vorbeizuschmuggeln und ihm in Zürich zu übergeben. X.________
überbrachte das Kokain anschliessend A.________ und B.________ (oder zu deren
Handen einer Drittperson). Hierfür bekam er Fr. 132'000.--, von denen er Fr.
10'000.-- an C._________ zahlte.
Am 23. Mai 2009 traf am Flughafen Zürich-Kloten ein weiterer Drogenkurier ein,
der 16 kg Kokaingemisch mit einem Reinheitsgehalt zwischen 66 % und 79 % mit
sich führte. Das Kokain sollte auf die gleiche Art am Zoll vorbeigeschmuggelt
und anschliessend zu A.________ und B.________ gebracht werden. Hierzu kam es
jedoch aufgrund eines polizeilichen Zugriffs nicht. X.________ hätte als
Entlohnung Fr. 150'000.-- sowie zwei Kilogramm Kokaingemisch erhalten sollen.
Zudem war die Überlassung eines weiteren Kilogramms Kokaingemisch gegen
Bezahlung in Aussicht gestellt. C._________ waren Fr. 75'000.-- von X.________
versprochen worden.

B.

 Im Berufungsverfahren verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich
X.________ in Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils am 21. September 2012
wegen mehrfacher qualifizierter Widerhandlungen gegen das
Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 13 Jahren.

C.

 X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das
obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und
Verbeiständung.

Erwägungen:

1.

 Die Beschwerde in Strafsachen ging fristgerecht innert 30 Tagen (Art. 100 Abs.
1 BGG) nach Zustellung des begründeten Urteils der Vorinstanz beim
Bundesgericht ein, so dass die vom Beschwerdeführer gestellten
Verfahrensanträge betreffend Fristenlauf gegenstandslos sind.

2.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung und rügt eine
Verletzung von Art. 47 StGB i.V.m. Art. 8 BV. Die Freiheitsstrafe von 13 Jahren
sei nicht mehr vom sachrichterlichen Ermessen gedeckt und im Vergleich zu den
gegen A.________, B.________ und C._________ verhängten Strafen
unverhältnismässig hoch. Die Vorinstanz lege nicht hinreichend dar, warum sie
die vom erstinstanzlichen Gericht gegen die Mittäter ausgesprochenen
Freiheitsstrafen als zu milde erachte und welche Strafen ihrer Ansicht nach
(schuld-) angemessen gewesen wären.

2.2. Die Vorinstanz verweist für die Strafzumessung auf die erstinstanzlichen
Erwägungen. Unter dem Titel "Strafenvergleich" erwägt sie, der A.________,
B.________ und C._________ gemachte strafrechtliche Vorhalt sei mit demjenigen
gegen den Beschwerdeführer nicht vollständig identisch und vergleichbar. Die im
Verhältnis zum Beschwerdeführer zu niedrig ausgefallenen Strafen der Mittäter
seien darauf zurückzuführen, dass andere Strafzumessungsfaktoren vorgelegen
bzw. diese anders hätten gewichtet werden müssen. Zudem hätten die zu milden
Strafen im Berufungsverfahren aus prozessualen Gründen nicht mehr erhöht werden
können. Ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Gleichbehandlung im Unrecht
bestehe nicht. Dessen Freiheitsstrafe sei im Vergleich mit für die Mittäter
angemessenen Strafen von rund 15 Jahren für A.________, deutlich über 8 Jahren
für B.________ und nicht unter 5 Jahren für C._________ nicht auffallend hoch.

2.3.

2.3.1. Das Bundesgericht prüft, unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge-
und Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich
nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 135 II 384 E. 2.2.1 S. 389 mit Hinweisen).

2.3.2. Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es
berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung
der Strafe auf das Leben des Täters (Art. 47 Abs. 1 StGB). Das Bundesgericht
hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB (BGE 136 IV 55 E.
5.4 ff. mit Hinweisen) und die Anforderungen an ihre Begründung (BGE 134 IV 17
E. 2.1) wiederholt dargelegt. Es greift in die Strafzumessung nur ein, wenn die
Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, von
rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche
Gesichtspunkte ausser Acht gelassen beziehungsweise in Überschreitung oder
Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 135 IV 130 E. 5.3.1; 134
IV 17 E. 2.1; je mit Hinweisen).

2.3.3. Hat der Sachrichter im gleichen Verfahren mehrere Mittäter zu
beurteilen, so ist bei der Verschuldensbewertung mit zu berücksichtigen, in
welchem gegenseitigen Verhältnis die Tatbeiträge stehen. Der Grundsatz der
Gleichbehandlung und Gleichmässigkeit der Strafzumessung gebietet, dass sich
jeder für den ihm zukommenden Anteil an der Unrechtmässigkeit der Tat zu
verantworten hat. Der Grundsatz der Gleichmässigkeit ist nur verletzt, wenn es
der Richter bei der Festlegung der einzelnen Strafen unterlässt, im Sinne einer
Gesamtbetrachtung die Strafzumessungen der Mittäter in Einklang zu bringen. Die
Berücksichtigung des richtigen Verhältnisses der Strafe zu derjenigen der
Mittäter kann als eigenes und zusätzliches Element der Strafzumessung
betrachtet werden. Art. 47 StGB ist verletzt, wenn dieser Umstand unbeachtet
bleibt oder falsch gewichtet wird (BGE 135 IV 191 E. 3.2).
Ist aus formellen Gründen nur über einen Mittäter zu urteilen, während die
Strafe der anderen bereits feststeht, so geht es darum, einen hypothetischen
Vergleich anzustellen. Der Richter hat sich zu fragen, welche Strafen er
ausfällen würde, wenn er sämtliche Mittäter gleichzeitig beurteilen müsste.
Dabei hat er sich einzig von seinem pflichtgemässen Ermessen leiten zu lassen.
Es wäre mit der richterlichen Unabhängigkeit unvereinbar, müsste er sich gegen
seine Überzeugung einem anderen Urteil anpassen. Die Autonomie des Richters
kann zur Folge haben, dass die Strafen von Mittätern, die nicht im selben
Verfahren beurteilt werden, in einem Missverhältnis stehen. Dies ist
verfassungsrechtlich unbedenklich und hinzunehmen, solange die in Frage
stehende Strafe als solche angemessen ist. Allerdings ist zu verlangen, dass in
der Begründung auf die Strafen der Mittäter Bezug genommen und dargelegt wird,
weshalb sich diese nicht als Vergleichsgrösse eignen. Ein Anspruch auf
"Gleichbehandlung im Unrecht" besteht grundsätzlich nicht (vgl. BGE 135 IV 191
E. 3.2).

2.3.4. Gemäss Art. 50 StGB hat das Gericht, sofern es sein Urteil zu begründen
hat, die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung
festzuhalten. Es hat seine Überlegungen in den Grundzügen wiederzugeben, so
dass die Strafzumessung nachvollziehbar ist (BGE 136 IV 55 E. 5.4; 134 IV 17 E.
2.1; je mit Hinweisen).

2.4.

2.4.1. Soweit der Beschwerdeführer der Begründung seiner Beschwerde einen
anderen als den im angefochtenen Urteil verbindlich festgestellten Sachverhalt
zu Grunde legt oder die daraus gezogenen Feststellungen anders würdigt, ist
hierauf nicht einzutreten (Art. 105 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 137 II 353 E. 5.1; 136
II 101 E. 3). Der Beschwerdeführer rügt nicht, dass und inwieweit die
vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen willkürlich sind. Dies ist auch
nicht ersichtlich.

2.4.2. Die Rügen an der vorinstanzlichen Strafzumessung gehen an der Sache
vorbei. Die kantonalen Gerichte haben die für die Strafzumessung wesentlichen
Gesichtspunkte gewürdigt. Dass sie sich von unmassgeblichen Gesichtspunkten
hätten leiten lassen oder wesentliche Aspekte unberücksichtigt gelassen hätten,
behauptet der Beschwerdeführer nicht. Die erheblich niedrigeren
Freiheitsstrafen der Mittäter sind ungeeignet, eine Ungleichbehandlung bei der
Strafzumessung aufzuzeigen. Aus dem Umstand, dass die Beschwerdegegnerin gegen
die erstinstanzlichen Urteile kein Rechtsmittel eingelegt hat, lässt sich nicht
ableiten, die Strafen der Mittäter seien angemessen. Es ist Aufgabe der
Gerichte und nicht der Strafverfolgungsbehörden, die verschuldensadäquate
Strafe zu bestimmen. Zudem verkennt der Beschwerdeführer, dass die
rechtskräftigen Freiheitsstrafen der Mitbeschuldigten nicht Gegenstand des
vorinstanzlichen Berufungsverfahrens waren. Die Vorinstanz hatte lediglich
seine Strafe zu beurteilen. Sie war hierbei aufgrund der rechtskräftigen
Verurteilungen der Mittäter in ihrem sachrichterlichen Ermessen bei der
Strafzumessung in Bezug auf den Beschwerdeführer nicht eingeschränkt, sondern
frei. Die Vorinstanz weist darauf hin, dass die nach ihrer Ansicht zu niedrigen
Strafen der Mittäter sich nicht als Vergleichsgrösse eignen, da sie im
Berufungsverfahren in Berücksichtigung des Verschlechterungsgebotes nicht haben
erhöht werden können. Sie würdigt die Tathandlungen und Täterkomponenten des
Beschwerdeführers, vergleicht diese mit denjenigen der Mittäter und erachtet
für diese (hypothetische) Freiheitsstrafen von 15 (A.________), deutlich über 8
(B.________) und über 5 Jahren (C._________) als angemessen. Ein Verstoss gegen
den Grundsatz der Gleichbehandlung und Gleichmässigkeit der Strafzumessung
zwischen den hypothetischen Freiheitsstrafen und der 13-jährigen Strafe des
Beschwerdeführers ist insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Tätermerkmale
nicht gegeben. Die Vorinstanz war nicht verpflichtet, die von ihr für
angemessen erachteten (hypothetischen) Strafen der Mittäter in Beachtung von
Art. 50 StGB zu begründen. Der Beschwerdeführer erhebt keine weiteren,
substantiierten Rügen. Die vorinstanzliche Strafzumessung verstösst nicht gegen
den Gleichbehandlungsgrundsatz und genügt den gesetzlichen
Begründungsanforderungen gemäss Art. 50 StGB.

3.

 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung sind wegen
Aussichtslosigkeit abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Bei diesem Ausgang
des Verfahrens sind die bundesgerichtlichen Kosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen Lage ist bei der
Bemessung der Gerichtsgebühr Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 800.-- auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. Juni 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Held

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