Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.636/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_636/2012

Urteil vom 19. Februar 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Adrian Blättler,
Beschwerdeführerin,

gegen

Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Amtsleitung, Feldstrasse 42, 8090
Zürich,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Bedingte Entlassung (Art. 86 StGB),

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3.
Abteilung, Einzelrichterin,
vom 20. September 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte X.________ am 22. Dezember 2010 wegen
Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz zu 36 Monaten Freiheitsstrafe,
abzüglich 447 Tage erstandener Untersuchungshaft und teilweise als Zusatzstrafe
zu einer durch das Obergericht des Kantons Zürich am 22. Oktober 2009 wegen
mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz, einfacher
Körperverletzung und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte ausgefällten
Freiheitsstrafe von zehn Monaten. Daneben waren am 20. Januar 2009 der Vollzug
einer Reststrafe von 72 Tagen sowie am 12. August 2009 einer
Ersatzfreiheitsstrafe von 90 Tagen angeordnet worden. Auch diese Sanktionen
standen im Zusammenhang mit Betäubungsmitteldelikten.

X.________ verbüsst die Strafen in den Anstalten Hindelbank. Am 28. Januar 2012
stellte sie ein Gesuch um bedingte Entlassung. Das Amt für Justizvollzug des
Kantons Zürich lehnte das Gesuch am 2. April 2012 ab. Dagegen gerichtete
Rechtsmittel wiesen die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich
am 18. Juni 2012 und das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 20. September
2012 ab.

X.________ beantragt dem Bundesgericht, das Urteil vom 20. September 2012 sei
aufzuheben. Ihr sei die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug zu gewähren.

2.
Zunächst kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl.
angefochtenen Entscheid S. 4-8 E. 2-4 mit Hinweis auf die Erwägungen der
Justizdirektion).

2.1 Die Vorinstanz stellt fest, es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass
sich die Beschwerdeführerin mit den begangenen Delikten intensiv
auseinandergesetzt hätte. Vielmehr ergebe sich aus dem Führungsbericht der
Anstalten Hindelbank vom 31. Januar 2012, dass sie sich nicht zu ihren Taten
geäussert hat. Nichts anderes lasse sich aus ihrer pauschalen Aussage
anlässlich der Anhörung vom 2. März 2012 herleiten, wonach sie "hier raus und
ein deliktfreies, ruhiges Leben führen" möchte (angefochtener Entscheid S. 7).

Die Beschwerdeführerin rügt, mit ihrer Argumentation stelle die Vorinstanz ein
neues, nicht massgebliches Kriterium für die Beurteilung der Legalprognose auf,
nämlich eine intensive Auseinandersetzung mit den begangenen Delikten (vgl.
Beschwerde S. 5/6 Ziff. 4.1). Indessen darf bei einer Person, die innert
weniger Jahre elfmal einschlägig wegen Vergehens gegen das
Betäubungsmittelgesetz verurteilt und zweimal nach bedingten Entlassungen in
den Strafvollzug zurückversetzt werden musste und die damit in der
Vergangenheit eine ungewöhnliche Uneinsichtigkeit und Gleichgültigkeit
gegenüber den Folgen ihres Verhaltens an den Tag gelegt hatte, verlangt werden,
dass sie sich intensiv mit ihrer Delinquenz beschäftigt, bevor davon
ausgegangen werden kann, sie werde in Zukunft in der Lage sein, ein Leben in
Freiheit zu meistern, ohne erneut mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten.

Die Beschwerdeführerin behauptet, entgegen der Annahme der Vorinstanz habe sie
sich intensiv mit ihrer deliktischen Vergangenheit auseinandergesetzt. Es
ergibt sich indessen weder aus dem vor dem Bezirksgericht abgelegten Geständnis
noch aus dem Umstand, dass sich ihr Verhalten in den Anstalten Hindelbank
verbessert hat.

2.2 Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass sie zahlreiche einschlägige
Vorstrafen aufweist. Sie macht jedoch geltend, dass die Vorinstanz bei der
Legalprognose in zeitlicher Hinsicht ausschliesslich Faktoren berücksichtige,
die sich vor dem Antritt des aktuellen Strafvollzugs ereignet haben, ohne
Anhaltspunkte dafür zu nennen, weshalb die positive Entwicklung der letzten
drei Jahre konkret und aktuell zu relativieren wäre. Sie nenne keine
gewichtigen Anhaltspunkte für die Gefahr neuer Rechtsbrüche (Beschwerde S. 6/7
Ziff. 4.2). Der Vorwurf trifft nicht zu. Einerseits verkennt die Vorinstanz
nicht, dass sich das Verhalten der Beschwerdeführerin im Strafvollzug in den
letzten Jahren positiv entwickelt hat. Anderseits steht auch fest, dass sie in
Hindelbank über ihre Vergangenheit nicht gesprochen und sich damit nicht
auseinandergesetzt hat. Davon, dass die Vorinstanz für ihren negativen
Prognoseentscheid keine Anhaltspunkte aus der Gegenwart gehabt hätte, kann
nicht die Rede sein.

2.3 Unbestrittenermassen muss die Beschwerdeführerin nach der Entlassung aus
dem Strafvollzug die Schweiz, wo sie seit bald 20 Jahren gewohnt hat, verlassen
und in die Dominikanische Republik zurückkehren. Die Vorinstanz stellt fest,
sie verfüge in der Schweiz über ein tragfähiges Beziehungsnetz, welche Kontakte
sie in Zukunft nicht gleichermassen werde pflegen können. Angesichts der
Unsicherheiten, die mit der gesellschaftlichen und beruflichen
Wiedereingliederung in ihrer früheren Heimat verbunden seien, fehle es dort an
einem stabilen und sozial schützenden Empfangsraum mit massgeblicher
Präventivwirkung. Die Anstalten Hindelbank würden denn auch bei einer bedingten
Entlassung eine Bewährungshilfe empfehlen. Da die Beschwerdeführerin die
Schweiz verlassen müsse, lasse sich die bedingte Entlassung jedoch nicht mit
der Anordnung von Bewährungshilfe und der Erteilung von Weisungen verbinden
(angefochtener Entscheid S. 7/8).

Die Beschwerdeführerin verweist darauf, dass sie nach ihrer Entlassung in der
Dominikanischen Republik mit ihrem dreijährigen Sohn bei Angehörigen leben
werde, weshalb sich ihre Lebensumstände derart ändern würden, dass sie gar
nicht mehr in ähnlicher Weise wie in der Schweiz delinquieren könne (vgl.
Beschwerde S. 7/8 Ziff. 4.3). Die Justizdirektion, auf deren Erwägungen die
Vorinstanz verweist, stellt indessen fest, dass die Beschwerdeführerin auch in
der Schweiz zur Zeit ihrer Delinquenz in eine Familie eingebunden war und
nächste Verwandte um sich hatte (Verfügung vom 18. Juni 2012 S. 5). Die Familie
vermochte sie auch in der Vergangenheit nicht von den Straftaten abzuhalten.
Der Hinweis der Vorinstanz auf die von den Anstalten Hindelbank empfohlene
Bewährungshilfe, die in der Dominikanischen Republik nicht gewährleistet werden
kann, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

3.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen. Bei diesem
Ausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66
Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von
Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der
finanziellen Lage der Beschwerdeführerin ist bei der Bemessung der
Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich,
3. Abteilung, Einzelrichterin, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. Februar 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Monn