Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.635/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_635/2012

Urteil vom 14. März 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwältin Antonela Stefanoski-Agatonovic,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Tierquälerei; Übertretung des Lebensmittelgesetzes,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom
5. September 2012.

Sachverhalt:

A.
Das Kreisgericht Rheintal bestrafte X.________ am 1. Dezember 2011 wegen
vorsätzlicher Übertretung des Tierschutzgesetzes mit einer Busse von Fr.
350.--. Von den Vorwürfen der vorsätzlichen Tierquälerei und der Übertretung
des Lebensmittelgesetzes durch Nichteinhalten der Hygienevorschriften sprach es
ihn frei.

B.
Das Kantonsgericht St. Gallen erklärte X.________ am 5. September 2012 auf
Berufung der Staatsanwaltschaft hin der mehrfachen vorsätzlichen Tierquälerei
und der vorsätzlichen Widerhandlung gegen Art. 48 Abs. 1 lit. g LMG schuldig.
Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr.
80.-- und einer Busse von Fr. 400.--.
X.________ liess am 11. Januar 2011 zwei Kühe aus seinem Betrieb schlachten.
Das Kantonsgericht hält für erwiesen, dass die Tiere bei der Anlieferung im
Schlachthof starke und längerwährende Verschmutzungen in Form von Mistrollen an
den Vorderknien, den Hintergliedmassen sowie am Bauch aufwiesen.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des
Kantonsgerichts vom 5. September 2012 aufzuheben, ihn von den Vorwürfen der
mehrfachen Tierquälerei und der vorsätzlichen Widerhandlung gegen Art. 48 Abs.
1 lit. g LMG freizusprechen und wegen vorsätzlicher Übertretung des
Tierschutzgesetzes zu einer Busse von Fr. 350.-- zu verurteilen.

D.
Die Staatsanwaltschaft beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das
Kantonsgericht verzichtete auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer verlangt, die Eingabe der Staatsanwaltschaft vom 14.
Februar 2012 sei aus dem Recht zu weisen, da sie nicht sachdienlich sei und
reiner Stimmungsmacherei diene (Rechtsbegehren Ziff. II. 1.; Beschwerde Ziff. 8
S. 14).

1.2 Die Staatsanwaltschaft erklärte am 30. Januar 2012 fristgerecht Berufung
und reichte am 14. Februar 2012 ein Gutachten des Departements für klinische
Veterinärmedizin vom 13. Februar 2012 zu den Akten (kant. Akten, Urk. B/3 und B
/4). Das Gutachten wurde in einem Strafverfahren eingeholt, das nicht den
Beschwerdeführer betraf. Die schriftliche Berufungsbegründung der
Staatsanwaltschaft datiert vom 8. März 2012.

1.3 Neue Beweismittel sind im Berufungsverfahren zulässig, soweit nicht
ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens
bildeten (vgl. Art. 398 Abs. 3 und 4 StPO; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische
Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 7 zu Art. 398 StPO; DERS.,
Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2009, N. 1534 S. 702; MARKUS
HUG, Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/
Lieber [Hrsg.], 2010, N. 17 zu Art. 398 StPO). Art. 194 Abs. 1 StPO sieht zudem
ausdrücklich vor, dass die Staatsanwaltschaft und die Gerichte Akten anderer
Verfahren beiziehen können, wenn dies für den Nachweis des Sachverhalts
erforderlich ist.

1.4 Das Gutachten vom 13. Februar 2012 ist kein rechtswidrig erlangter Beweis
im Sinne von Art. 141 Abs. 5 StPO. Für eine Entfernung des Schriftstücks aus
den Akten besteht kein Anlass. Bei dessen Würdigung ist allerdings zu
berücksichtigen, dass es nicht in Anwendung von Art. 184 ff. StPO eingeholt
wurde. Das Gutachten betrifft ein anderes Strafverfahren und einen anderen
Sachverhalt, weshalb es vorliegend - wenn überhaupt - nur von sehr beschränkter
Aussagekraft ist. Da die Vorinstanz das Gutachten nicht erwähnt und demnach
darauf nicht abstellt, kann ihr nicht vorgeworfen werden, sie habe dies
verkannt.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine bundesrechtswidrige Anwendung von Art. 26
Abs. 1 lit. a des Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember 2005 (TSchG; SR 455) und
eine Verletzung des Anspruchs auf Gleichbehandlung (Art. 29 Abs. 1 BV). Der
Tierhändler habe ihm anders als üblich kurzfristig mitgeteilt, dass er am
Morgen des 11. Januar 2011 drei Kühe bei ihm abholen werde, was ihm
verunmöglicht habe, die beiden verschmutzten Tiere vor der Schlachtung zu
striegeln. Die Tiere seien zwar nicht gänzlich sauber gewesen. Die
Verschmutzungen seien hingegen nicht erheblich bzw. gravierend gewesen und
hätten nicht die Intensität einer Tierquälerei erreicht. Davon sei auch der
Veterinärdienst des Kantons Solothurn ausgegangen, der sich vor Ort ein Bild
der Verunreinigungen gemacht habe und lediglich einen Verdacht der
Widerhandlung gegen die Tierschutzverordnung, nicht jedoch der Tierquälerei
geäussert habe. Die Fotografien des Veterinärdiensts seien mosaikartige
Nahaufnahmen und würden die Gesamtsituation nicht objektiv wiedergeben
(Beschwerde S. 4-15). Starke und langwährende Verschmutzungen, die das
Wohlergehen der Tiere beeinträchtigt hätten, seien nicht bewiesen (Beschwerde
Ziff. 16 S. 11). Er sei nie negativ aufgefallen. Sämtliche Stallkontrollen,
sowohl vor als auch nach der Anlieferung der beiden Kühe, seien reibungslos
verlaufen. Die dritte Kuh, welche am gleichen Tag mit den beiden betroffenen
Kühen geschlachtet worden sei, habe keinerlei Verschmutzungen aufgewiesen
(Beschwerde Ziff. 17 S. 11).
2.2
2.2.1 Der Veterinärdienst des Kantons Solothurn traf in seiner Beanstandung
anlässlich der Schlachtung der beiden Kühe folgende Feststellung: "Stark
verschmutzte Tiere mit Rollen an Vorderknie, Brust-Bauch und
Hintergliedmassen". Er erklärte die Schlachttierkörper für geniessbar. In der
Strafanzeige vom 15. Februar 2011 führte er aus, die Verschmutzung der Tiere
sei in lebensmittelrechtlicher Hinsicht problematisch. Da es sich mit
Sicherheit um eine langwährende und extreme Verschmutzung gehandelt habe, liege
auch ein Verstoss gegen Art. 3 Abs. 3 der Tierschutzverordnung vom 23. April
2008 (TSchV; SR 455.1) vor. Aufgrund des hohen Verschmutzungsgrades der Tiere
sei davon auszugehen, dass die Haltung derselben auf dem Herkunftsbetrieb nicht
den Tierschutzvorschriften entsprochen haben könne. Von einer angemessenen
Pflege der Tiere könne keine Rede sein. Der Beschwerdeführer sei wegen
Widerhandlung gegen die Tierschutzverordnung schuldig zu sprechen (zum Ganzen
kant. Akten, Urk. B/18).
2.2.2 Die Vorinstanz erwägt, der Veterinärdienst des Kantons Solothurn sei von
einer starken bzw. extremen Verschmutzung der Tiere ausgegangen. Auch die
Fotoblätter (namentlich das Bild in act. F. 1.2) belegten, dass die beiden
Tiere stark verschmutzt waren. Sodann bestehe kein Grund an der Feststellung
des Veterinärdiensts zu zweifeln, wonach es sich um eine "langwährende"
Verschmutzung gehandelt habe. Zusammenfassend sei von einer starken
Verschmutzung in Form von Mistrollen an den Vorderknien, Hintergliedmassen und
am Bauch der beiden Tiere auszugehen, die "jedenfalls nicht kurzfristig
entstanden seien". Angesichts des klaren Beweisergebnisses sei vom beantragten
Beizug eines Sachverständigen abzusehen (Urteil E. 3b S. 7 f.).
Die Vorinstanz führt weiter aus, in rechtlicher Hinsicht sei festzuhalten, dass
starke und "längerwährende" Verschmutzungen, wie sie vorliegend zufolge
Vernachlässigung der gesetzlich vorgeschriebenen Pflege (Art. 6 Abs. 1 TSchG)
gegeben seien, das Wohlergehen der Tiere beeinträchtigten und als Missachtung
der Würde des Tieres zu qualifizieren seien (Art. 3 lit. a und b TSchG).
Entsprechend sei der objektive Tatbestand der Tierquälerei gemäss Art. 26 Abs.
1 lit. a TSchG erfüllt. Von einer Widerhandlung mit Bagatellcharakter, welche
nur nach Art. 28 TSchG zu ahnden wäre, könne nicht mehr gesprochen werden.
Nachdem die Mistrollen offensichtlich gewesen seien, habe der Beschwerdeführer
die Beeinträchtigung des Wohlergehens der beiden Kühe bzw. die Missachtung
deren Würde zumindest in Kauf genommen. Daran vermöge nichts zu ändern, dass
als Folge einer Meldung des Veterinärdiensts des Kantons Solothurn knapp drei
Monate nach dem Vorfall eine unangemeldete Betriebskontrolle durchgeführt
worden sei. Aus der Bemerkung "Sauberkeit der Tiere i.O., gut geführte
Tierhaltung" im Kontrollrapport vom 6. April 2011 lasse sich nichts zugunsten
des Beschwerdeführers ableiten. Dass dies bei den zur Diskussion stehenden
Kühen anders gewesen sei, sei dargelegt worden (Urteil E. 3c S. 8 f.).

2.3 Die Staatsanwaltschaft argumentiert in ihrer Vernehmlassung, sie verfüge
aufgrund der seit über zehn Jahren bei ihr zentral geführten Strafverfahren im
Bereich der Tierschutzgesetzgebung über besondere Kenntnisse, um anhand von
Bildern beurteilen zu können, in welcher Zeitspanne die Stall- und
Fellreinigung an Tieren der Rindergattung nicht oder zumindest ungenügend
erfolgt sein müsse. Bezüglich der beiden Kühe des Beschwerdeführers geht sie
mit Verweis auf das Gutachten vom 13. Februar 2012 davon aus, die Mistrollen
hätten sich nur bilden können, wenn den Tieren während mindestens zwei Wochen
kein sauberer Stallboden und/oder trockener Liegebereich zur Verfügung stand
(act. 12 S. 2).

3.
3.1 Den Tatbestand der Tierquälerei im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG
erfüllt, wer ein Tier misshandelt, vernachlässigt, es unnötig überanstrengt
oder dessen Würde in anderer Weise missachtet.
3.2
3.2.1 Der Begriff des Vernachlässigens im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG
ergibt sich indirekt aus Art. 6 Abs. 1 TSchG. Diese Norm verpflichtet jenen,
der ein Tier hält oder betreut, es angemessen zu nähren, zu pflegen und ihm die
für sein Wohlergehen notwendige Beschäftigung und Bewegungsfreiheit sowie
soweit nötig Unterkunft zu gewähren (Urteile 6B_653/2011 vom 30. Januar 2012 E.
3.2; 6B_660/2010 vom 8. Februar 2011 E. 1.2.1).
Eine arge bzw. starke Vernachlässigung des Tieres, wie dies in Art. 264 aStGB
bzw. Art. 27 Abs. 1 lit. a aTSchG noch verlangt wurde, ist seit Inkrafttreten
von Art. 26 Abs. 1 lit. a des revidierten Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember
2005 keine Tatbestandsvoraussetzung mehr. Die frühere Rechtsprechung, wonach
eine Tierquälerei durch Vernachlässigung nur vorlag, wenn von einem
beträchtlichen oder erheblichen Leiden des Tieres bzw. einer erheblichen
Beeinträchtigung seines Wohlbefindens auszugehen war (vgl. BGE 86 IV 25 E. 2;
85 IV 24 E. 2; Urteil 2A.429/1990 vom 17. September 1991 E. 3b), hat unter dem
revidierten Tierschutzgesetz keine Gültigkeit mehr. Dennoch muss auch eine
strafrechtlich relevante Vernachlässigung im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. a
TSchG, wie die übrigen Tatbestandsvarianten der Bestimmung (Misshandlung,
Überanstrengung), mit einer Missachtung der Würde des Tieres einhergehen,
ansonsten nicht von einer Tierquälerei durch Vernachlässigung gesprochen werden
kann. Von einer Missachtung der Würde ist auszugehen, wenn das Wohlergehen des
Tieres beeinträchtigt ist, weil Schmerzen, Leiden, Schäden oder Angst nicht
vermieden werden (vgl. Art. 3 lit. a und b Ziff. 4 TSchG; siehe auch Art. 4
Abs. 2 TSchG). Ob der Tatbestand der Tierquälerei durch Vernachlässigung
erfüllt ist, beurteilt sich bei der unterlassenen Pflege eines kranken Tieres
in erster Linie nach dem Krankheitsbild (zum Ganzen Urteil 6B_653/2011 vom 30.
Januar 2012 E. 3.3).
3.2.2 Vorliegend geht es nicht um kranke, sondern um verschmutzte Tiere. Auch
insofern kommt ein Schuldspruch wegen Tierquälerei nur in Betracht, wenn die
Verschmutzungen auf eine Verletzung der Vorschriften über die Tierhaltung
zurückzuführen sind und aufgrund derselben von einem Leiden des Tieres bzw. von
einer Beeinträchtigung seines Wohlergehens ausgegangen werden muss.
Anderweitige Widerhandlungen gegen die Bestimmungen über die Tierhaltung sind
als Übertretung nach Art. 28 TSchG zu ahnden und werden bei vorsätzlicher
Tatbegehung mit einer Busse bis zu Fr. 20'000.-- bestraft (Art. 28 Abs. 1 lit.
a TSchG). Entgegen einer in der Literatur vertretenen Lehrmeinung (vgl.
BOLLIGER/RICHNER/RÜTTIMANN, Schweizer Tierschutzstrafrecht in Theorie und
Praxis, 2011, S. 114 f.) ist die Tierquälerei durch Vernachlässigung im Sinne
von Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG nicht ein abstraktes Gefährdungsdelikt, sondern
- wie bereits unter altem Recht (vgl. oben E. 3.2.1) - ein Erfolgsdelikt.
Nicht jede verspätete Reinigung eines verschmutzten Tieres oder jedes
Unterlassen der Stallreinigung führt zu einem Schuldspruch wegen Tierquälerei.
Die Vernachlässigung nach Art. 26 Abs. 1 lit. a TSchG setzt eine
Pflichtverletzung von einer gewissen Schwere voraus. Dies steht im Einklang mit
den parlamentarischen Beratungen zur Revision des Tierschutzgesetzes vom 16.
Dezember 2005. Das Erfordernis einer starken Vernachlässigung des Tieres, wie
dies in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 und Art. 25 Abs. 1 lit. a des bundesrätlichen
Entwurfs entsprechend der früheren Rechtslage noch vorgesehen war, wurde auf
Antrag der Kommission des Ständerats gestrichen. Die Kommissionssprecherin
bemerkte dazu, mit dem Tatbestand der Tierquälerei werde im Prinzip die
Bestimmung des früheren Gesetzes wieder aufgenommen (AB 2004 S 615). Durch die
Streichung des Wortes "stark" solle der Grad der Vernachlässigung zugunsten der
Tiere etwas relativiert werden. Da die gemäss Art. 4 Abs. 2 TSchG verbotenen
Handlungen als Tierquälerei mit Gefängnis oder Busse bestraft würden, sei davon
auszugehen, dass es sich nicht um Bagatellfälle handelt (AB 2004 S 602 f.).

3.3 Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur
gerügt werden, wenn sie willkürlich ist (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 137 IV 1 E.
4.2.3; 134 IV 36 E. 1.4.1; zu den Begründungsanforderungen vgl. Art. 106 Abs. 2
BGG sowie BGE 136 I 49 E. 1.4.1 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer wendet
ein, es lasse sich nicht mit Sicherheit sagen, dass es sich bei den Tieren auf
den Fotografien in den Verfahrensakten tatsächlich um seine Kühe handelt
(Beschwerde Ziff. 11 S. 7). Darauf ist nicht einzutreten, da Willkür weder
dargetan noch begründet wird. Fehl geht zudem der Vorwurf, die Vorinstanz habe
das Gleichbehandlungsgebot von Art. 29 Abs. 1 BV verletzt (Beschwerde S. 13
f.). Gemäss der Rechtsprechung besteht kein Anspruch auf "Gleichbehandlung im
Unrecht" (BGE 135 IV 191 E. 3.3). Die Vorinstanz legt zudem dar, dass der vom
Beschwerdeführer angerufene kantonale Entscheid unter dem alten
Tierschutzgesetz erging, das noch ein beträchtliches oder erhebliches Leiden
des Tieres bzw. eine erhebliche Beeinträchtigung seines Wohlbefindens verlangte
(Urteil E. 3b S. 6; oben E. 3.2.1).
3.4
3.4.1 Die in Art. 6 Abs. 1 TSchG genannten Pflichten werden in Art. 3 ff. TSchV
näher umschrieben (BOLLIGER/RICHNER/RÜTTIMANN, a.a.O., FN 612 S. 114).
Fütterung und Pflege sind angemessen, wenn sie nach dem Stand der Erfahrung und
den Erkenntnissen der Physiologie, Verhaltenskunde und Hygiene den Bedürfnissen
der Tiere entsprechen (Art. 3 Abs. 3 TSchV). Gemäss Art. 34 Abs. 1 Satz 2 TSchV
müssen Böden im Liegebereich ausreichend trocken sein.
3.4.2 Unklar bleibt bei der Lektüre des angefochtenen Entscheids, welche
konkrete Unterlassung dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der gesetzlich
vorgeschriebenen Pflege vorgeworfen wird. Nicht gefolgt werden kann der
Staatsanwaltschaft, wenn sie gestützt auf das Gutachten vom 13. Februar 2012
sinngemäss ausführt, der Beschwerdeführer habe den Stall der beiden Kühe
während mindestens zwei Wochen nicht gereinigt. Die Verschmutzungen der beiden
Kühe, wie sie sich aus den Fotografien in den Verfahrensakten ergeben (kant.
Akten, Urk. F. 1.1-1.5), sind mit dem Verschmutzungsgrad und dem Zustand der im
Gutachten vom 13. Februar 2012 beurteilten Tiere (kant. Akten, Urk. B/4) nicht
vergleichbar. Die Schlussfolgerung aus diesem Gutachten kann bereits deshalb
nicht auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Soweit die
Staatsanwaltschaft auf ihr besonderes Sachwissen verweist, verkennt sie zudem,
dass sie als Anklägerin die Verletzung der Vorschriften über die Tierhaltung zu
beweisen hat und nicht gleichzeitig als Sachverständige amten kann.
3.4.3 Der Beschwerdeführer machte in seiner Stellungnahme zuhanden des
kantonalen Untersuchungsamtes vom 10. Juni 2011 geltend, da er einen Laufstall
mit Tiefstreu (ohne Liegeboxen) habe, liessen sich Mistrollen trotz zweimaligen
Einstreuens am Tag nicht vermeiden (kant. Akten, Urk. S. 1.5). In seiner
Beschwerde an das Bundesgericht erhebt er keinen entsprechenden Einwand mehr.
Er erwähnt zwar am Rande, die Verschmutzungen müssten in der Nacht entstanden
sein (Beschwerde Ziff. 18 S. 12). Er focht das erstinstanzliche Urteil jedoch
nicht an und verlangt nunmehr selber eine Verurteilung wegen Übertretung gegen
das Tierschutzgesetz. Damit braucht der Frage nicht weiter nachgegangen zu
werden, ob Mistrollen unter gewissen Umständen auch bei strikter Einhaltung der
Vorschriften über die Tierhaltung nicht vermieden werden können.

3.5 Zu prüfen ist hingegen, ob das Wohlergehen der beiden Kühe beeinträchtigt
war. Die Vorinstanz schliesst von den "starken und längerwährenden
Verschmutzungen" ohne weitere Begründung und ohne Beizug von Sachverständigen
auf eine Beeinträchtigung des Wohlergehens der Tiere. Damit verletzt sie Art.
26 Abs. 1 lit. a TSchG, da der Schuldspruch nicht nachvollziehbar ist. Eine
Beeinträchtigung des Wohlergehens der Tiere wäre beispielsweise anzunehmen,
wenn es bei den Tieren aufgrund der Verschmutzungen zu Hautreizungen kam. Dies
dürfte bei Mistrollen nicht per se der Fall sein und wurde von der Vorinstanz
zudem nicht festgestellt. Anzeichen für Hautreizungen oder eine anderweitige
Beeinträchtigung des Wohlergehens der Tiere können der Anzeige bzw. der
Beanstandung des Veterinärdiensts nicht entnommen werden. Dies ergibt sich auch
nicht zwingend aus den Fotografien. Der Beschwerdeführer weist zutreffend
darauf hin, dass der Veterinärdienst und die Vorinstanz unter den "starken und
lang- bzw. längerwährenden Verschmutzungen" offensichtlich nicht dasselbe
verstehen, da Erstere eine Widerhandlung gegen die Vorschriften über die
Tierhaltung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 lit. a TSchG anzeigte, während Letztere
von einer Tierquälerei ausgeht.
Die Rüge des Beschwerdeführers ist begründet. Die Beschwerde ist in diesem
Punkt gutzuheissen und die Angelegenheit zur neuen Beurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen.

4.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch wegen Widerhandlung
gegen das Lebensmittelgesetz.

4.1 Nach Art. 48 Abs. 1 lit. g LMG macht sich u.a. strafbar, wer vorsätzlich
Lebensmittel so herstellt, dass sie den Anforderungen des Lebensmittelgesetzes
nicht entsprechen. Die Lebensmittelherstellung nach Art. 48 Abs. 1 lit. g LMG
erfasst bei Fleischerzeugnissen auch den Schlachtprozess (Urteile 6B_652/2011
vom 30. Januar 2012 E. 1 und 6B_653/2011 vom 30. Januar 2012 E. 4).
Gemäss der bundesrätlichen Botschaft soll nicht jede Missachtung einer
Verordnungsbestimmung als Übertretung im Sinne von Art. 48 LMG bestraft werden,
sondern nur solche, welche im Hinblick auf die Durchsetzung des materiellen
Lebensmittelrechts von Bedeutung sind (BBl 1989 960 f.). Art. 48 Abs. 1 lit. g
LMG bezieht sich auf Widerhandlungen gegen die Bestimmungen des
Lebensmittelgesetzes ("dieses Gesetzes"). Art. 7 Abs. 1 LMG verlangt, dass
Tiere, soweit sie zum Herstellen von Lebensmitteln verwendet werden, so
beschaffen sind, dass die entsprechenden Lebensmittel die menschliche
Gesundheit nicht gefährden. Für die Beurteilung massgeblich sind die Fütterung
und Pflege (Art. 7 Abs. 2 lit. a LMG). Zur Pflege von Tieren gehört auch die
Reinigung. Gemäss Art. 9 Abs. 1 lit. c der Verordnung vom 23. November 2005
über das Schlachten und die Fleischkontrolle (VSFK; SR 817.190) müssen Tiere
ohne offensichtliche Verunreinigungen zum Schlachten gebracht werden. Die
amtliche Kontrolle entbindet den Tierhalter nicht von der Pflicht zur
Selbstkontrolle (Urteil 6B_652/2011 vom 30. Januar 2012 E. 1.3). Art. 9 Abs. 1
lit. c VSFK soll einen hygienischen Umgang mit Schlachttierkörpern
sicherstellen. Die Bestimmung konkretisiert Art. 7 LMG. Das Schlachten von
stark verschmutzten Tieren kann eine Gesundheitsgefährdung des Konsumenten zur
Folge haben und verstösst gegen Art. 48 Abs. 1 lit. g i.V.m. Art. 7 LMG.

4.2 Der Schuldspruch wegen Widerhandlung gegen Art. 48 Abs. 1 lit. g LMG ist
bundesrechtskonform. Der Beschwerdeführer verkennt mit seinen Rügen (Beschwerde
S. 15 ff.), dass er nicht gestützt auf Art. 48 Abs. 1 lit. a LMG, sondern auf
die Generalklausel von Art. 48 Abs. 1 lit. g LMG schuldig gesprochen wurde. Das
Bundesgericht ging im Urteil 6B_652/2011 vom 30. Januar 2012 nicht davon aus,
lebende Tiere seien "Lebensmittel" im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. a oder Art.
48 Abs. 1 lit. g LMG. Es betonte lediglich, dass auch der Schlachtprozess unter
den Begriff der "Lebensmittelherstellung" nach Art. 48 Abs. 1 lit. g LMG zu
subsumieren ist.
Eine Verurteilung im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. g LMG kommt sodann nur in
Betracht, wenn Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes verletzt wurden. Im
Vordergrund stehen hier Hygienevorschriften (Art. 7 Abs. 1 und 2 lit. a LMG).
Das Bundesgericht deutete nie an, jede Missachtung von Vorschriften über die
Tierhaltung (betreffend beispielsweise die Boxengrösse) sei als Verstoss gegen
das Lebensmittelgesetz zu ahnden (vgl. Beschwerde Ziff. 9 f. S. 17 f.).

5.
Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. Im Übrigen ist sie abzuweisen,
soweit darauf eingetreten werden kann.
Der Beschwerdeführer wird im Umfang seines Unterliegens kostenpflichtig (Art.
66 Abs. 1 BGG). Soweit er obsiegt, sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4
BGG). Der Kanton St. Gallen hat ihm für das bundesgerichtliche Verfahren eine
angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der angefochtene Entscheid wird in
Bezug auf den Schuldspruch wegen Tierquälerei aufgehoben und die Sache zur
neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die
Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- auferlegt.

3.
Der Kanton St. Gallen hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 14. März 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld