Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.62/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_62/2012

Urteil vom 13. September 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Schöbi,
Gerichtsschreiber Keller.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Hohler,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache qualifizierte ungetreue Geschäftsbesorgung (Art. 158 Ziff. 1 und 3
StGB); Untersuchungsgrundsatz, rechtliches Gehör,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 16. November 2011.

Sachverhalt:

A.
Das Bezirksgericht Zürich sprach X.________ am 17. Juni 2009 anklagegemäss der
mehrfachen qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung schuldig und
sanktionierte ihn mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, unter Anrechnung
von drei Tagen erstandener Untersuchungshaft. Den Vollzug der Freiheitsstrafe
schob es bei einer Probezeit von zwei Jahren auf.

B.
Die von X.________ gegen diesen Entscheid erhobene Berufung hiess das
Obergericht des Kantons Zürich gut. Es sprach ihn am 27. Januar 2010 vom
Vorwurf der mehrfachen qualifizierten ungetreuen Geschäftsbesorgung frei und
gewährte ihm eine Prozessentschädigung im Umfang von Fr. 21'520.-- sowie eine
Genugtuung von Fr. 900.-- zuzüglich Zins für die erlittene Untersuchungshaft.
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhob dagegen Beschwerde in
Strafsachen beim Bundesgericht. Im Verfahren 6B_223/2010 hiess das
Bundesgericht am 13. Januar 2011 die Beschwerde gut und wies die Sache zur
neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Das Obergericht verurteilte X.________ am 16. November 2011 wegen mehrfacher
qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung zu einer Freiheitsstrafe von zwei
Jahren, unter Anrechnung von drei Tagen erstandener Untersuchungshaft. Den
Vollzug der Freiheitsstrafe schob es bei einer Probezeit von zwei Jahren auf.

C.
X.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des
Obergerichts vom 16. November 2011 sei aufzuheben, und er sei von Schuld und
Strafe vollumfänglich freizusprechen. Eventualiter sei die Sache zur neuen
Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
1.1
1.1.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz sei von einer falschen
Interpretation des bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheides ausgegangen. Das
Bundesgericht habe den subjektiven Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung
nicht überprüfen können, da tatsächliche Feststellungen der Vorinstanz gefehlt
hätten. Die Vorinstanz habe seine Beweisergänzungsanträge zur Anhörung
verschiedener Zeugen der A.________ AG nicht aufgrund einer antizipierten
Beweiswürdigung abgewiesen, sondern weil der objektive und der subjektive
Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung gemäss Bundesgericht erfüllt sei.
Das Bundesgericht sei jedoch davon ausgegangen, dass der subjektive Tatbestand
vom Sachrichter abgeklärt werden müsse. Da die Vorinstanz dies unterlassen
habe, verletze sie den Untersuchungsgrundsatz (Beschwerde, S. 8 ff.). Weil die
Vorinstanz sich weigere, den subjektiven Tatbestand ernsthaft zu prüfen und
seinen Beweisergänzungsanträgen zu entsprechen, verletze sie ausserdem seinen
Anspruch auf rechtliches Gehör. Den subjektiven Tatbestand leite die Vorinstanz
aus einer Besprechung zwischen ihm und leitenden Mitarbeitern der A.________
ab. In diesem Gespräch sei es allerdings einzig um das Bewusstsein
unberechtigter Zahlungen, nicht jedoch um eine mögliche Schädigung der
A.________ gegangen. Ein allgemein gehaltenes Unrechtsbewusstsein vermöge den
subjektiven Tatbestand nicht zu begründen. Die Vorinstanz leite aus diesem
Gespräch in willkürlicher Weise die vorsätzliche Schädigung der A.________ und
den Vorsatz der ungetreuen Geschäftsbesorgung ab (Beschwerde, S. 13 ff.).
1.1.2 Der Beschwerdeführer bestreitet, seiner damaligen Arbeitgeberin
A.________ zustehende Bestandespflegekommissionen oder Vertriebsentschädigungen
vorsätzlich vorenthalten zu haben. Aufgrund seiner Überzeugung, dass
transaktionsbezogene Arranger Fees bzw. Kommissionen für die Platzierung
strukturierter Produkte ausbezahlt worden seien, habe er nie in Kauf genommen,
dass der A.________ ein Vermögensschaden entstehen könnte. Der A.________ seien
Courtagen in Höhe von 0,8 % bis 1,5 % des Emissions- bzw. Kaufpreises und eine
Brokerage-Gebühr zugeflossen. Er habe nie ernsthaft damit gerechnet bzw.
rechnen können, dass die Überweisungen des London-Branch der B.________
Bestandespflegekommissionen oder Vertriebsentschädigungen darstellten. Auch die
Verantwortlichen der A.________ seien zu keinem Zeitpunkt von einem solchen
Anspruch ausgegangen. Mangels vertraglicher Grundlage habe kein Raum für
zusätzliche Bestandespflegekommissionen oder Vertriebsentschädigungen bestanden
(Beschwerde, S. 17 ff.).

1.2 Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe Gelder aus
Bestandespflegekommissionen bzw. Vertriebsentschädigungen nicht an die
A.________ weitergeleitet, welche die B.________ als Produktanbieterin der
Depotbank A.________ gestützt auf einen Vertriebsvertrag zwischen diesen
Parteien geschuldet habe. Die in Frage stehenden elf Zahlungen hätten der
A.________ für die Platzierung der B.________-Produkte zugestanden. Der
Beschwerdeführer habe daher die A.________ direkt geschädigt und den Tatbestand
der ungetreuen Geschäftsbesorgung erfüllt (angefochtenes Urteil, S. 10). Das
Bundesgericht habe keinen Zweifel daran gelassen, dass er durch das
inkriminierte Verhalten mehrfach den objektiven Tatbestand von Art. 158 Ziff. 1
StGB erfüllt habe. Die Beweisergänzungsanträge des Beschwerdeführers seien
daher abzuweisen. Das Bundesgericht habe zwar bestimmt, zusätzlich den
subjektiven Tatbestand zu behandeln. Gleichzeitig habe es aber vorweggenommen,
dass es diesen als erfüllt erachte (angefochtenes Urteil, S. 12 f.). Gehe man
von einem Vertriebsverhältnis zwischen der B.________ und der A.________ aus,
habe der Beschwerdeführer um seine arbeitsrechtlichen Treuepflichten wissen
müssen, die Vertriebsentschädigungen der B.________ an die A.________
abzuliefern. Indem er dies unterlassen und die Zahlungen selber eingenommen
habe, habe er sich wissentlich und willentlich auf Kosten der
Vermögensinteressen der A.________ bereichert bzw. diese geschädigt. Der
Beschwerdeführer habe leitenden Vertretern der A.________ gegenüber eingeräumt,
das Geld für eine private Notsituation gebraucht zu haben. Gemäss
Gesprächsprotokoll vom 13. März 2007 seien ihm 1,4 Mio. Franken zugeflossen. Er
habe in einem weiteren Gespräch mit leitenden Vertretern der A.________ am
Folgetag seine Verfehlungen bestätigt und eine Schuldanerkennung sowie eine
Aufhebungsvereinbarung über das Arbeitsverhältnis unterzeichnet (angefochtenes
Urteil, S. 13 ff.).

1.3 Die Erwägungen eines bundesgerichtlichen Urteils, mit dem der Fall zu neuer
Entscheidung an die kantonale Instanz zurückgewiesen wird, binden sowohl diese
als auch die Parteien und das Bundesgericht selber. Dies hat zur Folge, dass
die mit der Neubeurteilung befasste kantonale Instanz und das Bundesgericht in
einem neuen Beschwerdeverfahren die bereits entschiedenen Fragen nicht mehr zu
überprüfen haben (BGE 135 III 334 E. 2 und 2.1; 133 III 201 E. 4.2; je mit
Hinweisen). Insoweit der Beschwerdeführer die Vertriebsentschädigungen der
B.________ zugunsten der A.________ verneint und stattdessen von
transaktionsbezogenen Arranger Fees bzw. Kommissionen für die Platzierung
strukturierter Produkte ausgeht, ist er aufgrund der Bindungswirkung des
Rückweisungsentscheids nicht zu hören.

1.4 Die Vorinstanz erwähnt irrtümlicherweise, das Bundesgericht habe die
Erfüllung des subjektiven Tatbestandes der ungetreuen Geschäftsbesorgung
vorweggenommen, indem es den Freispruch als bundesrechtswidrig beurteilt hat.
Das Bundesgericht hob das freisprechende Urteil der Vorinstanz jedoch auf, weil
der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand erfüllt und die Vorinstanz sich
nicht zur subjektiven Seite der Tat geäussert hatte. Entsprechend hielt es in
seinem Rückweisungsentscheid fest, die Vorinstanz habe die Erfüllung des
subjektiven Tatbestandes durch den Beschwerdeführer zu prüfen (E. 4.).
Die Vorbringen des Beschwerdeführers gehen trotzdem fehl. Entgegen seiner
Auffassung prüfte die Vorinstanz den subjektiven Tatbestand sehr wohl und legte
ihre Erwägungen auf den S. 13-15 des angefochtenen Entscheides ausführlich dar.
Die Vorinstanz war nicht gehalten, zur Begründung des subjektiven Tatbestandes
die vom Beschwerdeführer beantragten Zeugen der A.________ anzuhören. Dass sie
sich bei der Prüfung der subjektiven Seite der Tat vorwiegend auf die
Protokolle zwischen ihm und leitenden Mitarbeitern der A.________ stützte, ist
nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer offenbarte bei diesen Gesprächen
entgegen seinen Vorbringen nicht nur ein allgemein gehaltenes
Unrechtsbewusstsein. Aufgrund des Vertriebsverhältnisses zwischen der
B.________ und der A.________ sowie dem Wissen des Beschwerdeführers, die
Vertriebsentschädigungen der B.________ an die A.________ abliefern zu müssen,
hat er sich - wie die Vorinstanz zu Recht ausführt - wissentlich und
willentlich auf Kosten der A.________ bereichert und diese entsprechend
geschädigt. Sein inkriminiertes Verhalten hat er laut den von der Vorinstanz
beigezogenen Gesprächsprotokollen vom 13. und 14. März 2007 denn auch
eingestanden. Die Vorinstanz stellte weder den Sachverhalt willkürlich fest
noch verletzte sie den Untersuchungsgrundsatz und den Anspruch des
Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör.

1.5 Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Verfahrensausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des
bundesgerichtlichen Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. September 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Keller