Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.628/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

[8frIR2ALAGK1]     
{T 0/2}
                   
6B_628/2012

Urteil vom 18. Juli 2013

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Faga.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
5. E.________,
6. F.________,
7. G.________,
8. H.________,
9. I.________,
10. J.________,
11. K.________,
12. L.________,
alle vertreten durch Rechtsanwältin Regina Marti,
Beschwerdeführerinnen,

gegen

1.  Schweizerische Bundesanwaltschaft, 3003 Bern,
2. Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Rolf Liniger,
3. Z.________,
vertreten durch Fürsprecher Martin Schmutz,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Genugtuung; Willkür, rechtliches Gehör etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Bundesstrafgerichts, Strafkammer, vom 1.
Dezember 2011.

Sachverhalt:

A.

 Das Bundesstrafgericht verurteilte Y.________ am 1. Dezember 2011 wegen
mehrfacher Förderung der Prostitution, mehrfachen Menschenhandels, mehrfacher
qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfacher
Geldwäscherei und mehrfacher Widerhandlung gegen das Bundesgesetz vom 26. März
1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG). Vom Vorwurf der
mehrfachen qualifizierten Freiheitsberaubung, der Pornografie und (in drei
Punkten) der mehrfachen Förderung der Prostitution sprach es ihn frei. Zudem
stellte es das Verfahren in drei Anklagepunkten ein (betreffend Anstiftung zur
Geldfälschung, mehrfache Geldwäscherei und mehrfache Widerhandlung gegen das
ANAG). Das Bundesstrafgericht auferlegte Y.________ eine Freiheitsstrafe von
4½ Jahren, teilweise als Zusatzstrafe zu einem Urteil des Obergerichts des
Kantons Solothurn aus dem Jahre 2005, sowie eine Busse von Fr. 10'000.--.

 Gleichzeitig sprach das Bundesstrafgericht Z.________ der mehrfachen Förderung
der Prostitution und des mehrfachen Menschenhandels schuldig. In zwei
Anklagepunkten betreffend mehrfache Förderung der Prostitution erfolgten
Freisprüche. Das Bundesstrafgericht auferlegte Z.________ eine bedingte
Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten bei einer Probezeit von zwei
Jahren sowie eine Busse von Fr. 1'000.--.

 Das Bundesstrafgericht verpflichtete Y.________, teilweise solidarisch mit
Z.________, neun Privatklägerinnen Schadenersatz von insgesamt rund Fr.
127'000.-- nebst Zins und acht Privatklägerinnen Genugtuung im Totalbetrag von
Fr. 51'000.-- nebst Zins zu leisten. Schliesslich wurden Y.________ und
Z.________ dem Grundsatz nach verpflichtet, den Privatklägerinnen weitere
Genugtuung zu leisten. Das Bundesstrafgericht setzte zu Gunsten der
Eidgenossenschaft eine Ersatzforderung von Fr. 600'000.-- (zu Lasten
Y.________s) respektive Fr. 2'500.-- (zu Lasten Z.________s) fest.

 Die Schuldsprüche der mehrfachen Förderung der Prostitution und des mehrfachen
Menschenhandels stützen sich zusammengefasst auf folgenden Sachverhalt ab:
Y.________ führte in der Schweiz drei Massagesalons. Er liess in den Jahren
2003 - 2006 zahlreiche Frauen aus Brasilien rekrutieren, welche in armen
respektive wirtschaftlich sehr schwierigen Verhältnissen lebten. Diese Frauen,
die sich aus einer wirtschaftlichen Notlage zur Prostitution bereit erklärten,
verfügten über keine Deutschkenntnisse. Der Beschwerdegegner ermöglichte ihnen
die Reise in die Schweiz, insbesondere organisierte er die Flugtickets und das
Reisegeld. Dafür setzte er einen Schuldenbetrag von Fr. 10'000.-- bis Fr.
16'000.-- fest, was ein Mehrfaches seiner effektiven Aufwendungen darstellte.
Die Schulden mussten die Frauen durch Prostitution in seinen Studios
abverdienen. Arbeitsbewilligungen waren keine vorhanden. Die Preise der
verschiedenen Dienstleistungen wurden vorgegeben und waren in allen
Massagesalons identisch. Sämtliche Einnahmen gingen an den Beschwerdegegner und
wurden nach einem bestimmten Abrechnungsschema teilweise an die Schuld
angerechnet. Der Bereich, in dem die Prostituierten von den Kunden das Geld
entgegennahmen, wurde mit Videokameras überwacht. Die Studios, wo die Frauen
gleichzeitig wohnten und arbeiteten, waren sieben Tage pro Woche offen.
Innerhalb der festgelegten Öffnungszeiten waren die Frauen grundsätzlich
gehalten, Kunden zu bedienen. Der Beschwerdegegner war die Hauptperson, welche
letztlich die Kontrolle über das Gesamte ausübte. Z.________ war in der
Reiseorganisation der neu angeworbenen Frauen und in den gesamten Abläufen in
den Studios involviert. Sie sorgte dafür, dass die Vorgaben des
Beschwerdegegners durchgesetzt wurden, war als Dolmetscherin tätig und
überwachte die Frauen, damit diese ihre gesamten Einnahmen abgaben.

B.

 Zwölf Privatklägerinnen (vgl. Rubrum) führen Beschwerde in Strafsachen. Sie
beantragen, das Urteil des Bundesstrafgerichts sei in Bezug auf die
Dispositiv-Ziffern VII.1. - VII.3. aufzuheben, und die Sache sei zur
Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei Y.________,
teilweise zusammen mit Z.________, zu verpflichten, sämtlichen zwölf
Privatklägerinnen Genugtuungszahlungen zwischen Fr. 6'000.-- und Fr. 25'000.--
nebst Zins zu leisten. Weiter sei festzustellen, dass das Bundesstrafgericht
über den Antrag betreffend die grundsätzliche Verpflichtung zur Leistung
weiteren Schadenersatzes nicht entschieden habe. Die Sache sei diesbezüglich an
die Vorinstanz zurückzuweisen. Über die Verwendung der eingezogenen
Vermögenswerte sei bereits im Sachurteil zu entscheiden. Die Privatklägerinnen
ersuchen schliesslich um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und
Verbeiständung.

C.

 Das Bundesstrafgericht lässt sich betreffend die Verwendung der eingezogenen
Vermögenswerte vernehmen und verweist im Übrigen auf den angefochtenen
Entscheid. Y.________, Z.________ und die Schweizerische Bundesanwaltschaft
haben auf Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.

1.1. Die Privatklägerinnen (Beschwerdeführerinnen) machen unter Hinweis auf
Art. 29 Abs. 2 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK eine Verletzung des rechtlichen
Gehörs geltend. Mit Blick auf die Formulierung im vorinstanzlichen
Urteilsdispositiv ("Genugtuung für deren unmittelbare Beeinträchtigung ihrer
Persönlichkeit durch die Umstände der Prostitution") bleibe offen, ob die
Vorinstanz die Genugtuung im Zusammenhang mit den Straftaten des
Menschenhandels und der Förderung der Prostitution bemesse. Deshalb könne dem
Urteil auch nicht entnommen werden, weshalb die Vorinstanz einen Teil der
Genugtuungsansprüche lediglich dem Grundsatz nach entscheide. Welche Ansprüche
beurteilt und welche lediglich dem Grundsatz nach entschieden worden seien,
werde nicht erläutert (Beschwerde S. 7 f.). Die Beschwerdeführerinnen rügen
zudem eine Verletzung des Verbots der (formellen) Rechtsverweigerung im Sinne
von Art. 29 Abs. 1 BV. Sie hätten im vorinstanzlichen Verfahren beantragt, die
Beschwerdegegner dem Grundsatz nach zur Zahlung des weiteren Schadens,
insbesondere zur Zahlung der Kosten einer therapeutischen Behandlung, zu
verpflichten. Die Vorinstanz habe dies in ihren Erwägungen weder thematisiert
noch darüber befunden (Beschwerde S. 9).

1.2. Der in Art. 29 Abs. 2 BV gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör
verlangt, dass die Behörden die Vorbringen des vom Entscheid in seiner
Rechtsstellung Betroffenen auch tatsächlich hören, prüfen und in der
Entscheidfindung berücksichtigen. Die Behörde darf sich in ihrem Entscheid auf
die wesentlichen Gesichtspunkte und Leitlinien beschränken und braucht sich
nicht mit jedem sachverhaltlichen oder rechtlichen Einwand auseinanderzusetzen.
Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die
Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der
Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen
wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat
leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 137 II 266 E. 3.2 S.
270; 136 I 229 E. 5.2 S. 236; je mit Hinweisen). Eine Gehörsverletzung im Sinne
einer formellen Rechtsverweigerung liegt nach der Praxis des Bundesgerichts
vor, wenn eine Behörde auf eine ihr frist- und formgerecht unterbreitete Sache
nicht eintritt, obschon sie darüber entscheiden müsste (BGE 135 I 6 E. 2.1 S. 9
mit Hinweis).

1.3. Die Vorinstanz verpflichtete die Beschwerdegegner, den Privatklägerinnen
"Genugtuung für deren unmittelbare Beeinträchtigung ihrer Persönlichkeit durch
die Umstände der Prostitution" zu leisten (Dispositiv-Ziffern VII.1. und
VII.2.). Zusätzlich wurden die Beschwerdegegner "dem Grundsatz nach
verpflichtet, unter dem Titel der Genugtuung für weitere Beeinträchtigungen der
Persönlichkeit der Privatklägerinnen, die aus den Umständen der Prostitution
folgten, aufzukommen" (Dispositiv-Ziffer VII.3.). Soweit die
Beschwerdeführerinnen vorbringen, die gewählte Formulierung "Umstände der
Prostitution" lasse nicht erkennen, ob sich die Genugtuungssumme auf die
Persönlichkeitsverletzung "aus den beiden schweren Delikten" beziehe, kann
ihnen nicht gefolgt werden. Die Beschwerdegegner wurden der Förderung der
Prostitution und des Menschenhandels zulasten der Beschwerdeführerinnen
verurteilt. Die Genugtuung wurde für die Tathandlungen auferlegt, derentwegen
die Beschwerdegegner schuldig gesprochen worden sind. Dies geht auch mit Blick
auf die Entscheidmotivation hervor (S. 129 ff.). Die Begründung der Genugtuung
(Dispositiv-Ziffern VII.1. und VII.2.) erscheint in diesem Sinne nicht als
ungenügend. Ebenso unbegründet ist die im gleichen Zusammenhang erhobene Rüge
der Verletzung von Art. 122 ff. StPO (Beschwerde S. 13 f.).

 Hingegen trifft zu, dass der vorinstanzliche Entscheid den Antrag der
Beschwerdeführerinnen, die Beschwerdegegner dem Grundsatz nach zur Zahlung des
weiteren Schadens zu verpflichten (vorinstanzliche Akten pag. 138 920 186),
nicht anspricht. Darin liegt eine formelle Rechtsverweigerung. Es ist nicht
auszuschliessen, dass die Vorinstanz in Dispositiv-Ziffer VII.3. den besagten
Antrag vor Augen hatte und mit dem Hinweis auf weitere
Beeinträchtigungen Schadenersatz für zukünftige Heilungskosten sprechen wollte.
Die Dispositiv-Ziffer VII.3. wie auch die Begründung (S. 135) erlauben hingegen
mit den Beschwerdeführerinnen nicht, die Tragweite des Entscheids in diesem
Punkt abzuschätzen. Die Vorinstanz wird den Antrag betreffend den Schadenersatz
beurteilen respektive ihren Entscheid bezüglich der Dispositiv-Ziffer VII.3
rechtsgenügend begründen müssen. Die Rüge ist in diesem Sinne begründet.

2.

 Die Beschwerdeführerinnen wenden sich gegen die Höhe der ihnen zugesprochenen
Genugtuung.

2.1. Die Vorinstanz hält dazu einleitend fest, Frauen, welche sich bereits in
Brasilien prostituiert hätten, werde keine Genugtuung zugesprochen. Nur eine
geringe Genugtuung sei auszurichten, wenn eine Frau in Brasilien nicht der
Prostitution nachgegangen sei, jedoch vor der Einreise in die Schweiz in eine
entsprechende Tätigkeit eingewilligt habe. Die grösste Entschädigung sei für
jene Frauen festzusetzen, welche sich vor der Einreise nicht prostituiert
hätten und unter falschen Versprechen in die Schweiz gelockt worden seien
(Entscheid S. 130).

 Die Vorinstanz stellt in der Folge fest, während welcher Zeitspanne die
einzelnen Beschwerdeführerinnen in den Massagestudios arbeiteten und welche
Tätigkeiten sie in Brasilien ausgeübt hatten respektive, ob sie vor der
Einreise in die Schweiz bereits als Prostituierte tätig waren. Weiter hält die
Vorinstanz fest, welche Frauen von Anfang an wussten, dass sie sich in der
Schweiz prostituieren werden, und in welchen Fällen die Frauen mit falschen
Zusagen in die Schweiz gelockt wurden. Zudem thematisiert sie teilweise, welche
Auswirkungen die Betroffenen in ihren Persönlichkeiten erlitten (Entscheid S.
126 ff.). Die geringste Genugtuung spricht die Vorinstanz F.________ zu. Sie
habe vom 22. bis zum 28. März 2006 in einem Studio des Beschwerdegegners
gearbeitet. Von der Prostitution in der Schweiz und den Schulden habe sie
gewusst. Vorher habe sie sich noch nie prostituiert. Durch die Arbeit in den
Studios sei sie depressiv geworden und habe eine erhebliche
Persönlichkeitsverletzung erlitten. Angesichts der nur kurzen Dauer im Studio
von sechs Tagen rechtfertige sich eine Genugtuung von Fr. 2'000.-- nebst Zins.
Die höchste Genugtuung von Fr. 12'000.-- spricht die Vorinstanz L.________ zu.
Diese sei mit falschen Versprechen in die Schweiz gelockt worden und habe sich
erstmals und während rund 3½ Monaten im Studio des Beschwerdegegners
prostituiert. Die Vorinstanz hält fest, dass L.________ nach wie vor an
Schlafstörungen leidet, von Albträumen geplagt wird und posttraumatische
Belastungsstörungen aufweist (Entscheid S. 129 und S. 132 ff.). Vier Frauen,
die bereits in ihrer Heimat als Prostituierte arbeiteten und zu diesem Zweck in
die Schweiz einreisten, hätten schliesslich keinen Anspruch auf Genugtuung
(Entscheid S. 132 f.).

2.2. Die Beschwerdeführerinnen rügen eine Verletzung von Art. 44 und Art. 49
OR. Sie bringen vor, Menschenhandel und Förderung der Prostitution führten
notwendigerweise zur Verletzung der sexuellen und psychischen Integrität der
Opfer. Die Beschwerdeführerinnen zitieren die vorinstanzlichen Erwägungen,
wonach sie (die Beschwerdeführerinnen) in ihrer Handlungsfreiheit und
(sexuellen) Selbstbestimmung eingeschränkt worden seien und eine Verneinung der
Beschränkung ihrer Handlungsfreiheit geradezu zynisch sei. Sie hätten nebst der
erheblichen Einschränkung ihrer sexuellen Selbstbestimmung mannigfaltige
psychische Beeinträchtigungen erlebt. Indem die Vorinstanz Frauen mit einer
früheren Prostitutionstätigkeit in Brasilien keine Genugtuung ausrichte,
verneine sie eine Persönlichkeitsverletzung, welche einen Genugtuungsanspruch
gewähre. Das vorinstanzliche Urteil trage etwa der Zwangssituation, dem Verlust
der Selbstbestimmung, der sexuellen Ausnutzung und der psychischen Bedrängnis
der Opfer von Menschenhandel und Förderung der Prostitution nicht genügend
Rechnung. Sie hätten sich alle unter dem Diktat des Schuldenabbausystems
befunden und nicht freiwillig prostituiert. Einer allfälligen Berücksichtigung
von Mit- oder Selbstverschulden stehe das erhebliche Verschulden der Täter und
die vorsätzliche Tatbegehung entgegen. Auch könne nicht von einer
konstitutionellen Prädisposition der Opfer ausgegangen werden, welche zu einer
Verschlimmerung des Schadens geführt hätte. Insgesamt verletze die Vorinstanz
das ihr bei der Bemessung der Genugtuung zustehende Ermessen (Beschwerde S. 14
ff.).

2.3. Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch
auf Leistung einer Geldsumme, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt
und diese nicht anders wiedergutgemacht werden kann (Art. 49 Abs. 1 OR). Die
Genugtuung bezweckt den Ausgleich für erlittene Unbill. Bemessungskriterien
sind vor allem die Art und Schwere der Verletzung, die Intensität und Dauer der
Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Betroffenen, der Grad des Verschuldens
des Haftpflichtigen, ein allfälliges Selbstverschulden des Geschädigten sowie
die Aussicht auf Linderung des Schmerzes durch die Zahlung eines Geldbetrags.
Die Höhe der Summe, die als Abgeltung erlittener Unbill in Frage kommt, lässt
sich naturgemäss nicht errechnen, sondern nur schätzen (BGE 132 II 117 E. 2.2.2
S. 119 mit Hinweisen). Sie ist eine Entscheidung nach Billigkeit. Es gibt
mithin nicht nur eine richtige Entscheidung, sondern in einer gewissen
Bandbreite eine Mehrzahl von angemessenen, dem Gebot der Billigkeit
gehorchenden Lösungen (BGE 132 II 117 E. 2.2.3 S. 120; 123 II 210 E. 2c S. 212
f.). Die Genugtuung darf nicht nach schematischen Massstäben oder nach festen
Tarifen festgesetzt, sondern muss dem Einzelfall angepasst werden. Dies
schliesst weder den Rückgriff auf Präjudizien im Sinne eines Richtwerts aus
noch die Bewertung der immateriellen Beeinträchtigung in zwei Phasen, nämlich
einer objektiven Berechnungsphase mit einem Basisbetrag als Orientierungspunkt
und einer nachfolgenden Phase, in der die Besonderheiten des Einzelfalles
berücksichtigt werden (BGE 132 II 117 E. 2.2.3 S. 120 mit Hinweisen).

 Dem Sachrichter steht bei der Festsetzung der Höhe der Genugtuung ein weiter
Ermessensspielraum zu. In diesen greift das Bundesgericht nur ein, wenn die
Vorinstanz grundlos von in Lehre und Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen
abgegangen ist, wenn sie Tatsachen berücksichtigt hat, die für den Entscheid im
Einzelfall keine Rolle spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser
Betracht gelassen hat, die hätten beachtet werden müssen. Es greift ausserdem
in Ermessensentscheide ein, wenn sich diese als offensichtlich unbillig
erweisen (BGE 133 III 257 E. 3.2 S. 272 mit Hinweisen).

2.4. Die Machenschaften der Beschwerdegegner (lit. A hievor) führten zu deren
Verurteilungen wegen Menschenhandels und Förderung der Prostitution zum
Nachteil (unter anderem) der Beschwerdeführerinnen. Laut den vorinstanzlichen
Feststellungen überwachte der Beschwerdegegner die in seinen Studios tätigen
Frauen. Er diktierte die Bedingungen, unter denen sie sich prostituierten. Es
ist nach der Einschätzung der Vorinstanz "offensichtlich, dass die Frauen
bereits zu Beginn nicht mehr frei waren, sich auf die Prostitution unter den
vorgegebenen Bedingungen einzulassen oder nicht". Die Beschwerdeführerinnen
waren durch die Machtposition des Beschwerdegegners nicht mehr frei in ihrer
Entscheidung, ob und wie sie dem Gewerbe nachgehen wollten (Entscheid S. 61
f.). Die Vorinstanz stellt fest, dass der Beschwerdegegner ein
erniedrigendes Schuldenabbausystem kreiert hatte und die Notlage der Frauen
schamlos ausnutzte. Diese lebten in den Studios unter "sklavenähnlichen"
Bedingungen. Der Beschwerdegegner offenbarte eine erhebliche kriminelle Energie
und handelte aus rein egoistischen, finanziellen Motiven (Entscheid S.
109). Ein Schuldspruch wegen Menschenhandels setzt voraus, dass die betroffene
Person in ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht verletzt worden ist (BGE 129
IV 81 E. 3.1 S. 91 f. mit Hinweis). Das Verbot der Förderung der Prostitution
im Sinne von Art. 195 Abs. 3 StGB schützt die Entscheidungsfreiheit einer
Person, die sich prostituiert. Die Strafbarkeit bedingt, dass auf die
betroffene Person ein gewisser Druck ausgeübt wird, dem sie sich nicht ohne
Weiteres entziehen kann, wodurch sie in ihrer Entscheidung, ob und wie sie dem
Gewerbe nachgehen will, nicht mehr vollständig frei ist. Zusätzlich wird
vorausgesetzt, dass die Überwachung oder die bestimmende Einflussnahme dem
Willen oder den Bedürfnissen der betroffenen Person zuwiderläuft (BGE 129 IV 81
E. 1.2 S. 83 f. mit Hinweisen). Die Verurteilungen der Beschwerdegegner
implizieren demnach, dass sie, indem sie die wirtschaftliche und soziale
Zwangslage der Prostituierten ausnutzten und den Druck durch verschiedene
Massnahmen zusätzlich verstärkten, das sexuelle Selbstbestimmungsrecht der
Beschwerdeführerinnen und ihre Entscheidungsfreiheit im obgenannten Sinne
verletzten. Die Beschwerdeführerinnen argumentieren deshalb zu Recht, dem
Delikt des Menschenhandels sei ein weitreichender Eingriff in die sexuelle
Selbstbestimmung der Opfer immanent (Beschwerde S. 14 f.).

2.4.1. Indem die Vorinstanz den Beschwerdeführerinnen, welche sich bereits vor
der Einreise in die Schweiz prostituierten, keine Genugtuung zuspricht
(D.________, G.________, I.________ und J.________), trägt sie den wesentlichen
Kriterien nicht Rechnung. Nach den vorinstanzlichen Feststellungen wurden
sämtliche Beschwerdeführerinnen in ihrer Anwesenheit und Tätigkeit in den
Salons streng kontrolliert. Sie waren im Ergebnis dem Diktat des
Beschwerdegegners nahezu ausgeliefert. Durch dessen Regime und die konkreten
Umstände waren die Frauen einem starken und anhaltenden Druck ausgesetzt, dem
sie sich kaum entziehen konnten. Dadurch waren sie in ihrer Entscheidung, ob
und wie sie dem Gewerbe nachgehen wollten, nicht mehr frei. Das Bundesgericht
hielt (im Rahmen der Strafzumessung) fest, die Schwere einer Vergewaltigung
oder einer sexuellen Nötigung zum Nachteil einer Prostituierten respektive das
Verschulden des Täters werde mit Blick auf die vom Opfer ausgeübte berufliche
Tätigkeit in keiner Weise relativiert. Eine Prostituierte sei nicht weniger als
andere Personen berechtigt, eine sexuelle Beziehung oder bestimmte sexuelle
Praktiken zu verweigern (Urteil 6B_287/2009 vom 18. Mai 2010 E. 1.3).
Entsprechendes muss auch betreffend die Art und Schwere der
Persönlichkeitsverletzung gelten, welche den vier obengenannten
Beschwerdeführerinnen widerfuhr. Der Umstand, dass diese Frauen bereits vor
ihrer Einreise in die Schweiz Prostituierte waren, vermag an der Beschränkung
ihrer Entscheidungsfreiheit und an der nicht leichten Verletzung ihres
sexuellen Selbstbestimmungsrechts nichts zu ändern. Die Beschwerdeführerinnen
bringen zu Recht vor, die Vorinstanz trage der erlittenen Zwangssituation, dem
Verlust der Selbstbestimmung, der sexuellen Ausnutzung und der psychischen
Bedrängnis nicht genügend Rechnung. Indem die Vorinstanz einen
Genugtuungsanspruch verneint, verletzt sie ihr Ermessen. Es erübrigt sich, auf
die weiteren in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen der Beschwerdeführerinnen
(Beschwerde S. 6 f. und S. 11 f.) näher einzugehen. Soweit die Vorinstanz
annimmt, die genannten Frauen hätten von der Prostitution gewusst, ist auf die
nachfolgende Erwägung 2.4.2 zu verweisen.

2.4.2. Die Vorinstanz stellt nicht eindeutig fest, was die von ihr im Rahmen
der Bemessung der Genugtuung in Rechnung gestellte Einwilligung "in die
Prostitution" umfasste (Entscheid S. 130). Unklar ist, ob die angeworbenen
Frauen nebst ihrem Engagement als Prostituierte auch über die konkreten
Arbeitsbedingungen und die konkreten Umstände ihres Aufenthalts in der Schweiz
aufgeklärt wurden, und mithin darin einwilligten. Insbesondere geht aus dem
vorinstanzlichen Entscheid nicht klar hervor, zu welchem Zeitpunkt den
Beschwerdeführerinnen die Höhe ihrer massiven, vom Beschwerdegegner frei
erfundenen Schulden und das Abrechnungssystem eröffnet wurden. Die
Beschwerdeführerinnen bringen vor, sie seien nicht in Kenntnis über die
Schulden, das Schuldenabbau- und Betriebssystem des Beschwerdegegners in die
Schweiz gereist (Beschwerde S. 10). Zum einen erwägt die Vorinstanz, die
Beschwerdeführerinnen seien "in Brasilien korrekt über die Arbeit, die sie
erwartete, und die Bedingungen, unter welchen sie arbeiten würden, informiert
worden" (Entscheid S. 40). Dies kann so verstanden werden, dass sämtliche
Frauen (mit Ausnahme jener, welche mit einem falschen Versprechen in die
Schweiz gelockt wurden) vor der Einreise vollständig und korrekt über die
wesentlichen Arbeitsmodalitäten orientiert worden waren und die Reise im Wissen
darum antraten. Die Vorinstanz hält in der Folge etwa fest, E.________ habe
bereits in Brasilien gewusst, dass sie Fr. 11'200.-- Schulden und die Hälfte
der Einnahmen abzugeben habe. Zumindest diese beiden Umstände waren ihr nach
den vorinstanzlichen Feststellungen bekannt. F.________ habe "von der
Prostitution in der Schweiz und den Schulden gewusst". Wenn aber einleitend
festgehalten wird, dass sämtliche Beschwerdeführerinnen korrekt über Arbeit und
Bedingungen ins Bild gesetzt wurden (und mit "Bedingungen" die konkreten
Arbeitsbedingungen, die Schulden, deren Höhe und die Abrechnungsmodalitäten
gemeint sind), so wäre es im Grunde genommen obsolet, bei einzelnen Frauen
deren Wissen über die Schulden respektive Bedingungen (I.________) zu
unterstreichen. Gleichzeitig wird bei anderen Frauen teilweise lediglich
angemerkt, dass sie von der "Prostitution" in der Schweiz wussten
(beispielsweise H.________). Es bleibt unklar, ob hier etwa die Schulden und
das Abrechnungssystem vor der Reise thematisiert wurden. C.________ scheint so
weit erkennbar erst in der Schweiz von den Schulden und deren Höhe erfahren zu
haben (vgl. Entscheid S. 127 ff.). Es ist insgesamt nicht eindeutig
nachvollziehbar, welche Beschwerdeführerinnen wann und inwiefern orientiert
wurden.

 Die Beschwerdeführerinnen argumentieren deshalb zu Recht, dass der
vorinstanzliche Entscheid in diesem Punkt widersprüchlich ist und der
Begründungspflicht nicht genügt. Nach Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG müssen beim
Bundesgericht anfechtbare Entscheide die massgebenden Gründe tatsächlicher und
rechtlicher Art enthalten. Der vorinstanzliche Entscheid hat eindeutig
aufzuzeigen, auf welchem festgestellten Sachverhalt und auf welchen rechtlichen
Überlegungen er beruht (BGE 135 II 145 E. 8.2 S. 153 mit Hinweisen). Dies ist
hier im Rahmen der Festsetzung der Genugtuungssumme nicht der Fall. Der
angefochtene Entscheid genügt den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG
nicht. Die Vorinstanz wird einen Entscheid zu treffen haben, der Art. 112 Abs.
1 BGG genügt. Es erübrigt sich, auf die weiteren in diesem Zusammenhang
erhobenen Willkürrügen (Beschwerde S. 9 ff.) näher einzugehen.

 Sollten die vorinstanzlichen Erwägungen zum Ausdruck bringen, die
Beschwerdeführerinnen oder einzelne davon seien vor der Einreise vollständig
und korrekt über die wesentlichen Arbeitsmodalitäten orientiert worden, so läge
im Rahmen der Festsetzung der Genugtuung eine massvolle und geringe
Berücksichtigung solcher Umstände innerhalb des vorinstanzlichen
Ermessensspielraums. Nach der Rechtsprechung ist der Tatbestand des
Menschenhandels in der Regel erfüllt und das faktische Einverständnis der Opfer
allein nicht massgebend, wenn junge, aus dem Ausland kommende Frauen unter
Ausnutzung einer Situation der Verletzlichkeit (situazione di vulnerabilità)
zur Ausübung der Prostitution in der Schweiz engagiert werden. Diese besondere
Situation kann in schwierigen wirtschaftlichen oder sozialen Umständen oder in
einschränkenden persönlichen respektive finanziellen Abhängigkeiten bestehen.
Eine Einwilligung in die Tätigkeit als Prostituierte und in die (illegale)
Überführung in die Schweiz ist mithin nicht wirksam, wenn sie auf derartige
Umstände der Betroffenen im Herkunftsland zurückzuführen ist. Bei dieser
Sachlage verfügt die betroffene Person nicht über die erforderliche
Entscheidungsfreiheit (BGE 129 IV 81 E. 3.1 S. 91 f.; Urteil 6B_81/2010 vom 29.
April 2010 E. 4.1; je mit Hinweisen). Die unwirksame Einwilligung vermag die
Rechtswidrigkeit der schädigenden Handlung nicht aufzuheben, sie schliesst
jedoch die Berücksichtigung des Verhaltens des Opfers als Selbstverschulden im
Sinne von Art. 44 Abs. 1 OR nicht von vornherein aus (Urteil 4C.225/2003 vom
24. Februar 2004 E. 3 mit Hinweisen, publ. in FamPra.ch 2004 S. 653; Heierli/
Schnyder, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 5. Aufl. 2011, N. 4 zu
Art. 44 und N. 18 f. zu Art. 52 OR; Heinz Rey, Ausservertragliches
Haftpflichtrecht, 4. Aufl. 2008, N. 762 f.; Franz Werro, in Commentaire romand,
Code des obligations I, 2. Aufl. 2012, N. 5 zu Art. 44 und N. 20 zu Art. 52
OR). Das tatsächliche Verhalten des Geschädigten wird verglichen mit dem
hypothetischen Verhalten eines durchschnittlich sorgfältigen Menschen in der
Lage des Geschädigten (Urteil 4C.225/2003 vom 24. Februar 2004 E. 5.2). Mithin
kann massgebend sein, ob die im Zeitpunkt der Einwilligung volljährigen
Beschwerdeführerinnen über die konkreten Verhältnisse in der Schweiz orientiert
waren. Erklärten sie sich lediglich zur Prostitution in der Schweiz bereit und
wurden sie - wie von ihnen vorgebracht - erst vor Ort über die effektiven
Arbeitsmodalitäten (insbesondere Schulden und Abrechnungssystem) orientiert, so
wäre eine im Heimatland erfolgte Zustimmung bei der Festsetzung der
Genugtuungshöhe von vornherein unbeachtlich.

2.4.3. Für die Bemessung der Genugtuung durfte mit den Beschwerdeführerinnen
(Beschwerde S. 19) keine Rolle spielen, dass A.________ in Brasilien vom Freund
ihrer Mutter sowie vom Ehemann geschlagen und B.________ vom Ehemann bedroht
worden waren (Entscheid S. 130 f.). Die Vorinstanz greift damit das Kriterium
der konstitutionellen Prädisposition respektive des "krankhaften Vorzustands"
eines Opfers auf. Die konstitutionelle Prädisposition der geschädigten Person
kann nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als mitwirkender Zufall zu
einer Kürzung des Ersatzanspruchs führen und insofern die Schadensberechnung
(Art. 42 OR) oder die Bemessung des Schadenersatzes (Art. 43/44 OR)
beeinflussen. Eine vorbestehende Gesundheitsschädigung, die sich auch ohne das
schädigende Ereignis ausgewirkt hätte, ist bei der Schadensberechnung gemäss
Art. 42 OR zu berücksichtigen. Dem Haftpflichtigen ist nur der tatsächlich auf
das Ereignis zurückzuführende Schaden zurechenbar, für das er haftet. Die
vermögensrechtlichen Folgen vorbestehender Schwächen, die sich mit Sicherheit
oder doch mit hoher Wahrscheinlichkeit auch ohne das schädigende Ereignis (z.B.
in einer verkürzten Lebens- oder Aktivitätsdauer) ausgewirkt hätten, sind von
der Schadensberechnung anteilsmässig auszuscheiden. Wäre der Schaden dagegen
ohne den Vorfall voraussichtlich überhaupt nicht eingetreten, so bleibt der
Haftpflichtige dafür voll verantwortlich, wenn der krankhafte Vorzustand den
Eintritt des Schadens begünstigt oder dessen Ausmass vergrössert hat. Dem
Anteil der Prädisposition kann in diesem Fall im Rahmen von Art. 44 OR Rechnung
getragen werden (BGE 131 III 12 E. 4 S. 13 f. mit Hinweisen). Art. 44 Abs. 1 OR
gibt dem Gericht somit die Möglichkeit, dem Anteil der Prädisposition an der
Kausalität Rechnung zu tragen, wenn es unbillig erschiene, den Schädiger zum
Ersatz des gesamten Schadens zu verpflichten. Die Grösse des Verschuldens des
Haftpflichtigen ist in Beziehung zum Anteil der Prädisposition an der
Kausalität zu setzen. Wiegt das Verschulden des Schädigers schwer, während sich
die Vorbelastung des Geschädigten nur in geringem Masse ausgewirkt hat, so
erscheint eine Reduktion des Ersatzanspruchs in aller Regel nicht angemessen
(Urteil 4C.416/1999 vom 22. Februar 2000 E. 2c/aa; vgl. auch Beatrice Gurzeler,
Beitrag zur Bemessung der Genugtuung, 2005, S. 282 f., wonach eine Herabsetzung
der Genugtuung wegen konstitutioneller Prädisposition bei vorsätzlich
begangenen schweren Straftaten gegen Leib, Leben und sexuelle Integrität in der
Regel ausgeschlossen ist).

 Die Vorinstanz stellt einzig fest, dass die genannten Beschwerdeführerinnen
vor ihrem Aufenthalt in der Schweiz durch Familienangehörige geschlagen
respektive bedroht worden waren. Dem vorinstanzlichen Entscheid lässt sich
nicht entnehmen, dass weitere den Beschwerdeführerinnen zurechenbare Umstände
auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens hingewirkt hätten.
Gleichzeitig trifft den Beschwerdegegner, der die beiden Frauen mit falschen
Versprechen in die Schweiz kommen liess und sie vorsätzlich in ihrer sexuellen
Selbstbestimmung verletzte, ein besonders schweres Verschulden. Dieses steht
als Ursache der erlittenen Persönlichkeitsverletzungen im Vordergrund, und
einer etwaigen Vorbelastung durch Erlebnisse im Familienkreis kommt bei der
Kausalität höchstens marginale Bedeutung zu. Indem die Vorinstanz den
Genugtuungsanspruch wegen konstitutioneller Prädisposition herabsetzt, verletzt
sie ihr Ermessen.

2.4.4. Vier Beschwerdeführerinnen, welche mit falschen Versprechen in die
Schweiz gelockt wurden, spricht die Vorinstanz schliesslich eine Genugtuung von
Fr. 5'000.-- (B.________, Aufenthaltsdauer im Massagesalon von 6 Tagen), Fr.
12'000.-- (L.________, Aufenthaltsdauer von rund 3½ Monaten), Fr. 10'000.--
(A.________, Aufenthaltsdauer von 2 - 3 Monaten) und Fr. 10'000.-- (K.________,
Aufenthaltsdauer von 4 Monaten) zu. Die Vorinstanz berücksichtigt nebst der
Aufenthaltsdauer weitere Umstände wie etwa schwere Angstzustände,
Schlaflosigkeit, Notwendigkeit psychologischer und medikamentöser Behandlung
und damit die Auswirkungen der Straftaten der Beschwerdegegner auf die
Persönlichkeiten der Beschwerdeführerinnen. Ob die Höhe der Genugtuungen von
Fr. 5'000.-- an B.________ und Fr. 10'000.-- an A.________ angemessen ist, kann
hier offengelassen werden. Die Vorinstanz wird diese neu festzusetzen haben (E.
3.4.3 hievor). Im Übrigen (betreffend L.________ und K.________) wird in der
Beschwerde nicht rechtsgenügend dargetan, dass und inwiefern die
Genugtuungsleistungen von Fr. 12'000.-- respektive Fr. 10'000.-- ausserhalb des
vorinstanzlichen Ermessensspielraums liegen sollten und die Vorinstanz
Bundesrecht (Art. 49 OR) verletzt. Darauf ist nicht näher einzugehen (Art. 42
Abs. 2 BGG).

3.

3.1. Die Beschwerdeführerinnen sehen Art. 73 StGB verletzt. Sie bringen vor,
die beim Beschwerdegegner eingezogenen Vermögenswerte seien ihnen bereits im
Strafurteil und nicht erst nach Vollstreckung der Ersatzforderung zuzusprechen
(Beschwerde S. 20 f.).

3.2. Nach Art. 73 StGB ("Verwendung zu Gunsten des Geschädigten") spricht das
Gericht dem Geschädigten, der durch ein Verbrechen oder ein Vergehen einen
Schaden erleidet, der nicht durch eine Versicherung gedeckt ist, auf dessen
Verlangen bis zur Höhe des Schadenersatzes bzw. der Genugtuung, die gerichtlich
oder durch Vergleich festgesetzt worden sind, unter anderem die vom
Verurteilten bezahlte Geldstrafe oder Busse (Abs. 1 lit. a), die eingezogenen
Gegenstände und Vermögenswerte oder deren Verwertungserlös unter Abzug der
Verwertungskosten (Abs. 1 lit. b) oder die Ersatzforderungen (Abs. 1 lit. c)
zu, wenn anzunehmen ist, dass der Täter den Schaden nicht ersetzen oder eine
Genugtuung nicht leisten wird. Die Kantone sehen für den Fall, dass die
Zusprechung nicht schon im Strafurteil möglich ist, ein einfaches und rasches
Verfahren vor (Abs. 3).

 Art. 73 StGB gewährt, soweit die darin genannten Voraussetzungen erfüllt sind,
ein Recht auf Zusprechung eingezogener Vermögenswerte ( Florian Baumann, Basler
Kommentar, Strafrecht, Band I, 2. Aufl. 2007, N. 1 zu Art. 73 StGB; so schon
zum alten Recht, das eine Kann-Bestimmung enthielt, BGE 117 IV 107 E. 2c S.
111). Erkennt das Gericht gemäss Art. 71 Abs. 1 StGB auf eine Ersatzforderung,
kann der dem Staat zufliessende Betrag dem Geschädigten erst zugesprochen
werden, wenn der Ersatzpflichtige die geschuldete Leistung erbracht hat
( Niklaus Schmid, in: Kommentar Einziehung, Organisiertes Verbrechen,
Geldwäscherei, 2. Aufl. 2007, N. 53 und 70 zu Art. 73 StGB).

3.3. Die Vorinstanz hat auf eine Ersatzforderung des Staates gegenüber dem
Beschwerdegegner von Fr. 600'000.-- erkannt, den beim Beschwerdegegner
beschlagnahmten Betrag von Fr. 25'735.10 eingezogen und die nachträgliche
Zuweisung im Sinne von Art. 73 Abs. 3 StGB nach Vollstreckung der
Ersatzforderungen verfügt (Dispositiv-Ziffern I.5., VI.1. und VII.7.). Die
Beschwerdeführerinnen verlangen einen akzessorischen Zuweisungsentscheid
betreffend die beim Beschwerdegegner eingezogenen Vermögenswerte und einen
nachträglichen Zuweisungsentscheid nach Eingang der Ersatzforderung. Zum einen
sind ihre Ausführungen wenig substanziiert. Es ist nicht nachvollziehbar,
weshalb das angeführte Konkursverfahren aufgrund der in der Beschwerdeschrift
erwähnten Ansprüche des Konkursamts langwierig sein sollte, was mit Letzteren
gemeint ist und inwiefern die Beschwerdeführerinnen beschwert sind.
Beispielsweise ist unklar, ob die Beschwerdeführerinnen behaupten, ihre
Ansprüche respektive jene des einziehenden Staates würden durch Forderungen
übriger Gläubiger im Zwangsvollstreckungsverfahren konkurrenziert. Darauf muss
nicht näher eingegangen werden (vgl. dazu etwa Urteil 7B.106/2005 vom 30.
September 2005 E. 3.3 und 3.5; Domenico Acocella, in: Basler Kommentar zum
Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. I, 2. Aufl. 2010, N. 3 und
6 zu Art. 44 SchKG). Es kann offenbleiben, ob die Beschwerde den Anforderungen
von Art. 42 Abs. 2 BGG genügt. Das Vorgehen der Vorinstanz ist nicht zu
beanstanden. Mit Blick auf die Schadenersatzansprüche der Beschwerdeführerinnen
im Totalbetrag von rund Fr. 127'000.-- nebst 5 % Zins seit (mehrheitlich) März
2006, die zusätzlich zuzusprechenden Genugtuungssummen und den verhältnismässig
geringen beim Beschwerdegegner beschlagnahmten Betrag sprechen
verfahrensökonomische Gründe dafür, die Verwendung zu Gunsten der Geschädigten
nach erfolgter Zwangsvollstreckung der staatlichen Ersatzforderung vorzunehmen.
Die Vorinstanz führt zutreffend Gründe der Praktikabilität an (Vernehmlassung
S. 1). Ihre Anordnung verletzt kein Bundesrecht.

4.

 Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist in den
Ziffern VII.1., VII.2. und VII.3. aufzuheben und die Sache zur neuen
Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Übrigen ist die Beschwerde
abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

 Die Beschwerdeführerinnen werden im Umfang ihres Unterliegens grundsätzlich
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sie ersuchen um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung. Soweit die Beschwerde gutzuheissen ist, wird
das Gesuch gegenstandslos. Im Übrigen ist das Gesuch gutzuheissen, da die
Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos war und die finanzielle
Bedürftigkeit der Beschwerdeführerinnen erwiesen ist. Die Beschwerdegegner 2
und 3 stellten keine Anträge und beteiligten sich nicht am Verfahren, weshalb
ihnen praxisgemäss keine Kosten aufzuerlegen sind. Die Schweizerische
Eidgenossenschaft (Bundesanwaltschaft) hat ebenfalls keine Verfahrenskosten zu
tragen (Art. 66 Abs. 4 BGG).

 Der Vertreterin der Beschwerdeführerinnen, Rechtsanwältin Regina Marti, ist
eine Entschädigung auszurichten. Diese ist, soweit die Beschwerde gutgeheissen
wird, von der unterliegenden Partei, das heisst der Schweizerischen
Eidgenossenschaft (Bundesanwaltschaft), und, soweit das Gesuch um
unentgeltliche Verbeiständung gutgeheissen wird, aus der Bundesgerichtskasse zu
zahlen (Art. 64 Abs. 2 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Bundesstrafgerichts
vom 1. Dezember 2011 wird in den Ziffern VII.1., VII.2. und VII.3. aufgehoben
und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im
Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung
wird gutgeheissen, soweit es nicht gegenstandslos geworden ist.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Die Bundesanwaltschaft hat die Vertreterin der Beschwerdeführerinnen,
Rechtsanwältin Regina Marti, mit Fr. 2'400.-- zu entschädigen.

5.
Der Vertreterin der Beschwerdeführerinnen, Rechtsanwältin Regina Marti, wird
eine Entschädigung von Fr. 600.-- aus der Bundesgerichtskasse ausgerichtet.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bundesstrafgericht, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Juli 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Faga

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