Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.612/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_612/2012

Urteil vom 9. April 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Boog.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Renzo Guzzi,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Betrügerischer Konkurs usw.; Strafzumessung; Beweiswürdigung, rechtliches
Gehör,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich, I. Strafkammer,
vom 20. August 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ wird vorgeworfen, er habe in den Jahren 2001 bis 2005 in gegen ihn
hängigen Betreibungs- resp. Konkursverfahren gegenüber den zuständigen Behörden
Vermögenswerte verschiedenster Art verheimlicht und zulasten seiner Gläubiger
für eigene Zwecke verbraucht. Ferner habe er ungerechtfertigt Leistungen der
Arbeitslosenversicherung erwirkt und von der A.________ Versicherung durch
Vorspiegelung einer Erwerbsunfähigkeit Versicherungsleistungen ertrogen.
Schliesslich habe er durch die Manipulation eines Betreibungsregisterauszugs
eine Urkundenfälschung begangen.

B.
Das Bezirksgericht Zürich erklärte X.________ am 13. Januar 2010 des
betrügerischen Konkurses und des mehrfachen Pfändungsbetruges, des Betruges,
der Urkundenfälschung, der mehrfachen Verfügung über mit Beschlag belegte
Vermögenswerte sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen Art. 105 Abs. 1 AVIG
schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 17 Monaten und 15
Tagen, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft, als Zusatzstrafe
zu der mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich am 5. Mai
2005 ausgefällten Strafe. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es unter
Auferlegung einer Probezeit von 4 Jahren auf. Ferner entschied es über die
Schadenersatzbegehren und beschloss über die Einziehung der beschlagnahmten
Vermögenswerte und Gegenstände.

Auf Berufung des Beurteilten hin bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich
mit Urteil vom 20. August 2012 das erstinstanzliche Urteil, soweit es nicht in
Rechtskraft erwachsen war, im Schuldpunkt und verurteilte X.________ zu einer
Freiheitsstrafe von 14 Monaten, unter Anrechnung der ausgestandenen
Untersuchungshaft und mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von 3
Jahren.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht, mit der er
beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur
Durchführung eines neuen Beweisverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Eventualiter sei er zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten, unter Anrechnung
der ausgestandenen Untersuchungshaft zu verurteilen.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Beweiswürdigung und eine
Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Er habe in den Jahren 2001
bis 2005 bedingt durch familiäre und gesundheitliche Probleme im Übermass
Alkohol und Medikamente konsumiert und daher in einem psychischen
Ausnahmezustand gelebt, der seine volle Einsichtsfähigkeit ausgeschlossen habe.
Er habe aufgrund dessen später nicht widerspruchsfrei aussagen können. Die
kantonalen Instanzen hätten seine Anträge auf Einholung eines
gerichtsmedizinischen bzw. gerichtspsychiatrischen Gutachtens über seine
Alkoholabhängigkeit und seine Schuldfähigkeit im Tatzeitraum, auf Beizug seiner
Krankengeschichte und auf Einvernahme verschiedener Zeugen in willkürlicher
antizipierter Beweiswürdigung abgewiesen. Die Verweigerung der Begutachtung
verletze zudem Art. 20 StGB (Beschwerde S. 7 ff.).

1.2 Die Vorinstanz nimmt an, im vorliegenden Fall lägen keine objektiven
Anzeichen dafür vor, dass die Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers im
massgeblichen Tatzeitraum ausgeschlossen gewesen wäre. Vielmehr widerlegten die
tatsächlich vorhandenen objektiven Indizien einen solchen Ausschluss eindeutig
und unzweifelhaft. Dass der Beschwerdeführer im Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis
Ende Dezember 2005 in einer Art "Dämmerzustand" gelebt haben solle, während dem
er seine finanzielle Situation nicht oder kaum mehr wahrgenommen habe resp.
nichts dagegen unternehmen habe können, werde durch die Aktenlage und
insbesondere auch durch seine eigenen Aussagen im Untersuchungsverfahren nicht
gestützt. So habe er bereits in seiner ersten Einvernahme vom 1. April 2004,
mithin vor seiner Verhaftung und dem geltend gemachten Alkoholentzug, freimütig
und detailliert Auskunft über die verschiedenen Firmen, seinen Lohn, seine
früheren Anstellungen bzw. Tätigkeiten und auch die verschiedenen Bankkonti
erteilt. Auch in späteren Einvernahmen habe er immer wieder durchaus
nachvollziehbare Erklärungen zu seinen finanziellen Transaktionen liefern
können. Dies ergebe keineswegs das Bild eines schweren Alkoholikers, der
jahrelang nur passiv in seinem Büro gesessen habe, ohne wahrzunehmen, was um
ihn herum geschah. Ausserdem habe er zu Beginn der Untersuchung sein
Alkoholproblem nicht oder allenfalls nur am Rande erwähnt. Erst im Laufe des
Verfahrens habe er vorgebracht, er habe sein Leben nicht mehr unter Kontrolle
gehabt und unter einem schweren Alkoholproblem gelitten. Insgesamt erscheine
der geltend gemachte massive Alkoholkonsum als nachgeschoben und nicht
glaubhaft. Damit erwiesen sich sowohl die Alkoholproblematik als auch die
ehelichen Probleme und grossen finanziellen Schwierigkeiten nicht als derart
abnorm, dass sie ernsthaften Anlass hätten bieten können, an der
Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers zu zweifeln. Die Annahme einer
Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit erfordere eine Geistesverfassung, die in
hohem Masse vom Durchschnitt nicht bloss der normalen Menschen, sondern auch
der Verbrechensgenossen abweiche. Davon könne hier keine Rede sein. Bei der
Darstellung des Beschwerdeführers, er sei im Deliktszeitraum schuldunfähig
gewesen, handle es sich offensichtlich um ein hilfloses Konstrukt und eine
krasse Übertreibung. Es bestehe kein Anlass, eine mehr als nur leicht
verminderte Schuldfähigkeit anzunehmen. Die beantragten Beweisergänzungen
könnten daher unterbleiben (angefochtenes Urteil S. 15 ff.).

1.3 Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV umfasst u.a.
das Recht des Betroffenen, mit erheblichen Beweisanträgen gehört zu werden.
Danach muss das Gericht rechtzeitig und formrichtig angebotene erhebliche
Beweismittel abnehmen. Dies verwehrt es ihm indes nicht, einen Beweisantrag
abzulehnen, wenn es in willkürfreier Würdigung der bereits abgenommenen Beweise
zur Überzeugung gelangt, der rechtlich erhebliche Sachverhalt sei genügend
abgeklärt, und es überdies in willkürfreier antizipierter Würdigung der
zusätzlich beantragten Beweise zur Auffassung gelangen durfte, die abgelehnten
Beweisanträge vermöchten nichts an seiner Überzeugung zu ändern (BGE 136 I 229
E. 5.3; 134 I 140 E. 5.3; 131 I 153 E. 3; 124 I 208 E. 4a; je mit Hinweisen).

1.4 Gemäss Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ist in der Begründung der Beschwerde in
gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Dies
setzt voraus, dass sich der Beschwerdeführer wenigstens kurz mit den Erwägungen
des angefochtenen Entscheids auseinandersetzt (BGE 134 II 244 E. 2.1). Soweit
sich die Beschwerde gegen die tatsächlichen Feststellungen richtet, gilt eine
qualifizierte Rügepflicht. Die Rüge der offensichtlich unrichtigen Feststellung
des Sachverhalts (Art. 97 Abs. 1 BGG) prüft das Bundesgericht nur insoweit, als
sie in der Beschwerde explizit vorgebracht und substantiiert begründet worden
ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der Beschwerde muss im Einzelnen dargelegt
werden, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und
offensichtlichen Mangel leidet. Auf eine bloss appellatorische Kritik am
angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 138 I 171 E. 1.4;
136 II 489 E. 2.8; 133 IV 286 E. 1.4; 133 II 249 E. 1.4.2; 134 II 244 E. 2.1
und 2.2).

1.5 Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, seinen schon im kantonalen
Verfahren dargelegten Standpunkt erneut vorzutragen und geltend zu machen,
seine Zurechnungsfähigkeit sei im Deliktszeitraum aufgehoben oder jedenfalls
erheblich eingeschränkt gewesen. Er habe während der Jahre 2001 bis 2005 in
einem psychischen Ausnahmezustand dahinvegetiert und die "Realitäten des Lebens
wie durch einen Nebel" wahrgenommen. Mit den Erwägungen des angefochtenen
Urteils setzt er sich nicht auseinander. Damit genügt seine Beschwerde den
Begründungsanforderungen nicht. Sie erschöpft sich in einer blossen
appellatorischen Kritik, auf die das Bundesgericht praxisgemäss nicht eintritt.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer wendet sich in seinem Eventualantrag gegen die
Strafzumessung. Er habe in verschiedener Hinsicht tätige Reue im Sinne von Art.
48 lit. d StGB bewiesen. Er habe namentlich seine Tat nie bestritten und
während der ganzen Zeit des Verfahrens den verursachten Schaden ratenweise
vollständig wiedergutgemacht. Die Vorinstanz habe diese Schuldentilgung indes
nur leicht strafmindernd gewürdigt und die Strafe gegenüber der erstinstanzlich
ausgesprochenen Sanktion um lediglich 3 Monate herabgesetzt (Beschwerde S. 12
ff.).

2.2 Die Vorinstanz führt aus, der Beschwerdeführer habe seit dem
erstinstanzlichen Urteil seine Schulden regelmässig abbezahlt und alle
Gläubiger vollumfänglich befriedigt. Es bestünden auch keine offenen
Verlustscheine mehr. Dass der Beschwerdeführer den Schaden vollumfänglich
ersetzt habe, sei zu seinen Gunsten zu berücksichtigen. Entgegen seiner
Auffassung sei dies jedoch nur leicht strafmindernd zu würdigen. Denn der
Beschwerdeführer habe die Schulden nicht aufgrund persönlicher Einschränkungen,
sondern nur mit Hilfe insbesondere seiner beiden Töchter zurückbezahlen können,
die ihm Fr. 100'000.-- bis Fr. 150'000.-- vorschossen (angefochtenes Urteil S.
27).

2.3 Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff.
StGB wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 ff.; 132 IV 102 E. 8.1; je mit
Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden. Es liegt im Ermessen des
Sachgerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren
berücksichtigt. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur in die
Strafzumessung ein, wenn das Sachgericht den gesetzlichen Strafrahmen über-
oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien
ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in
Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV
55 E. 5.6 mit Hinweis).

2.4 Gemäss Art. 48 lit. d StGB mildert das Gericht die Strafe, wenn der Täter
aufrichtige Reue betätigt, namentlich den Schaden, soweit es ihm zumutbar war,
ersetzt hat. Die Bestimmung entspricht aArt. 64 Abs. 4 StGB, so dass die
Rechtsprechung zum früheren Recht ihre Gültigkeit behält. Danach führt nicht
jede Wiedergutmachung des Schadens zur Anwendung des Strafmilderungsgrundes.
Aufrichtige Reue betätigt nur, wer aus eigenem Entschluss etwas tut, das als
Ausdruck seines Willens anzusehen ist, geschehenes Unrecht wieder gutzumachen.
Verlangt wird eine besondere Anstrengung seitens des Fehlbaren, die er
freiwillig und uneigennützig weder nur vorübergehend noch allein unter dem
Druck des drohenden oder hängigen Strafverfahrens zu erbringen hat. Der Täter
muss Einschränkungen auf sich nehmen und alles daran setzen, das geschehene
Unrecht wieder gut zu machen (BGE 107 IV 98; Urteil 6B_94/2012 vom 19. April
2012 E. 2.2 mit Hinweisen).

2.5 Die Vorinstanz verletzt kein Bundesrecht, wenn sie die Rückzahlung des
Schadens zwar als Strafmilderungsgrund anerkennt, diesen aber lediglich leicht
strafmindernd berücksichtigt und die Strafe innerhalb des gegebenen
Strafrahmens herabsetzt (Art. 48a StGB). Denn soweit im Wesentlichen die
Töchter den Betrag für die Schadenswiedergutmachung vorschossen, ist nicht
ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer sich speziell einschränken musste.
Es fehlt mithin an einer besonderen Anstrengung von seiner Seite, welche eine
weitergehende strafmildernde Berücksichtigung der Schadenswiedergutmachung
aufdrängen würde. Mit dieser Auffassung verletzt die Vorinstanz ihr Ermessen
nicht.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 9. April 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Boog