Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.558/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_558/2012

Urteil vom 16. Oktober 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

A.________,
vertreten durch Advokatin Natalie Matiaska,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Ehrverletzung,

Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Strafrecht, vom 12. Juni 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
X.________ berät in Arlesheim vorwiegend sozialhilfebedürfte Personen in
juristischen Belangen, obwohl er über keine entsprechende Ausbildung verfügt.
Anlässlich einer Sitzung der Sozialhilfebehörde sagte A.________ über ihn, er
berate einen seiner Klienten schlecht. Er sei in Arlesheim bekannt, und es
gehöre zu seiner Strategie, Ärger zu verursachen und Abläufe zu blockieren. Die
Aussage wurde im Protokoll festgehalten.

Am 20. Juli 2011 sprach der Strafgerichtsvizepräsident Basel-Landschaft
A.________ vom Vorwurf der üblen Nachrede und der Verleumdung frei. Das
Kantonsgericht Basel-Landschaft wies am 12. Juni 2012 eine dagegen gerichtete
Berufung ab und bestätigte das Urteil der ersten Instanz. Das Gericht wies das
von X.________ gestellte Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ab.

X.________ führt Beschwerde beim Bundesgericht und beantragt, das Urteil vom
12. Juni 2012 sei aufzuheben und die Sache zur Verurteilung von A.________ und
zur Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege an die Vorinstanz zurückzuweisen
(Beschwerde S. 4 Ziff. 1).

2.
Nach ständiger Rechtsprechung beschränkt sich der strafrechtliche Schutz der
Ehrverletzungsdelikte auf den menschlich-sittlichen Bereich. Geschützt wird der
Ruf, ein ehrbarer Mensch zu sein, d.h. sich so zu benehmen, wie nach
allgemeiner Anschauung ein charakterlich anständiger Mensch sich zu verhalten
pflegt (sittliche Ehre bzw. ethische Integrität). Den Tatbestand erfüllen
danach nur Behauptungen sittlich vorwerfbaren, unehrenhaften Verhaltens.
Äusserungen, die geeignet sind, jemanden in anderer Hinsicht, z.B. als
Geschäfts- und Berufsmann, als Politiker oder Künstler, in seiner
gesellschaftlichen Geltung oder sozialen Funktion herabzusetzen
(gesellschaftliche oder soziale Ehre) sind demgegenüber nicht ehrverletzend,
solange die Kritik nicht zugleich die Geltung als ehrbarer Mensch betrifft
(Urteil 6B_666/2011 vom 12. März 2012 E. 1.2 mit Hinweis auf BGE 128 IV 53 E.
1a mit weiteren Hinweisen).

Die Vorinstanz geht von dieser Rechtsprechung aus (vgl. angefochtenen Entscheid
S. 5 E. 2.3). Mit ihren Ausführungen habe die Beschwerdegegnerin die Tätigkeit
des Beschwerdeführers als Berater kritisiert. Namentlich werde er nicht einer
Eigenschaft bezichtigt, die geeignet wäre, ihn als Mensch verächtlich zu machen
oder seinen Charakter sonst in ein ungünstiges Licht zu rücken. Die Kritik
beziehe sich vielmehr einzig auf seine beratende Tätigkeit, wodurch jedoch
seine Geltung als anständiger Mensch in keiner Weise berührt werde. Insofern
spiele es keine Rolle, ob es sich bei der vom Beschwerdeführer durchgeführten
Rechtsberatung um einen Beruf handle oder nicht. Eine strafbare Ehrverletzung
liege nicht vor (vgl. angefochtenen Entscheid S. 5/6 E. 2.4 und 2.5).

Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden. Jemanden schlecht zu beraten,
betrifft offensichtlich nur die berufliche oder soziale Ehre des Beraters. Auch
der Vorwurf, bei den beruflichen oder sozialen Aktivitäten Ärger zu verursachen
und die Abläufe zu blockieren, so dass sie nicht mehr reibungslos
funktionieren, hat mit der sittlichen oder ethischen Seite einer Persönlichkeit
nichts zu tun. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Betreffende sich im Rahmen
einer beruflichen Tätigkeit oder eines ehrenamtlichen Engagements unbequem
verhält.

Was der Beschwerdeführer vorbringt (vgl. Beschwerde S. 5/6), dringt nicht
durch. Dass die Beschwerdegegnerin von "in Arlesheim" und nicht von "in unserer
Behörde" sprach, ist irrelevant, weil sich aus dem Kontext eindeutig ergibt,
dass es ihr um das Verhalten des Beschwerdeführers gegenüber der
Sozialhilfebehörde und nicht um etwas anders, z.B. die von ihm erwähnte
Unterschriftensammlung gegen Mobilfunkantennen, ging. Mit der Formulierung, der
Beschwerdeführer verursache auf der Behörde Ärger und blockiere die Abläufe,
wird ihm nicht jedes "Verantwortungsbewusstsein und Pflichtgefühl bei der
Erfüllung seiner sozialen Aufgaben" abgesprochen. Auch wird nicht behauptet, er
sei ein "Querulant", denn darunter ist jemand zu verstehen, der das meist
falsch beurteilte Recht in übertriebener und rücksichtsloser Art und mit
Rechtsbehelfen durchzusetzen versucht, die in keinem angemessenen Verhältnis
zum erreichbaren Ziel stehen. Und schliesslich spielt es wie schon gesagt keine
Rolle, dass der Beschwerdeführer seine Beratertätigkeit nicht als Beruf ausübt.

3.
Die Vorinstanz verweigerte dem Beschwerdeführer die unentgeltliche Rechtspflege
mit der Begründung, die Berufung sei aussichtslos gewesen (angefochtener
Entscheid S. 3.3). Dies stellt der Beschwerdeführer zu Unrecht in Abrede
(Beschwerde S. 6). Angesichts der klaren bundesgerichtlichen Rechtsprechung
durfte die Vorinstanz von einer aussichtslosen Berufung ausgehen.

4.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen. Bei diesem
Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs.
1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist in
Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos
erschienen. Der finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung
der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Der
Beschwerdegegnerin ist keine Entschädigung auszurichten, weil sie vor
Bundesgericht keine Umtriebe hatte.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Oktober 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: C. Monn