Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.546/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_546/2012

Urteil vom 12. November 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwältin Isabelle Schwander,
Beschwerdeführer,

gegen

Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich, Amtsleitung, Feldstrasse 42, 8090
Zürich,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Strafvollzug (Rechtsverweigerung/Rechtsverzögerung); Willkür etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich, 3.
Abteilung, Einzelrichter, vom 17. Juli 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte X.________ am 20. November 2009
unter anderem wegen versuchter vorsätzlicher Körperverletzung zu 3 1/2 Jahren
Freiheitsstrafe. Das Gericht ordnete eine stationäre Massnahme im Sinne von
Art. 59 Abs. 1 und 3 StGB an. X.________ befindet sich zurzeit in der
Justizvollzugsanstalt Pöschwies.

Ein von X.________ am 7. August 2011 gestelltes Gesuch um bedingte Entlassung
aus der Massnahme wies das Amt für Justizvollzug des Kantons Zürich am 12.
September 2011 ab. Die Direktion des Innern und der Justiz und das
Verwaltungsgericht des Kantons Zürich wiesen dagegen gerichtete Rechtsmittel am
28. November 2011 und am 22. März 2012 ab.

Bereits am 27. Februar 2012 hatte der durch seine heutige Anwältin vertretene
X.________ vorsorglich ein Haftentlassungsgesuch gestellt, worauf ihn das Amt
für Justizvollzug anfragte, ob er damit ein erneutes Gesuch um bedingte
Entlassung aus dem stationären Massnahmevollzug stellen wolle. Am 25. März 2012
hielt X.________ am Gesuch um Haftentlassung fest. In der Folge erläuterte das
Amt für Justizvollzug nochmals die Rechtslage. Am 27. April 2012 schlug
X.________ vor, entweder die Sache zuständigkeitshalber dem Gericht zu
überweisen, das über das weitere Vorgehen entscheide, oder wenigstens das
hängige Verwaltungsgerichtsverfahren abzuwarten und das Haftentlassungsgesuch
zu behandeln bzw. den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts abzuwarten.

Am 29. April 2012 stellte X.________ beim Obergericht ein
Haftentlassungsgesuch. Das Obergericht verwies diese Eingabe am 7. Mai 2012
zuständigkeitshalber dem Amt für Justizvollzug. Es stellte fest, da keine
Sicherheitshaft im Sinne von Art. 440 StPO angeordnet worden sei, habe das
Gericht auch nicht zu entscheiden, ob die verurteilte Person bis zum Antritt
der Strafe oder Massnahme in Haft bleibt. Weil das Obergericht demzufolge keine
Kompetenz habe, über eine Entlassung aus der Massnahme zu entscheiden, sondern
das nach kantonalem Recht zuständige Amt für Justizvollzug, sei das Gesuch
praxisgemäss dorthin zu überweisen. Eine gegen die Verfügung des Obergerichts
gerichtete Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 6B_360/2012 vom 13.
August 2012 ab.
In der Zwischenzeit hatte das Amt für Justizvollzug am 11. Mai 2012 die bereits
dargelegte Rechtslage nochmals erläutert und X.________ eine Frist angesetzt,
um dazu Stellung zu nehmen, ob er an den Ausführungen im Schreiben vom 25. März
2012 festhalte oder ob sein Antrag auf Haftentlassung als Prüfung der bedingten
Entlassung verstanden werden solle.

Am 20. Mai 2012 erhob X.________ "Beschwerde" bei der Direktion der Justiz und
des Innern. Er beantragte, es sei festzustellen, dass das Amt für Justizvollzug
sein Haftentlassungsgesuch unrechtmässig nicht behandelt, unrechtmässig keinen
Entscheid gefällt und damit auch den Entscheid unrechtmässig verzögert habe.
Das Amt für Justizvollzug sei anzuweisen, das Haftentlassungsgesuch innert fünf
Tagen zu behandeln. Eventualiter sei das Haftentlassungsgesuch von der
Rechtsmittelinstanz selber zu entscheiden, und er sei unverzüglich in Freiheit
zu entlassen.

Am 25. Mai 2012 wies die Direktion der Justiz und des Innern den Rekurs
betreffend Rechtsverweigerung und -verzögerung (Haftentlassungsgesuch) ab. Eine
dagegen gerichtete Beschwerde wies das Verwaltungsgericht am 17. Juli 2012 ab.

X.________ wendet sich mit Beschwerde vom 14. September 2012 ans Bundesgericht
und beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 17. Juli 2012 sei
aufzuheben. Es sei festzustellen, dass sich das Verwaltungsgericht und der
Justizvollzug zu Unrecht weigern (Rechtsverweigerung), das
Haftentlassungsgesuch zu behandeln, unrechtmässig keinen Entscheid über die
Aufhebung der Massnahme und zur Entlassung fällen und damit auch den
diesbezüglichen Entscheid unrechtmässig verzögern (Rechtsverzögerung). Es sei
das Verwaltungsgericht anzuweisen, das Haftentlassungsgesuch rasch zu
behandeln. Es sei festzustellen, dass das Verwaltungsgericht und der
Justizvollzug Art. 5 Abs. 4 EMRK durch Nichtbeurteilung innert angemessener
Frist und Art. 13 EMRK verletzt haben.

2.
Der Beschwerdeführer bemängelt, dass bei der Vorinstanz ein Einzelrichter
entschieden hat (Beschwerde S. 7/8). Dies geschah gemäss der Feststellung der
Vorinstanz, weil die Behandlung von Beschwerden betreffend den Straf- und
Massnahmenvollzug in die einzelrichterliche Zuständigkeit falle, sofern wie
hier kein Fall von grundsätzlicher Bedeutung zu beurteilen sei (angefochtener
Entscheid S. 4 E. 1). Das Vorbringen des Beschwerdeführers, in die
einzelrichterliche Kompetenz fielen nur Beschwerden betreffend den
Justizvollzug nach dem kantonalen Straf- und Justizvollzugsgesetz und damit
z.B. Disziplinierungen, geht an der Sache vorbei. Das zürcherische Straf- und
Justizvollzugsgesetz vom 19. Juni 2006 regelt alle im Zusammenhang mit dem
Vollzug strafrechtlicher Sanktionen anfallenden Aufgaben und Entscheide von
Verwaltungsbehörden, die nicht ausdrücklich anderen Instanzen übertragen sind
(§ 1 und 14 Abs. 1 StJVG), und die Anordnungen der Verwaltungsbehörden können
gemäss dem Verwaltungsrechtspflegegesetz angefochten und unter den
entsprechenden Voraussetzungen durch einen Einzelrichter erledigt werden.
Davon, dass dieser nur Beschwerden beurteilen dürfte, "bei welchen es nicht um
Grundrechte geht", kann nicht die Rede sein.

3.
In Bezug auf die Zulässigkeit des "Haftentlassungsgesuches" kann auf die
zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtenen
Entscheid S. 2-7 E. 2-4). Zudem hat sich auch das Bundesgericht bereits zu
dieser Frage geäussert, worauf ebenfalls verwiesen werden kann (vgl. Urteil
6B_360/2012 vom 13. August 2012). Was der Beschwerdeführer vorbringt, dringt
nicht durch. Selbstverständlich ist niemand davon ausgegangen, dass es um eine
Verwahrung nach Art. 64 StGB ginge, und deshalb hat auch niemand die falschen
Bestimmungen angewandt (Beschwerde S. 8/9). Auszugehen ist von einer
stationären Massnahme, bei der, wie schon das Bundesgericht am 13. August 2012
feststellte, nur eine bedingte Entlassung gemäss Art. 62 oder die Aufhebung der
Massnahme gemäss Art. 62c StGB verlangt werden kann. Demgegenüber kommt eine
"Haftentlassung", wie sie der Anwältin offenbar trotz mehrmaliger
Rechtsbelehrung immer noch vorschwebt, nicht in Betracht. Ohne dass das
Bundesgericht sich zu allen Vorbringen ausdrücklich äussern und das im Urteil
vom 13. August 2012 Gesagte wiederholen müsste, ist die Beschwerde im Verfahren
nach Art. 109 BGG abzuweisen.

4.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG
abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen
Lage des Beschwerdeführers ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu
tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich,
3. Abteilung, Einzelrichter, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 12. November 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: C. Monn