Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.543/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_543/2012

Urteil vom 11. April 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Oberholzer,
Gerichtsschreiber Faga.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Mattmann,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
2. A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Michael Weissberg,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Fahrlässige schwere Körperverletzung, fahrlässige Gefährdung durch Verletzung
der Regeln der Baukunde; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 4. Abteilung,
vom 10. Juli 2012.

Sachverhalt:

A.
A.________ war am 19. Juli 2007 für die B.________ AG auf der Baustelle
C.________ mit Sanierungs- respektive Malerarbeiten beschäftigt. Er stürzte von
einem Baugerüst 10 Meter tief in einen Lichtschacht. Dabei erlitt er schwere
Verletzungen, die zu einer Tetraplegie führten. Bauleiter war X.________.

B.
Das Bezirksgericht Hochdorf sprach X.________ am 18. Februar 2011 der
fahrlässigen schweren Körperverletzung sowie der fahrlässigen Gefährdung durch
Verletzung der Regeln der Baukunde schuldig. Es verurteilte ihn zu einer
bedingten Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 300.-- bei einer Probezeit von
zwei Jahren.

Das Obergericht des Kantons Luzern bestätigte am 10. Juli 2012 auf Berufung von
X.________ den Schuldspruch und reduzierte die bedingte Geldstrafe auf 50
Tagessätze zu Fr. 300.-- bei einer Probezeit von zwei Jahren.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Luzern sei aufzuheben, und er sei von Schuld und
Strafe freizusprechen.

Erwägungen:

1.
Nach den vorinstanzlichen Feststellungen war die D.________ AG Projektplanerin
betreffend die Montage und Demontage der für die Baustelle notwendigen Gerüste.
Der Beschwerdeführer war ihr Angestellter und hatte die Bauleitung inne. Er war
der zuständige Planer für die Gerüste. Mit der Montage und Demontage der
Gerüste war die E.________ AG betraut, welche durch ihren Bauführer F.________
einen Unterakkordanten, G.________, beauftragte. A.________s Arbeitgeber, das
Malergeschäft B.________ AG, war mit Sanierungsarbeiten betraut.

Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, die Tatbestände der fahrlässigen
schweren Körperverletzung (Art. 125 Abs. 2 StGB) und der fahrlässigen
Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde (Art. 229 Abs. 2 StGB)
durch pflichtwidriges Unterlassen erfüllt zu haben.

1.1 Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, die Vorinstanz habe die
Verantwortlichkeitsbereiche der Beteiligten zu Unrecht nicht geprüft. Im von
ihm verfassten Plan sei das Gerüst im korrekten Abstand zur Fassade eingetragen
worden. Er habe sich an den verantwortlichen Gerüstbauer F.________ gehalten.
Dieser sei vertraglich nicht verpflichtet gewesen, das Gerüst gemäss den Plänen
zu erstellen. Er respektive die E.________ AG habe eigenverantwortlich eine
abweichende Ausführungsvariante gewählt. Indem er (der Beschwerdeführer) bei
F.________ und G.________ die Behebung der festgestellten Mängel verlangt habe,
habe er seine bauleitenden Aufgaben korrekt erledigt. Er habe davon ausgehen
dürfen, dass F.________ den Unterakkordanten instruieren und überwachen würde.
Am 18. Juli 2007 hätten F.________ und G.________ das Gerüst freigegeben. Zudem
hätten B.________ und seine Mitarbeiter das Gerüst akzeptiert. Deshalb habe er
annehmen dürfen, dass das Gerüst den Regeln der Baukunde entsprochen habe.
Keinem der Beteiligten sei aufgefallen, dass der zulässige Höchstabstand des
Gerüsts zur Fassade überschritten worden sei. Es sei nicht nachvollziehbar,
weshalb ausgerechnet einem Bauleiter der zu grosse Abstand hätte auffallen
müssen (Beschwerde S. 3 ff.).

1.2 Die Vorinstanz erwägt zusammengefasst, das Gerüst habe bei der
Absturzstelle im Unfallzeitpunkt nicht den gesetzlichen Vorschriften
entsprochen, da dessen Abstand zur Fassade respektive zu den Lamellenstoren zu
gross und ein Seitenschutz gefehlt habe. Der Beschwerdeführer sei der Bauleiter
der fraglichen Baustelle gewesen. Ihm hätten die Planung der Gerüste sowie die
Überwachung, Kontrolle und Terminkoordination oblegen. Obwohl er in den Plänen
und Skizzen Konsolen mit einer Breite von 100 cm (100er Konsolen) vorgesehen
habe, sei das Gerüst von G.________ mit schmaleren Konsolen von 70 cm (70er
Konsolen) montiert worden. Dadurch sei ein breiterer Abstand des Gerüsts zur
Fassade entstanden, nämlich 43 cm anstatt des erlaubten Maximalabstands von 30
cm. Die 70er Konsolen, der zu breite Abstand wie auch das fehlende
Innengeländer hätten dem Beschwerdeführer auffallen müssen. Zudem seien ihm
gegenüber bereits am 16. Juli 2007 Mängel des Gerüsts gerügt worden. Er könne
sich nicht dadurch entlasten, dass der Gerüstbauer G.________ das Gerüst am 18.
Juli 2007 freigegeben und A.________ (Beschwerdegegner 2) es am Vortag des
Unfalls für in Ordnung befunden habe, weil es nicht mehr gewackelt habe. Eine
eingehende Kontrolle, ob die gerügten Mängel beseitigt und die weiteren
Arbeiten korrekt ausgeführt worden seien, hätte zur allgemeinen Koordinations-
und Kontrollpflicht des Beschwerdeführers gehört. Indem er diese unterlassen
habe, habe er sich pflichtwidrig unsorgfältig verhalten und die Tatbestände der
fahrlässigen Körperverletzung sowie der fahrlässigen Gefährdung durch
Verletzung der Regeln der Baukunde erfüllt (Entscheid S. 5 ff.).
1.3
1.3.1 Gemäss Art. 229 Abs. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
oder Geldstrafe bestraft, wer vorsätzlich bei der Leitung oder Ausführung eines
Bauwerkes oder eines Abbruches die anerkannten Regeln der Baukunde ausser Acht
lässt und dadurch wissentlich Leib und Leben von Mitmenschen gefährdet. Mit der
Freiheitsstrafe ist eine Geldstrafe zu verbinden. Lässt der Täter die
anerkannten Regeln der Baukunde fahrlässig ausser Acht, so ist die Strafe nach
Abs. 2 Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Der fahrlässigen Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 2 StGB in Verbindung mit
Art. 12 Abs. 3 StGB ist schuldig zu sprechen, wer einen Menschen aus
pflichtwidriger Unvorsichtigkeit am Körper oder an der Gesundheit schwer
schädigt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht
nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen
Verhältnissen verpflichtet ist. Die Straftat kann auch durch pflichtwidriges
Unterlassen begangen werden (vgl. Art. 11 StGB).

Art. 229 StGB ist neben Art. 125 StGB anwendbar, wenn eine Person wegen
Nichteinhaltens der Regeln der Baukunde verletzt wurde, während andere Personen
gefährdet wurden. (Ideal-)Konkurrenz liegt auch vor, wenn das Opfer verletzt
und überdies sein Leben gefährdet wurde (BGE 109 IV 125 E. 2 S. 128 mit
Hinweis; Roelli/Fleischanderl, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 2.
Aufl. 2007, N. 48 zu Art. 229 StGB).
1.3.2 Ein Verhalten ist sorgfaltswidrig und damit fahrlässig, wenn der Täter im
Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten
die damit bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können
und müssen, und wenn er zugleich die Grenzen des erlaubten Risikos
überschritten hat. Wo besondere, der Unfallverhütung und der Sicherheit
dienende Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der
zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften (BGE 135 IV 56
E. 2.1 S. 64 mit Hinweisen). So indiziert etwa die Nichteinhaltung der gestützt
auf Art. 83 UVG erlassenen Vorschriften über technische Massnahmen zur
Verhütung von Berufsunfällen in aller Regel eine Sorgfaltswidrigkeit (BGE 114
IV 173 E. 2a S. 174 f.).

Grundvoraussetzung einer Sorgfaltspflichtverletzung und mithin der
Fahrlässigkeitshaftung bildet die Vorhersehbarkeit des Erfolgs. Die zum Erfolg
führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter mindestens in ihren
wesentlichen Zügen voraussehbar sein. Zunächst ist zu fragen, ob der Täter eine
Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen beziehungsweise
erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab
der Adäquanz. Danach muss das Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen
Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den
eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen (BGE 135 IV 56 E.
2.1 S. 64 f. mit Hinweisen).

Damit der Eintritt des Erfolgs auf das pflichtwidrige Verhalten des Täters
zurückzuführen ist, wird weiter vorausgesetzt, dass der Erfolg auch vermeidbar
war. Dabei wird ein hypothetischer Kausalverlauf untersucht und geprüft, ob der
Erfolg bei pflichtgemässem Verhalten des Täters ausgeblieben wäre. Für die
Zurechnung des Erfolgs genügt, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit
einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit die Ursache des Erfolgs bildete (BGE 135
IV 56 E. 2.1 S. 65 mit Hinweisen).
1.3.3 Die Tathandlung gemäss Art. 229 StGB besteht in der Nichtbeachtung von
anerkannten Regeln der Baukunde bei der Leitung oder Ausführung eines
Bauwerkes. Der Tatbestand kann sowohl durch aktives unsachgemässes Handeln als
auch durch Unterlassen gebotener Schutzmassnahmen erfüllt werden. Art. 229 StGB
statuiert im Ergebnis eine Garantenstellung des Täters, indem er Personen, die
im Rahmen der Leitung oder Ausführung von Bauwerken Gefahren schaffen, anhält,
für ihren Verantwortungsbereich die Sicherheitsregeln einzuhalten (Roelli/
Fleischanderl, a.a.O., N. 7 zu Art. 229 StGB; Franz Riklin, Zum Straftatbestand
des Art. 229 StGB [...], Baurecht 1985, S. 45). Die Bestimmung von Art. 229
StGB beschränkt dabei aufgrund ihrer Konzeption als echtes Sonderdelikt die
Strafbarkeit von vornherein auf Personen, bei denen eine Garantenstellung aus
Ingerenz zu bejahen ist (Urteil 6P.58/2003 vom 3. August 2004 E. 5.2).

Die mit der Leitung oder Ausführung eines Bauwerks betrauten Personen können
nicht für sämtliche Missachtungen von Vorschriften auf einer Baustelle
strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden, sondern es ist in jedem
Einzelfall abzuklären, wie weit der Aufgabenkreis und somit der
Verantwortungsbereich der Beteiligten reichen (Roelli/Fleischanderl, a.a.O., N.
18 zu Art. 229 StGB). Dies bestimmt sich aufgrund gesetzlicher Vorschriften,
vertraglicher Abmachungen, nach den konkreten Umständen und den Usanzen (Felix
Bendel, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit bei der Verletzung der Regeln
der Baukunde [Art. 229 StGB], 1960, S. 42 ff.; Riklin, a.a.O., S. 46). Die
Unterscheidung verschiedener Verantwortlichkeitsbereiche ist eine Folge der
beim Bau unumgänglichen Arbeitsteilung, wobei sich die einzelnen Tätigkeiten
häufig nicht scharf voneinander abgrenzen lassen, so dass bei einer
festgestellten Verletzung von Regeln der Baukunde die strafrechtliche
Verantwortung nach Art. 229 StGB oft mehrere Personen gleichzeitig trifft
(Urteil 6P.58/2003 vom 3. August 2004 E. 6.1 mit Hinweisen). Eine Entlastung
mit dem Hinweis auf die gleichartige Untätigkeit eines andern ist nicht möglich
(vgl. hierzu Günter Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht, Die Straftat, 4.
Aufl. 2011, § 17 N. 4).

Bauleitende Funktion besitzt, wer unmittelbare Befehlsgewalt über die
Ausführenden ausübt, wer jederzeit mit bindenden Weisungen in die gesamte
Bauführung eingreifen darf und diese Befugnis auch tatsächlich ausübt (BENDEL,
a.a.O., S. 39 f.; RIKLIN, a.a.O., S. 45). Grundsätzlich ist der Architekt
Bauleiter und damit möglicher Täter im Sinne von Art. 229 StGB. Wesentlich ist
der durch die konkreten Verhältnisse (Architekturvertrag etc.) vorgegebene
Aufgabenkreis (vgl. RIKLIN, a.a.O., S. 47). Zu den Aufgaben der Bauleitung
zählen die Koordination und die Überwachung der gesamten Bauarbeiten. Der
Bauleiter muss die durch die Umstände gebotenen Sicherheitsvorkehrungen
anordnen und generell für die Einhaltung der anerkannten Regeln der Baukunde
sorgen. Diese Pflicht besteht unabhängig davon, ob die gefährdeten Personen dem
Bauleiter direkt unterstellt sind (BGE 101 IV 28 E. 2b S. 30 f.; Urteil 6P.58/
2003 vom 3. August 2004 E. 6.3). Kann die Bauleitung jederzeit durch
Anordnungen und Weisungen in den Gang der Arbeiten eingreifen, muss sie
sicherstellen, dass die Sicherheitsvorschriften beachtet werden. Ansonsten
gehört die Überprüfung der Arbeit eines beigezogenen Spezialisten nicht zum
Pflichtenkreis des bauleitenden Architekten. Dieser muss jedoch einschreiten,
wenn er eine Verletzung elementarer Sicherheitsvorschriften feststellt. Dies
gilt insbesondere, wenn dadurch eine Gefahr für die körperliche Integrität oder
das Leben Dritter hervorgerufen wird (Urteil 6B_566/2011 vom 13. März 2012 E.
2.3.3; Urteil 6B_437/2008 vom 24. Juli 2009 E. 5.7.2; Urteil 6S.181/2002 vom
30. Januar 2003 E. 3.2.1; je mit Hinweisen).

Diese Grundsätze sind auf den Tatbestand von Art. 125 Abs. 2 StGB übertragbar.
Insbesondere lässt sich die Garantenstellung aus den gleichen Erwägungen wie
beim Tatbestand von Art. 229 StGB begründen (Urteil 6B_517/2009 vom 3. November
2009 E. 3.3.1 mit Hinweis).
1.4
1.4.1 Art. 229 StGB statuiert im Ergebnis eine Garantenstellung aus Ingerenz,
indem er Personen, die im Rahmen der Leitung oder Ausführung von Bauwerken
Gefahren schaffen, anhält, für ihren Verantwortungsbereich die
Sicherheitsregeln einzuhalten (E. 1.3.3 hievor). Ob Art. 104 der SIA-Norm 118
(Ausgabe 1977/1991) eine vertragliche Garantenstellung des Beschwerdeführers
begründet, kann mit der Vorinstanz offenbleiben.
1.4.2 Die Vorinstanz verweist zutreffend auf verschiedene Gesetzesbestimmungen,
wie Art. 83 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung
(UVG; SR 832.20) in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 der Verordnung vom 29. Juni
2005 über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer bei Bauarbeiten (Bauarbeitenverordnung, BauAV; SR 832.311.141),
Art. 15 Abs. 1 und Art. 16 Abs. 1 BauAV sowie Art. 21 Abs. 1 der Verordnung vom
19. Dezember 1983 über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten
(Verordnung über die Unfallverhütung, VUV; SR 832.30). Sie hält fest, dass nach
Art. 46 Abs. 2 BauAV der Abstand des Belages eines Gerüstganges von der Fassade
in keiner Bauphase 30 cm übersteigen darf. Ist dies nicht möglich, sind
zusätzliche Massnahmen zu treffen, um einen Absturz zu verhindern (Entscheid S.
15 f.).

Aus der Bauarbeitenverordnung und der Verordnung über die Unfallverhütung lässt
sich keine Garantenstellung des bauleitenden Architekten gegenüber Personen
ableiten, die nicht Arbeitnehmer sind und nicht in einem
Subordinationsverhältnis zu ihm stehen (Urteil 6P.121/2006 vom 7. Dezember 2006
E. 2.4). Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Bauleitung die genannten
Vorschriften nicht beachten muss (Urteil 6B_566/2011 vom 13. März 2012 E. 2.4.2
mit Hinweis).
1.5
1.5.1 Nach den vorinstanzlichen Feststellungen oblag dem Beschwerdeführer nebst
der Planung der Gerüste die Überwachung und Kontrolle der verschiedenen
Arbeiten sowie die Terminkoordination der an der Sanierung beteiligten
Unternehmen. Damit musste er die gebotenen Sicherheitsvorkehrungen anordnen und
generell für die Einhaltung der anerkannten Regeln der Baukunde sorgen.

Der Konsolengang, auf dem der Beschwerdegegner 2 unmittelbar vor dem Absturz
gestanden hat, befand sich zur Fassade des Gebäudes respektive zu den
Lamellenstoren in einer Entfernung von rund 43 cm. Die Absturzhöhe betrug etwa
10 Meter. Andere bauliche Massnahmen wurden nicht getroffen, um die
Absturzgefahr zu beseitigen. Das Gerüst entsprach deshalb nicht den obgenannten
Vorschriften und war in diesem Sinne mangelhaft.
1.5.2 Es fragt sich, wie weit die konkreten Überwachungspflichten des
Beschwerdeführers reichten. Dieser macht zu Recht geltend, dass der Bauleiter
in der Regel auf die Arbeiten der beigezogenen spezialisierten Unternehmen
vertrauen darf und deshalb deren Arbeiten nicht überprüfen muss (vgl. BGE 117
II 259 E. 3 S. 270; Roelli/Fleischanderl, a.a.O., N. 20 zu Art. 229 StGB;
Bendel, a.a.O., S. 45). Ob die SIA-Norm 222 von den Vertragsparteien im
Werkvertrag übernommen wurde (wovon der Beschwerdeführer ausgeht, die
Vorinstanz jedoch nicht feststellt; vgl. Untersuchungsakten Faszikel 3, act.
40.4), kann hier offenbleiben (vgl. zu Ziffer 7 22 und 7 24 der SIA-Norm 222
[Ausgabe 1990] Urteil 6P.58/2003 vom 3. August 2004 E. 6.3). Der Bauleiter hat
im Rahmen seiner allgemeinen Koordinations- und Kontrollpflicht darauf zu
achten, dass Gerüste den Sicherheitsvorschriften entsprechen.

Im Zusammenhang mit den Überwachungspflichten des Beschwerdeführers sind
insbesondere folgende vorinstanzliche Feststellungen von Bedeutung (Entscheid
S. 20 ff.): G.________ war mit der Montage des Gerüsts in Verzug, was der
Beschwerdeführer wusste. Bei einer Baustellenbesichtigung vom 16. Juli 2007
beanstandete B.________ beim Beschwerdeführer das von G.________ erstellte
Gerüst als "nicht SUVA-gerecht". B.________ verweigerte deshalb die Ausführung
von Malerarbeiten. Der Beschwerdeführer hielt G.________ zur Behebung der
"festgestellten Mängel" an. Am 18. Juli 2007 rief G.________ den
Beschwerdeführer an und gab das Gerüst frei. Gleichentags besichtigte der
Beschwerdeführer zusammen mit dem Beschwerdegegner 2 die Gerüste im fraglichen
Bereich. Letzterer befand sie für in Ordnung. Der Beschwerdeführer hatte in der
Devisierung und in den Skizzen des Gerüstgangs am Absturzort 100er Konsolen
vorgesehen. Verwendet wurden jedoch 70er Konsolen.
1.5.3 Der Mangel am Gerüst war ohne Schwierigkeiten erkennbar. Der
Beschwerdeführer bringt zwar zutreffend vor, dass er nicht zu einer förmlichen
Abnahme des erstellten Gerüsts verpflichtet war. Dies nimmt auch die Vorinstanz
nicht an. Sie geht jedoch zu Recht davon aus, dass der Mangel dem
Beschwerdeführer hätte auffallen müssen, wäre er seiner allgemeinen
Kontrollpflicht nachgekommen. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer
wie bereits im kantonalen Verfahren wiederholt auf die Funktionen von
F.________ von der E.________ AG und G.________ verweist und festhält, beide
hätten das Gerüst freigegeben. Der Abstand eines Gerüsts zur Fassade respektive
die Verwendung eines Seitenschutzes sind wesentliche Punkte des Gerüstbaus. In
diesem Zusammenhang rügt der Beschwerdeführer die vorinstanzliche Feststellung,
wonach F.________ nicht ausgesagt habe, das Gerüst kontrolliert und keine
Mängel festgestellt zu haben, als willkürlich (Beschwerde S. 3). Seine
Ausführungen und der Hinweis auf die polizeiliche Einvernahme vom 19. Juli 2007
vermögen keine Willkür darzutun (zum Begriff der Willkür BGE 138 I 49 E. 7.1 S.
51; 136 III 552 E. 4.2 S. 560; je mit Hinweisen). Dem Beschwerdeführer oblag
nebst der Planung der Gerüste auch die Überwachung und Kontrolle der
entsprechenden Arbeiten. Selbst wenn der Bauleiter regelmässig auf die Arbeiten
der beigezogenen spezialisierten Unternehmen vertrauen darf, durfte der
Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der konkreten Situation gleichwohl
nicht auf eine Kontrolle verzichten. Auf die zutreffenden vorinstanzlichen
Erwägungen kann verwiesen werden (Entscheid S. 21 f.). Es kann dahingestellt
bleiben, welche Mängel am 16. Juli 2007 thematisiert wurden (vgl. Entscheid S.
5). Sie legten auf jeden Fall eine nähere Prüfung durch den Beschwerdeführer
nahe.

Zusätzlich fällt ein weiterer Umstand massgeblich ins Gewicht. Der
Beschwerdeführer hatte ein Gerüst mit 100er Konsolen geplant. Selbst wenn es
G.________ freistand, von den Vorgaben abzuweichen und schmalere Konsolen zu
verwenden, so war die Abweichung von den Plänen für den Beschwerdeführer ohne
Weiteres erkennbar. Auch aus diesem Grund hätte sich eine nähere Prüfung
aufgedrängt. Nach den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen entstand
durch die Verwendung der 70er Konsolen in Abweichung der Pläne und Skizzen ein
breiterer Abstand des Gerüstgangs zur Fassade. Diese Feststellung leuchtet ohne
Weiteres ein und stützt die Vorinstanz unter anderem auf die Aussagen des
Beschwerdeführers vor dem Bezirksgericht Hochdorf (Entscheid S. 20 mit Verweis
auf das Protokoll der Einvernahme vom 6. Juli 2010 S. 2). Soweit der
Beschwerdeführer diesbezüglich eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung rügt
(Beschwerde S. 3 f.), geht sein Vorbringen an der Sache vorbei. Die Vorinstanz
(wie auch der Beschwerdeführer in der persönlichen Befragung) legt dar, wie
sich die Wahl der 70er Konsolen bei gleichbleibendem Abstand des Gerüsts auf
die Distanz der fraglichen Arbeitsfläche zur Fassade ausgewirkt hat. Dass der
mangelhafte Abstand hätte verringert werden können, wenn das ganze Gerüst näher
an das Gebäude zu stehen gekommen wäre, versteht sich von selbst und verkennt
die Vorinstanz nicht. Es lag durchaus im Raum, dass G.________ schmalere
Konsolen verwenden, das Gerüst aber gleichwohl nicht näher als geplant an das
Gebäude platzieren würde. Es wäre am Beschwerdeführer gewesen, durch eine
einfache und zumutbare Kontrolle für die Einhaltung des maximal zulässigen
Abstands besorgt zu sein. Nicht nur die Abweichung von den Plänen (70er
Konsolen anstatt 100er Konsolen), sondern auch der zu grosse Abstand war für
den Beschwerdeführer erkennbar. Massgebend ist die Distanz zur Fassade. Diese
wurde nicht um wenige Zentimeter, sondern um mindestens 40 % überschritten. Die
Vorinstanz gelangt zu Recht zum Schluss, dass der Beschwerdeführer für den
Mangel des Gerüsts mitverantwortlich ist. Der Unfall war vorhersehbar und
vermeidbar.
1.5.4 Der Schuldspruch der fahrlässigen schweren Körperverletzung verletzt kein
Bundesrecht. Ebenso wenig ist die Verurteilung wegen fahrlässiger Gefährdung
durch Verletzung der Regeln der Baukunde bundesrechtswidrig. Auf die
vorinstanzlichen Erwägungen kann verwiesen werden (Entscheid S. 25 ff.).

2.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Die bundesgerichtlichen Kosten sind dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner 2 ist
keine Entschädigung zuzusprechen, da ihm im bundesgerichtlichen Verfahren keine
Umtriebe entstanden sind.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 4.
Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. April 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Faga