Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.526/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_526/2012

Verfügung vom 18. Dezember 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Schneider, Einzelrichter,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Schütz,
Beschwerdeführerin,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
2. Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Christian Schroff,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Anschlussberufung der Beschuldigten (Drohung etc.),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts
des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 16. August 2012.

Der Einzelrichter zieht in Erwägung:

1.
Das Bezirksgericht Hinwil verurteilte X.________ am 22. September 2011 wegen
verschiedener Straftaten zu 12 Monaten Freiheitsstrafe. Y.________ verwies es
mit seinen Zivilforderungen auf den Weg des Zivilprozesses. Gegen dieses Urteil
erhoben X.________, Y.________ und die Staatsanwaltschaft IV des Kantons Zürich
Berufung. X.________ erklärte Anschlussberufung gegen die Berufungen von
Y.________ und der Staatsanwaltschaft.

Am 14. August 2012 zog Y.________ seine Berufung zurück. Das Obergericht des
Kantons Zürich nahm mit Beschluss vom 16. August 2012 vom Rückzug der Berufung
Vormerk. Es erklärte die diesbezügliche Anschlussberufung von X.________ als
hinfällig (Ziff. 1) und stellte fest, dass darauf ohnehin nicht einzutreten
gewesen wäre, weil die Anschlussberufung nur eventualiter und nicht wie
erforderlich bedingungslos eingelegt wurde. Zudem trat das Gericht auf die
eventuelle Anschlussberufung bezogen auf die Berufung der Staatsanwaltschaft
nicht ein (Ziff. 2).

X.________ wandte sich am 10. September 2012 mit Beschwerde ans Bundesgericht
und beantragte, in Aufhebung von Ziff. 2 des Beschlusses vom 16. August 2012
sei das Obergericht anzuweisen, auf ihre Anschlussberufung gegen die Berufung
der Staatsanwaltschaft einzutreten.

2.
In der Zwischenzeit hat auch die Staatsanwaltschaft ihre Berufung am 3. Oktober
2012 zurückgezogen. Das Obergericht des Kantons Zürich nahm mit Beschluss vom
16. Oktober 2012 vom Rückzug der Berufung der Staatsanwaltschaft Vormerk. Es
erklärte die diesbezügliche Anschlussberufung der Beschwerdeführerin als
hinfällig (act. 15).

Gestützt auf diesen Beschluss beantragt die Beschwerdeführerin mit Eingabe vom
31. Oktober 2012, das Verfahren als gegenstandslos abzuschreiben (act. 17). Dem
Antrag ist zu entsprechen.

3.
Wird ein Rechtsstreit gegenstandslos, so entscheidet das Bundesgericht mit
summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor
Eintritt des Erledigungsgrundes (Art. 72 BZP in Verbindung mit Art. 71 BGG).
Die Beschwerdeführerin, die eine Entschädigung verlangt, macht geltend, dass
die Beschwerde hätte gutgeheissen werden müssen. Die angefochtene Ziff. 2 des
Beschlusses vom 16. August 2012 sei unhaltbar gewesen. Sie habe nie
eventualiter Anschlussberufung zur selbständigen Berufung der
Staatsanwaltschaft erhoben. Die Anschlussberufung sei nur insoweit eventuell
erfolgt, als sie vom Fortbestand der selbständigen Berufung abhängig gemacht
worden sei, was ja auch der gesetzlichen Vorgabe entspreche (act. 17 S. 2). Die
Behörden des Kantons Zürich haben darauf verzichtet, sich zu den Kostenfolgen
zu äussern (act. 19 und 20).

Eine summarische Prüfung ergibt, dass die Beschwerde voraussichtlich
erfolgreich gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin stellte in ihrer Eingabe vom
12. März 2012 an die Vorinstanz (KA act. 171) zwei Anträge. Zum einen verlangte
sie in Bezug auf die Berufung von Y.________, darauf nicht einzutreten. Für den
Fall, dass auf die Berufung von Y.________ eingetreten werde, stellte sie den
Eventualantrag, die Berufung abzuweisen, und ebenfalls für diesen Eventualfall
erhob sie Anschlussberufung, mit welcher sie eine Rückweisung an das
Bezirksgericht und eventuell eine mildere Strafe verlangte (Antrag 1). Diese
Anschlussberufung wurde nach dem Rückzug der Berufung durch Y.________
hinfällig. In Bezug auf die Berufung der Staatsanwaltschaft beantragte die
Beschwerdeführerin, diese sei in einem Punkt gutzuheissen und im Übrigen
abzuweisen. Zusätzlich erhob sie hinsichtlich der Berufung der
Staatsanwaltschaft vorbehaltlos Anschlussberufung mit den Anträgen, die Sache
an das Bezirksgericht zurückzuweisen und eventuell eine mildere Strafe
auszufällen (Antrag 2). Aus welchem Grund die Vorinstanz bereits anlässlich des
Rückzugs der Berufung von Y.________ auf die Anschlussberufung, die die
Beschwerdeführerin in Bezug auf die Berufung der Staatsanwaltschaft
vorbehaltlos erhoben hatte, nicht eintrat, ist nicht ersichtlich und ergibt
sich auch aus dem angefochtenen Entscheid nicht. Die Vorinstanz hat diese
Anschlussberufung denn auch nach dem Rückzug der Berufung der
Staatsanwaltschaft am 16. Oktober 2012 als hinfällig erklärt.

Auf eine Kostenauflage für das bundesgerichtliche Verfahren ist zu verzichten.
Der Kanton Zürich hat die Beschwerdeführerin angemessen zu entschädigen (Art.
68 Abs. 2 BGG). Damit wird deren Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
gegenstandslos. Dem Beschwerdegegner 2 ist keine Entschädigung auszurichten,
weil er vor Bundesgericht keine Umtriebe hatte.

Demnach verfügt der Einzelrichter:

1.
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden abgeschrieben.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Zürich hat der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr.
3'000.-- zu bezahlen.

4.
Diese Verfügung wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Dezember 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Einzelrichter: Schneider

Der Gerichtsschreiber: Monn