Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.520/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_520/2012

Urteil vom 5. März 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
A.X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Yann Moor,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Schützengasse 1, 9001 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Versicherungsbetrug; Strafzumessung; Willkür,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom
10. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
A.a Das Kreisgericht St. Gallen sprach A.X.________ am 16. August 2010 der
Brandstiftung, des mehrfachen Betrugs und des versuchten Betrugs schuldig. Es
verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von 3 ½ Jahren sowie, unter
allfälliger solidarischer Haftbarkeit mit B.X.________ und C.________, zur
Bezahlung von Fr. 56'553.65 an die Gebäudeversicherungsanstalt des Kantons St.
Gallen, Fr. 11'122.-- an die Gemeinde Gaiserwald (Feuerwehrkommando) und Fr.
6'000.-- an die D.________ Versicherungen. Die Genugtuungsforderungen der
E.________ und der F.________ AG wies es ab. Die übrigen Zivilforderungen
verwies es auf den Zivilweg.
A.b Das Kantonsgericht St. Gallen reduzierte die Freiheitsstrafe am 10. Mai
2012 auf 36 Monate, davon 21 Monate bedingt, bei einer Probezeit von zwei
Jahren. Im Übrigen bestätigte es das erstinstanzliche Urteil.
Das Kantonsgericht geht von folgenden Sachverhalten aus:
Die Ehegatten A.X.________ und B.X.________ führten ein Geschäft im Einkaufs-
und Freizeitzentrum G.________. Nach einem Brand in ihrem Geschäft vom 25.
Dezember 2005 gaben sie der H.________ Versicherung für die Zeit danach zu
tiefe Umsatzzahlen an. Dadurch bewirkten sie, dass ihnen zu hohe
Versicherungsleistungen von mindestens Fr. 11'620.-- ausbezahlt wurden.
Am 3. März 2007 legten A.X.________ und B.X.________ nach einem zuvor gefassten
Plan zusammen mit I.________ und C.________ in ihren Geschäftslokalitäten einen
Brand. Hierfür stellten sie im Ladengeschäft Benzin und Stoffballen bereit,
welche I.________ gegen 22.30 Uhr in ihrem Auftrag anzündete. Der durch den
Brand und die Benzinexplosion verursachte Schaden hielt sich in Grenzen.
Hingegen entstanden aufgrund des Einsatzes der Sprinkleranlage in der
Einkaufsstrasse um das Ladengeschäft eine Überschwemmung und ein erheblicher
Wasserschaden. Das Zentrum G.________ wurde im Tatzeitpunkt immer noch von
Besuchern frequentiert. Den Schaden aus dem Brandfall meldeten A.X.________ und
B.X.________ der J.________ Versicherung, welche die Schadensübernahme
ablehnte.
A.X.________ täuschte Dr. K.________ vor, infolge des Brandanschlags an einer
akuten Belastungsreaktion zu leiden. B.X.________ als Geschäftsinhaberin
leitete die Krankheitsmeldung der L.________ Krankenversicherung weiter und
bestätigte die Krankheit ihres Ehemannes auch gegenüber dem RAV. Die L.________
Krankenversicherung zahlte gestützt auf die von Dr. K.________ bescheinigte 100
% Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vom 19. März bis am 30. April 2007
Krankentaggelder über Fr. 6'040.60, obschon A.X.________ in dieser Zeit nicht
krank war.

B.
A.X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil vom
10. Mai 2012 aufzuheben, ihn von den Vorwürfen des mehrfachen Betrugs sowie des
versuchten Betrugs freizusprechen und zu einer bedingten Freiheitsstrafe von
höchstens 12 Monaten zu verurteilen. Eventualiter sei eine bedingte
Freiheitsstrafe von höchstens 20 Monaten zu verhängen. Subeventualiter sei eine
teilbedingte Strafe auszusprechen und der unbedingte Teil auf höchstens 6
Monate festzusetzen.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer rügt, der Vertreter der H.________ Versicherung sei nie
einvernommen worden.
Am 1. Januar 2011 trat die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0)
in Kraft. Das erstinstanzliche Urteil erging am 16. August 2010. Das kantonale
Verfahren richtet sich nach dem bis am 31. Dezember 2010 geltenden
Strafprozessgesetz des Kantons St. Gallen vom 1. Juli 1999 (Art. 453 Abs. 1
StPO; BGE 137 IV 219 E. 1.1 mit Hinweisen).
Nach der Rechtsprechung kann der Beschuldigte den Behörden grundsätzlich nicht
vorwerfen, gewissen Beweisen nicht nachgegangen zu sein, wenn er es unterlässt,
rechtzeitig und formgerecht entsprechende Beweisanträge zu stellen (vgl. BGE
131 I 476 E. 2.1; 125 I 127 E. 6c/bb mit Hinweisen). Der Untersuchungsgrundsatz
verpflichtet das Gericht nicht, von Amtes wegen Beweiserhebungen vorzunehmen,
wenn es sich aufgrund der bereits erhobenen Beweise seine Überzeugung gebildet
hat und in vorweggenommener Beweiswürdigung annehmen darf, dass die
zusätzlichen Beweise nichts an seiner Überzeugung zu ändern vermöchten (vgl.
BGE 136 I 229 E. 5.3; 134 I 140 E. 5.3; 131 I 153 E. 3).
Auf den Einwand des Beschwerdeführers ist nicht einzutreten, da er nicht
darlegt, er habe die Einvernahme des Vertreters der H.________ Versicherung im
kantonalen Verfahren beantragt.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe den Schaden der
H.________ Versicherung falsch berechnet. Er sei zwischen dem 19. März und dem
30. April 2007 effektiv krank gewesen. Eine bloss vorgespiegelte Krankheit sei
nicht rechtsgenügend erstellt.

2.2 Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur
gerügt werden, wenn sie willkürlich (Art. 9 BV) ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG; BGE 134 IV 36 E. 1.4.1). Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn
der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der
tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung
oder Würdigung ebenfalls vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt für
die Annahme von Willkür nicht (BGE 138 I 305 E. 4.3; 137 I 1 E. 2.4). Die Rüge
der Willkür muss präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2
BGG). Der Beschwerdeführer muss im Einzelnen darlegen, inwiefern der
angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel
leidet. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das
Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit
Hinweisen).

2.3 Auf die Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung ist nicht
einzutreten, da der Beschwerdeführer keine Willkürrügen erhebt und nicht
darlegt, die Vorinstanz habe offensichtlich falsche Feststellungen getroffen.
Hinzu kommt, dass er sich mit der sachlich begründeten und ohne Weiteres
nachvollziehbaren Beweiswürdigung der Vorinstanz nicht bzw. nur sehr am Rande
auseinandersetzt.

3.
3.1 Bezüglich des versuchten Versicherungsbetrugs zum Nachteil der J.________
Versicherung wendet der Beschwerdeführer ein, es liege ein strafloser
untauglicher Versuch im Sinne von Art. 22 Abs. 2 StGB vor. Er habe den
Brandfall aus dem Jahre 2005 nicht angegeben und damit eine Gefahrentatsache
nicht (richtig) angezeigt, weshalb sein Geschäft gegen die Folgen eines Brandes
nicht versichert gewesen sei.

3.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Anders als der
Beschwerdeführer geht die Vorinstanz davon aus, dessen Geschäft sei bei der
J.________ Versicherung gegen die Folgen eines Brandes versichert gewesen.
Unerheblich sei, dass jene bereits "vorgewarnt" war und sie die
Versicherungsleistungen u.a. auch deshalb abgelehnt haben soll, weil der
Beschwerdeführer den Versicherungsantrag falsch ausfüllte (Urteil S. 24).

3.3 Soweit der Beschwerdeführer seiner rechtlichen Würdigung von den
verbindlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz abweichende
Tatsachenbehauptungen zugrunde legt, ist er mit seiner Rüge nicht zu hören. Im
Übrigen übersieht er, dass ein strafloser untauglicher Versuch im Sinne von
Art. 22 Abs. 2 StGB nur gegeben ist, wenn der Täter aus grobem Unverstand
verkennt, dass die Tat nach der Art des Gegenstandes oder des Mittels überhaupt
nicht zur Vollendung gelangen kann. Davon kann vorliegend klarerweise nicht
gesprochen werden.

4.
Der Beschwerdeführer ficht die Strafzumessung an.

4.1 Nicht einzutreten ist auf die Rüge, soweit der Beschwerdeführer die
Reduktion des Strafmasses mit den beantragten Freisprüchen von den Vorwürfen
des Betrugs bzw. versuchten Betrugs begründet (Beschwerde S. 12), da er damit
nicht durchdringt (oben E. 2 und 3). Gleiches gilt, soweit er sich auch in
diesem Zusammenhang gegen die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung wendet,
ohne jedoch Willkür darzutun (Beschwerde S. 10 ff.). Entgegen der Behauptung
des Beschwerdeführers (Beschwerde S. 11) begründet die Vorinstanz die
Gemeingefahr nicht einzig mit dem durch die Sprinkleranlage entstandenen
Sachschaden.

4.2 Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff.
StGB wiederholt dargelegt (BGE 136 IV 55 E. 5.4 und 5.5 mit Hinweisen). Das
Sachgericht verfügt auf dem Gebiet der Strafzumessung über einen
Ermessensspielraum. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde in Strafsachen hin
nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder
unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien
ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. durch
Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV
55 E. 5.6; 135 IV 130 E. 5.3.1; 134 IV 17 E. 2.1).

4.3 Die Vorinstanz setzt sich in ihren Erwägungen zur Strafzumessung mit den
wesentlichen schuldrelevanten Komponenten auseinander und würdigt diese
zutreffend. Dass sie sich von rechtlich nicht massgeblichen Gesichtspunkten
hätte leiten lassen oder wesentliche Aspekte nicht berücksichtigt hätte, ist
nicht ersichtlich. Nicht zu beanstanden ist namentlich, wenn die Vorinstanz für
die Strafzumessung auf den effektiv entstandenen Schaden abstellt, ohne diesen
in Relation zum Wert bzw. "zur Grösse des Zentrums G.________" zu setzen (vgl.
Beschwerde S. 12). Der relativ langen Verfahrensdauer trägt die Vorinstanz zu
Recht nur in dem Umfang strafmindernd Rechnung, als die Ursache dafür in einer
von den Behörden zu vertretenden Verzögerung liegt (vgl. BGE 130 IV 54 E.
3.3.3; 124 I 139 E. 2c; je mit Hinweisen; dazu Urteil S. 26 sowie Beschwerde S.
13). Die Freiheitsstrafe von 36 Monaten hält sich im Rahmen des
sachrichterlichen Ermessens.

4.4 Bei Freiheitsstrafen bis höchstens drei Jahren ist der teilbedingte Vollzug
möglich (Art. 43 Abs. 1 StGB). Der unbedingt vollziehbare Teil darf die Hälfte
der Strafe nicht übersteigen (Art. 43 Abs. 2 StGB). Zudem muss sowohl der
aufgeschobene wie auch der zu vollziehende Teil der Freiheitsstrafe mindestens
sechs Monate betragen (Art. 43 Abs. 3 Satz 1 StGB). Innerhalb des gesetzlichen
Rahmens liegt die Festsetzung im pflichtgemässen Ermessen des Gerichts. Das
Verhältnis der Strafteile ist so festzusetzen, dass darin die
Wahrscheinlichkeit der Legalbewährung des Täters einerseits und dessen
Einzeltatschuld andererseits hinreichend zum Ausdruck kommen. Je günstiger die
Prognose und je kleiner die Vorwerfbarkeit der Tat sind, desto grösser muss der
auf Bewährung ausgesetzte Strafteil sein. Der unbedingt vollziehbare Strafteil
darf das unter Verschuldensgesichtspunkten (Art. 47 StGB) gebotene Mass nicht
unterschreiten (BGE 134 IV 97 E. 6.3.4.3; 134 IV 1 E. 5.6).
Die Vorinstanz überschreitet das ihr zustehende Ermessen nicht, wenn sie nicht
das Minimum von sechs Monaten, sondern 15 Monate für vollziehbar erklärt (vgl.
Beschwerde S. 14). Dabei darf berücksichtigt werden, dass sich die
schuldangemessene Strafe am obersten Rahmen von drei Jahren Freiheitsentzug
hält, für welche ein teilbedingter Vollzug überhaupt noch infrage kommt.

5.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Die
Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 4'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer,
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. März 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld