Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.516/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_516/2012

Urteil vom 22. November 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Dr. Stefan Suter,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt, Binningerstrasse 21, Postfach, 4001
Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz;
Unschuldsvermutung,
Anspruch auf eine faire Beweiswürdigung,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt,
Ausschuss, vom 20. April 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Ein Drogenkurier führte am 12. Februar 2006 drei Kilogramm Kokain von der
Dominikanischen Republik in die Schweiz ein. X.________ wird vorgeworfen,
diesen Kurier im Auftrag eines Dritten rekrutiert und bei der Organisation des
Transports eine zentrale Rolle gespielt zu haben. So habe er zum Beispiel
gegenüber dem Kurier, als dieser von Skrupeln geplagt wurde, Druck aufgesetzt.
Zusätzlich habe er eine geringe Menge Kokain selber verkauft.

Das Strafdreiergericht Basel-Stadt verurteilte X.________ am 20. August 2010
wegen qualifizierter und einfacher Widerhandlung gegen das
Betäubungsmittelgesetz zu drei Jahren Freiheitsstrafe, als Zusatzstrafe zu
einem Urteil des Strafgerichts vom 5. März 2010. Das Appellationsgericht des
Kantons Basel-Stadt bestätigte den Entscheid am 20. April 2012.

X.________ wendet sich ans Bundesgericht und beantragt, das Urteil vom 20.
April 2012 sei aufzuheben und er freizusprechen.

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, der angefochtene Entscheid verletze die
Unschuldsvermutung und seinen Anspruch auf eine faire Beweiswürdigung. Er sei
zwar in der Nähe von Personen gewesen, die zwecks Drogentransports in die
Dominikanische Republik und zurück geflogen seien. Wie er aber immer beteuert
habe, sei er nur als Dolmetscher für den erwähnten Dritten tätig gewesen
(Beschwerde S. 2 E. 3).

Die Beweiswürdigung kann vor Bundesgericht gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im
Sinne von Art. 9 BV ist. Auch die Frage, ob die Unschuldsvermutung in ihrer
Funktion als Beweiswürdigungsregel verletzt wurde, prüft das Bundesgericht nur
unter dem Gesichtswinkel der Willkür. Solche liegt vor, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz
krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft. Dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint, genügt
nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4). Die angebliche Willkür ist in der Beschwerde
präzise zu rügen, und die Rüge ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG).
Appellatorische Kritik, wie sie vor einer Instanz mit voller Kognition
vorgebracht werden kann, genügt nicht.

Die Vorinstanz hat die Beweiswürdigung ausführlich begründet, worauf verwiesen
werden kann (vgl. angefochtenen Entscheid S. 3-5 E. 2.2, S. 8 E. 4). Soweit die
Beschwerde appellatorische Kritik enthält (z.B. S. 3 Ziff. 5 mit pauschalem
Hinweis auf die Akten), ist darauf nicht einzutreten.

Der Beschwerdeführer macht geltend, er habe nie Drogen verkauft. Das werde im
angefochtenen Entscheid denn auch nicht behauptet (Beschwerde S. 2 Ziff. 2).
Dies trifft nicht zu. Die Vorinstanz erachtet es als erwiesen, dass der
Beschwerdeführer Kokain in geringer Menge verkauft hat (angefochtener Entscheid
S. 8 E. 4). Was daran willkürlich sein könnte, ist der Beschwerde nicht zu
entnehmen.

Der Beschwerdeführer behauptet, er sei nur Dolmetscher für den Dritten gewesen.
Insoweit führt die Vorinstanz aus, da der Dritte Deutsch spreche, sei nicht
vorstellbar, aus welchem Grund er einen Dolmetscher hätte beiziehen sollen. Für
die guten Deutschkenntnisse des Dritten bezieht sie sich unter anderem auf eine
Einvernahme des Kuriers vom 23. Februar 2006 (angefochtener Entscheid S. 4 E.
2.2.2). Der Beschwerdeführer weist darauf hin, dass der Kurier "das Recht zur
Falschaussage" gehabt habe (Beschwerde S. 2 Ziff. 4). Von Willkür kann indessen
schon deshalb keine Rede sein, weil sich die Vorinstanz nicht nur auf den
Kurier, sondern überdies auf den Beschwerdeführer selber stützen konnte, der
eingestanden hat, dass der Dritte Deutsch spricht (angefochtener Entscheid S. 4
E. 2.2.2). Unter diesen Umständen musste der Dritte zur Frage seiner
Deutschkenntnisse nicht befragt werden.

Hinsichtlich der Rolle des Beschwerdeführers bei der Einfuhr des Kokains stützt
sich die Vorinstanz wesentlich auf die Aussagen der übrigen Beteiligten (vgl.
angefochtenen Entscheid S. 4-6 E. 2.2.3-2.2.5). Der Beschwerdeführer behauptet,
die Ereignisse hätten sich "gerade umgekehrt" abgespielt und die Vorinstanz sei
der Verteidigungsstrategie des Kuriers aufgesessen (vgl. Beschwerde S. 3 Ziff.
6-8). Aus seiner Kritik ergibt sich nicht, dass und inwieweit die Vorinstanz in
Willkür verfallen wäre.

Schliesslich macht der Beschwerdeführer geltend, bezeichnend sei, dass er nach
den Feststellungen der Vorinstanz aus der angeblich so wichtigen Tätigkeit
keinerlei Honorar bezogen habe (Beschwerde S. 4 Ziff. 9). Eine solche
Feststellung trifft die Vorinstanz nicht. Demgegenüber bezeichnet sie die
Ausführungen des Strafgerichts in allen Teilen als zutreffend (angefochtener
Entscheid S. 10 E. 6). Das Strafgericht hat festgestellt, dass der
Beschwerdeführer als reiner Moneydealer lediglich aus finanziellen Interessen
gehandelt habe (Urteil Strafgericht S. 33). Inwieweit diese Feststellung
willkürlich wäre, ergibt sich aus der Beschwerde nicht.

3.
In Bezug auf die Strafzumessung hätte die Vorinstanz nach Auffassung des
Beschwerdeführers den Umstand, dass er alleinerziehender Vater ist, stärker
gewichten müssen (Beschwerde S. 4 Ziff. 10). Dass er einen vierjährigen Sohn
betreut und deshalb besonders strafempfindlich ist, wurde von den kantonalen
Richtern nicht übersehen (angefochtener Entscheid S. 10). Die ausgesprochene
Strafe erscheint angesichts der übrigen Strafzumessungsfaktoren nicht als
unhaltbar hart.

4.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil
die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des
Beschwerdeführers (vgl. Beschwerde S. 4 Ziff. 13) ist bei der Bemessung der
Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt, Ausschuss, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. November 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Monn