Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.45/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_45/2012

Urteil vom 7. Mai 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Christoph Dumartheray,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Emma Herwegh-Platz 2a, 4410
Liestal,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Amtliche Verteidigung, Entschädigung
(Rückversetzung in eine stationäre Massnahme),

Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Strafrecht, vom 6. Dezember 2011.

Sachverhalt:

A.
Das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft sah am 30. August 2011 von der
Rückversetzung X.________s in die mit Urteil vom 1. Juli 2004 angeordnete
stationäre Massnahme ab. Das Honorar des amtlichen Verteidigers von Fr.
5'403.80 und die Verfahrenskosten, bestehend aus einer pauschalen
Gerichtsgebühr von Fr. 5'000.--, nahm es auf die Staatskasse.

B.
Gegen die Festsetzung der Entschädigung für die amtliche Verteidigung legte
X.________ beim Kantonsgericht Basel-Landschaft Beschwerde ein. Er beantragte,
es sei ihm anstelle des zugesprochenen Honorars von Fr. 5'403.80 eine
Parteientschädigung von Fr. 7'361.80 auszurichten. Das Kantonsgericht
Basel-Landschaft trat am 6. Dezember 2011 auf die Beschwerde X.________s wegen
fehlender Beschwerdelegitimation nicht ein. Sein Gesuch um unentgeltliche
Verbeiständung wies es ab.

C.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, die Beschlüsse des
Kantonsgerichts vom 6. Dezember 2011 und des Strafgerichts vom 30. August 2011
seien aufzuheben. Anstelle des Honorars des amtlichen Verteidigers in der Höhe
von Fr. 5'403.80 sei ihm eine Parteientschädigung von Fr. 7'361.80
zuzusprechen. Eventualiter sei der Beschluss des Kantonsgerichts aufzuheben und
die Sache zur neuen Entscheidung, insbesondere zur Festsetzung der
Parteientschädigung, an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Die Vorinstanz ist auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wegen fehlender
Beschwerdelegitimation nicht eingetreten. Dieser ist nach Art. 81 BGG im
Verfahren vor Bundesgericht zur Rüge berechtigt, dass bei Obsiegen die
Entschädigung nicht dem amtlichen Verteidiger, sondern ihm selbst zusteht und
die Vorinstanz auf seine Beschwerde, mit welcher er eine Erhöhung des Honorars
verlangte, zu Unrecht mangels Legitimation nicht eingetreten ist.

1.1 Die Vorinstanz wendet die am 1. Januar 2011 in Kraft getretene
Schweizerische Strafprozessordnung an (da der strafgerichtliche Entscheid vom
30. August 2011 datiert; siehe Art. 454 Abs. 1 StPO; BGE 137 IV 219 E. 1.1. S.
221 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer ficht dies zu Recht nicht an.

1.2 Die Grundsätze zur Entschädigung der amtlichen Verteidigung sind in Art.
135 StPO geregelt. Rechtsgrundlage für die Entschädigung bildet das
öffentlich-rechtliche Verhältnis zwischen dem Kanton und dem von ihm ernannten
amtlichen Verteidiger. Dieser wird für seine Bemühungen unabhängig vom
Verfahrensausgang entschädigt (WALTER HAEFELIN, Die amtliche Verteidigung im
schweizerischen Strafprozessrecht, Zürich/St. Gallen 2010, S. 291). Für die
Entschädigung, welche sich nach dem Anwaltstarif des Bundes oder des
verfahrenführenden Kantons berechnet (Art. 135 Abs. 1), haftet alleine der
Staat. Unter Vorbehalt von Art. 135 Abs. 4 StPO kann der Verteidiger von seinem
Mandanten keine weitere Vergütung verlangen (vgl. BGE 131 I 217; NIKLAUS
SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, Zürich/St. Gallen
2009, § 56 Rz. 751). Die Festsetzung der Höhe der Entschädigung betrifft
grundsätzlich nur die eigenen Interessen des amtlichen Verteidigers. Er ist
demnach zur Beschwerdeerhebung befugt (Art. 135 Abs. 3 StPO; SCHMID, a.a.O., §
56 Rz. 752 Fn 240; DERSELBE, Schweizerische Strafprozessordnung,
Praxiskommentar, Zürich/St. Gallen 2009, Art. 135 Abs. 3 Rz. 6; VIKTOR LIEBER,
Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Zürich 2010, Art. 135 Rz.
15; HAEFELIN, a.a.O., S. 297 Fn 43; siehe in diesem Zusammenhang Urteile 6B_856
/2009 vom 9. November 2009 E. 1 sowie 6B_226/2009 vom 16. Juli 2009 E. 1 mit
zahlreichen weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung). Die amtlich verteidigte
Partei ist hingegen durch eine behaupteterweise zu tief festgesetzte
Entschädigung nicht in ihren eigenen Rechten betroffen, weshalb es ihr an einem
rechtlich geschützten Interesse an der Erhöhung der Entschädigung fehlt. Sie
ist nicht zur Rüge legitimiert, das dem amtlichen Verteidiger zugesprochene
Honorar sei zu niedrig bemessen Die Grundsätze in der StPO entsprechen der
konstanten Rechtsprechung des Bundesgerichts (vgl. Urteil 1P.302/2006 E. 2.3,
6B_6/2007 vom 30. Mai 2007 E. 3, Urteil 6B_17/2008 vom 7. März 2008 E. 2.2;
Urteil 700/2009 vom 26. November 2009 E. 1; Urteil 1B_94/2010 vom 22. Juli 2010
E. 6).

1.3 Die Vorinstanz legt ihrem Entscheid diese Grundsätze zugrunde. Sie erwägt,
dass der Beschwerdeführer kein eigenes Interesse an der Erhöhung der
Entschädigung für seinen amtlichen Verteidiger geltend machen kann. Zur
Beschwerdeerhebung sei gemäss Art. 135 Abs. 3 StPO allein Letzterer befugt.
Weil die Verfahrenkosten im Strafurteil vom 30. August 2011 dem Staat auferlegt
wurden, könnte der Beschwerdeführer selbst bei einer Verbesserung seiner
finanziellen Verhältnisse nicht dazu verpflichtet werden, dem Verteidiger eine
allfällige Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen
Honorar zu erstatten. Eine solche Verpflichtung bestehe gemäss Art. 135 Abs. 4
lit. b StPO nur, wenn die beschuldigte Person zu den Verfahrenskosten
verurteilt werde. Die Vorinstanz kommt daher zum Schluss, dass sich (auch) aus
Art. 135 Abs. 4 lit. b StPO kein aktuelles, unmittelbares rechtlich geschütztes
Interesse des Beschwerdeführers an der Anfechtung des dem amtlichen Verteidiger
zugesprochenen Honorars herleiten lasse. Der Beschwerdeführer sei durch die
Festsetzung des Honorars nach dem für die amtliche Verteidigung üblichen Tarif
nicht beschwert, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten sei (Beschluss,
S. 5). Auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz kann vollumfänglich
verwiesen werden.

1.4 Die Vorbringen des Beschwerdeführers sind unbehelflich. Dieser hält den
vorinstanzlichen Nichteintretensbeschluss für falsch und sich persönlich für
beschwerdelegitimiert, weil ihm infolge Obsiegens im Rückversetzungsverfahren
eine Parteientschädigung geschuldet sei, welche an die Stelle des amtlichen
Honorars trete. Es könne daher offen bleiben, ob der unterzeichnende Anwalt in
seiner Funktion als amtlicher Verteidiger allenfalls zusätzlich gestützt auf
Art. 135 Abs. 3 StPO Beschwerde hätte erheben können (Beschwerde, S. 6). Mit
dieser Rechtsauffassung verkennt der Beschwerdeführer, dass die amtliche
Verteidigung bei Obsiegen nicht gegenstandslos wird. Das öffentlich-rechtliche
Verhältnis zwischen dem Staat und dem von ihm ernannten amtlichen Verteidiger
wandelt sich nicht in ein privates Rechtsverhältnis zwischen dem amtlichen
Verteidiger und dessen Mandanten, sobald dieser mit dem Rechtsmittel
durchdringt (Urteil 6B_183/2007 vom 5. September 2007 E. 3.2). Die Honorierung
des amtlichen Verteidigers ist - unabhängig vom Verfahrensausgang - Sache des
Staates und die Bemessung der Entschädigung eine Angelegenheit zwischen diesem
und dem von ihm ernannten Anwalt. Auch bei Obsiegen ist das Honorar dem
amtlichen Verteidiger geschuldet, welcher die Honorarfestsetzung persönlich und
in eigenem Namen anfechten kann. Der Ausgang des Verfahrens wirkt sich nicht
auf die Rechtsnatur der Verteidigung aus. Dass die Gleichstellung des amtlichen
Honorars mit demjenigen für die private Verteidigung tendenziell anzustreben
ist (HAEFELIN, a.a.o., S. 296 mit weiteren Hinweisen; PHILIPPE WEISSENBERGER,
Zum Anspruch des amtlichen Rechtsbeistandes auf Parteientschädigung im
Beschwerdeverfahren gegen Honorarentscheide am Beispiel des baselstädtischen
Rechts, BJM 5/2000, S. 221 ff., 225; vgl. auch 6B_63/2010 vom 6. Mai 2010 E.
2.4), ändert nichts daran, dass der Entschädigungsanspruch alleine dem
amtlichen Verteidiger zusteht.

Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt
(Beschwerde, S. 6 f. Ziff. 3), tut er das ohne Grund. Die Vorinstanz begründet
einlässlich, weshalb ihm keine Parteientschädigung zusteht und er zur
Beschwerde nicht legitimiert ist. Nicht ersichtlich ist, weshalb sie eine
solche Verletzung im angefochtenen Beschluss hätte feststellen müssen. Denn die
erste Instanz hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausrichtung einer
Parteientschädigung implizit behandelt und abgewiesen, indem sie die
Entschädigung dem amtlichen Verteidiger zusprach.

1.5 Ebenfalls unbegründet ist der Einwand des Beschwerdeführers, die Vorinstanz
habe ihm zu Unrecht die unentgeltliche Verbeiständung verweigert (Beschwerde,
S. 8 E. 5). Die Vorinstanz erwägt zutreffend, weshalb eine solche gemäss Art.
136 StPO nicht zur Diskussion steht (Entscheid, S. 6 f. E. 4.2). Sie prüft
sodann, ob dem Beschwerdeführer die amtliche Verteidigung im Sinne von Art. 132
Abs. 1 lit. b StPO bewilligt werden könnte, was sie in der Folge verneint
(Entscheid, S. 7 E. 4.3). Auf ihre Ausführungen kann verwiesen werden. Es sind
auf Seiten des Beschwerdeführers in der Tat keine Interessen erkennbar, die
gewahrt werden müssten, da er kein eigenes, unmittelbares Interesse an der
Beschwerde betreffend Festsetzung des amtlichen Honorars geltend machen kann.
Zur Anfechtung des Entschädigungsentscheids ist allein der amtliche Verteidiger
legitimiert. Aus dem Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
vom 16. Dezember 2011, worauf er sich beruft (Beschwerde S. 8,
Beschwerdebeilage 10), kann er nichts für die vorliegende Sache ableiten, weil
es dort um materielle Aspekte der Honorarbemessung geht und die hier einzig
interessierende Frage der Beschwerdelegitimation bei amtlicher Verteidigung
nicht thematisiert wird.

2.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist
wegen Aussichtslosigkeit der Rechtsbegehren abzuweisen (Art. 64 BGG). Der
Beschwerdeführer wird damit kostenpflichtig. Auf eine Kostenauflage kann
ausnahmsweise verzichtet werden, weil die Beschwerde an Trölerei grenzt, das
anwaltliche Verhalten dem Beschwerdeführer aber nicht zuzurechnen ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft,
Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Mai 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill