Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.457/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_457/2012

Urteil vom 6. Mai 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiberin Pasquini.

Verfahrensbeteiligte
Z.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Roland Winiger,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse 28,
4502 Solothurn,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Willkür (fahrlässige Tötung, fahrlässige einfache und schwere
Körperverletzung),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Solothurn, Strafkammer,
vom 22. März 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 8. November 2008, um 01.40 Uhr, ereignete sich auf der Aarauerstrasse in
Schönenwerd ein Verkehrsunfall. Das von X.________ mit stark übersetzter
Geschwindigkeit gelenkte Fahrzeug prallte in das aus der Gegenrichtung
kommende, nach links abbiegende Automobil von F.D.________. Dieser wurde
leicht, seine Beifahrerin schwer verletzt, während die auf dem Rücksitz
mitfahrende C.A.________ tödliche Verletzungen erlitt. Beim Aufprall wies das
Fahrzeug von X.________ eine Geschwindigkeit von 101-116 km/h auf.
X.________, Y.________ und Z.________ wird vorgeworfen, am 8. November 2008
durch konkludentes Handeln - schnelles Hintereinanderfahren mit ungenügenden
Abständen, gegenseitiges Überholen und Überholen von unbeteiligten Fahrzeugen -
gemeinsam den Entschluss gefällt zu haben, mit ihren Fahrzeugen so schnell wie
möglich von Aarau nach Schönenwerd zu fahren. Auf dieser Strecke sollen sie
mehrfach die allgemeine Höchstgeschwindigkeit missachtet haben (im Bereich
Schachen in Aarau 100-120 km/h statt der erlaubten 50 km/h, auf der Haupt- bzw.
Aarauerstrasse zwischen Wöschnau und Schönenwerd mindestens 117-135 km/h statt
der erlaubten 80 km/h sowie bei der Ortseinfahrt Schönenwerd mindestens 116-129
km/h statt der erlaubten 50 km/h). Sie hätten auch die aufgrund der
Geschwindigkeit, der Strassen- sowie der Sicht- und Witterungsverhältnisse
erforderlichen Abstände nicht eingehalten.

B.
B.a Das Amtsgericht Olten-Gösgen erklärte Z.________ am 26. Oktober 2010
schuldig der mehrfachen groben und der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln.
Zudem sprach es ihn schuldig der Verletzung der Verkehrsregeln durch Missachten
der Höchstgeschwindigkeit, Verursachen vermeidbaren Lärms und Nichttragen der
Sicherheitsgurte (begangen am 4. Oktober 2008 in Aarau). Von den Vorwürfen der
vorsätzlichen (evtl. fahrlässigen) Tötung und schweren sowie einfachen
Körperverletzung, der mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln
(Missachten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ausserorts auf dem Allmendweg
in Aarau und innerorts eingangs Schönenwerd) und des pflichtwidrigen Verhaltens
nach einem Verkehrsunfall sprach es ihn frei. Es verurteilte Z.________ zu
einer Freiheitsstrafe von 28 Monaten und zu einer Busse von Fr. 300.--. Den
unbedingten Teil der Freiheitsstrafe setzte es auf acht, den bedingten auf 20
Monate (bei einer Probezeit von drei Jahren) fest. Im gleichen Entscheid sprach
das Amtsgericht die Verurteilungen von X.________ und Y.________ aus. Sodann
befand es über die Zivilforderungen und die übrigen Nebenpunkte.
Gegen dieses Urteil erhoben X.________, Y.________ und Z.________ Appellation,
welcher sich die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Solothurn anschloss.
B.b Das Obergericht des Kantons Solothurn erklärte Z.________ am 22. März 2012
schuldig der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen schweren und einfachen
Körperverletzung, der mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln
(Missachten der allgemeinen Höchstgeschwindigkeit ausserorts zwischen Wöschnau
und Schönenwerd; Überholen auf unübersichtlicher Strecke zwischen Wöschnau und
Schönenwerd; ungenügender Abstand zwischen Wöschnau und Schönenwerd) sowie der
mehrfachen einfachen Verletzung von Verkehrsregeln (mehrfaches Missachten der
allgemeinen Höchstgeschwindigkeit innerorts am 4. Oktober 2008 und am 8.
November 2008 in Aarau). Überdies sprach das Obergericht Z.________ schuldig
der Verkehrsregelverletzung wegen Nichttragens der Sicherheitsgurte und
Verursachens vermeidbaren Lärms, begangen am 4. Oktober 2008 in Aarau. Vom
Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung (Missachten der allgemeinen
Höchstgeschwindigkeit innerorts in Schönenwerd) sowie vom Vorwurf des
pflichtwidrigen Verhaltens nach Unfall sprach es ihn frei. Das Obergericht
verurteilte Z.________ zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten und zu einer
Busse von Fr. 300.--. Den unbedingten Teil der Strafe setzte es auf 12, den
bedingten auf 24 Monate fest (bei einer Probezeit von vier Jahren). Zugleich
sprach das Obergericht die Verurteilungen von X.________ und Y.________ aus.
Sodann befand es über die Zivilforderungen und die übrigen Nebenpunkte.

C.
Z.________ erhebt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, das Urteil des
Obergerichts sei aufzuheben. Er sei von den Vorwürfen der fahrlässigen Tötung
und schweren sowie einfachen Körperverletzung freizusprechen. Er sei wegen
mehrfacher grober Verletzung der Verkehrsregeln (begangen am 8. November 2008
zwischen Wöschnau und Schönenwerd) sowie mehrfacher einfacher Verletzung der
Verkehrsregeln (begangen am 4. Oktober 2008 und am 8. November 2008 in Aarau)
schuldig zu sprechen und zu einer bedingten Geldstrafe von maximal 120
Tagessätzen zu Fr. 30.-- sowie zu einer Busse von Fr. 120.-- zu verurteilen.
Die Probezeit sei auf zwei Jahre festzusetzen. Eventualiter sei die Sache zur
Ausfällung einer schuldangemessenen Strafe an die Vorinstanz zurückzuweisen.
Seiner Beschwerde sei die aufschiebende Wirkung zu erteilen. Ferner ersucht
Z.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.
X.________ und Y.________ erheben ihrerseits Beschwerde in Strafsachen an das
Bundesgericht.

Erwägungen:

1.
Die Beschuldigten erheben in getrennten Eingaben teils unterschiedliche, teils
dieselben Rügen, mit teilweise abweichender Begründung. Es rechtfertigt sich
daher nicht, die drei Verfahren zu vereinigen.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Anklagegrundsatzes. In der
Anklageschrift sei der genaue Ort der Überholmanöver der Fahrzeuge von
G.________ und H.________ nicht umschrieben. Die Vorinstanz verstosse mit ihrer
tatsächlichen Feststellung zum Beginn des Überholvorgangs des zweiten Fahrzeugs
gegen den Anklagegrundsatz (Beschwerde S. 20).

2.2 Der Anklagegrundsatz wird abgeleitet aus Art. 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 2
BV sowie Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a und b EMRK. Die Anklageschrift
bestimmt zum einen den Prozessgegenstand (Umgrenzungsfunktion). Gegenstand des
Verfahrens können nur Sachverhalte sein, die dem Angeklagten in der
Anklageschrift vorgeworfen werden. An diese Anklage ist das Gericht gebunden.
Zum Schutze des Angeklagten muss das Prozessthema unverändert bleiben
(Immutabilität). Zum andern vermittelt die Anklageschrift die zur Verteidigung
notwendigen Informationen (Informationsfunktion). Beide Funktionen sind
erfüllt, wenn die dem Angeklagten zur Last gelegten Taten in objektiver und
subjektiver Hinsicht hinreichend bestimmt umschrieben werden (vgl. BGE 133 IV
235 E. 6.2 f. mit Hinweisen). Entscheidend ist, dass der Angeklagte genau
weiss, was ihm konkret vorgeworfen wird. Nach konstanter Rechtsprechung des
Bundesgerichts führen kleinere Ungenauigkeiten in den Orts- und Zeitangaben
nicht zur Unbeachtlichkeit der Anklage (Urteile 6B_544/2012 vom 11. Februar
2013 E. 6.4.4; 6B_640/2011 vom 14. Mai 2012 E. 2.3.3; je mit Hinweisen).

2.3 Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn wirft den
Beschuldigten unter anderem vor, auf der Haupt-/Aarauerstrasse zwischen
Wöschnau und Schönenwerd in Fahrtrichtung Schönenwerd hintereinanderfahrend die
Fahrzeuge von G.________ und H.________ überholt zu haben. Auf der nicht
vollständig überschaubaren Strecke seien sie ständig auf der linken
Strassenseite gefahren (S. 8 f. Ziff. 4.b).

2.4 Die Rüge ist unbegründet. Die Vorinstanz weicht nicht von dem in der
Anklageschrift umschriebenen Sachverhalt ab, sondern konkretisiert diesen, wenn
sie feststellt, X.________ habe ca. 400 Meter vor dem Kollisionsort begonnen,
das Fahrzeug von H.________ zu überholen (Urteil S. 43). Dass sie nicht wie die
erste Instanz annahm, dieses Manöver habe 600 Meter vor der Kollisionsstelle
begonnen, ist eine Frage der Beweiswürdigung und stellt keine Verletzung des
Anklagegrundsatzes dar. Die Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers waren
nicht beeinträchtigt.

3.
3.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Aussagen in der Einvernahme vom
9. November 2008 seien nicht verwertbar. Er sei nicht über sein Recht, einen
Verteidiger zu bestellen, belehrt worden (Beschwerde S. 9 Ziff. 6.2.1.2).

3.2 Die Beschwerde in Strafsachen ist zulässig gegen Entscheide letzter
kantonaler Instanzen (Art. 80 Abs. 1 BGG). Der Instanzenzug muss in der Regel
nicht nur prozessual durchlaufen, sondern auch materiell erschöpft sein. Dies
gilt, soweit das Bundesgericht das Recht nicht von Amtes wegen anwendet (Art.
106 Abs. 1 BGG), sondern gestützt auf Art. 106 Abs. 2 BGG das Rügeprinzip zum
Tragen kommt (BGE 135 I 91 E. 2.1; 133 III 639 E. 2 mit Hinweisen).

3.3 Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer hat die vorgenannte Rüge im
vorinstanzlichen Verfahren nicht erhoben, obwohl Anlass dazu bestand und er die
Gelegenheit dazu gehabt hätte. Die erste Instanz protokollierte die
Hauptvorträge der Parteien nicht und nahm deren Plädoyernotizen nicht zu den
Akten. Daher lässt sich nicht überprüfen, ob der Beschwerdeführer diese Rüge
vor Bundesgericht zum ersten Mal vorträgt. Dies kann aber offen bleiben. Er
belegt sein Vorbringen, wonach seine damalige Verteidigerin diesen Einwand
bereits vor der ersten Instanz geltend gemacht habe, nicht und legt auch nicht
dar, weshalb er dies nicht tut. Dass erst der angefochtene Entscheid zur Rüge
Anlass gab, führt er zu Recht nicht aus. Auf die Beschwerde ist in diesem Punkt
nicht einzutreten.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer wirft der Vorinstanz eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung sowie Beweiswürdigung vor und macht die Verletzung des
Grundsatzes "in dubio pro reo", der Begründungspflicht sowie des Anspruchs auf
rechtliches Gehör geltend (Beschwerde S. 7 ff.).

4.2 Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung kann nur gerügt werden, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. Art. 105 Abs. 1 und
2 BGG). Offensichtlich unrichtig ist sie, wenn sie willkürlich ist (BGE 136 II
304 E. 2.4 S. 314 mit Hinweis). Dem vom Beschwerdeführer angerufenen Grundsatz
"in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im
Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV
hinausgehende Bedeutung zu (BGE 127 I 38 E. 2a; 124 IV 86 E. 2a; je mit
Hinweisen). Die Beweiswürdigung ist willkürlich, wenn der angefochtene
Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in
klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenso
vertretbar erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt für die Annahme von
Willkür nicht (BGE 138 I 49 E. 7.1; 134 I 140 E. 5.4; je mit Hinweisen).
Willkürlich ist eine Tatsachenfeststellung, wenn der Richter den Sinn und die
Tragweite eines Beweismittels offensichtlich verkennt, wenn er ein solches ohne
ernsthafte Gründe ausser Acht lässt, obwohl es erheblich ist, und schliesslich,
wenn er aus getroffenen Beweiserhebungen unhaltbare Schlüsse zieht (BGE 129 I 8
E. 2.1).
Die Rüge der Willkür muss präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106
Abs. 2 BGG). In der Beschwerde muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern
der angefochtene Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel
leidet. Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das
Bundesgericht nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3 S. 5; 136 II 489 E. 2.8; je mit
Hinweisen).

4.3 Die Vorinstanz stellt fest, nachstehende Personen seien mit folgenden
Fahrzeugen von Aarau weggefahren:
[gelber] Fiat Punto GT (1.4 Turbo, 130 PS): Fahrer Y.________, im Besitz des
Führerausweises seit 24. Juli 2008, I.________ vorne rechts und J.________
hinten rechts,
[schwarzer] Audi A4 (ABT Tuning, 204 PS): X.________ am Steuer, im Besitz des
Führerausweises seit 7. Mai 2008 und K.________ als Beifahrer,
[schwarzer] VW Golf (mind. 90 max. 112 PS): Beschwerdeführer am Steuer, im
Besitz des Führerausweises seit 25. September 2008, L.________ als Beifahrer,
M.________ hinten rechts und N.________ hinten links.
Der Audi A4 sei zwar das leistungsstärkste Fahrzeug. Der Fiat Punto sei
bezüglich des Leistungsgewichts (kg pro PS) aber durchaus mit dem Audi
vergleichbar. Laut Gutachten sei das Leergewicht beim Audi 1'650 kg, während es
beim Fiat Punto 1'075 kg betrage. Beim Audi entfielen auf 1 PS somit 8.08 kg,
beim Fiat seien es 8.26 kg. Unter Berücksichtigung des Leistungsgewichts seien
diese Personenwagen daher fast gleich leistungsfähig (Urteil S. 24 f.).
Die Vorinstanz hält fest, die Beschuldigten hätten zumindest konkludent die
Übereinkunft getroffen, am Abend vom 8. November 2008 sehr schnell von Aarau
nach Schönenwerd zu fahren. Dies ergebe sich aus folgenden nachgewiesenen
Umständen: (a) Es habe zu ihren Gewohnheiten gehört, sich mit ihren Fahrzeugen
zu treffen und von einem Treffpunkt zum anderen - oft auch mit übersetzter
Geschwindigkeit - zu fahren. (b) Ihre Fahrweise vor dem Verkehrsunfall sei
extrem gewesen. Sie seien viel zu schnell und mit ungenügendem Abstand
hintereinander gefahren. Sie hätten sich einmal gegenseitig überholt und hätten
kurz vor der Unfallstelle gemeinsam, mit massiver
Geschwindigkeitsüberschreitung, bei unübersichtlichem Strassenverlauf zwei
Fahrzeuge in einem Zug überholt. (c) Dass 400 Meter vor der Kollisionsstelle,
mithin nur noch rund 270 Meter vor dem Innerortsbereich, ein Überholmanöver
gestartet worden sei, das alle drei durchgezogen hätten, zeige, dass der
Beschwerdeführer erst im allerletzten Moment abgebremst habe. Sie seien kurz
vor dem Zusammenprall mit rund 120 km/h unterwegs gewesen. Daraus gehe mit
aller Deutlichkeit hervor, in welch zeitlicher und örtlicher Nähe zur Kollision
die gemeinsame Raserfahrt stattgefunden habe. Der Beschwerdeführer habe sich
erst unmittelbar vor der Kollision zurückgezogen. Die Lenker der beiden
Fahrzeuge, die kurz vor der Dorfeinfahrt überholt worden seien, hätten die
Fahrt als Rennen wahrgenommen. Die Übereinkunft, in knappem Abstand mit sehr
hoher Geschwindigkeit zum nächsten Treffpunkt zu fahren, um zu demonstrieren,
wie schnell das eigene Fahrzeug sei und wie gut die Fahrkünste seien, habe -
insbesondere bei 18- bis 19-jährigen Männern (wie den Beschuldigten) mit einer
Schwäche für schnelle Automobile - eine ausserordentlich stimulierende Wirkung.
Das Fahrzeug von X.________ habe nur solange davonziehen können, wie dasjenige
des Beschwerdeführers dazwischen gewesen sei. Nach Wöschnau habe der
Personenwagen von Y.________ richtiggehend am Heck des vorausfahrenden Kollegen
"geklebt". Es sei regelrecht um ein Kräftemessen gegangen (Urteil S. 28 und S.
75 f. E. 3).

4.4 Der Beschwerdeführer macht geltend, eine willkürfreie Würdigung der
Aussagen, insbesondere derjenigen von X.________, ergäben, dass dieser nicht
gewusst habe, dass er damals hinter ihm gefahren sei. Auch ein Treffen im
S.________ sei nicht nachgewiesen (Beschwerde S. 8-10). Auf diese Vorbringen
ist nicht einzutreten, soweit der Beschwerdeführer den vorinstanzlichen
Schlussfolgerungen lediglich seine Sicht der Dinge gegenüberstellt. Darüber
hinaus weist er nicht nach, dass die Beweiswürdigung der Vorinstanz
offensichtlich unhaltbar ist. Diese hält fest, die Aussagen von X.________, er
kenne den Beschwerdeführer zwar, es sei ihm aber nicht aufgefallen, dass er
ihnen gefolgt sei, stünden im Widerspruch zu denjenigen der anderen Beteiligten
und seien nicht glaubhaft. Bei der Polizei habe der Beschwerdeführer ausgesagt,
X.________ habe ihn vor der Fahrt nach Schönenwerd angerufen. Daraufhin seien
Y.________ und X.________ ins S.________ gekommen, um ihn abzuholen. An der
staatsanwaltschaftlichen Einvernahme habe der Beschwerdeführer seine Aussagen
insofern widerrufen, als er gesagt habe, sie hätten telefoniert, bevor sie sich
getroffen hätten. Es treffe aber zu, dass er ab dem S.________ hinter
X.________ in Richtung Schönenwerd gefahren sei. Auch Y.________ habe
angegeben, ab dem S.________ sei der Beschwerdeführer mit ihnen gefahren. Sie
hätten sich dort getroffen und abgemacht, nach Schönenwerd zu fahren.
V.________s Aussagen untermauerten dies (Urteil S. 29 E. 4b).

4.5 Die Vorinstanz gelangt willkürfrei zum Schluss, die Angaben von X.________
zum Beschwerdeführer seien nicht glaubhaft. Dieser vermöge durch den Hinweis
auf die Aussagen von X.________ (Beschwerde S. 12 Ziff. 6.2.3.4 und Ziff.
6.2.4; kantonale Akten 10.1.1/012 unten), nicht aufzuzeigen, dass er nicht zur
Gruppe um die Mitbeschuldigten gehört habe. Die vorinstanzliche Feststellung
stützt sich auf Zeugenaussagen. So erklärte der Bruder des Beschwerdeführers,
im S.________ seien die Kollegen mit dem Punto und dem Audi dazu gestossen.
Auch der Mitfahrer des Beschwerdeführers, M.________, führte aus, sie seien
Kollegen und würden sich im S.________ oder in Schönenwerd beim T.________ oder
am U.________ treffen. Am fraglichen Abend hätten sie weitere Kollegen
getroffen. Gemäss V.________ seien Y.________ mit dem Punto und X.________ mit
dem Audi da gewesen (Urteil S. 26).

4.6 Der Beschwerdeführer wendet ein, die Feststellung der Vorinstanz, es habe
zu den Gewohnheiten der Beschuldigten gehört, sich mit ihren Fahrzeugen zu
treffen und von einem Treffpunkt zum anderen - oft auch mit übersetzter
Geschwindigkeit - zu fahren, sei willkürlich (Beschwerde S. 10-12 Ziff. 6.2.3).
Die Rüge ist unbegründet, soweit darauf eingetreten werden kann. Die Vorinstanz
erachtet es als erstellt, dass die Beschuldigten zu einer Gruppe gehörten, die
sich regelmässig und an verschiedenen Orten mit ihren Fahrzeugen traf (Urteil
S. 28). Sie weist darauf hin, sowohl X.________ als auch I.________ hätten die
schnelle Fahrweise bestätigt. Ausserdem lässt sich den zusammengefassten
Aussagen im angefochtenen Entscheid mühelos entnehmen, dass sich die Vorinstanz
auf die Angaben des Zeugen O.________ bezieht (Urteil S. 24-28). Insofern
verletzt sie weder ihre Begründungspflicht noch verfällt sie in Willkür. Die
Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Aussagen von O.________ bzw. deren
Zusammenfassung im angefochtenen Entscheid erschöpfen sich in einer
unzulässigen appellatorischen Kritik (Beschwerde S. 11 Ziff. 6.2.3.2).

4.7 Indem der Beschwerdeführer argumentiert, er habe bei einem Kräftemessen
nicht mitgemacht, weil dies mit dem von ihm gelenkten, leistungsschwachen
Fahrzeug mit den zusätzlichen Insassen sinnlos gewesen wäre (Beschwerde S. 12
f. Ziff. 6.2.6 f.), vermag er keine Willkür bzw. Verletzung der
Unschuldsvermutung aufzuzeigen. Gleich verhält es sich, soweit er geltend
macht, ihm könne bei der besagten Fahrt kein gegenseitiges Überholen
nachgewiesen werden (Beschwerde S. 13 Ziff. 6.2.8). Dies behauptet die
Vorinstanz nicht (Urteil S. 34 ff. und S. 53 E. 8). Hingegen stellt sie fest,
die Beschuldigten seien auf der Strecke kurz vor der Kollision durch ihre
extreme Fahrweise in Erscheinung getreten und hätten bei den Lenkern der
überholten Fahrzeuge den Eindruck erweckt, sie würden sich ein Rennen liefern.
Sie hätten rund 740 Meter vor dem Kollisionspunkt mit dem Überholmanöver
begonnen, seien mit weit übersetzter Geschwindigkeit (mindestens 120 km/h)
dicht hintereinander (maximal 15 Meter) in einem Zug an zwei Personenwagen
vorbeigefahren (Urteil S. 42 E. l). Mithin ist auch der Einwand unbehelflich,
die Vorinstanz weise dem Beschwerdeführer nur einen ungenügenden Abstand zum
Fahrzeug von Y.________ und nicht zu demjenigen von X.________ nach (Beschwerde
S. 13 Ziff. 6.2.9).

4.8 Der Beschwerdeführer erörtert, inwiefern die Zeugen P.________, R.________
und Q.________ nicht glaubwürdig seien (Beschwerde S. 13-16 Ziff. 6.2.10.1 f.
und S. 16 f. Ziff. 6.2.10.3). Dabei setzt er sich aber nicht substanziiert mit
den diesbezüglichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid auseinander, auf die
verwiesen werden kann (Urteil S. 29-34, S. 35 f. E. 6b und S. 41-42 E. 6k f.).
Auf die Ausführungen des Beschwerdeführers ist nicht einzutreten.
4.9
4.9.1 Die Vorinstanz hält fest, die Beschuldigten hätten hintereinanderfahrend
mit mindestens 120 km/h und mit einem Abstand von je maximal drei Wagenlängen
das Automobil von G.________ überholt. Dieses Manöver habe ca. 740 Meter vor
dem Unfallort begonnen (Urteil S. 37 E. 6.b und S. 42 E. 6.l; nachfolgend:
erstes Überholen).
Dies beanstandet der Beschwerdeführer nicht. Indes erachtet er die
vorinstanzliche Feststellung, X.________ habe ca. 400 Meter vor dem
Kollisionsort begonnen, das Fahrzeug von H.________ zu überholen (nachfolgend:
zweites Überholen), als willkürlich. Die Vorinstanz stütze sich auf die Aussage
des Überholten, wonach das Manöver beim Beginn der Lärmschutzwand gestartet
habe. H.________s Angaben seien aber unzutreffend und widersprüchlich. Die
Vorinstanz gelange aufgrund falscher Berechnungen zu unrichtigen
Feststellungen, zum Beispiel, sein Überholmanöver habe sich bis zur
Innerortszone hingezogen (Beschwerde S. 17-21).
4.9.2 Die Rügen sind unbegründet. Die Vorinstanz erwägt, ausgehend von den
Distanzangaben der Insassen des Fahrzeugs von G.________ zum vorausfahrenden
Personenwagen von H.________ (100-200 Meter) sei die Annahme der ersten
Instanz, das zweite Überholen habe 600 Meter vor dem Kollisionspunkt begonnen,
ausgeschlossen. Als X.________ beim Punkt 740 m mit dem ersten Überholen
begonnen habe, hätte das Fahrzeug H.________ mindestens beim Punkt 640 m
(Annahme: Abstand 100 Meter) sein müssen. Bis X.________ zum zweiten
Personenwagen gelangt sei, hätte dieses mehr als die verbleibenden 40 Meter
zurückgelegt. Diese Diskrepanzen ergäben sich auch aus der Fotodokumentation
des Augenscheins. Es sei daher von der Aussage von H.________ auszugehen, das
zweite Überholen habe beim Beginn der Lärmschutzwand (400 Meter vor dem
Kollisionspunkt) angefangen. Die Vorinstanz qualifiziert diese Angabe aufgrund
der markanten Lärmschutzwand als nachvollziehbar und glaubhaft. Sie stehe auch
mit den übereinstimmenden Aussagen der Insassen des nachfolgenden Fahrzeugs zur
Distanz im Einklang. Diese Annahme entspreche überdies den Überholwegen. Die
überholenden seien mindestens 40 km/h schneller gefahren als die überholten
Personenwagen (ca. 120-130 km/h die Beschuldigten, ca. 80 km/h G.________ bzw.
H.________) und hätten pro Sekunde somit 11 Meter mehr zurückgelegt. Wenn
X.________ 740 Meter vor dem Fixpunkt mit dem ersten Überholen begonnen habe,
habe er (bei einem Abstand zwischen den zu überholenden Fahrzeugen von etwa 100
Metern) etwa 300 Meter bzw. 9 Sekunden benötigt, um das erste Fahrzeug zu
überholen und bis zum zweiten zu gelangen. Somit habe er ca. 400 Meter vor dem
Fixpunkt mit dem zweiten Überholen begonnen (Urteil S. 43).
Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz gestützt auf diese vertretbare
Beweiswürdigung auf die tatnähere Aussage von H.________ abstellt, die er an
der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme bestätigte (Urteil S. 37 f.). Es
stimmt zwar, dass er an der Unfallrekonstruktion ausführte, er sei etwa 600
Meter vor dem Unfallort überholt worden. Als sich die Kollision ereignet habe,
sei er etwa 400 Meter davon entfernt gewesen (kantonale Akten AS 62). Er
relativierte diese Angaben vor der ersten Instanz jedoch mehrmals
(erstinstanzliches Urteil S. 23 f.). Die Vorinstanz merkt an, es sei nicht
ersichtlich, wie es zu diesen Distanzangaben gekommen sei (Urteil S. 39). Die
vom Beschwerdeführer geltend gemachten Unstimmigkeiten in Bezug auf andere
Punkte (Reihenfolge der überholenden Fahrzeuge, Nebel etc.) vermögen weder die
Glaubhaftigkeit der ersten Aussage von H.________ noch dessen Glaubwürdigkeit
in Frage zu stellen.
Es trifft zu, dass die vorinstanzliche Feststellung, X.________ habe etwa 230
Meter benötigt, um H.________ zu überholen (Urteil S. 43), nicht
nachvollziehbar ist und sogar unrichtig erscheint (zur Berechnung von
Überholwegen: HANS GIGER, Kommentar Strassenverkehrsgesetz, 7. Auflage 2008, N.
10 f. zu Art. 35 SVG; RENÉ SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen
Strassenverkehrsrechts, Band I, 2. Auflage 2002, N. 724). Gleich verhält es
sich mit den Schlussfolgerungen, X.________ habe dieses Manöver ca. 170 Meter
vor dem Kollisionspunkt abschliessen können und das Überholen des
Beschwerdeführers habe sich bis zum Beginn der Innerortszone hingezogen (Urteil
S. 43). Dies hat allerdings keinen Einfluss darauf, dass das zweite Überholen
der Beschuldigten massgeblich näher am Unfallort stattfand. Mithin ist nicht
ersichtlich, inwiefern eine Klarstellung dieser vorinstanzlichen Feststellungen
für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein könnte (Art. 97 Abs. 1 BGG).
Das pauschale Vorbringen des Beschwerdeführers, die Vorinstanz übersehe, dass
sie Annahmen verändere, auf denen die verkehrstechnischen Gutachten basierten
(Beschwerde S. 20 f.), ist nicht geeignet, Willkür aufzuzeigen.

4.10 Insgesamt ergibt sich aus der Beschwerde nicht, inwiefern die
vorinstanzliche Beweiswürdigung willkürlich oder der Grundsatz "in dubio pro
reo" verletzt sein soll. Die Vorinstanz verletzt auch nicht den Anspruch auf
rechtliches Gehör des Beschwerdeführers (Beschwerde S. 3 Ziff. 3, S. 7 Ziff. 6,
S. 11 Ziff. 6.2.3.2, S. 16 Ziff. 6.2.10.2 und S. 19 Ziff. 6.2.10.5 [recte:
6.2.10.4]). Sie begründet ihren Entscheid hinreichend, so dass es möglich war,
das vorinstanzliche Urteil sachgerecht anzufechten. Namentlich ist sie nicht
verpflichtet, sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinanderzusetzen
und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich zu widerlegen, sofern sie die für
den Entscheid wesentlichen Punkte berücksichtigt (vgl. BGE 136 I 184 E. 2.2.1
mit Hinweisen).

5.
Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Straf- und Schuldpunkt sowie die
Entschädigungs- und Kostenfolgen im angefochtenen Entscheid wendet, tut er dies
nur im Hinblick auf die geltend gemachte willkürliche Sachverhaltsfeststellung
(Beschwerde S. 21 f.). Dass diese Punkte darüber hinaus bundesrechtswidrig
seien, macht er nicht geltend. Darauf ist nicht einzutreten.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Mit dem
Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist infolge
Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der
finanziellen Lage des Beschwerdeführers ist bei der Festsetzung der
Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Beschwerde S. 22 Ziff. 12; Art. 65 Abs. 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 6. Mai 2013

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Pasquini

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