Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.439/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_439/2012

Urteil vom 2. Oktober 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichter Denys,
Gerichtsschreiber Borner.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, Obere Vorstadt
38, 5000 Aarau,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Entschädigung der amtlichen Verteidigung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 10. Juli 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau bestellte X.________ am 18. März
2011 in einem schweren Betäubungsmittelfall als amtlichen Verteidiger. Das
Bezirksgericht Aarau genehmigte am 22. Juli 2011 einen Teil der Kostennote
nicht und schrieb in der Rechtsmittelbelehrung, dass die Verfügung innert 20
Tagen mit Beschwerde im Sinne von § 94 Gerichtsorganisationsgesetz beim
Obergericht angefochten werden könne. Das Obergericht des Kantons Aargau trat
am 2. Dezember 2011 auf die Beschwerde von X.________ nicht ein, weil die
10-tägige Frist des Art. 396 Abs. 1 StPO nicht eingehalten sei.

Das Bundesgericht hiess am 12. Juni 2012 die Beschwerde von X.________ gut und
wies die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurück.

B.
Das Obergericht hiess die ursprüngliche Beschwerde gut und wies die Sache an
das Bezirksgericht zurück. X.________ entschädigte es mit Fr. 300.--.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, der angefochtene
Entscheid sei hinsichtlich der Entschädigung aufzuheben.

Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet (act. 10).

Erwägungen:

1.
Die Vorinstanz erwägt, gemäss dem Ausgang des Beschwerdeverfahrens sei dem
Beschwerdeführer eine Parteientschädigung auszurichten (Art. 428 Abs. 1 StPO).
Da er nicht anwaltlich vertreten und der Anwaltstarif für das Handeln in
eigenem Namen nicht anwendbar sei (§ 1 Abs. 1 AnwT), seien ihm ermessensweise
pauschal Fr. 300.-- zu vergüten.

2.
Wie der Beschwerdeführer zu Recht beanstandet, handelte er nicht in eigenem
Namen im Sinne von § 1 Abs. 1 AnwT/AG. Der um sein Honorar streitende amtliche
Rechtsvertreter nimmt nicht bloss persönliche Interessen wahr, sondern vertritt
seinen Anspruch auf eine Entschädigung für die Erfüllung einer beruflichen
Aufgabe, die er im Rahmen eines öffentlichrechtlichen Auftragsverhältnisses
verrichtet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts steht ihm für diese
Interessenwahrung sowohl im bundesgerichtlichen (BGE 125 II 518) als auch im
kantonalen Beschwerdeverfahren (Entscheid 1P.599/1999 vom 19. Januar 2000, E.
3c), im Rahmen des erforderlichen Aufwandes und nach Massgabe seines Obsiegens,
eine Parteientschädigung zu (Entscheid 6B_493/2007 vom 22. November 2007 E. 3).

Eine Pauschalentschädigung von Fr. 300.-- ohne weitere Begründung genügt diesen
Anforderungen offensichtlich nicht, da der Beschwerdeführer in seiner
Kostennote einen Arbeitsaufwand von 4 Stunden 55 Minuten und Auslagen von Fr.
33.-- geltend machte (vgl. BGE 132 I 201). Das Bundesgericht ist nicht dazu
berufen, Arbeitsaufwand, Stundenansatz und Auslagen in einem kantonalen
Verfahren zu beurteilen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die
Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

3.
Es sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton Aargau
hat den Beschwerdeführer angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons
Aargau vom 10. Juli 2012 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die
Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Aargau hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren
mit Fr. 1'200.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 2. Oktober 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Borner