Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.438/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_438/2012

Urteil vom 30. Oktober 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Denys, Schöbi,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X._________,
Beschwerdeführer,

gegen

Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern, Kramgasse 20, 3011 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Vollzug eines Bussenumwandlungsentscheids,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern,
Strafabteilung, 1. Strafkammer, vom 2. Juli 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Mit Beschluss vom 21. März 2011 wandelte das Wirtschaftsstrafgericht des
Kantons Bern eine am 30. August 2007 gegen den Beschwerdeführer ausgefällte
Busse von Fr. 30'000.-- in eine dreimonatige Freiheitsstrafe um. Der Beschluss
ist rechtskräftig.

Am 22. September 2011 setzte die Abteilung Straf- und Massnahmevollzug die
Ersatzfreiheitsstrafe in Vollzug. Dagegen eingereichte Beschwerden wiesen die
Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern am 15. Februar 2012 und das
Obergericht des Kantons Bern am 2. Juli 2012 ab, soweit darauf eingetreten
wurde.

Der Beschwerdeführer wendet sich ans Bundesgericht und beantragt, der Entscheid
des Obergerichts vom 2. Juli 2012 sei aufzuheben.

2.
2.1 In Bezug auf den Vollzug der Bussenumwandlung kann auf die umfassenden und
zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtener
Entscheid S. 4 - 11). Sie hat sich zu den Fragen des Streitgegenstandes im
vorliegenden Verfahren (E. 1), des Anspruchs auf Zugang zu einem Gericht und
der Einhaltung des Beschleunigungsgebots (E. 2), der notwendigen bzw. amtlichen
Verteidigung im Bussenumwandlungsverfahren sowie der Eröffnung des Beschlusses
vom 21. März 2011 an den sich an einem unbekannten Ort aufhaltenden
Beschwerdeführer (E. 3), der Rechtskraft dieses Beschlusses sowie deren
Bescheinigung (E. 4), des für die Bussenumwandlung anwendbaren Rechts bzw. der
Zulässigkeit einer entsprechenden Rüge (E. 5), der Fluchtgefahr bzw. der
Halbgefangenschaft (E. 6) und der Akteneinsicht (E. 7) geäussert.

Was der Beschwerdeführer geltend macht, brachte er bereits im kantonalen
Verfahren vor, und es dringt aus den von der Vorinstanz angeführten Gründen
nicht durch. So befasst er sich auch vor Bundesgericht mit der Frage, ob die
Umwandlung der am 30. August 2007 ausgefällten Busse im Jahre 2011 zulässig
gewesen sei (Beschwerde S. 2 ff.). Die Vorinstanz hat indessen zu Recht
festgehalten, dass die Rechtmässigkeit der Bussenumwandlung heute nicht mehr
Gegenstand des Verfahrens ist, sondern nebst gewissen formellen Rügen zur
Hauptsache noch geprüft werden könne, ob der Bussenumwandlungsbeschluss gültig
eröffnet und in Rechtskraft erwachsen ist (angefochtener Entscheid S. 4).

In Bezug auf die Eröffnung des Beschlusses an den Beschwerdeführer ist davon
auszugehen, dass dessen Aufenthaltsort im Frühling 2011 nicht ausfindig zu
machen war (angefochtener Entscheid S. 7). Was er aus dem Umstand herleiten
will, dass er sich im Sommer darauf angeblich in Rorschacherberg angemeldet hat
(Beschwerde S. 14), ist nicht ersichtlich. Davon, dass die Voraussetzungen
einer notwendigen oder amtlichen Verteidigung gegeben gewesen wären, kann aus
den von der Vorinstanz genannten Gründen nicht die Rede sein. Die abweichende
Auffassung des Beschwerdeführers ist falsch. Unter den vorliegenden Umständen
wurde der Beschluss vom 21. März 2011 am 30. März 2011 zu Recht öffentlich
bekannt gemacht und dadurch gültig eröffnet (angefochtener Entscheid S. 7/8).

Nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist stellte das
Wirschaftsstrafgericht und damit die gemäss Art. 438 StPO zuständige Behörde
gemäss der Darstellung im angefochtenen Entscheid am 10. Mai 2011 die
Rechtskraft des Beschlusses vom 21. März 2011 fest (angefochtener Entscheid S.
8). Da der Eintritt der Rechtskraft nicht strittig war, lag im Gegensatz zur
Meinung des Beschwerdeführers kein Anwendungsfall von Art. 438 Abs. 3 StPO vor.

Gesamthaft gesehen ist nicht ersichtlich, inwieweit die Invollzugssetzung der
umgewandelten Busse gegen das Recht im Sinne von Art. 95 BGG verstossen könnte.

2.2 Die Vorinstanz verweigerte dem Beschwerdeführer die unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung für das kantonale Beschwerdeverfahren, weil
seine Rechtsbegehren aussichtslos gewesen seien (angefochtener Entscheid S.
11). Inwieweit dies unzutreffend wäre, wird in der Beschwerde nicht ausgeführt
und ist auch nicht ersichtlich.

2.3 Ohne dass sich das Bundesgericht zu allen Vorbringen der weitschweifigen
Beschwerde ausdrücklich äussern müsste, ist diese im Verfahren nach Art. 109
BGG abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.

3.
Der Beschwerdeführer beantragt, es sei ihm vor Bundesgericht ein Anwalt als
notwendiger Verteidiger beizugeben (Beschwerde S. 18 - 20). Die Voraussetzungen
von Art. 64 Abs. 2 BGG sind indessen nicht erfüllt. Zum einen geht es heute
nicht um die Anordnung einer schweren Strafe oder eine Haftprüfung, sondern nur
um den Vollzug einer rechtskräftig in eine Freiheitsstrafe umgewandelten Busse.
Es ist von vornherein nicht ersichtlich, aus welchem Grund in einem derart
einfachen Verfahren für den rechtlich offensichtlich beschlagenen
Beschwerdeführer ein Anwalt notwendig wäre. Zudem wurde sein Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege bereits mit Verfügung vom 11. September 2012
abgewiesen, worauf er den Kostenvorschuss bezahlte. Er hätte somit ohne
Weiteres auch selber einen Anwalt mit seiner Verteidigung beauftragen können.

4.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Strafabteilung, 1. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Oktober 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: C. Monn