Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.433/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_433/2012

Urteil 30. Oktober 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber Borner.

Verfahrensbeteiligte
B.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Christoph Suter,

Beschwerdeführerin,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Martin Schwaller,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Verleumdung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, Strafgericht,
2. Kammer, vom 15. Mai 2012.

Sachverhalt:

A.
A.________ badete am 11. August 2007 während der Ausübung des Besuchsrechts
gemeinsam mit seinen Kindern. Anschliessend trug er eine Wundsalbe auf eine
Entzündung (Eiterpickel) an seinem Oberschenkel auf. Ob sich die betreffende
Wundstelle nahe der Leiste oder näher beim Knie befand und ob A.________ dabei
nackt oder mit Shorts bekleidet war, ist unklar. Ebenfalls unklar ist, ob er
seine Tochter Z. aufgefordert hat, ihm bei der Wundversorgung zu helfen oder ob
diese ihm von sich aus ihre Hilfe angeboten hat. In der Folge klebte Z. ein
Pflaster auf die Wunde und befestigte es mit einem Leukoplast-Streifen. Hierauf
fotografierte eines der Kinder die Wunde mit seiner Handykamera.

B.________, welche die Kinder ab und zu betreute, sandte am 28. August 2007
einen Brief an A.________ mit Kopie an das Bezirksgericht Brugg, wo das
Scheidungsverfahren A.________ hängig war, und schrieb unter anderem:

"Wie krank sind sie eigentlich??? Das geht bei mir unter die Kategorie
'Missbrauch'!! (...)
Mein Entsetzen ist derart gross, dass ich Sie hiermit ernsthaft darauf
hinweise, dass ich eine Strafanzeige gegen Sie einreichen werde, sollte ich
jemals wieder über derart scheussliche, unangebrachte, widrige Handlungen
erfahren, für welche Sie Ihre Tochter oder einen Ihrer Söhne missbrauchen."

B.
Das Bezirksgericht Brugg büsste B.________ am 24. Januar 2011 wegen Verleumdung
(Art. 174 Ziff. 1 StGB) mit Fr. 250.--.

Die Berufung der Gebüssten wies das Obergericht des Kantons Aargau am 15. Mai
2012 ab.

C.
B.________ führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt, das angefochtene
Urteil sei aufzuheben, und sie sei von Schuld und Strafe freizusprechen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, in ihrem Schreiben habe sie lediglich die
Versorgung des Eiterpickels zwischen Hoden und Oberschenkel durch die Tochter
Z. geschildert. Was sich effektiv zugetragen und so als wahr erwiesen habe,
könne von vornherein nicht ehrverletzend sein.

Die Vorinstanz kommt in ihrer Beweiswürdigung zum Schluss, dass im Verhalten
des Beschwerdegegners keine sexuelle Komponente enthalten war (angefochtener
Entscheid S. 8 Ziff. 3.2 am Ende). Die Beschwerdeführerin zieht diese
Feststellung in Zweifel, legt jedoch nicht dar, inwiefern die Schlussfolgerung
willkürlich sein sollte.

Entgegen der eigenen Darstellung hat die Beschwerdeführerin nicht bloss einen
konkreten Sachverhalt geschildert. Sie beschreibt das Verhalten des
Beschwerdegegners als krankhaft und scheusslich, spricht von Missbrauch der
eigenen Kinder, droht dem Beschwerdegegner mit Strafanzeige und deutet an, er
habe den Kindern eine Schweigepflicht auferlegt ("Es kommt immer mal alles
raus"). Wie die Vorinstanz zutreffend festhält, können diese Äusserungen vom
unbeteiligten Dritten nur so verstanden werden, der Beschwerdegegner habe an
den Kindern sexuelle Handlungen vorgenommen. Dieser Vorwurf ist ehrverletzend.

2.
Die Beschwerdeführerin bemängelt, zum Tatbestandsmerkmal "wider besseres
Wissen" sei im angefochtenen Urteil einzig und ohne konkreten Hinweis auf eine
vertiefte Beurteilung lediglich nachzulesen, "hat sie wie angedeutet wider
besseres Wissen gehandelt".

Der Vorwurf ist unbegründet. Die Vorinstanz zieht unter anderem die Aussage der
Beschwerdeführerin heran, sie habe im Verhalten des Beschwerdegegners "bereits
Anfänge" gesehen und wenn etwas passiert wäre, wäre es allenfalls schon zu spät
gewesen. Daraus ergebe sich, dass sie bewusst voreilig gehandelt habe bzw. im
damaligen Zeitpunkt nicht davon ausgegangen sei, der Beschwerdegegner habe sich
straffällig verhalten. Deshalb hat die Vorinstanz zu Recht ein Handeln wider
besseres Wissen bejaht.

3.
Die Beschwerde ist kostenpflichtig abzuweisen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. Oktober 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Borner