Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.428/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_428/2012

Urteil vom 19. November 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Denys, Schöbi,
Gerichtsschreiber Boog.

Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Max Birkenmaier,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Bahnhofstrasse 29, 8200
Schaffhausen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Kostenauflage (nachträglich richterliche Anordnung),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom
15. Juni 2012.

Sachverhalt:

A.
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen erklärte X.________ am 1. Dezember
2006 in zweiter Instanz der vorsätzlichen Tötung sowie anderer Delikte schuldig
und verurteilte ihn zu 12 Jahren Zuchthaus, unter Anrechnung der ausgestandenen
Untersuchungshaft und des vorzeitigen Strafvollzuges. Ferner ordnete es eine
vollzugsbegleitende ambulante Massnahme im Sinne von aArt. 43 Ziff. 1 Abs. 1
StGB an. Mit Verfügung vom 24. Februar 2010 hob das Amt für Justiz und
Gemeinden (Justizvollzug) des Kantons Schaffhausen die ambulante Massnahme auf
und beantragte dem Obergericht, es sei die Anordnung einer stationären
psychotherapeutischen Massnahme gemäss Art. 59 StGB anstelle des Strafvollzuges
zu prüfen. Einen gegen diesen Entscheid von X.________ erhobenen Rekurs wies
der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen mit Beschluss vom 2. November 2010
ab.

Das Obergericht des Kantons Schaffhausen holte mit Verfügung vom 12. August
2011 ein psychiatrisches Gutachten über die allfällige Änderung der Massnahme
ein. Nach Eingang des Gutachtens am 29. Februar 2012 verzichtete es mit
Beschluss vom 15. Juni 2012, eine stationäre therapeutische oder eine andere
Massnahme anzuordnen. Die Kosten des Verfahrens, bestehend aus einer
reduzierten Staatsgebühr von Fr. 700.-- sowie den Barauslagen im reduzierten
Umfang von Fr. 24'700.-- für das Gutachten (Fr. 21'210.-- von Fr. 28'288.--)
und die amtliche Verteidigung (Fr. 3'490.-- von Fr. 4'663.60) auferlegte es
X.________.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht, mit der er
beantragt, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben, und die Sache sei an die
Vorinstanz zurückzuweisen. Ferner ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege.

C.
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen beantragt unter Hinweis auf den
Beschluss des Obergerichts, die Beschwerde sei abzuweisen. Das Obergericht hat
auf Stellungnahme verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Am 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober
2007 (StPO; SR 312.0) in Kraft getreten. Gemäss Art. 448 StPO werden Verfahren,
die bei Inkrafttreten der StPO hängig sind, grundsätzlich nach neuem Recht
fortgeführt (Abs. 1). Verfahrenshandlungen, die vorher angeordnet oder
durchgeführt worden sind, behalten ihre Gültigkeit (Abs. 2). Ist bei
Inkrafttreten der StPO die Hauptverhandlung bereits eröffnet, wird sie gemäss
Art. 450 StPO nach bisherigem Recht, vom bisher zuständigen Gericht,
fortgeführt. Selbstständige nachträgliche Entscheide des Gerichts, worunter die
nachträgliche Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme gemäss Art.
65 Abs 1 StGB fällt (vgl. Botschaft zur Vereinheitlichung des
Strafprozessrechts vom 21.12.2005, BBl 2006 S. 1298) werden gemäss Art. 451
StPO nach Inkrafttreten der StPO von derjenigen Strafbehörde gefällt, die nach
neuem Recht für das erstinstanzliche Urteil zuständig gewesen wäre (vgl. auch
Art. 363 Abs. 1 und 364 Abs. 1 StPO; NIKLAUS SCHMID, Übergangsrecht der
Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010 [zit. Übergangsrecht], N 248 f). Dies
gilt auch für Verfahren, die am 1. Januar 2011 bei einer alt-, aber nicht mehr
neurechtlich zuständigen Behörde hängig sind. Diese hat das Verfahren der neu
zuständigen Behörde zu überweisen (SCHMID, Übergangsrecht, N 250; anders noch
ders., Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2009 [zit. Handbuch], N
1865 Fn. 53, und Praxiskommentar StPO, 2009 [zit. Praxiskommentar], Art. 451 N
3 [Weiterführung nach altem Recht in sinngemässer Anwendung von Art. 450 StPO];
ebenso VIKTOR LIEBER, in: Donatsch/Hansjakob/Lieber Kommentar zur
Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, N 451 N 2).

1.2 Die Vorinstanz nimmt an, ein zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der
Schweizerischen Strafprozessordnung hängiges Verfahren betreffend eines
nachträglichen Entscheids sei nach bisherigem Strafprozessrecht durchzuführen.
Das vorliegende Verfahren richte sich demnach nach der Strafprozessordnung des
Kantons Schaffhausen (angefochtener Beschluss S. 4).

1.3 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, das neue Recht sei
anwendbar. Die Mitteilung der Vorinstanz, wonach sie die Anordnung einer
stationären psychotherapeutischen Massnahme zu prüfen habe, sei nach
Inkrafttreten der Schweizerischen Strafprozessordnung erfolgt. Nachträgliche
Entscheide seien sinnvollerweise nach neuem Prozessrecht zu führen. Der
angefochtene Beschluss verletze Bundesrecht, soweit er die Kostenauflage nach
früherem kantonalen Verfahrensrecht beurteile (Beschwerde S. 4 f.)

1.4 Mit Verfügung vom 24. Februar 2010 hob der Justizvollzug die
vollzugsbegleitende Massnahme nach aArt. 43 Ziff. 1 StGB auf und beantragte, es
sei die Anordnung einer stationären psychotherapeutischen Massnahme gemäss Art.
59 StGB zu prüfen (Akten des Obergerichts act. 2060 ff.). Am 2. November 2010
wies der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen den vom Beschwerdeführer gegen
diese Verfügung geführten Rekurs ab (Akten des Obergerichts act. 2103 ff.). Am
7. Januar 2011 teilte die Vorinstanz dem Beschwerdeführer mit, dass sie die
Anordnung einer psychotherapeutischen Massnahme zu prüfen habe und sie die
Bestellung eines amtlichen Verteidigers als erforderlich erachte (Akten des
Obergerichts act. 2113). Mit Verfügung vom 10. März 2011 gewährte die
Vorinstanz dem Beschwerdeführer für das weitere Verfahren die amtliche
Verteidigung (Akten des Obergerichts act. 2118 ff.). Am 30. Mai 2011 teilte sie
den Parteien ihre Absicht mit, zur Frage, ob eine stationäre Massnahme im Sinne
von Art. 59 StGB anzuordnen sei, ein Gutachten einzuholen (Akten des
Obergerichts act. 2125). Nach Eingang der Stellungnahme und der Anträge der
Staatsanwaltschaft und des Beschwerdeführers (Akten des Obergerichts act. 2128
und 2129 ff.) verfügte die Vorinstanz am 12. August 2011 die Einholung des
Gutachtens und und setzte den Chefarzt des Forensisch-Psychiatrischen Dienstes
der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich als Gutachter ein (Akten des
Obergerichts act. 2137 ff.). Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15. Juni 2012
verzichtete die Vorinstanz auf die Anordnung einer stationären Massnahme.

Aus diesem Ablauf der einzelnen Verfahrensschritte ergibt sich, dass mit
Rekursentscheid des Regierungsrates des Kantons Schaffhausen das
Aufhebungsverfahren abgeschlossen und mit der Mitteilung der Vorinstanz vom 7.
Januar 2011, spätestens aber mit Verfügung vom 10. März 2011, das nachträgliche
Verfahren zur Prüfung der Anordnung einer sichernden Massnahme eingeleitet
wurde. Damit war das Verfahren bei Inkrafttreten des neuen Rechts noch nicht
hängig. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz kommt daher die neue StPO zur
Anwendung. Ob sachlich die Vorinstanz oder das erstinstanzliche Kantonsgericht,
welches die ambulante Massnahme ursprünglich angeordnet hatte, zuständig ist,
muss hier mangels entsprechender Rüge nicht geprüft werden.

2.
2.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Auferlegung der Verfahrenskosten
für das nachträgliche Verfahren. Der Verzicht auf eine stationäre Massnahme sei
in Bezug auf die Kostenverlegung gleich zu behandeln wie ein Freispruch oder
eine Einstellung des Verfahrens. In diesem Fall seien die Kosten grundsätzlich
auf die Staatskasse zu nehmen. Der Betroffene werde nur kostenpflichtig, wenn
er rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder
dessen Durchführung erschwert habe. Dies treffe auf ihn nicht zu. Er habe sich
im Strafvollzug wohl verhalten und sich in der ambulant durchgeführten Therapie
im Rahmen seiner Möglichkeiten willig und engagiert gezeigt und dementsprechend
Fortschritte erzielt. Er habe sich lediglich geweigert, an
gruppentherapeutischen Settings des Psychiatrisch-Psychologischen Dienstes
(PPD) teilzunehmen. Er habe jedoch mehrfach bekräftigt, die Einzeltherapie
weiterführen zu wollen. Dennoch habe das Amt für Justiz und Gemeinden die
vollzugsbegleitende Massnahme in der Folge eingestellt. Die Voraussetzungen für
die Prüfung einer nachträglichen Anordnung einer stationären Massnahme seien
nicht erfüllt gewesen. Es hätten keine gewichtigen Hinweise für eine schwere
psychische Störung bestanden, welche ohne Behandlung die öffentliche Sicherheit
gefährdet hätte. Dementsprechend sei auch nicht notwendig gewesen, nur deswegen
die Prüfung einer stationären Massnahme zu beantragen, weil er sich nicht in
ein gruppentherapeutisches Konzept einbinden liess. Im Übrigen habe bereits das
Erstgutachten vom 8. September 2004 eine stationäre Massnahme als unzweckmässig
beurteilt. Die Anhebung eines Nachverfahrens sei mithin weder gesetzlich
notwendig noch sachlich gerechtfertigt gewesen. Es bestehe kein adäquat
kausaler Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und der Durchführung des
Nachverfahrens. In jedem Fall fehle es an einem schuldhaften Verhalten. Wie
sich aus dem neuen Gutachten vom 29. Februar 2012 ergebe, sei ihm bedingt durch
seine Persönlichkeitsstruktur zumindest erschwert gewesen, sich unvorbereitet
einer Gruppentherapie zu unterziehen. Für seine Weigerung seien mithin
erhebliche psychische Defizite ursächlich, welche von den Verantwortlichen des
PPD nicht erkannt worden seien. Schliesslich habe die Vorinstanz auch seine
finanzielle Situation nicht berücksichtigt. Er verfüge abgesehen von seinem
Pekulium weder über Einkünfte noch Vermögen. Kosten in der Höhe von CHF
28'890.-- seien in hohem Masse geeignet, ihn kurz vor seiner bedingten
Entlassung erheblich zu belasten und seine Resozialisierung und Integration im
Alltag zu erschweren (Beschwerde S. 5 ff.).

2.2 Die Vorinstanz nimmt an, der Beschwerdeführer habe mit der Tatbegehung und
grundsätzlich auch mit seinem Verhalten im Massnahmenvollzug das Verfahren
verursacht und insbesondere eine aufwändige Begutachtung notwendig gemacht. Er
werde deshalb praxisgemäss kostenpflichtig. Es sei allerdings zu
berücksichtigen, dass es ihm seine rigid-zwanghaften, schizoiden und
narzisstischen Persönlichkeitszüge schwer gemacht hätten, sich auf den Versuch
einer Gruppentherapie einzulassen. Ausserdem wäre es möglicherweise hilfreich
gewesen, ihn an die neue Therapeutin anzugewöhnen und ihn schrittweise, mit
klaren inhaltlichen Vorgaben in die Gruppentherapie zu integrieren. Dem
Beschwerdeführer könne unter diesen Umständen das Scheitern der
vollzugsbegleitenden Massnahme nicht vollständig angelastet werden. Es
rechtfertige sich, die Kosten für das dadurch ausgelöste vorliegende Verfahren
leicht zu reduzieren und ihm lediglich im Umfang von drei Vierteln
aufzuerlegen. Dafür spreche auch, dass dem Beschwerdeführer die
Resozialisierung nicht unnötig erschwert werden solle (angefochtener Beschluss
S. 31 f.).

3.
3.1 Die Verlegung der Kosten (Art. 422 StPO) richtet sich nach dem Grundsatz,
wonach Kosten zu tragen hat, wer sie verursacht (Urteil des Bundesgerichts
6B_93/2012 vom 26.9.2012, E. 4.4.1, zur Publikation vorgesehen). So gründet die
Kostentragungspflicht des Beschuldigten im Falle eines Schuldspruchs (Art. 426
Abs. 1 StPO) auf der Annahme, dass er Einleitung und Durchführung des
Strafverfahrens als Folge seiner Tat veranlasst und daher zur Tragung der
Verfahrenskosten verpflichtet sein soll (Urteil des Bundesgerichts 6B_93/2012
vom 26.9.2012 E. 4.4.1 mit Hinweisen, zur Publikation vorgesehen; SCHMID,
Praxiskommentar, Art. 426 N 1; ders., Handbuch, N 1782). Erforderlich ist ein
adäquater Kausalzusammenhang zwischen dem zur Verurteilung führenden strafbaren
Verhalten und den durch die Abklärung entstandenen Kosten (YVONA GRIESSER, in:
Donatsch/Hansjakob/Lieber Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung
[StPO], 2010, N 426 N 3/18; THOMAS DOMEISEN, in: Basler Kommentar,
Strafprozessordnung, 2011, Art. 426 StPO N 3).

Wird das Verfahren eingestellt oder die beschuldigte Person freigesprochen,
können ihr nach Art. 426 Abs. 2 StPO die Verfahrenskosten ganz oder teilweise
auferlegt werden, wenn sie rechtswidrig und schuldhaft die Einleitung des
Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung erschwert hat. Gemäss Art. 416 StPO
sind die Bestimmungen über die Verfahrenskosten für alle nach Massgabe der StPO
geführten Strafverfahren anwendbar, mithin auch für Verfahren bei
selbstständigen nachträglichen Entscheiden des Gerichts nach Art. 363 ff. StPO.

3.2 Der Justizvollzug stellte in seiner Verfügung vom 24. Februar 2010 den
Antrag, es sei eine stationäre psychotherapeutische Massnahme anstelle des
Strafvollzugs zu prüfen. Das Amt gelangte zum Schluss, dem Beschwerdeführer sei
es nicht gelungen, sich dem auf seine Persönlichkeitsstörung zugeschnittene
Behandlungssetting zu unterziehen. Die Fortführung der ambulanten Massnahme sei
daher aussichtslos. Der PPD führte in seinem Abschlussbericht vom 26. November
2009 aus, die Verweigerungshaltung des Beschwerdeführers verdeutliche das
Ausmass der Persönlichkeitsstörung und die Dringlichkeit einer umfassenden
delikts- und persönlichkeitsorientierten Behandlung (Vollzugsakten act. 318
ff.; angefochtener Beschluss S. 14 a.E.). Sowohl der Justizvollzug als auch der
PPD stützen sich für ihre Auffassung auf das Gutachten der Psychiatrischen
Klinik Rheinau vom 8. September 2004, welches dem Beschwerdeführer eine
narzisstische Persönlichkeitsstörung sowie eine Anpassungsstörung attestiert
(Vollzugsakten act. 107). Demgegenüber diagnostiziert das Gutachten der
Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich vom 29. Februar 2012 (Akten des
Obergerichts act. 2151 ff.) dem Beschwerdeführer eine Persönlichkeit mit
rigid-zwanghaften, schizoiden und narzisstischen Zügen sowie einen Zustand nach
mittelgradiger depressiver Episode in 2003/2004 (Gutachten, act. 2211). Diese
Diagnose grenzt sich von derjenigen des Erstgutachtens der Psychiatrischen
Klinik Rheinau ab. Nach dem neuen Gutachten waren die bisherigen
Therapiebemühungen auf die narzisstischen Persönlichkeitsanteile fokussiert,
wobei die rigiden und um Kontrolle bemühten Persönlichkeitsanteile als Ausdruck
eines narzisstisch-dissozialen Dominanzstrebens missdeutet worden seien. Beim
Beschwerdeführer gehe es aber nicht um für narzisstisch-dissoziale
Gewaltstraftäter charakteristische Dominanzbestrebungen, sondern um
rigid-zwanghafte und schizoide Persönlichkeitsanteile und Unsicherheiten in der
sozialen Interaktion. Diese hätten es dem Beschwerdeführer schwer gemacht, sich
auf den Versuch einer Gruppentherapie einzulassen. Eine schwere psychische
Störung verneint das Gutachten. Die Rückfallgefahr schätzt es auch ohne
psychotherapeutische Behandlung als gering ein (Gutachten, act. 2214 ff., 2222
f.; vgl. auch angefochtener Beschluss S. 15 ff.).

3.3 Die Vorinstanz begründet ihren Kostenentscheid einerseits damit, dass der
Beschwerdeführer mit der Tatbegehung Anlass für das nachträgliche Verfahren
gegeben habe. Diese Auffassung hält vor Bundesrecht nicht stand. Die
Auferlegung der Kosten erfordert einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen
der Straftat und den entstandenen Kosten. Ein solcher ist hier nicht
ersichtlich. Es mag zutreffen, dass das Tötungsdelikt, dessen der
Beschwerdeführer schuldig gesprochen worden ist, als natürliche Ursache für das
nachträgliche Verfahren angesehen werden kann. Es lässt sich indes nicht sagen,
dass das ursprüngliche Delikt nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den
Erfahrungen des Lebens Ursache für das nachträgliche Verfahren war.

Zum andern nimmt die Vorinstanz an, der Beschwerdeführer habe das Verfahren und
insbesondere die aufwändige Begutachtung durch sein Verhalten im
Massnahmenvollzug verursacht. Auch diese Begründung überzeugt nicht. Aufgrund
des neuen psychiatrischen Gutachtens ist davon auszugehen, dass die Weigerung
des Beschwerdeführers, sich auf die Gruppentherapie einzulassen, im
Zusammenhang mit seiner rigid-zwanghaften und schizoiden Persönlichkeit und
seinen Unsicherheiten in der sozialen Interaktion steht, welche jedoch nicht
als schwere psychische Störung einzuordnen sind. Anlass für die Annahme, es
könnte beim Beschwerdeführer eine schwere psychische Störung vorliegen, die
eine stationäre therapeutische Massnahme erforderlich machte, bestand
offensichtlich nicht. Die Aufhebung der ambulanten Therapie und der Antrag auf
Einleitung eines nachträglichen Verfahrens beruht auf einer Fehleinschätzung
des PPD.

Im Übrigen könnten dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens in analoger
Anwendung von Art. 426 Abs. 2 StPO nur auferlegt werden, wenn er rechtswidrig
und schuldhaft die Einleitung des Verfahrens bewirkt oder dessen Durchführung
erschwert hat. Dies ist nicht der Fall. Die Vorinstanz leitete das
nachträgliche Verfahren auf Antrag des Justizvollzugs ein. Aus ihrer Mitteilung
an den Beschwerdeführer vom 30. Mai 2011 (Akten des Obergerichts act. 2125)
geht hervor, dass die Initiative für die Einholung eines neuen psychiatrischen
Gutachtens von ihr ausging. Zwar stellte der Beschwerdeführer in seiner Eingabe
vom 10. Juni 2011 (Akten des Obergerichts act. 2129) selbst den Antrag, es sei
ein unabhängiges forensisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen, doch erfolgte
dies allein aufgrund der Einladung der Vorinstanz, sich zur Bestellung des
Gutachters sowie zu den vorgesehenen Fragen zu äussern und gegebenenfalls
Anträge zu stellen. In seiner Eingabe vom 27. März 2012 stellte der
Beschwerdeführer den Antrag, es sei auf die nachträgliche Anordnung einer
stationären Massnahme im Sinne von Art. 59 StGB zu verzichten (Akten des
Obergerichts act. 2257). Mit diesem Antrag ist er durchgedrungen. Nach dem
Gutachten haben es die rigid-zwanghaften und schizoiden Persönlichkeitsanteile
dem Beschwerdeführer schwer gemacht, sich auf den Versuch einer Gruppentherapie
einzulassen. Damit hat er das nachträgliche Verfahren zur Prüfung einer
stationären Massnahme jedenfalls nicht in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise
verursacht (vgl. BGE 119 Ia 332 E. 1b).

Bei diesem Ergebnis kann offenbleiben, ob im Lichte von Art. 426 Abs. 3 lit. a
StPO, nach welchem die beschuldigte Person diejenigen Verfahrenskosten nicht
trägt, welche die Strafbehörden von Bund oder Kantonen durch unnötige oder
fehlerhafte Verfahrenshandlungen verursacht haben, auf die Kostenauflage zu
verzichten ist. Zwar fand die in den Entwürfen vorgesehene Möglichkeit der
Übernahme unverhältnismässiger hoher Kosten auf die Staatskasse, etwa bei
Gutachterkosten in einem Bagatellfall, keinen Eingang ins Gesetz. Doch könnten
diese Konstellationen als Anwendungsfall nicht kausal verursachter Kosten im
Sinne von Art. 426 Abs. 3 lit. a bezeichnet werden (SCHMID, Handbuch, N 1784
Fn. 52; ders., Praxiskommentar, Art. 426 N 10; DOMEISEN, a.a.O., Art. 426 StPO
N 15).

Die Beschwerde erweist sich als begründet.

4.
Die Beschwerde ist gutzuheissen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine
Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und 4 BGG). Der Kanton Schaffhausen hat den
Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu
entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
wird gegenstandslos; die Entschädigung ist praxisgemäss dem Vertreter des
Beschwerdeführers auszurichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons
Schaffhausen vom 15. Juni 2012 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung
an die Vorinstanz zurückgewiesen.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Der Kanton Schaffhausen hat dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers für das
bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- auszurichten.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. November 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Boog