Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.319/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_319/2012

Urteil vom 10. Juli 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Denys,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Bahnhofstrasse 29, 8200
Schaffhausen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Mehrfache ungetreue Geschäftsbesorgung
(Art. 158 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 StGB),
mehrfacher Betrug (Art. 146 Abs. 1);
Strafzumessung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Schaffhausen vom 30. März 2012.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Das Obergericht des Kantons Schaffhausen sprach X.________ im
Berufungsverfahren am 30. März 2012 der mehrfachen ungetreuen
Geschäftsbesorgung, des mehrfachen Betrugs, des geringfügigen Betrugs, der
Übertretung des Bundesgesetzes über die AHV, der geringfügigen Verfügung über
mit Beschlag belegte Gegenstände sowie des Fahrens eines Motorfahrzeugs ohne
Haftpflichtversicherung schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von
240 Tagessätzen zu Fr. 60.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei
Jahren, sowie zu einer Busse von Fr. 1'000.-- bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe
von 17 Tagen.

X.________ wendet sich mit Beschwerde ans Bundesgericht und beantragt, er sei
von Schuld und Strafe freizusprechen. Es sei insbesondere zu prüfen, ob das
Urteil des Obergerichts nicht hinsichtlich der Verurteilung wegen ungetreuer
Geschäftsbesorgung und Betrugs aufzuheben und die Strafzumessung entsprechend
anzupassen sei. Eventualiter sei die Strafe massiv zu reduzieren (vgl.
Beschwerde S. 1/2).

2.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens kann nur das letztinstanzliche kantonale
Urteil sein (Art. 80 Abs. 1 BGG). Soweit sich der Beschwerdeführer auf das
erstinstanzliche Urteil des Kantonsgerichts Schaffhausen bezieht (z.B.
Beschwerde S. 2, 7), ist darauf nicht einzutreten.

3.
Mit den Schuldsprüchen der Übertretung des Bundesgesetzes über die AHV, der
geringfügigen Verfügung über mit Beschlag belegte Gegenstände und des Fahrens
ohne Haftpflichtversicherung befasst sich der Beschwerdeführer nicht. Insoweit
ist auf seinen Antrag, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen, nicht
einzutreten.

4.
Im formeller Hinsicht rügt der Beschwerdeführer, bei einer Konfrontation sei
seinerseits kein Verteidiger anwesend gewesen, was klar rechtswidrig sei
(Beschwerde S. 6). Er macht indessen nicht geltend, dass sein Verteidiger, der
eine Kopie der Vorladung erhalten hatte (KA act. 439), ein Gesuch gestellt
hätte, an der Einvernahme teilzunehmen. Folglich ist von vornherein nicht
ersichtlich, dass und inwieweit eine Rechtswidrigkeit vorliegen könnte.

5.
Das Bundesgericht ist grundsätzlich an die tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diese können nur gerügt werden, wenn
sie offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich
im Sinne von Art. 9 BV sind. Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid
im bemängelten Punkt offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen
Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem
Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft (BGE 137 I 1 E. 2.4). Die angebliche
Willkür ist präzise zu rügen, und die Rüge ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2
BGG). Diesen Voraussetzungen genügen die Ausführungen in der Beschwerdeschrift
unter dem Titel "Beweise und deren Würdigung" (vgl. Beschwerde S. 7-9) nicht.

6.
In Bezug auf die mehrfache ungetreue Geschäftsbesorgung zum Nachteil der
A.________ AG kann in Anwendung von Art. 109 Abs. 3 BGG auf die Ausführungen
der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtenen Entscheid S. 3/4 Ziff. 1
sowie S. 13-16 lit. e).

Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe als Verwaltungsratspräsident und
Geschäftsführer der A.________ AG, die seit ihrer Gründung am 7. Januar 2005
bis zur Löschung des Beschwerdeführers im Handelsregister am 7. November 2005
keine Geschäftstätigkeit aufnahm und auch keine Einnahmen erzielte, 18
SIM-Karten und elf Tankkarten bezogen und diese teilweise selber zur Bezahlung
von Telefongesprächen und zum Tanken verwendet oder sie Dritten zur Benützung
überlassen, was zu geschäftsmässig nicht begründeten Kosten für die A.________
AG von Fr. 23'239.50 führte.

Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt (vgl. Beschwerde S. 4-7), dringt
nicht durch. Soweit er die Beweiswürdigung bzw. die tatsächlichen
Feststellungen der Vorinstanz rügt, legt er nicht dar, dass und inwieweit die
Vorinstanz in Willkür im oben in E. 5 dargelegten Sinn verfallen sein könnte.
So macht er z.B. geltend, er sei nicht Geschäftsführer gewesen (Beschwerde S.
6). Die Vorinstanz stützt sich indessen auf seine eigenen Aussagen, wonach er
Geschäftsführer gewesen sei und die Gesamtleitung innegehabt habe
(angefochtener Entscheid S. 14). Was daran willkürlich sein könnte, ist aus der
Beschwerde nicht ersichtlich. Woraus sich ergeben soll, dass er die ihm
angelasteten Handlungen vorgenommen habe, "um die Firma auf den Start
vorzubereiten" (Beschwerde S. 7), sagt der Beschwerdeführer ebenfalls nicht.
Das Vorbringen, weil man auf Baustellen habe tätig sein wollen, seien Benzin-
und Telefonkarten benötigt worden, genügt als Nachweis dafür, dass die
entstandenen Kosten geschäftsmässig begründet gewesen wären, nicht.

Zur Hauptsache macht der Beschwerdeführer geltend, er sei ein blosser Strohmann
gewesen (Beschwerde S. 5/6). Dazu stellt die Vorinstanz zu Recht fest, auch
derjenige, der sich als Strohmann benutzen lasse, sei Träger der Treuepflicht
gemäss Art. 717 OR (angefochtener Entscheid S. 14 mit Hinweisen; vgl. auch
TRECHSEL/CRAMERI, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, N 5
zu Art. 158).

Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer für die Weitergabe der Karten an
die Drittpersonen nicht bezahlen liess (Beschwerde S. 4), ändert nichts, da die
Absicht, andere unrechtmässig zu bereichern, zur Erfüllung des Tatbestands von
Art. 158 Ziff. 1 Abs. 3 StGB ausreicht.

7.
In Bezug auf den mehrfachen, teilweise geringfügigen Betrug kann auf die
Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtenen Entscheid S. 4
Ziff. 2, S. 5/6 Ziff. 1 und 2 sowie S. 17-20 lit. a-c).

Der Beschwerdeführer bot auf Internetplattformen unter einem Pseudonym Artikel
an, die er nach der Bezahlung durch die Ersteigerer nicht lieferte. Nur im Fall
einer bei ebay versteigerten Natel-Easy-Karte (angefochtener Entscheid S. 4
Ziff. 2) ist er in Bezug auf den Sachverhalt nicht geständig (Beschwerde S. 2).
Er legt jedoch nicht dar, dass und inwieweit die tatsächlichen Annahmen der
Vorinstanz willkürlich im oben in E. 5 dargelegten Sinn sein könnten.

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer der Ansicht, sein Verhalten sei nicht
arglistig gewesen (vgl. Beschwerde S. 2-4). Indessen bestreitet er nicht, dass
er bereits zum Zeitpunkt der jeweiligen Vertragsabschlüsse die Absicht hatte,
der Pflicht zur Lieferung der Ware nicht nachzukommen und den vorausbezahlten
Kaufpreis ohne Gegenleistung für sich zu behalten. Ein solches Verhalten ist
arglistig, wie das Bundesgericht erst kürzlich in einem Entscheid bestätigte,
der ebenfalls Versteigerungen über Internetplattformen zum Gegenstand hatte
(Urteil 6B_663/2011 vom 2. Februar 2012, E. 2.5.1). Dies gilt insbesondere,
wenn der Täter, wie die Vorinstanz es im Falle des Beschwerdeführers
feststellt, schon lange bei den betreffenden Plattformen registriert war und
über gute bis zur Hauptsache sogar sehr gute Bewertungen verfügte
(angefochtener Entscheid S. 19). Eine Ähnlichkeit mit Fällen, in denen ein
Unbekannter auf der Strasse einen Laptop verkaufen will (Beschwerde S. 3),
liegt offensichtlich nicht vor. Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer aus
einer Notlage heraus handelte (Beschwerde S. 3), ändert an der Arglistigkeit
seines Verhalten nichts.

8.
Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden
des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse
und die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des
Verschuldens richtet sich gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung nach der Schwere
der Verletzung oder der Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der
Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie
danach, wie weit er nach den innern und äussern Umständen in der Lage war, die
Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Es liegt im Ermessen des Sachgerichts,
in welchem Umfang es den verschiedenen Strafzumessungsfaktoren Rechnung trägt.
Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen
Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser
Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (BGE 134 IV 17 E. 2.1 mit Hinweisen). In Bezug auf die
Strafzumessung kann auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl.
angefochtenen Entscheid S. 21-24).

Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Verschulden sei leicht, die Strafe sei
zu reduzieren, weil er sich selber angezeigt habe, und die Vorstrafe existiere
nicht mehr, weshalb sie nicht hätte berücksichtigt werden dürfen (vgl.
Beschwerde S. 9).

Demgegenüber kommt die Vorinstanz zum Schluss, das Verschulden wiege nicht
leicht, da der Beschwerdeführer eine eigentliche Deliktsserie begangen und
dabei eine erhebliche kriminelle Energie an den Tag gelegt habe (angefochtener
Entscheid S. 23). Weiter berücksichtigt sie das Geständnis in Bezug auf die
Betrügereien leicht strafmindernd, habe der Beschwerdeführer die Tatbestände
doch aus eigenem Antrieb zur Anzeige gebracht, wenn auch erst nachdem er dem
Sozialamt erklären musste, woher er das Geld hatte (angefochtener Entscheid S.
24). Beide Erwägungen sind nicht zu beanstanden.
Das Vorbringen des Beschwerdeführer in Bezug auf die Vorstrafe geht an der
Sache vorbei. In dem von ihm zitierten Entscheid der Vorinstanz vom 19.
Dezember 2008 stellt diese sinngemäss fest, gegen das Bussenurteil des
Kantonsgerichts vom 1. März 2005 habe der Beschwerdeführer Berufung eingelegt,
worauf das Obergericht am 28. April 2006 selber eine Busse ausgefällt habe,
welche an Stelle der Busse vom 1. März 2005 getreten sei, die nun nicht mehr
existiere (S. 4). Demgegenüber "existiert" die am 28. April 2006 ausgesprochene
Busse sehr wohl noch, weshalb die Vorinstanz diese zu Lasten des
Beschwerdeführers berücksichtigen durfte (angefochtener Entscheid S. 24).

Gesamthaft gesehen ergibt sich aus der Beschwerde nicht und ist auch nicht
ersichtlich, dass und inwieweit die Vorinstanz bei der Strafzumessung das Recht
im Sinne von Art. 95 BGG verletzt bzw. ihr Ermessen überschritten oder
missbraucht hätte.

9.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege ist in Anwendung von Art. 64 BGG abzuweisen, weil
die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der finanziellen Lage des
Beschwerdeführers (vgl. angefochtenen Entscheid S. 22), ist bei der Bemessung
der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Schaffhausen
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 10. Juli 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Monn