Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.310/2012
Zurück zum Index Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2012
Retour à l'indice Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_310/2012

Urteil vom 11. Dezember 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Denys, Schöbi,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
1. A.X.________,
2. B.X.________,
3. C.X.________,
vertreten durch Advokat Alain Joset,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
2. Y.________,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Entschädigungsforderung nach Art. 433 StPO,

Beschwerde gegen die Verfügung des Obergerichts
des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 22. März 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg verurteilte Y.________ mit
Strafbefehl vom 29. Juni 2011 wegen grober Verletzung der Verkehrsregeln und
mehrfacher einfacher Körperverletzung zum Nachteil von A.X.________ und
B.X.________ zu einer bedingten Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu Fr. 100.--
und einer Busse von Fr. 1'500.--. Die Zivilforderungen verwies sie auf den
Zivilweg.

B.
A.X.________ und B.X.________ erhoben gegen den Strafbefehl Einsprache und
beantragten die vollumfängliche Gutheissung ihrer Entschädigungsforderung durch
die Staatsanwaltschaft im Strafverfahren. Eventualiter sei die geltend gemachte
Entschädigungsforderung durch das Strafgericht zu beurteilen. Das
Gerichtspräsidium Rheinfelden wies die Einsprache mit Verfügung vom 23. Februar
2012 ab.
Die Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts des Kantons Aargau trat
auf die Beschwerde von A.X.________, B.X.________ und C.X.________ gegen diesen
Entscheid mit Verfügung vom 22. März 2012 nicht ein.

C.
A.X.________, B.X.________ und C.X.________ führen Beschwerde in Strafsachen
mit den Anträgen, die Verfügung des Obergerichts vom 22. März 2012 aufzuheben
und ihnen eine Entschädigung von Fr. 4'492.25 zuzusprechen. Eventualiter sei
die Angelegenheit zur erneuten Beurteilung und Festlegung einer durch den
Beschuldigten an sie zu bezahlenden angemessenen Entschädigung nach Art. 433
StPO an die Vorinstanz zurückzuweisen.

D.
Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft verzichten auf eine Stellungnahme.
Y.________ liess sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.
Am 1. Januar 2011 trat die Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober
2007 (StPO; SR 312.0) in Kraft. Das vorliegende Verfahren richtet sich nach
neuem Recht (vgl. Art. 448 Abs. 1 StPO).

2.
2.1 Zur Beschwerde in Strafsachen ist gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG
berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine
Möglichkeit zur Teilnahme erhalten und ein rechtlich geschütztes Interesse an
der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat.

2.2 Die Vorinstanz trat auf die Beschwerde des Beschwerdeführers 3 nicht ein,
weil er gegen den Strafbefehl keine Einsprache erhoben hatte (Urteil E. 2 S.
3). Der Beschwerdeführer 3 beanstandet dies nicht. Auf seine Beschwerde ist
nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 BGG).

2.3 Die Beschwerdeführer 1 und 2 nahmen sowohl am Einspracheverfahren als auch
am kantonalen Beschwerdeverfahren teil. Auf ihre Beschwerde in Strafsachen ist
einzutreten, soweit sie geltend machen, ihnen sei zu Unrecht keine
Entschädigung für die private Verteidigung zugesprochen worden (BGE 135 IV 43
E. 1.1.1).

3.
3.1 Die Vorinstanz erwägt, die Privatklägerschaft sei zur Einsprache gegen
einen Strafbefehl nicht legitimiert (Art. 354 StPO). Da bei einer Erledigung
des Strafverfahrens durch einen Strafbefehl die nicht anerkannten
Zivilansprüche zwingend auf den Zivilweg zu verweisen seien (Art. 353 Abs. 2
StPO), habe der Gesetzgeber diese Beschränkung des Einspracherechts für
gerechtfertigt gehalten. Dieser gesetzgeberische Wille sei zu respektieren.
Insbesondere liege keine Gesetzeslücke vor, die vom Richter gefüllt werden
könnte. Fehle der Privatklägerschaft bereits die Legitimation zur Einsprache
gegen einen Strafbefehl, sei sie auch zur Beschwerde nicht legitimiert. Auf die
Beschwerde sei deshalb nicht einzutreten (Urteil E. 2 S. 3). Der Umstand, dass
die Privatklägerschaft in einem Verfahren, das mit Strafbefehl abgeschlossen
werde, eine Parteientschädigung im Sinne von Art. 433 StPO geltend mache, führe
weder dazu, dass ihr im Strafbefehl eine Entschädigung zuzusprechen wäre, noch
dass sie diesbezüglich zur Einsprache oder Beschwerde legitimiert wäre. Seien
im Strafbefehlsverfahren nicht anerkannte Zivilforderungen von Gesetzes wegen
auf den Zivilweg zu verweisen, und habe die Privatklägerschaft nach dem Willen
des Gesetzgebers weder ein Einsprache- noch ein Beschwerderecht, so sei ihr im
Strafbefehl auch keine Parteientschädigung im Sinne von Art. 433 StPO
zuzusprechen. Vielmehr habe sie ihre notwendigen Aufwendungen zusammen mit der
nicht anerkannten Zivilforderung auf dem Zivilweg geltend zu machen. Ein
Auseinanderfallen von Zivilforderung und Parteientschädigung sei gesetzlich
nicht vorgesehen und rechtfertige sich auch nicht (Urteil E. 3 S. 3 f.).

3.2 Die Beschwerdeführer 1 und 2 rügen, sie hätten mit Eingabe vom 7. Juni 2011
neben der geltend gemachten Zivilforderung eine Entschädigung von Fr. 4'492.25
für die ihnen erwachsenen Anwaltskosten beantragt. Die Entschädigungsforderung
sei mittels den entsprechenden Honorarnoten rechtsgenügend substantiiert
worden. Über die Entschädigungsforderung sei im Strafverfahren gegen den
Beschwerdegegner 2 in Verletzung von Art. 353 Abs. 1 lit. g i.V.m. Art. 433
StPO nicht befunden worden. Aufgrund der nicht zugesprochenen Entschädigung
nach Art. 433 StPO hätten sie als "weitere Betroffene" im Sinne von Art. 354
Abs. 1 lit. b StPO zu gelten. Als solche seien sie zur Einsprache resp. zur
Beschwerde legitimiert.

3.3 Im Schrifttum wird die Frage nach dem Anspruch der Privatklägerschaft auf
eine Parteientschädigung unterschiedlich beantwortet, wenn es zu einer
Verurteilung der beschuldigten Person kommt, die Zivilforderung jedoch auf den
Zivilweg verwiesen wird. Einzelne Autoren stellen die Kosten der anwaltlichen
Verteidigung der Privatklägerschaft den Zivilforderungen gleich, welche bei
Erlass eines Strafbefehls in Anwendung von Art. 353 Abs. 2 StPO auf den
Zivilweg zu verweisen sind, wenn die beschuldigte Person diese nicht anerkennt
(vgl. WEHRENBERG/BERNHARD, in: Basler Kommentar, Schweizerische
Strafprozessordnung, 2011, N. 7 zu Art. 433 StPO; ANNETTE DOLGE, in: Basler
Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 59 zu Art. 126 StPO).
Nach einer anderen Lehrmeinung ist hingegen zwischen dem Obsiegen der
Privatklägerschaft im Strafpunkt und dem Zivilpunkt zu unterscheiden. Verlangt
die geschädigte Person eine Verurteilung des Beschuldigten und tritt sie
demnach als Strafklägerin auf, ist sie gemäss dieser Auffassung im Falle eines
Schuldspruchs als obsiegende Partei für die ihr im Zusammenhang mit der
Strafklage erwachsenen Anwaltskosten im Strafverfahren zu entschädigen. Soweit
sie als Zivilklägerin handelt, setzt eine Entschädigung nach diesen Autoren
zudem voraus, dass die Zivilklage zumindest teilweise gutgeheissen oder vom
Beschuldigten anerkannt wurde (vgl. MIZEL/RÉTORNAZ, in: Commentaire romand,
Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 2 zu Art. 433 StPO; FRANZ RIKLIN, in:
Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 13 zu Art. 354
StPO; YVONA GRIESSER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung,
Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2010, N. 2 f. zu Art. 433 StPO; siehe auch
den Begleitbericht des Bundesamtes für Justiz vom Juni 2001 zum Vorentwurf für
eine Schweizerische Strafprozessordnung, S. 293 f.).
NIKLAUS SCHMID und VIKTOR LIEBER stellen sich die Frage, ob die Verweisung der
Zivilansprüche der Privatklägerschaft auf den Zivilweg als Unterliegen im Sinne
von Art. 432 Abs. 1 StPO zu betrachten ist. Die Frage drängt sich auf, da auch
Art. 427 Abs. 1 lit. c StPO die Privatklägerschaft, deren Zivilforderung auf
den Zivilweg verwiesen wird, grundsätzlich als unterliegende Partei behandelt,
welcher die durch die Anträge zum Zivilpunkt verursachten Kosten auferlegt
werden können. Die Autoren gelangen zum Ergebnis, nicht alle Fälle der
Verweisung der Zivilforderung auf den Zivilweg kämen einem Obsiegen der
beschuldigten Person im Sinne von Art. 432 Abs. 1 StPO gleich, namentlich
nicht, wenn ein Strafbefehl ergehe (NIKLAUS SCHMID, Schweizerische
Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 7 zu Art. 126 StPO und N. 2 zu
Art. 432 StPO; DERS., Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2009, FN
158 S. 292; VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen
Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2010, N. 12 zu Art. 126
StPO). NIKLAUS SCHMID weist des Weiteren darauf hin, dass nach der früheren
Praxis in einigen Kantonen Ansprüche der Privatklägerschaft gegen die
beschuldigte Person auch bestanden, wenn die Zivilansprüche auf den Zivilweg
verwiesen wurden. Er schlägt vor, der Privatklägerschaft im Strafverfahren
mindestens dort, wo sich diese die Verweisung auf den Zivilweg nicht
zuzuschreiben hat (so etwa beim Strafbefehl nach Art. 126 Abs. 2 lit. a StPO),
die unmittelbar für das Strafverfahren notwendigen Bemühungen nach
richterlichem Ermessen zu entschädigen (SCHMID, Praxiskommentar, a.a.O., N. 7
zu Art. 433 StPO; DERS., Handbuch, a.a.O., N. 1830 S. 841).

3.4 Die Frage ist auch in der kantonalen Rechtsprechung kontrovers (vgl. Urteil
des Obergerichts des Kantons Zürich Nr. SB110338 vom 2. November 2011 E. 5;
anders als das Kantonsgericht Aargau entschied das Obergericht Zürich, die
Privatklägerschaft sei bei Erledigung des Strafverfahrens durch Strafbefehl und
Verweis der Zivilforderung auf den Zivilweg im Rahmen von Art. 433 StPO für
ihre notwendigen Aufwendungen als Straf- und Zivilklägerin zu entschädigen).

4.
4.1 Die Parteikosten - im Wesentlichen die Kosten für die private oder amtliche
Verteidigung - sind untrennbar mit dem Strafverfahren verbunden und wie die
Verfahrenskosten vom Strafrichter mit der Hauptsache oder mit separatem
Entscheid zu beurteilen. Sie können mit anderen Forderungen aus unerlaubter
Handlung nicht gleichgesetzt werden (BGE 135 IV 43 E. 1.1.1 mit Hinweisen; vgl.
zur Exklusiv- bzw. Ausschlusswirkung der Kosten- und Entschädigungsregeln der
StPO: SCHMID, Handbuch, a.a.O., N. 1760 S. 806 f.; THOMAS DOMEISEN, in: Basler
Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 8 ff. vor Art. 416-436
StPO). Dementsprechend sieht auch die StPO für die Parteikostenentschädigung
bei Erledigung des Verfahrens durch Strafbefehl nicht die gleichen Folgen vor
wie für die (eigentlichen) Zivilforderungen.
Gemäss Art. 353 Abs. 1 lit. g StPO enthält der Strafbefehl die Kosten- und
Entschädigungsfolgen. Damit sind die Art. 429 ff. StPO anwendbar. Die
Bestimmungen des zehnten Titels der StPO über die Verfahrenskosten,
Entschädigung und Genugtuung gelten gemäss Art. 416 StPO für alle Verfahren,
mithin auch für das Strafbefehlsverfahren. Die Staatsanwaltschaft muss im
Strafbefehl somit über die Entschädigungsansprüche der Parteien im Sinne von
Art. 429 ff. StPO befinden. Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO räumt der
Privatklägerschaft gegenüber der beschuldigten Person einen Anspruch auf
angemessene Entschädigung für notwendige Aufwendungen im Verfahren ein, wenn
sie obsiegt. Die Aufwendungen im Sinne von Art. 433 Abs. 1 StPO betreffen in
erster Linie die Anwaltskosten, soweit diese durch die Beteiligung am
Strafverfahren selbst verursacht wurden und für die Wahrung der Interessen der
Privatklägerschaft notwendig waren (SCHMID, Praxiskommentar, a.a.O., N. 3 zu
Art. 433 StPO). Die obsiegende beschuldigte Person hat gegenüber der
Privatklägerschaft Anspruch auf angemessene Entschädigung für die durch die
Anträge zum Zivilpunkt verursachten Aufwendungen (Art. 432 Abs. 1 StPO).
Die Zivilforderungen der Privatklägerschaft sind bei Erlass eines Strafbefehls
gemäss Art. 126 Abs. 2 lit. a und Art. 353 Abs. 2 StPO demgegenüber auf den
Zivilweg zu verweisen, es sei denn, die beschuldigte Person habe diese
anerkannt. Die Anerkennung der Zivilforderung ist im Strafbefehl zu vermerken
(Art. 353 Abs. 2 Satz 1 StPO). Die Staatsanwaltschaft muss von einer
allfälligen Anerkennung der Zivilforderung Vormerk nehmen. Ihr steht
diesbezüglich jedoch keine Entscheidbefugnis zu (DOLGE, a.a.O., N. 33 f. zu
Art. 126 StPO).

4.2 Die Privatklägerschaft ist Partei im Strafverfahren (Art. 104 Abs. 1 lit. b
StPO). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich
erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen
(Art. 118 Abs. 1 StPO). Geschädigt im Sinne von Art. 118 Abs. 1 StPO ist, wer
durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115
Abs. 1 StPO). Der Strafantrag ist der Erklärung nach Art. 118 Abs. 1 StPO
gleichgestellt (Art. 118 Abs. 2 StPO). Die geschädigte Person kann sich gemäss
Art. 119 Abs. 2 lit. a und b StPO als Straf- und/oder Zivilklägerin am
Strafverfahren beteiligen. Strafkläger ist, wer die Verfolgung und Bestrafung
der für die Straftat verantwortlichen Person verlangt (Art. 119 Abs. 2 lit. a
StPO), Zivilkläger, wer adhäsionsweise privatrechtliche Ansprüche geltend
macht, die aus der Straftat abgeleitet werden (Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO).
Die Beschwerdeführer 1 und 2 nahmen am Verfahren gegen den Beschwerdegegner 2
als Zivil- und Strafkläger teil (kant. Akten, Urk. 295/14 f.).

4.3 Kommt es zu einer Verurteilung der beschuldigten Person durch Strafbefehl,
obsiegt die Privatklägerschaft als Strafklägerin. Gestützt auf Art. 353 Abs. 1
lit. g und Art. 416 i.V.m. Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO ist sie für die ihr im
Zusammenhang mit der Strafklage erwachsenen Kosten der privaten Verteidigung zu
entschädigen. Nicht gefolgt werden kann der von der Vorinstanz und einem Teil
der Lehre vertretenen Auffassung, wonach die Privatklägerschaft bei Erlass
eines Strafbefehls auch bezüglich der Verteidigungskosten im Zusammenhang mit
der Strafklage auf den Zivilweg zu verweisen ist. Geschuldet ist nach dem
Wortlaut von Art. 433 Abs. 1 StPO eine angemessene Entschädigung für notwendige
Aufwendungen. Was darunter zu verstehen ist bzw. nach welchen Grundsätzen die
vom Verurteilten an die Privatklägerschaft in ihrer Funktion als Strafkläger zu
entrichtende Entschädigung festzusetzen ist, braucht vorliegend nicht
beantwortet zu werden, da es vorerst ausschliesslich um die Frage geht, ob die
Staatsanwaltschaft im Strafbefehl über die Entschädigungsfolgen nach Art. 433
StPO befinden muss.

4.4 Wird die Zivilklage auf den Zivilweg verwiesen, kann die Privatklägerschaft
in ihrer Funktion als Zivilklägerin indessen nicht als obsiegende und
jedenfalls bei Erlass eines Strafbefehls auch nicht als unterliegende Partei im
Sinne von Art. 432 Abs. 1 StPO gelten (vgl. SCHMID, Praxiskommentar, a.a.O., N.
7 zu Art. 126 StPO und N. 2 zu Art. 432 StPO; DERS., Handbuch, a.a.O., FN 158
S. 292; LIEBER, a.a.O., N. 12 zu Art. 126 StPO). Ausschliesslich mit der
Zivilklage zusammenhängende Anwaltskosten oder anderweitige Auslagen der
Privatklägerschaft, die einzig den Zivilpunkt betreffen, sind im Falle der
Verweisung der Zivilklage auf den Zivilweg daher nicht im Strafverfahren zu
entschädigen. Die Privatklägerschaft muss ihre diesbezüglichen Aufwendungen mit
der Zivilforderung geltend machen (vgl. MIZEL/RÉTORNAZ, a.a.O., N. 2 zu Art.
433 StPO; SCHMID, Handbuch, a.a.O., N. 1830 S. 841). Anders zu entscheiden
würde bedeuten, dass sich die Staatsanwaltschaft vorfrageweise auch zum Bestand
der Zivilforderung äussern müsste, ansonsten eine Verurteilung des
Beschuldigten zu den anwaltlichen Aufwendungen der Privatklägerschaft im
Zivilpunkt nicht denkbar erscheint. Dies wäre mit Blick auf die noch
bevorstehende zivilrechtliche Auseinandersetzung nicht sachgerecht und ist auch
nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft.

4.5 Die Unterscheidung der Anwaltskosten im Strafpunkt von denjenigen im
Zivilpunkt ist gesetzlich vorgesehen. Auch Art. 432 Abs. 1 StPO differenziert
zwischen dem Verteidigungsaufwand im Straf- und im Zivilpunkt (vgl. zudem Art.
427 Abs. 1 StPO für die mit den Anträgen zum Zivilpunkt verursachten
Verfahrenskosten). Die exakte Abgrenzung kann sich als schwierig erweisen. Zu
berücksichtigen ist jedoch, dass die Entschädigung gemäss Art. 433 Abs. 1 StPO
nach Ermessen festgesetzt wird.

5.
5.1 Die Beschwerdeführer 1 und 2 rügen, die Vorinstanz sei auf ihre kantonale
Beschwerde zu Unrecht nicht eingetreten.
5.2
5.2.1 Die Vorinstanz stellt sich fälschlicherweise auf den Standpunkt, die
Beschwerdeführer 1 und 2 seien zur Einsprache gegen den Strafbefehl in Bezug
auf die verweigerte Entschädigung nicht berechtigt.
Die Privatklägerschaft, die mit ihrer Strafklage obsiegt, hat Anspruch auf eine
angemessene Entschädigung für notwendige Auslagen der privaten Verbeiständung
(oben E. 4.3). Ist die Privatklägerschaft der Auffassung, im Strafbefehl sei
ihr zu Unrecht eine Entschädigung ganz oder teilweise verweigert worden, ist
sie als weitere Betroffene im Sinne von Art. 354 Abs. 1 lit. b StPO zur
Einsprache gegen den Strafbefehl legitimiert (RIKLIN, a.a.O., N. 13 zu Art. 354
StPO; SCHMID, Praxiskommentar, a.a.O., N. 6 zu Art. 354 StPO; DERS., Handbuch,
a.a.O., FN 43 S. 623; CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, in: Kommentar zur
Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2010,
N. 5 zu Art. 354 StPO; vgl. auch Urteil des Bundesgerichts 6B_79/2012 vom 13.
August 2012 E. 2.6, zur Publikation vorgesehen, und die dort zitierten
Literaturstellen). Insoweit ist der Strafbefehl auch der Privatklägerschaft
zuzustellen (vgl. Art. 353 Abs. 2 StPO; SCHMID, Handbuch, a.a.O., N. 1360 S.
621; DERS., Praxiskommentar, a.a.O., N. 6 zu Art. 354 StPO; SCHWARZENEGGER,
a.a.O., N. 5 zu Art. 354 StPO). Bezieht sich die Einsprache nur auf die Kosten
und Entschädigungen oder weitere Nebenfolgen, so entscheidet das Gericht in
einem schriftlichen Verfahren, es sei denn, die Einsprache erhebende Person
verlange ausdrücklich eine Verhandlung (Art. 356 Abs. 6 StPO).
5.2.2 Die im bundesrätlichen Entwurf in Art. 358 Abs. 1 lit. b E-StPO noch
vorgesehene Einsprachemöglichkeit der Privatklägerschaft gegen den Strafbefehl
wurde vom Parlament gestrichen (vgl. SCHMID, Handbuch, a.a.O., FN 43 S. 623).
Die Streichung erfolgte auf Antrag der Kommission des Ständerats, welche damit
eine Verbesserung der Effizienz des Strafbefehlsverfahrens erreichen wollte (AB
2006 S 984). Der Bundesrat unterstützte den Änderungsvorschlag anlässlich der
parlamentarischen Beratungen mit der Begründung, die Einsprachemöglichkeit der
Privatklägerschaft sei nicht gerechtfertigt, da im Strafbefehl nicht über
Zivilforderungen entschieden werde und nie ein Freispruch erfolge (AB 2006 S
1050). Dies schliesst nicht aus, dass die Privatklägerschaft gestützt auf die
Generalklausel von Art. 354 Abs. 1 lit. b StPO dennoch zur Einsprache
legitimiert ist, wenn ihr in Verletzung von Art. 433 StPO im Strafbefehl keine
Entschädigung zugesprochen wurde und sie daher als Betroffene im Sinne dieser
Bestimmung zu gelten hat.
5.3
5.3.1 Das Bundesgericht wendet Bundesrecht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Das Bezirksgerichtspräsidium Rheinfelden wies am 23. Februar 2012 die
Einsprache der Beschwerdeführer 1 und 2 gegen den Strafbefehl vom 29. Juni 2011
ab. Es erliess den Entscheid in Form einer Verfügung und wies in der
Rechtsmittelbelehrung darauf hin, dass dieser innert 10 Tagen mit Beschwerde
beim Obergericht des Kantons Aargau angefochten werden kann. Der
vorinstanzliche Entscheid erging im Beschwerdeverfahren nach Art. 393 ff. StPO.
Entscheide, in denen über Straf- und Zivilfragen materiell befunden wird,
ergehen in Form eines Urteils, die anderen Entscheide als Verfügung, wenn sie
von einer Einzelperson gefällt werden (Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO). Der
Entscheid über die Kosten- und Entschädigungsfolgen ist materieller Natur. Er
bildet im erstinstanzlichen Gerichtsverfahren Gegenstand des Urteils (vgl. Art.
81 Abs. 3 lit. a und Abs. 4 lit. b StPO; MARKUS HUG, in: Kommentar zur
Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2010,
N. 6 zu Art. 398 StPO) und kann mit Berufung nach Art. 398 ff. StPO angefochten
werden (Art. 398 Abs. 2 und Art. 399 Abs. 4 lit. f StPO; vgl. auch Art. 406
Abs. 1 lit. d StPO). Die Vorinstanz entschied zu Unrecht im Beschwerdeverfahren
nach Art. 393 ff. StPO. Dass die Beschwerdeführer 1 und 2 Beschwerde anstatt
Berufung erhoben, kann ihnen nicht zum Nachteil gereichen (vgl. Urteil 6B_79/
2012 vom 13. August 2012 E. 2.7, zur Publikation vorgesehen; BGE 117 Ia 297 E.
2).
5.3.2 Beschränkt sich die Berufung auf den Zivilpunkt, so wird das
erstinstanzliche Urteil gemäss Art. 398 Abs. 5 StPO nur so weit überprüft, als
es das am Gerichtsstand anwendbare Zivilprozessrecht vorsehen würde. Nach der
ratio legis von Art. 398 Abs. 5 StPO sollen die im Strafverfahren
adhäsionsweise geltend gemachten Zivilansprüche bezüglich der Rechtsmittel
gegenüber dem Zivilprozess nicht besser gestellt werden, wenn sich die Berufung
nur auf den Zivilpunkt bezieht (BBl 2006 1314). Art. 398 Abs. 5 StPO kommt
nicht zum Tragen, wenn wie vorliegend nicht eine Zivilforderung zur Beurteilung
ansteht, die auch auf dem Zivilweg hätte geltend gemacht werden können, sondern
die untrennbar mit dem Strafverfahren verbundene Entschädigung nach Art. 433
StPO.

6.
6.1 Die Rügen der Beschwerdeführer 1 und 2 sind begründet. Die Beschwerde ist
im Eventualantrag gutzuheissen, der angefochtene Entscheid aufzuheben und die
Sache in Anwendung von Art. 107 Abs. 2 Satz 2 BGG an das Bezirksgericht
Rheinfelden zurückzuweisen zur Prüfung, ob und wenn ja in welchem Umfang für
die Aufwendungen der Beschwerdeführer 1 und 2 als Strafkläger eine
Entschädigung im Sinne von Art. 433 Abs. 1 lit. a StPO geschuldet ist.

6.2 Der Beschwerdegegner 2 stellt vor dem Bundesgericht keine Anträge. Er kann
im bundesgerichtlichen Verfahren nicht als unterliegende Partei gelten.

6.3 Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66
Abs. 4 BGG). Der Kanton Aargau hat die Beschwerdeführer 1 und 2 für das
bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers 3 wird nicht eingetreten.

2.
Die Beschwerde der Beschwerdeführer 1 und 2 wird gutgeheissen, der angefochtene
Entscheid aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an das Bezirksgericht
Rheinfelden zurückgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Der Kanton Aargau hat die Beschwerdeführer 1 und 2 für das bundesgerichtliche
Verfahren je mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 11. Dezember 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld