Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.247/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_247/2012

Urteil vom 18. September 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiber Held.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Arthur Haefliger,
Beschwerdeführer,

gegen

1. Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, Franziskanerhof, Barfüssergasse
28, 4502 Solothurn,
2. Y.________,
Beschwerdegegnerinnen.

Gegenstand
Mehrfache Sachbeschädigung; Beweiswürdigung, Unschuldsvermutung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Solothurn, Strafkammer, vom 15. Februar 2012.

Sachverhalt:

A.
In Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils des Richteramtes Thal-Gäu
verurteilte das Obergericht des Kantons Solothurn X.________ am 15. Februar
2012 wegen mehrfacher Sachbeschädigung (Dispositiv-Ziffer 3) und weiterer
Delikte zum Nachteil von Y.________ zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von
neun Monaten und einer Busse von Fr. 500.-- als teilweise Zusatzstrafe zum
Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 27. Oktober 2004
(Dispositiv-Ziffer 4). Es verpflichtete ihn zur Zahlung einer Genugtuung und
Parteientschädigung an Y.________ (Dispositiv-Ziffern 8 und 10) und auferlegte
ihm die Verfahrenskosten (Dispositiv-Ziffer 12).

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, es seien die
Dispositiv-Ziffern 3, 4, 8, 10 und 12 des Urteils des Obergerichts des Kantons
Solothurn vom 15. Februar 2012 aufzuheben. Er sei vom Vorwurf der mehrfachen
Sachbeschädigung freizusprechen, und die gegen ihn ausgesprochene
Freiheitsstrafe von neun Monaten sowie die ihm auferlegten
Parteientschädigungen und Verfahrenskosten seien um je ein Fünftel
herabzusetzen. Eventualiter seien die Ziffern 3, 4, 8, 10 und 12 des
angefochtenen Urteils aufzuheben und die Sache insoweit zur Neubeurteilung an
die Vorinstanz zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe die dem Schuldspruch wegen
mehrfacher Sachbeschädigung zugrunde liegenden Sachverhalte unter Verletzung
von Beweiswürdigungsregeln (Art. 95 BGG) und der Unschuldsvermutung (Art. 32
Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK) unvollständig und unrichtig festgestellt.

2.
2.1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Sachverhaltsfeststellung
kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG; BGE 134 IV 36 E. 1.4.1).
Dem Sachgericht steht im Bereich der Beweiswürdigung ein erheblicher
Ermessensspielraum zu (BGE 120 Ia 31 E. 4b S. 40; Urteil des Bundesgerichts
6B_7/2012 vom 5. Juli 2012 E. 1.3). Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin
nur ein, wenn das Sachgericht sein Ermessen missbraucht, insbesondere
offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder
solche willkürlich ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1; 129 I 8 E. 2.1).
Würdigt das erkennende Gericht einzelne, seinem Entscheid zugrunde liegende,
belastende Indizien willkürlich oder lässt es entlastende Umstände willkürlich
ausser Acht, führt dies nicht zwingend zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
Erforderlich ist, dass bei objektiver Würdigung des ganzen Beweisergebnisses
offensichtlich erhebliche und schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel
an der Täterschaft zurückbleiben (Urteil des Bundesgerichts 6B_781/2010 vom 13.
Dezember 2010 E. 3.4 mit Hinweis). Ebenfalls nur unter dem Gesichtspunkt der
Willkür prüft das Bundesgericht, ob das Sachgericht den Grundsatz "in dubio pro
reo" als Beweiswürdigungsregel verletzt hat (BGE 127 I 38 E. 2a S. 40 f.;
Urteil des Bundesgerichts 6B_263/2012 vom 24. August 2012 E. 1.2; je mit
Hinweisen).
Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid
offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass
verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Das
Bundesgericht hebt einen Entscheid jedoch nur auf, wenn nicht bloss die
Begründung, sondern auch das Ergebnis unhaltbar ist. Dass eine andere Lösung
ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 137
I 1 E. 2.4; 136 III 552 E. 4.2 S. 560; je mit Hinweisen).

2.2 Neue Tatsachen und Beweismittel können im Verfahren vor Bundesgericht nur
soweit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass
gibt, was in der Beschwerde näher darzulegen ist (Art. 99 Abs. 1 BGG). Hierzu
zählen unter anderem tatsächliche Vorbringen, die erst aufgrund einer neuen
überraschenden rechtlichen Argumentation der Vorinstanz Rechtserheblichkeit
erlangt haben. Tatsachenbehauptungen, die der Beschwerdeführer im kantonalen
Verfahren vorzutragen unterlassen hat, und die deshalb von der Vorinstanz auch
nicht berücksichtigt werden konnten, können nicht gerügt werden (Urteil des
Bundesgerichts 6B_2/2007 vom 14. März 2007 E. 3; LAURENT MERZ in: Basler
Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 63 zu Art. 42 BGG).

3.
3.1 Der Beschwerdeführer bringt vor, die Vorinstanz stelle aktenwidrig fest, er
habe die Beschwerdegegnerin 2 jeweils angerufen, nachdem er deren Wagen
beschädigt haben soll. Aus den Akten ergebe sich hingegen, dass die
Beschwerdegegnerin 2 wegen der Sachbeschädigung vom 19./21. September 2009 vor
der Verkehrspolizei Schaffhausen zu Protokoll gegeben habe, er hätte ihr die
Beschädigung ihres Autos per SMS mitgeteilt. Eine solche SMS sei bei der
Auswertung der Mobiltelefone jedoch nicht sichergestellt worden.

3.2 Der Beschwerdeführer führt weder die Fundstelle des von ihm angeführten
Aktenstücks an, noch legt er es seiner Beschwerde bei. Es ist nicht Sache des
Bundesgerichts, in den Akten des kantonalen Verfahrens nach angerufenen
Beweismitteln zu forschen. Es obliegt dem Beschwerdeführer, die genaue
Aktenstelle zu bezeichnen bzw. den Beleg mit der Beschwerde einzureichen, aus
dem sich Willkür ergeben soll. Bereits aus diesem Grunde ist auf die Rüge nicht
einzutreten (Urteil des Bundesgerichts 6B_446/2011 vom 27. Juli 2012 E. 4.3).
Im Übrigen ist die Rüge verspätet. Der Beschwerdeführer beruft sich erstmals im
bundesgerichtlichen Verfahren auf die Aussage der Beschwerdegegnerin 2, um eine
falsche Sachverhaltsfeststellung zu rügen. Bei den Akten befindet sich ein
Tatbestandsrapport der Verkehrspolizei Schaffhausen vom 24. September 2009, der
festhält, die Beschwerdegegnerin 2 habe sinngemäss ausgesagt, der
Beschwerdeführer habe ihr die Sachbeschädigung vom 19./21. September 2009 per
SMS mitgeteilt. Der Rapport wurde während des Vorverfahrens verfasst und befand
sich bereits im Zeitpunkt des erstinstanzlichen Gerichtsverfahrens bei den
Akten. Beide kantonalen Gerichte stützten ihre Schuldsprüche wegen mehrfacher
Sachbeschädigung in erster Linie auf die Aussagen der Beschwerdegegnerin 2,
wonach der Beschwerdeführer sie jeweils nach Begehung der Delikte angerufen und
ihr deren Begehung mitgeteilt habe (erstinstanzliches Urteil E. 8c, S. 16;
angefochtenes Urteil E. 4d, S. 16 f.). Der Beschwerdeführer hätte somit
spätestens vor der Vorinstanz die Beweiswürdigung rügen und den
Tatbestandsrapport der Verkehrspolizei sowie deren Verfasserin als Beweismittel
benennen müssen. Dies hat er versäumt. Dass erst der angefochtene Entscheid
insoweit zur Rüge Anlass gegeben hat, behauptet er zu Recht nicht.
Die Rüge ist ebenfalls verspätet, soweit der Beschwerdeführer aus dem
Tatbestandsrapport eine willkürliche Beweiswürdigung der Vorinstanz ableiten
will. Im Übrigen vermag er nicht zu belegen, inwiefern die Beweiswürdigung der
Vorinstanz, auf die verwiesen werden kann, willkürlich und die Aussagen der
Beschwerdegegnerin 2 unglaubwürdig sein sollen. Mit den vorinstanzlichen
Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Den Akten lässt
sich entnehmen, dass der Tatbestandsrapport erst drei Tage nach dem Vorsprechen
der Beschwerdegegnerin 2 erstellt und von ihr nicht unterschrieben wurde
(Verfahrensakten der Staatsanwaltschaft, AS 287). Bei allen späteren formellen
Einvernahmen zur Sache gab die Beschwerdegegnerin 2 vor der Staatsanwaltschaft
und den kantonalen Gerichten auf Vorhalt des Tatbestandsrapportes und unter
Hinweis auf ihre Pflicht zur wahrheitsgemässen Aussage jeweils zu Protokoll,
der Beschwerdeführer habe ihr unmittelbar nach der zweiten Sachbeschädigung
telefonisch mitgeteilt, ihr "Auto sehe jetzt super aus". Er habe immer gesagt,
er mache keine Dinge, die bewiesen werden könnten. Die Vorinstanz hat die
Aussagen des Beschwerdeführers und der Beschwerdegegnerin 2 im Lichte der
übrigen Beweise und Indizien umfassend gewürdigt. Sie konnte aufgrund des
konstanten Aussageverhaltens der Beschwerdegegnerin 2 und der weiteren
Beweislage (vgl. angefochtenes Urteil, E. 2-3 S. 8-13, E. 4d S. 16 f.)
willkürfrei annehmen, dass der Beschwerdeführer die Sachbeschädigungen nach
deren Begehung telefonisch und nicht per SMS mitgeteilt hatte. Dies erklärt
auch, warum keine SMS mit entsprechendem Inhalt bei der Auswertung der
Mobiltelefone gefunden wurde.
Der Beschwerdeführer kann mit den neuen tatsächlichen Vorbringen zum Nachweis
falscher Sachverhaltsfeststellung und willkürlicher Beweiswürdigung nicht
gehört werden. Auf die Rüge ist insoweit nicht einzutreten; im Übrigen wäre sie
abzuweisen.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe nicht berücksichtigt, dass
die am Fahrzeug gesicherten DNA-Spuren keinen Hinweis auf ihn ergeben hätten.
Es sei ihm damals schon aufgrund seiner Berufstätigkeit und der Entfernung von
seinem Wohnort zu den Tatorten in Schaffhausen und Umgebung zeitlich unmöglich
gewesen, die Sachbeschädigungen zu begehen. Zudem habe das Auto der
Beschwerdegegnerin 2 nur bei der ersten Sachbeschädigung vor ihrer Wohnung in
Schaffhausen gestanden. Die nachfolgenden Sachbeschädigungen habe er nicht
verüben können, da es ihm praktisch unmöglich gewesen sei, das Auto in
Schaffhausen und Umgebung zu finden.

4.2 Die Vorinstanz führt aus, bei den Sachbeschädigungen gebe es weder
Tatspuren noch unmittelbare Tatzeugen, so dass zu prüfen sei, inwieweit den
sich widersprechenden Angaben des Beschwerdeführers und der Beschwerdegegnerin
2 Glauben geschenkt werden könne. Letztere habe überzeugend ausgeführt, dass
stets nur ihr Fahrzeug und dasjenige ihres ehemaligen Ehemannes beschädigt
worden seien, andere in unmittelbarer Nähe parkierte Fahrzeuge hingegen nicht.
Zudem lägen keinerlei Indizien vor, dass im fraglichen Zeitraum jemand anderes
ein Motiv für die mehrfachen Sachbeschädigungen zum Nachteil der
Beschwerdegegnerin 2 gehabt habe. Der Beschwerdeführer habe gemäss der edierten
Arbeitsberichte zu den Tatzeiten nicht gearbeitet und am 12. September 2009
(kurz vor der ersten Sachbeschädigung vom 17./18. September 2009) von der neuen
Adresse der Beschwerdegegnerin 2 Kenntnis erhalten.

4.3 Die Rüge, das angefochtene Urteil basiere auf einer unvollständigen
Beweiswürdigung, ist unzutreffend. Die Vorinstanz hat sämtliche in der Rüge
aufgeführten Indizien berücksichtigt, diesen jedoch keine entlastende Wirkung
beigemessen. Damit vermag der Beschwerdeführer nicht darzutun, weshalb die
vorinstanzliche Interpretation offensichtlich unhaltbar sein soll. Dass die am
beschädigten Personenwagen sichergestellten DNA-Spuren keinen Hinweis auf ihn
ergeben haben, schliesst den Beschwerdeführer als Täter nicht aus. Entgegen
seinem Vorbringen war es ihm zeitlich möglich, zu den Tatorten zu gelangen, da
er gemäss den Arbeitsrapporten zu den jeweiligen Tatzeiten nicht arbeitete.
Sämtliche Sachbeschädigungen ereigneten sich erst, nachdem er Kenntnis von der
neuen Adresse der Beschwerdegegnerin 2 hatte. Er wusste ebenfalls, wo deren
ehemaliger Ehemann wohnt, vor dessen Domizil die dritte Sachbeschädigung verübt
wurde. Zudem wurden bei keiner Tat fremde Fahrzeuge beschädigt, weshalb die
Vorinstanz von einer gezielten Aktion gegen die Beschwerdegegnerin 2 ausgeht.
Bei dieser Sachlage ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den
Beschwerdeführer als Täter der Sachbeschädigungen erachtet hat, auch wenn das
Auto der Beschwerdegegnerin 2 bei der zweiten und dritten Beschädigung nicht an
deren Wohnadresse parkiert war. Dass sich die Vorinstanz von rechtlich nicht
massgeblichen Gesichtspunkten hätte leiten lassen oder weitere wesentliche
Gesichtspunkte nicht berücksichtigt hätte, ist insbesondere unter
Berücksichtigung des weiten sachrichterlichen Ermessens nicht ersichtlich. Die
Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen.

5.
Die Anträge, die gegen ihn ausgesprochene Freiheitsstrafe von neun Monaten
sowie die ihm auferlegten Parteientschädigungen und Verfahrenskosten seien um
je ein Fünftel herabzusetzen, begründet der Beschwerdeführer einzig mit dem
beantragten Freispruch wegen mehrfacher Sachbeschädigung zum Nachteil der
Beschwerdegegnerin 2. Hierauf ist mangels Freispruchs nicht einzugehen.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens sind die Kosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art.
66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin 2 ist keine Entschädigung auszurichten,
da ihr vor Bundesgericht keine Umtriebe entstanden sind (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Solothurn,
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. September 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Held