Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.190/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_190/2012

Urteil vom 25. Mai 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
nebenamtlicher Bundesrichter Rüedi,
Gerichtsschreiber Keller.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Roland Egli-Heine,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Versuchte vorsätzliche Tötung; Strafzumessung,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom
15. Juni 2010 und vom 12. Juli 2010.

Sachverhalt:

A.
Am 23. Juli 2006, um ca. 05.30 Uhr, kam es im Bereich der Stadelhoferstrasse in
Zürich zwischen mehreren Gästen eines Nachtklubs zu einer tätlichen
Auseinandersetzung, wobei die Beteiligten Stich- und Schnittverletzungen
erlitten. Im Verlauf des Streits beschädigte A.________ mit einem Holzpfahl das
wegfahrende Auto von X.________, worauf dieser umkehrte und ohne zu bremsen
oder auszuweichen auf A.________ zufuhr, der in der Mitte der Fahrbahn stand
und den Holzpfahl in den Händen hielt. A.________ wurde vom Fahrzeug erfasst
und erlitt ein Schädelhirntrauma sowie Rissquetschwunden an der linken Stirn
und am linken Unterschenkel. Aufgrund des Schädelhirntraumas bestand
unmittelbare Lebensgefahr.

B.
Am 1. September 2008 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich X.________
wegen versuchter Tötung, Raufhandels, einfacher Körperverletzung sowie
Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 al. 4 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und
Niederlassung der Ausländer (aANAG; AS 49 279) und belegte ihn mit 11 Jahren
und 8 Monaten Freiheitsstrafe im Sinne einer Gesamtstrafe und als teilweise
Zusatzstrafe.
Gegen diesen Entscheid liess X.________ durch seinen amtlichen Verteidiger beim
Kassationsgericht des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde anmelden. Für das
Beschwerdeverfahren wurde ein neuer amtlicher Verteidiger bestellt. Die von
diesem begründete Nichtigkeitsbeschwerde hiess das Kassationsgericht am 28.
August 2009 gut, nachdem es zum Ergebnis gelangt war, dass im obergerichtlichen
Verfahren die Ausführungen des ersten Verteidigers zum Tötungsdelikt und zur
Strafzumessung ungenügend waren. Es wies die Sache an die Vorinstanz zurück
zwecks Wiederholung der Hauptverhandlung und anschliessender Neubeurteilung.
Nach Durchführung der zweiten Hauptverhandlung sprach das Obergericht
X.________ am 15. Juni 2010 der versuchten Tötung, des Raufhandels und der
einfachen Körperverletzung schuldig und verurteilte ihn am 12. Juli 2010 im
Sinne einer Gesamtstrafe und als teilweise Zusatzstrafe zu einer
Freiheitsstrafe von 11 Jahren.
Die von X.________ gegen dieses Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies das
Kassationsgericht am 8. Februar 2012 ab, soweit es darauf eintrat.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen gegen das obergerichtliche Urteil
vom 15. Juni 2010 und 12. Juli 2010 mit den Anträgen, er sei vom Vorwurf der
versuchten Tötung freizusprechen und milder zu bestrafen. Er ersucht um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

Erwägungen:

1.
Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz habe zu Unrecht angenommen,
er habe mit Tötungsvorsatz gehandelt (Beschwerde S. 4 ff.).

1.1 Das Kassationsgericht des Kantons Zürich hat am 8. Februar 2012 eine
Nichtigkeitsbeschwerde des Beschwerdeführers abgewiesen, soweit es darauf
eintrat. Es begründet seinen Entscheid damit, dass der als erstellt erachtete
objektive Tatablauf der versuchten Tötung nicht "auf einem Nichtigkeitsgrund in
Form willkürlicher Beweiswürdigung beruht". Folglich liessen sich auch "keine
erheblichen oder unüberwindbaren Zweifel in Bezug auf die Absicht des
Beschwerdeführers, die Kollision mit dem Geschädigten herbeizuführen, ableiten"
(Zirkulationsbeschluss S. 20 E. IV. 3.5).

1.2 Gemäss Art. 80 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde in Strafsachen zulässig gegen
Entscheide letzter kantonaler Instanzen. Nach der hier noch anwendbaren
Strafprozessordnung des Kantons Zürich (StPO/ZH) ist die Nichtigkeitsbeschwerde
an das Kassationsgericht zulässig gegen Urteile und Erledigungsbeschlüsse des
Geschworenengerichts und des Obergerichts als erste Instanz (§ 428 StPO/ZH).
Die Nichtigkeitsbeschwerde ist gegeben wegen Verletzung gesetzlicher
Prozessformen zum Nachteil des Nichtigkeitsklägers (§ 430 Abs. 1 Ziff. 4 StPO/
ZH), wobei auch die Rüge der willkürlichen Beweiswürdigung erhoben werden kann
(NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl., 2004, Rz. 1072 f.). Überdies
steht die Nichtigkeitsbeschwerde offen, wenn das Gericht seinen Entscheid auf
aktenwidrige tatsächliche Annahmen gestützt hat (§ 430 Abs. 1 Ziff. 5 StPO/ZH)
oder wegen Verletzung materieller Gesetzesvorschriften (§ 430 Abs. 1 Ziff. 6
StPO/ZH). Allerdings ist die Nichtigkeitsbeschwerde nur zulässig, soweit gegen
eine Entscheidung nicht die Beschwerde an das Bundesgericht wegen Verletzung
materiellen Gesetzes- oder Verordnungsrechts des Bundes gegeben ist (§ 430b
Abs. 1 StPO/ZH).

1.3 Auf die vorliegende Beschwerde ist nicht einzutreten, soweit darin gerügt
wird, der Sachverhalt sei unrichtig oder willkürlich festgestellt worden. Zwar
kann eine solche Rüge mit der Beschwerde in Strafsachen grundsätzlich
vorgebracht werden (Art. 97 Abs. 1 BGG), doch ist das obergerichtliche Urteil
insoweit kein letztinstanzlicher Entscheid. Den Zirkulationsbeschluss des
Kassationsgerichts vom 8. Februar 2012 hat der Beschwerdeführer nicht
angefochten.

2.
Am 1. Januar 2007 ist der revidierte Allgemeine Teil des Strafgesetzbuchs in
Kraft getreten. Dieses neue Recht gelangt jedoch auf Taten, welche unter
Geltung des alten Rechts begangen wurden, nur zur Anwendung, wenn es für den
Täter das mildere ist (Art. 2 Abs. 2 StGB). Nach der zutreffenden Auffassung
der Vorinstanz ist das alte Recht anwendbar (vgl. Urteil S. 99 ff. E. 8). Eine
Freiheitsstrafe von höchstens drei Jahren, bei welcher nach dem neuen Recht
noch ein teilbedingter Vollzug möglich wäre, fällt ausser Betracht. Somit ist
das neue Recht nicht das mildere.

3.
3.1 Gemäss Art. 18 Abs. 2 aStGB verübt ein Verbrechen oder Vergehen
vorsätzlich, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Diese Bestimmung
erfasst auch den Eventualvorsatz, welcher vorliegt, wenn der Täter den Eintritt
des Erfolgs beziehungsweise die Verwirklichung des Tatbestands für möglich
hält, aber dennoch handelt, weil er den Erfolg in Kauf nimmt, sich mit ihm
abfindet, mag er ihm auch unerwünscht sein (BGE 133 IV 9 E. 4.1; 133 IV 1 E.
4.1; 131 IV 1 E. 2.2; 130 IV 58 E. 8.1 f.; je mit Hinweisen).

3.2 Die Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit kann
im Einzelfall schwierig sein. Sowohl der eventualvorsätzlich als auch der
bewusst fahrlässig handelnde Täter wissen um die Möglichkeit des
Erfolgseintritts beziehungsweise um das Risiko der Tatbestandsverwirklichung.
Hinsichtlich der Wissensseite besteht somit Übereinstimmung. Unterschiede
bestehen jedoch beim Willensmoment. Der bewusst fahrlässig handelnde Täter
vertraut aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit darauf, dass der von ihm als
möglich vorausgesehene Erfolg nicht eintreten, das Risiko der
Tatbestandserfüllung sich mithin nicht verwirklichen werde. Demgegenüber nimmt
der eventualvorsätzlich handelnde Täter den Eintritt des als möglich erkannten
Erfolgs ernst, rechnet mit ihm und findet sich damit ab. Nicht erforderlich
ist, dass der Täter den Erfolg billigt (BGE 133 IV 9 E. 4.1; 133 IV 1 E. 4.1;
130 IV 58 E. 8.3; je mit Hinweisen).

3.3 Soweit der Täter nicht geständig ist, kann sich das Gericht für den
Nachweis des Vorsatzes regelmässig nur auf äusserlich feststellbare Indizien
und auf Erfahrungsregeln stützen, die ihm Rückschlüsse von den äusseren
Umständen auf die innere Einstellung des Täters erlauben. Zu den äusseren
Umständen, aus denen der Schluss gezogen werden kann, der Täter habe die
Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen, zählen auch die Grösse des dem
Täter bekannten Risikos der Tatbestandsverwirklichung, die Schwere der
Sorgfaltspflichtverletzung, die Beweggründe des Täters und die Art der
Tathandlung. Je grösser das Risiko ist und je schwerer die
Sorgfaltspflichtverletzung wiegt, desto eher darf gefolgert werden, der Täter
habe die Tatbestandsverwirklichung in Kauf genommen. Eventualvorsatz kann unter
anderem angenommen werden, wenn sich dem Täter der Eintritt des
tatbestandsmässigen Erfolgs infolge seines Verhaltens als so wahrscheinlich
aufdrängte, dass sein Verhalten vernünftigerweise nur als Inkaufnahme dieses
Erfolgs gewertet werden kann (BGE 134 IV 26 E. 3.2.2; 133 IV 9 E. 4.1; 130 IV
58 E. 8.4; je mit Hinweisen).

3.4 Was der Täter weiss, will und in Kauf nimmt, betrifft nach der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine innere Tatsache und ist Tatfrage.
Rechtsfrage ist hingegen, ob angesichts der festgestellten Tatsachen der
Schluss auf Eventualvorsatz begründet ist. Es ist allerdings nicht zu
übersehen, dass sich insoweit Tat- und Rechtsfragen teilweise überschneiden.
Das Sachgericht hat daher die in diesem Zusammenhang relevanten Tatsachen
möglichst erschöpfend darzustellen, damit erkennbar wird, aus welchen Umständen
es auf Eventualvorsatz geschlossen hat. Denn der Sinngehalt der dazu
entwickelten Formeln lässt sich nur im Lichte der tatsächlichen Umstände des
Falls erschliessen. Das Bundesgericht kann daher in einem gewissen Ausmass die
richtige Bewertung dieser Umstände im Hinblick auf den Rechtsbegriff des
Eventualvorsatzes überprüfen (BGE 133 IV 9 E. 4.1; 133 IV 1 E. 4.1; 130 IV 58
E. 8.5; je mit Hinweisen).

4.
4.1 In tatsächlicher Hinsicht stellt die Vorinstanz folgenden Geschehensablauf
fest: A.________ beschädigte das wegfahrende Auto des Beschwerdeführers auf der
rechten hinteren Seite mit einem Holzpfahl. In der Folge fuhr der
Beschwerdeführer die Rämistrasse aufwärts, bog links in die Waldmannstrasse
ein, bog ein weiteres Mal links Richtung Oberdorfstrasse ab, fuhr parallel zur
Rämistrasse Richtung Oberdorfstrasse, bog links in die Oberdorfstrasse und
endlich links in die Rämistrasse ein, um wieder stadtauswärts zu fahren. Dies
tat er in aggressiver und in einer für die gegebenen Verhältnisse schnellen
Fahrweise. Auf der Rämistrasse fuhr er mit mindestens 27 km/h ohne zu bremsen
oder auszuweichen auf den in der Mitte der rechten Fahrspur stehenden
A.________ zu, der den Holzpfahl in den Händen hielt. Zu diesem Zeitpunkt war
die Windschutzscheibe unversehrt und die Sicht uneingeschränkt. Unmittelbar vor
der Kollision sprang der Geschädigte in die Höhe, wurde vom fahrerseitigen
Frontbereich des Fahrzeugs getroffen, rutschte über die Motorhaube, prallte in
die Windschutzscheibe und wurde schliesslich über das Dach und das Heck zu
Boden geworfen. Der Geschädigte erlitt ein Schädelhirntrauma sowie
Rissquetschwunden an der linken Stirn und am linken Unterschenkel. Kurze Zeit
nach der Kollision verlor er das Bewusstsein. Die Bewertung des
Bewusstseinszustands nach dem Glasgow Coma Scale (GCS) ergab einen Wert von
"3". Aufgrund des Schädelhirntraumas bestand die hohe Gefahr eines zentralen
Hirntodes, mithin unmittelbare Lebensgefahr. Der Geschädigte überlebte indessen
aufgrund der raschen ärztlichen Versorgung (Urteil S. 32 ff. E. 4.1).

4.2 Die Vorinstanz erwägt, die Fahrweise des Beschwerdeführers könne nicht
anders gedeutet werden, als dass er sich bewusst war, dass er mit einer
Geschwindigkeit von mindestens 27 km/h auf den Geschädigten zufuhr, der auf der
Strasse stand. Wenn er mit dieser Geschwindigkeit ohne zu bremsen oder
auszuweichen direkt auf den Geschädigten zufuhr, so könne dieses Fahrmanöver
nur noch so verstanden werden, dass er die Absicht hatte, eine Kollision mit
dem Geschädigten herbeizuführen. Dies habe er im Wissen getan, dass bei einer
Kollision zwischen einem Fahrzeug und einem Menschen mit einer solchen
Geschwindigkeit der Mensch schwer verletzt oder sogar getötet werden kann. Der
Beschwerdeführer habe durch seine Fahrweise seine Sorgfaltspflichten als
Fahrzeuglenker in äusserst schwerer Weise verletzt und sei ein sehr hohes
Risiko eingegangen, den Geschädigten zu verletzen oder gar zu töten. Sein
Handeln könne nur noch als Inkaufnahme des Todes des Geschädigten verstanden
werden (Urteil S. 87 f. E. 6.1.2.2).

4.3 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz äussere sich nicht zur Frage, ob
er nicht bloss einfache oder schwere Körperverletzungen statt des Todes des
Geschädigten in Kauf genommen habe. Bei einer Kollision zwischen einem Fahrzeug
mit einer Geschwindigkeit von 27 km/h und einem Menschen lägen solche
Verletzungen näher (Beschwerde S. 7). Die Vorinstanz sei aber verpflichtet
gewesen, diese beiden Möglichkeiten zu unterscheiden und konkret Gründe zu
nennen, weshalb er nicht nur Verletzungen, sondern den Tod des Geschädigten in
Kauf genommen habe (Beschwerde S. 7). Im Wesentlichen schliesse die Vorinstanz
die Inkaufnahme einer Tötung lediglich aus dem angenommenen Wissen des
Beschwerdeführers um die Möglichkeit, dass bei einer Kollision ein Mensch
schwer verletzt oder gar getötet werden kann. Der bloss allgemeine Hinweis auf
die äusserst schwere Verletzung der Sorgfaltspflichten als Fahrzeuglenker und
das Eingehen eines sehr hohen Risikos reiche nicht aus, um die Abgrenzung
zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit vorzunehmen (Beschwerde
S. 7 f.). Wenn die Wahrscheinlichkeit von tödlichen Verletzungen gering sei,
dürfe dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden, er habe solche in Kauf
genommen. Wesentlich naheliegender sei die Annahme, er habe einfache bis
schwere Körperverletzungen in Kauf genommen (Beschwerde S. 8).

4.4 Eventualvorsatz kann auch gegeben sein, wenn der Eintritt des Erfolgs
sowohl objektiv als auch nach den subjektiven Vorstellungen des Täters bloss
möglich ist. Doch darf nicht allein aus dem Wissen des Beschuldigten um die
Möglichkeit des Erfolgseintritts auf dessen Inkaufnahme geschlossen werden.
Vielmehr müssen weitere Umstände hinzukommen (BGE 133 IV 9 E. 4.1). Solche
Umstände liegen namentlich vor, wenn der Täter das ihm bekannte Risiko in
keiner Weise kalkulieren und dosieren kann und der Geschädigte keinerlei
Abwehrchancen hat (BGE 133 IV 1 E. 4.5; 131 IV 1 E. 2.2; 125 IV 242 E. 3f).
Dies ist vorliegend der Fall, hing der Eintritt des Todes doch ausschliesslich
oder überwiegend von Glück und Zufall ab. Nur der raschen ärztlichen Versorgung
war es zu verdanken, dass der Geschädigte gerettet werden konnte (Urteil S. 120
E. 10.2.2).

4.5 Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall wesentlich von den
Sachverhalten, die in BGE 133 IV 9 und BGE 133 IV 1 zu beurteilen waren. In
jenen Fällen bestand eine Abwehrchance. In BGE 133 IV 9 hatte der Beschuldigte
auf einem gerade verlaufenden und übersichtlichen Streckenabschnitt ausserorts
seine Geschwindigkeit beschleunigt, nachdem ihn ein anderer Fahrzeuglenker
überholen wollte, welcher seinerseits trotz des nahenden Gegenverkehrs die
Geschwindigkeit ebenfalls erhöhte, so dass er frontal mit einem
entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte, obwohl er sein Überholmanöver hätte
abbrechen können. In BGE 133 IV 1 war der Beschuldigte auf der Autobahn bei 120
km/h absichtlich mit einem anderen Fahrzeug seitlich kollidiert, doch bestand
die Möglichkeit, dass der Geschädigte sein Fahrzeug durch fahrerisches Geschick
stabilisierte. Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass diese beiden vom
Beschwerdeführer angerufenen Urteile Strassenverkehrsunfälle zwischen
Fahrzeugen betreffen. Demgegenüber hat der Beschwerdeführer im vorliegenden
Fall sein Fahrzeug gleichsam als Waffe gegen einen Widersacher eingesetzt, der
wehrlos auf der Fahrbahn stand.

4.6 Der Beschwerdeführer hat in Bezug auf allfällige Todesfolgen mit
Eventualvorsatz gehandelt. Seine Verurteilung wegen versuchter Tötung verstösst
nicht gegen Bundesrecht.

5.
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Strafzumessung (Beschwerde S. 10
ff.).

5.1 Das Gericht misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es
berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse
des Schuldigen (Art. 63 aStGB). Bei der Bemessung der Strafe hat das Gericht
die Tat- und Täterkomponenten zu würdigen (BGE 129 IV 6 E. 6.1 mit Hinweisen).
Das Bundesgericht greift auf Beschwerde in Strafsachen hin nur in die
Strafzumessung ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder
unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht massgebenden Kriterien
ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen
beziehungsweise in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (vgl. BGE 136 IV 55 E. 5.6; 134 IV 17 E. 2.1 mit Hinweisen).
Alleine einer besseren Begründung wegen hebt es das angefochtene Urteil nicht
auf, solange die Strafzumessung im Ergebnis bundesrechtskonform ist (vgl. BGE
127 IV 101 E. 2c mit Hinweisen).

5.2 Der Beschwerdeführer bringt im Zusammenhang mit der Strafzumessung vor, es
hätte berücksichtigt werden müssen, dass bei einer Geschwindigkeit von 27 km/h
die Wahrscheinlichkeit von tödlichen Verletzungen entgegen der Annahme der
Vorinstanz als vergleichsweise gering einzustufen sei (Beschwerde S. 12). Die
Vorinstanz führt aus, es könne keine Rede davon sein, dass die
Wahrscheinlichkeit der Tötung bei einer Kollisionsgeschwindigkeit von
mindestens 27 km/h gering sei (Urteil S. 120 E. 10.2.2). Diese Feststellung ist
tatsächlicher Natur. Sie kann im vorliegenden Fall mit Beschwerde in
Strafsachen nicht angefochten werden, weil das angefochtene Urteil insoweit
kein letztinstanzlicher Entscheid ist (siehe E. 1.3 hiervor).

5.3 Der Beschwerdeführer beanstandet, dass die Vorinstanz ein erhebliches bis
schweres Gesamtverschulden angenommen hat und von einer hypothetischen
Einsatzstrafe von 14 Jahren ausgegangen ist. Sie habe nicht berücksichtigt,
dass er mit einer Geschwindigkeit von 27 km/h gefahren sei. Die gefahrene
Geschwindigkeit und davon abhängig die Höhe der Verletzungswahrscheinlichkeit
dürften bei der Beurteilung der objektiven Tatschwere nicht unbeachtet bleiben
(Beschwerde S. 11). Die Vorinstanz würdigt, dass der Beschwerdeführer den
Geschädigten mit einer Geschwindigkeit von mindestens 27 km/h "über den Haufen
fuhr" und schwer verletzte (Urteil E. 10.2.1.1 S. 118). Der Beschwerdeführer
legt nicht dar, inwiefern die Vorinstanz Bundesrecht verletzt haben soll.

5.4 Der Beschwerdeführer bemängelt, die Vorinstanz berücksichtige das Handeln
mit Eventualvorsatz nur leicht strafreduzierend. Die Wahrscheinlichkeit des
Todeseintritts hätte bei der Strafzumessung beachtet werden müssen, und es
hätte eine nicht bloss leichte, sondern eine erhebliche Strafreduktion zur
Anwendung kommen müssen (Beschwerde S. 11 f.). Die Vorinstanz hält fest, dass
das Verschulden eines Täters, der eine Tat vorsätzlich begeht, wesentlich
schwerer zu werten sei, als das Verschulden eines Täters, der fahrlässig oder
mit Eventualvorsatz handelt. Dass dem Beschwerdeführer nur eine
eventualvorsätzliche Tatbegehung nachzuweisen sei, wirke sich daher leicht
strafreduzierend aus (Urteil E. 10.2.1.1 S. 118). Dass die Vorinstanz nur von
einer leichten Strafreduktion ausgeht, ist angesichts der gesamten Umstände
nicht zu beanstanden.

5.5 Der Beschwerdeführer rügt, es sei nicht hinreichend berücksichtigt worden,
dass es sich um einen Versuch handelte (Beschwerde S. 12). Die Vorinstanz
stellt zutreffend fest, dass der Versuch im Sinne von Art. 22 Abs. 1 aStGB zu
einer fakultativen Strafmilderung gemäss Art. 65 aStGB führt. Dass es letztlich
nur bei einer versuchten Tat blieb, sei nicht auf das Verhalten des
Beschwerdeführers zurückzuführen, sondern auf glückliche Umstände. Die
Vorinstanz betont, dass der Beschwerdeführer nichts zum Ausbleiben des Erfolgs
beigetragen hat. Der Tod des Geschädigten sei nur deshalb ausgeblieben, weil
eine rasche ärztliche Versorgung erfolgte, die jedoch nicht vom
Beschwerdeführer veranlasst wurde (Urteil S. 94 E. 6.1.6). Dass der
Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Kollision nur mit einer Geschwindigkeit von
mindestens 27 km/h fuhr, sei in erster Linie darauf zurückzuführen, dass das
Auto auf der kurzen Strecke nicht stärker beschleunigen konnte (Urteil S. 120
E. 10.2.2). Eine Verletzung von Bundesrecht ist nicht auszumachen. Die
Gewichtung des Versuchs ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil.

5.6 Weitere Gründe, weshalb die vorinstanzliche Strafzumessung unhaltbar sein
soll, werden vom Beschwerdeführer zu Recht nicht geltend gemacht. Die
ausgesprochene Freiheitsstrafe von 11 Jahren hält sich im Rahmen des dem
Sachgericht zustehenden Ermessens.

6.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist infolge
Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Bei
diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Kosten des bundesgerichtlichen
Verfahrens (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Seiner finanziellen Lage ist bei der
Festsetzung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Mai 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Keller