Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.188/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_188/2012

Urteil vom 17. April 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern, Zentralstrasse 28, 6002 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Diebstahl etc.,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 4. Abteilung,
vom 15. November 2011.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Die Vorinstanz sprach den Beschwerdeführer am 15. November 2011 im
Appellationsverfahren des Diebstahls, des mehrfachen geringfügigen Diebstahls
sowie des rechtswidrigen Aufenthalts schuldig und bestrafte ihn mit einer
Freiheitsstrafe von 90 Tagen sowie einer Busse von Fr. 100.-- bzw. einer
Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag. Ein früher gewährter bedingter Vollzug für
eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten wurde widerrufen.

Der Beschwerdeführer wendet sich ans Bundesgericht und beantragt sinngemäss
einen Freispruch und eventuell eine geringere Strafe.

2.
Vor Bundesgericht angefochten werden kann nur das Urteil der Vorinstanz (Art.
80 Abs. 1 BGG). Soweit sich der Beschwerdeführer mit Strafverfügungen des
Amtsstatthalteramts oder einer ihm drohenden Ausweisung befasst (Beschwerde
Ziff. 6-9), ist darauf nicht einzutreten.

3.
Der Beschwerdeführer rügt, er habe vor der Vorinstanz seine Lage nicht
hinreichend erklären können (Beschwerde Ziff. 2). Indessen führte die
Vorinstanz eine Verhandlung durch, in welcher der Beschwerdeführer seinen in
der Appellationserklärung gestellten Antrag abänderte (vgl. angefochtenen
Entscheid S. 5 lit. E und F). Inwieweit ihm das rechtliche Gehör nicht
ausreichend gewährt worden sein könnte, ist nicht ersichtlich.

4.
Der Beschwerdeführer macht geltend, für die ihm vorgeworfenen Diebstähle gebe
es keine konkreten und "überwältigenden" Beweise (Beschwerde Ziff. 4). Die
Beweiswürdigung kann vor Bundesgericht indessen nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im
Sinne von Art. 9 BV ist. Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid im
bemängelten Punkt offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung ebenfalls
vertretbar erscheint, genügt nicht (BGE 137 I 1 E. 2.4). Die angebliche Willkür
ist präzise zu rügen, und die Rüge ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG). Die
Behauptung, es gebe für die Verurteilung keine hinreichenden Beweise, genügt
als Begründung einer Willkürrüge nicht.

5.
Der Beschwerdeführer macht geltend, seine Verurteilung wegen rechtswidrigen
Aufenthalts widerspreche der Rechtsprechung des Gerichtshofes der europäischen
Union (Beschwerde S. 1). Nationale Strafbestimmungen sind indessen dort nicht
ausgeschlossen, wo im verwaltungsrechtlichen Verfahren alles für den Vollzug
der Rückkehrentscheidung Zumutbare vorgekehrt worden ist, dieser indessen am
Verhalten des Betroffenen scheitert (EuGH-Urteil C-329/11 vom 6. Dezember 2011
i.S. Achughbabian, N 46-50; THOMAS HUGI YAR, Das Urteil El Dridi, die
EU-Rückführungsrichtlinie und der Schengen-Besitzstand, in: Jusletter 11. Juli
2011, Rz 11). Im vorliegenden Fall scheitert die Rückführung nach den
Feststellungen der Vorinstanz daran, dass der Beschwerdeführer nicht bereit
ist, bei der Beschaffung der erforderlichen Reisepapiere mitzuwirken
(angefochtener Entscheid S. 8 E. 4.4). Folglich ist sein Einwand bereits aus
diesem Grund nicht zu hören.

6.
Gemäss Art. 47 Abs. 1 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden
des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben, die persönlichen Verhältnisse
und die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Die Bewertung des
Verschuldens richtet sich gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung nach der Schwere
der Verletzung oder der Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der
Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie
danach, wie weit er nach den innern und äussern Umständen in der Lage war, die
Gefährdung oder Verletzung zu vermeiden. Es liegt im Ermessen des Sachgerichts,
in welchem Umfang es den verschiedenen Strafzumessungsfaktoren Rechnung trägt.
Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Vorinstanz den gesetzlichen
Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie von rechtlich nicht
massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser
Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch
gewichtet hat (BGE 134 IV 17 E. 2.1 mit Hinweisen).

Der Beschwerdeführer macht geltend, sein Strafregister sei bis 2011 in Ordnung
gewesen (Beschwerde Ziff. 5). Dies trifft nicht zu. Bereits am 27. Februar 2008
wurde er unter anderem wegen Hehlerei und mehrfachen Diebstahls zu einer
bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt (angefochtener Entscheid
S. 7 E. 4.4). Dieser Umstand wurde zu Recht straferhöhend gewichtet.

Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, der Vollzug der Freiheitsstrafe
belaste die Beziehung zu seinen Töchtern (Beschwerde Ziff. 3). Die Verbüssung
einer Freiheitsstrafe ist indessen für jeden in ein familiäres Umfeld
eingebetteten Beschuldigten mit einer gewissen Härte verbunden. Als
unmittelbare gesetzmässige Sanktion darf diese Konsequenz nur bei
aussergewöhnlichen Umständen erheblich strafmindernd wirken (Urteil 6B_449/2011
vom 12. September 2011 E. 3.5). Solche Umstände sind nicht ersichtlich.

Insgesamt ist die Strafzumessung nicht zu beanstanden.

7.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege (Beschwerde Ziff. 10) ist in Anwendung von Art. 64
BGG abzuweisen, weil die Rechtsbegehren aussichtslos erschienen. Der
finanziellen Lage des Beschwerdeführers (vgl. angefochtenen Entscheid S. 8 E.
4.5) ist bei der Bemessung der Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs.
2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 4.
Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 17. April 2012
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: C. Monn