Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.186/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_186/2012

Urteil vom 11. Januar 2013
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Denys, Oberholzer,
Gerichtsschreiber Näf.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Christoph Born,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen (Art. 293 StGB),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 2. Februar 2012.

Sachverhalt:

A.
Der Journalist X.________ verfasste einen Zeitungsartikel, in welchem wörtlich
Äusserungen der Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements
(EJPD) und von zwei Mitgliedern des Nationalrates an der Sitzung der
Subkommission EJPD/BK der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 17.
Februar 2009 zitiert werden.

An dieser Sitzung war laut dem Zeitungsartikel unter anderem der
Expertenbericht eines ehemaligen Regierungsrates zum Ressourceneinsatz bei den
Strafbehörden des Bundes traktandiert. In Bezug auf die Bundesanwaltschaft im
Besonderen ging es unter anderem um administrative Massnahmen wie die
Einführung einer Leistungs- und Zeiterfassung, um einen besseren Überblick über
die Auslastung der Mitarbeiter zu erhalten. Die Vorsteherin des EJPD brachte an
der Sitzung sinngemäss zum Ausdruck, dass zwischen ihr und dem Bundesanwalt
unterschiedliche Auffassungen betreffend Kompetenzen und Kontrollen bestehen
und die Situation für sie nicht immer ganz einfach sei.

B.
Die II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich sprach X.________ mit
Urteil vom 2. Februar 2012 in Bestätigung des Entscheids des Einzelgerichts des
Bezirkes Zürich (10. Abteilung) vom 9. März 2011 der Veröffentlichung amtlicher
geheimer Verhandlungen (Art. 293 Abs. 1 StGB) schuldig und bestrafte ihn mit
einer Busse von 400 Franken beziehungsweise - im Falle schuldhafter
Nichtbezahlung - mit einer Freiheitsstrafe von 4 Tagen.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des
Obergerichts des Kantons Zürich sei aufzuheben und er sei freizusprechen.

Erwägungen:

1.
Wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen wird gemäss Art. 293
Abs. 1 StGB mit Busse bestraft, wer, ohne dazu berechtigt zu sein, aus Akten,
Verhandlungen oder Untersuchungen einer Behörde, die durch Gesetz oder durch
Beschluss der Behörde im Rahmen ihrer Befugnis als geheim erklärt worden sind,
etwas an die Öffentlichkeit bringt. Die Gehilfenschaft ist strafbar (Art. 293
Abs. 2 StGB).

1.1 Dem Tatbestand der Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen liegt
nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts ein formeller
Geheimnisbegriff zugrunde. Massgebend ist allein, dass die Akten, Verhandlungen
oder Untersuchungen durch Gesetz oder Beschluss der Behörde als geheim erklärt
worden sind. Dabei ist es unerheblich, ob sie etwa als "streng geheim" oder
bloss als "vertraulich" klassifiziert worden sind. Es muss nur klar sein, dass
damit die Öffentlichkeit hat ausgeschlossen werden wollen (BGE 126 IV 236 E.
2a; 114 IV 34 E. 2b; 108 IV 185 E. 1a; 107 IV 185 E. 3c; Urteile 6B_256/2012
vom 27. September 2012 E. 2; 6P.153/2006 vom 29. April 2008 E. 7.1, in: sic! 9/
2008 S. 623). Dieser formelle Geheimnisbegriff unterscheidet sich vom
materiellen, welcher den meisten Tatbeständen des Strafgesetzbuches betreffend
Geheimnisverletzung zugrunde liegt. Im materiellen Sinne geheim ist eine
Tatsache, wenn sie nur einem begrenzten Personenkreis bekannt oder zugänglich
ist, der Geheimnisträger sie geheim halten will und ein berechtigtes
Geheimhaltungsinteresse hat (BGE 126 IV 236 E. 2a; Urteil 6B_256/2012 vom 27.
September 2012 E. 2).

Der Strafrichter hat vorfrageweise die Geheimhaltungserklärung zu überprüfen.
Das ergibt sich auch aus Art. 293 Abs. 3 StGB, wonach der Richter von jeglicher
Strafe absehen kann, wenn das an die Öffentlichkeit gebrachte Geheimnis von
geringer Bedeutung ist. Diese durch Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997
eingefügte Bestimmung, die seit 1. April 1998 in Kraft ist, betrifft unnötige
Geheimhaltungserklärungen (BGE 126 IV 236 E. 2c mit Hinweis auf die
Gesetzesmaterialien). Der Richter hat zu prüfen, ob die Geheimhaltungserklärung
noch als vertretbar erscheint. Dies bestimmt sich nach Gegenstand und Inhalt
der Akten, Verhandlungen und Untersuchungen. Unerheblich ist insoweit, ob deren
Inhalt für die Öffentlichkeit von Interesse ist (BGE 126 IV 236 E. 2d). Ein
allfälliges Informationsinteresse der Öffentlichkeit betrifft nicht die
Tatbestandsmässigkeit der Veröffentlichung, sondern deren Rechtswidrigkeit, und
kann bei der Prüfung des aussergesetzlichen Rechtfertigungsgrundes der Wahrung
berechtigter Interessen relevant sein.

1.2 Ein Teil der Lehre nimmt in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung ebenfalls an, dass Art. 293 StGB ein formeller Geheimnisbegriff
zugrunde liegt (TRECHSEL/VEST, Schweizerisches Strafgesetzbuch,
Praxiskommentar, 2008, Art. 293 N. 4; STRATENWERTH/BOMMER, Schweizerisches
Strafrecht, Besonderer Teil II, Straftaten gegen Gemeininteressen, 6. Aufl.
2008, § 51 N. 42; BERNARD CORBOZ, Les infractions en droit suisse, vol. II,
3ème édition 2010, art. 293 CP n. 2; GUIDO JENNY, ZBJV 139/2003 S. 380). Ein
anderer Teil der Lehre ist demgegenüber der Auffassung, dass - spätestens seit
dem Inkrafttreten von Absatz 3 von Art. 293 StGB beziehungsweise jedenfalls
seit dem Urteil Nr. 69698/01 des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
(EGMR) vom 10. Dezember 2007 in Sachen Stoll c. Schweiz (CourEDH 2007 - V S.
205) - bei der Auslegung von Art. 293 StGB von einem materiellen
Geheimnisbegriff auszugehen ist (DONATSCH/WOHLERS, Strafrecht IV, Delikte gegen
die Allgemeinheit, 4. Aufl. 2011, S. 424; MATTHIAS SCHWAIBOLD, Stoll gegen die
Schweiz 1 : 6, FP 2008, S. 180 ff., 186; ANDREAS MEILI, Der
Geheimnisschutzartikel Art. 293 StGB im Lichte der neueren Gerichtspraxis,
Medialex 2000 S. 135 ff., 141). Die Veröffentlichung aus Verhandlungen erfüllt
demnach den Tatbestand von Art. 293 StGB, wenn die veröffentlichte Tatsache ein
Geheimnis im materiellen Sinne ist. Ein solches setzt unter anderem voraus,
dass ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse besteht. Bei der Prüfung dieser
Frage ist das entgegenstehende Informationsinteresse der Öffentlichkeit
mitzuberücksichtigen. Wenn dieses gegenüber dem Geheimhaltungsinteresse
überwiegt, ist Letzteres nicht berechtigt, fehlt es somit an einem Geheimnis im
materiellen Sinne und ist daher, ungeachtet der Geheimhaltungserklärung, die
Veröffentlichung nicht tatbestandsmässig. Bei dieser Betrachtungsweise kommt
dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit tendenziell ein grösseres Gewicht
zu als auf der Grundlage eines formellen Geheimnisbegriffs. Denn im
letztgenannten Fall ist das Informationsinteresse der Öffentlichkeit nur ein
Kriterium neben andern bei der Prüfung der Frage, ob die angesichts der
Geheimhaltungserklärung tatbestandsmässige Veröffentlichung durch den
aussergesetzlichen Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen
gerechtfertigt ist, an welchen strenge Anforderungen gestellt werden.

1.3 Der EGMR hat in seinem Urteil Nr. 69698/01 vom 10. Dezember 2007 in Sachen
Stoll c. Schweiz (CourEDH 2007 - V S. 205), welches den BGE 126 IV 236 zugrunde
liegenden Fall betrifft, erwogen, dass die Bestrafung eines Journalisten mit
einer relativ geringfügigen Busse wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer
Verhandlungen mit Art. 10 EMRK vereinbar ist, wenn im konkreten Einzelfall
unter Berücksichtigung der massgebenden Umstände das staatliche
Geheimhaltungsinteresse gewichtiger ist als das Informationsinteresse der
Öffentlichkeit. Der EGMR (Grosse Kammer) hat dies bejaht und eine Verletzung
von Art. 10 EMRK verneint, nachdem zuvor die 4. Kammer des EGMR mit Entscheid
vom 25. April 2006 die EMRK verletzt gesehen hatte.

1.4 Die Vorinstanz lässt offen, ob beim Tatbestand der Veröffentlichung
amtlicher geheimer Verhandlungen von einem formellen oder einem materiellen
Geheimnisbegriff auszugehen ist. Auch auf der Grundlage eines materiellen
Geheimnisbegriffs sei der Beschwerdeführer der Veröffentlichung amtlicher
geheimer Verhandlungen im Sinne von Art. 293 Abs. 1 StGB schuldig zu sprechen,
da im konkreten Fall das Geheimhaltungsinteresse des Staates das
Informationsinteresse der Öffentlichkeit insgesamt klar überwiege und es daher
unerheblich sei, ob die Interessenabwägung im Rahmen der Tatbestandsmässigkeit
oder erst unter dem Titel der Rechtswidrigkeit vorgenommen werde. Die
Vorinstanz befasst sich mit den relevanten Interessen und wendet dabei einen
Prüfmassstab an, der ihres Erachtens im Urteil Nr. 69698/01 des EGMR vom 10.
Dezember 2007 in Sachen Stoll c. Schweiz skizziert wird. Die Vorinstanz prüft
und gewichtet einerseits das allgemeine staatliche Interesse an der
Geheimhaltung von Äusserungen an den Sitzungen der Kommissionen und
Unterkommissionen der eidgenössischen Räte sowie das konkrete staatliche
Interesse an der Geheimhaltung der Stellungnahmen an der Sitzung vom 17.
Februar 2009, deren Veröffentlichung durch den Beschwerdeführer Gegenstand des
vorliegenden Verfahrens bildet. Sie prüft und gewichtet andererseits das
allgemeine Interesse der Öffentlichkeit an der Information über die
Auseinandersetzung zwischen der Vorsteherin des EJPD und dem Bundesanwalt
betreffend Kompetenzen und Führung sowie das konkrete Interesse der
Öffentlichkeit an der Information über die diesbezüglichen Äusserungen der
Vorsteherin des EJPD und zweier Nationalräte. Die Vorinstanz geht von einem
sehr grossen allgemeinen und einem gewichtigen konkreten staatlichen Interesse
an der Geheimhaltung aus. Sie gewichtet das allgemeine Interesse der
Öffentlichkeit, über das konfliktbeladene Verhältnis zwischen der Vorsteherin
des EJPD und dem Bundesanwalt informiert zu werden, als gross. Hingegen besteht
ihres Erachtens kein grösseres Interesse der Öffentlichkeit zu erfahren, was
die Vorsteherin des EJPD und zwei Mitglieder des Nationalrates an der
Kommissionssitzung vom 17. Februar 2009 laut Protokoll wörtlich gesagt haben.
Die Vorinstanz gelangt in Abwägung der Interessen zum Schluss, dass das
staatliche Geheimhaltungsinteresse das Informationsinteresse der Öffentlichkeit
klar überwiegt. Sie begründet dies insbesondere damit, dass einerseits die
Veröffentlichung der Äusserungen geeignet war, die konfliktbeladene Situation
eskalieren zu lassen und eine Lösung des Problems zu erschweren, und dass
andererseits die Veröffentlichung der Äusserungen nichts wesentlich Neues
brachte und nicht geeignet war, einen Beitrag zur öffentlichen Debatte zu
diesem Thema zu leisten, welches der Öffentlichkeit aufgrund zahlreicher
Publikationen bereits bekannt war.

1.5 Der Beschwerdeführer macht geltend, in Anbetracht des Urteils des EGMR vom
10. Dezember 2007 in Sachen Stoll c. Schweiz sei Art. 293 StGB in Änderung der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung dahingehend auszulegen, dass diesem
Tatbestand ein materieller Geheimnisbegriff zugrunde liege. Die Vorinstanz
verletze Art. 10 EMRK respektive Art. 17 BV betreffend die
Meinungsäusserungsfreiheit und die davon miterfasste Medienfreiheit, indem sie
das staatliche Geheimhaltungsinteresse höher gewichte als das
Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Der Medienfreiheit komme a priori ein
besonderes Gewicht zu. Ein Interesse des Staates an der Geheimhaltung
vertraulicher Informationen sei nur mit grosser Zurückhaltung zu bejahen. Eine
Bestrafung komme bei der gebotenen Berücksichtigung der Meinungsäusserungs-
beziehungsweise Medienfreiheit nur in Betracht, wenn die Veröffentlichung in
hohem Masse geeignet sei, das Funktionieren des demokratischen Systems
nachhaltig zu stören und den staatlichen Interessen einen beträchtlichen
Schaden zuzufügen. Das allgemeine Interesse des Staates an der Geheimhaltung
der Äusserungen der Teilnehmer an Sitzungen der parlamentarischen Kommissionen
sei entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht gross. Indiskretionen von
Politikerinnen und Politikern gehörten in der Schweiz zum politischen Alltag
und würden kaum je verfolgt. Unerheblich sei, dass das Kommissionsgeheimnis in
einem Gesetz verankert ist. Auch das konkrete staatliche
Geheimhaltungsinteresse sei entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht
gewichtig. Die inkriminierte Veröffentlichung sei keineswegs geeignet gewesen,
den staatlichen Interessen einen beträchtlichen Schaden zuzufügen. Die
gegenteilige Auffassung der Vorinstanz stehe im Übrigen im Widerspruch zur
vorinstanzlichen Feststellung, dass die Veröffentlichung nichts wesentlich
Neues gebracht habe. Diese Feststellung sei allerdings unrichtig. Der
Beschwerdeführer macht im Weiteren geltend, die Veröffentlichung habe das durch
Art. 293 StGB geschützte Rechtsgut nicht beeinträchtigt. Die Vorsteherin des
EJPD sei nicht Mitglied parlamentarischer Kommissionen, und im Zeitpunkt der
Veröffentlichung habe die Kommission noch nicht in der Entscheidphase
gestanden. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass die inkriminierte
Veröffentlichung die Meinungsbildung und Entscheidfindung in der Subkommission
hätte beeinflussen und den staatlichen Interessen einen beträchtlichen Schaden
hätte zufügen können.

2.
2.1 An der Rechtsprechung, wonach dem Tatbestand der Veröffentlichung amtlicher
geheimer Verhandlungen (Art. 293 StGB) ein formeller Geheimnisbegriff zugrunde
liegt, ist festzuhalten. Art. 293 StGB ist im 15. Titel des Strafgesetzbuches
betreffend die strafbaren Handlungen gegen die öffentliche Gewalt (Art. 285 bis
Art. 295) geregelt. Dieser Titel enthält eine ganze Reihe von
Ungehorsamstatbeständen, so etwa Bruch amtlicher Beschlagnahme (Art. 289),
Siegelbruch (Art. 290), Verweisungsbruch (Art. 291), Ungehorsam gegen amtliche
Verfügungen (Art. 292), Übertretung eines Berufsverbots (Art. 294), Übertretung
des Wirtshaus- und Alkoholverbots (Art. 295). Auch Art. 293 StGB stellt einen
Ungehorsam unter Strafe, nämlich die Missachtung der Geheimhaltungserklärung,
welche allerdings nicht nur in der Form eines behördlichen Beschlusses, sondern
auch durch Gesetz erfolgen kann. Die Bestimmung will den Prozess der
Meinungsbildung und Entscheidfindung innerhalb der staatlichen Organe vor
Störungen schützen (BGE 126 IV 236 E. 2c/aa mit Hinweisen). Das Tatunrecht
liegt in der Missachtung der Geheimhaltungserklärung. Weil es in der Regel
nicht schwer wiegt, droht Art. 293 Abs. 1 StGB lediglich Busse an. Es handelt
sich also um eine Übertretung. Ein allfälliges Informationsinteresse der
Öffentlichkeit berührt nicht die Vertretbarkeit der Geheimhaltungserklärung und
somit nicht die Tatbestandsmässigkeit, sondern die Rechtswidrigkeit der
Veröffentlichung und ist allenfalls unter dem Gesichtspunkt der
Rechtfertigungsgründe, im Besonderen des aussergesetzlichen
Rechtfertigungsgrundes der Wahrung berechtigter Interessen, von Bedeutung.
2.2
2.2.1 Gemäss Art. 47 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die
Bundesversammlung (Parlamentsgesetz, ParlG; SR 171.10), in Kraft seit 1.
Dezember 2003, sind die Beratungen der Kommissionen vertraulich. Insbesondere
wird nicht bekannt gegeben, wie die einzelnen Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Stellung genommen oder abgestimmt haben. Nach Art. 47 Abs. 2 ParlG können die
Kommissionen beschliessen, Anhörungen öffentlich durchzuführen. Gemäss Art. 48
ParlG informieren die Kommissionen die Öffentlichkeit über die Ergebnisse ihrer
Beratungen.

Das Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 über das Öffentlichkeitsprinzip der
Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ; SR 152.3), in Kraft seit 1. Juli 2006,
gilt für die Bundesversammlung und ihre Organe, insbesondere die
parlamentarischen Kommissionen, nicht (Art. 2 BGÖ e contrario; Botschaft des
Bundesrates zum Bundesgesetz über die Öffentlichkeit der Verwaltung, BBl 2003
1963 ff., 1985).
2.2.2 Die Stellungnahmen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den
Kommissionsberatungen sind ungeachtet ihres Inhalts und ihrer Bedeutung sowie
des Gegenstands der Beratungen vertraulich. Diese bundesgesetzliche Regelung
ist für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend
(siehe Art. 190 BV). Dem Bundesgericht ist es verwehrt, die sich aus Art. 47
Abs. 1 ParlG ergebende Geheimhaltungserklärung im Allgemeinen oder im konkreten
Einzelfall in einem Strafverfahren wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer
Verhandlungen (Art. 293 StGB) auf ihre Vertretbarkeit zu prüfen.
2.2.3 Art. 47 Abs. 1 ParlG gilt nicht nur für die darin ausdrücklich genannten
Kommissionen, sondern selbstredend auch für die Subkommissionen, welche die
Kommissionen gemäss Art. 45 Abs. 2 Satz 1 ParlG aus ihrer Mitte einsetzen
können. Art. 47 Abs. 1 ParlG erfasst nicht nur die Mitglieder der Kommissionen,
also die Ratsmitglieder (siehe Art. 42 f. ParlG), sondern alle Teilnehmerinnen
und Teilnehmer an den Kommissionssitzungen. Die Bestimmung schützt auch die
Stellungnahme eines Mitglieds des Bundesrates in einer Kommissionssitzung. Art.
47 Abs. 1 ParlG ist im Übrigen klar und bedarf keiner Auslegung.

2.3 Der Beschwerdeführer hat, ohne dazu berechtigt zu sein, aus einer durch
Bundesgesetz (Art. 47 ParlG) geheim erklärten Verhandlung etwas an die
Öffentlichkeit gebracht und dadurch den Tatbestand von Art. 293 Abs. 1 StGB
erfüllt.

2.4 Bundesgesetze und Völkerrecht sind für das Bundesgericht und die anderen
rechtsanwendenden Behörden massgebend (Art. 190 BV). Das Bundesgericht muss
mithin die in den Bundesgesetzen enthaltenen Bestimmungen, auch
Strafbestimmungen, anwenden, selbst wenn sie gegen Grundrechte verstossen
sollten. Es muss sie aber verfassungs- und EMRK-konform auslegen, soweit ein
Auslegungsspielraum besteht.
Es ginge über eine verfassungs- beziehungsweise EMRK-konforme Auslegung von
Art. 293 StGB weit hinaus, den Anwendungsbereich dieser Strafnorm für
Medienschaffende beispielsweise auf Veröffentlichungen zu beschränken, die
geeignet sind, die staatlichen Interessen erheblich zu beeinträchtigen oder das
Funktionieren der staatlichen Organe empfindlich zu stören (vgl. BGE 126 IV 236
E. 4c; zustimmend GUIDO JENNY, ZBJV 139/2003 S. 380). Dies wäre nicht mehr
einschränkende Auslegung des geltenden Rechts, sondern eine Änderung des
Gesetzes, mithin Rechtsetzung, welche dem Gesetzgeber vorbehalten ist.
Es ist Sache des Gesetzgebers, darüber zu befinden, ob Art. 293 StGB ersatzlos
zu streichen oder zu ändern ist (siehe BGE 126 IV 236 E. 2b und E. 4c).

2.5 Der Beschwerdeführer macht mit Recht nicht geltend, dass das von ihm an die
Öffentlichkeit gebrachte Geheimnis von geringer Bedeutung sei und daher der
Richter gemäss Art. 293 Abs. 3 StGB von jeglicher Strafe hätte absehen müssen.
Er behauptet mit Recht auch nicht, dass die Tat durch den aussergesetzlichen
Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen (siehe dazu BGE 126 IV
236 E. 4d mit Hinweis) gerechtfertigt sei.

3.
Der Beschwerdeführer hätte den Tatbestand von Art. 293 Abs. 1 StGB im Übrigen
auch erfüllt, wenn man dieser Strafnorm abweichend von der bisherigen
Rechtsprechung einen materiellen Geheimnisbegriff zugrunde legen wollte.
3.1
3.1.1 Der Gesetzgeber misst der Vertraulichkeit der Stellungnahmen der
Teilnehmer an den Beratungen der parlamentarischen Kommissionen ein erhebliches
Gewicht zu. Die Vertraulichkeit wird seit dem Inkrafttreten des
Parlamentsgesetzes am 1. Dezember 2003 nicht mehr nur in den
Geschäftsreglementen des Nationalrates und des Ständerates (Art. 20 Abs. 4 GRN;
Art. 15 Abs. 4 GRS), sondern angesichts ihrer Bedeutung auch in Art. 47 Abs. 1
ParlG und damit in einem Bundesgesetz im formellen Sinne stipuliert. Diese
Gesetzesbestimmung entspricht Art. 47 des Entwurfs der Staatspolitischen
Kommission des Nationalrates (BBl 2001 3467 ff., 3621 ff., 3635). Diese hält in
ihrem Bericht zum Gesetzesentwurf fest, dass die Vertraulichkeit der
Kommissionssitzungen ein wesentliches Element der Kommissionstätigkeit
darstellt und dass der Meinungsbildungsprozess in den Kommissionen möglichst
frei und unbeeinträchtigt von Medieneinflüssen stattfinden soll (BBl 2001 3467
ff., 3551). Dabei geht es nicht darum, dass die Beratungen der Kommissionen
überhaupt geheim bleiben. Das Parlamentsgesetz sieht vor, dass die Kommissionen
die Öffentlichkeit über die Ergebnisse ihrer Beratungen informieren (Art. 48
ParlG). Die Geschäftsreglemente der beiden Räte präzisieren, dass in der Regel
über die wesentlichen Beschlüsse mit dem Stimmenverhältnis sowie über die
hauptsächlichen, in den Beratungen vertretenen Argumente informiert wird (Art.
20 Abs. 2 GRN; Art. 15 Abs. 2 GRS). Es sollen mithin nicht die Argumente als
solche und das Ergebnis der Abstimmung verschwiegen werden, sondern es soll
vertraulich und damit geheim bleiben, wie die einzelnen Teilnehmer argumentiert
oder abgestimmt haben.
3.1.2 Gemäss Art. 153 Abs. 4 BV stehen den parlamentarischen Kommissionen zur
Erfüllung ihrer Aufgaben Auskunftsrechte, Einsichtsrechte und
Untersuchungsbefugnisse zu. Deren Umfang wird durch das Gesetz geregelt.
Gestützt auf diese Verfassungsbestimmung hat der Gesetzgeber die
Informationsrechte der parlamentarischen Kommissionen im Parlamentsgesetz im
Vergleich zum früheren Geschäftsverkehrsgesetz neu konzipiert. Es liegt nicht
mehr in der Kompetenz des Bundesrates, darüber zu entscheiden, ob er
Informationen, die unter das Amtsgeheimnis fallen, an die Kommissionen
weitergeben will oder nicht. Vielmehr soll das Parlament als oberste Gewalt
selber bestimmen können, welche Informationen es für die Erfüllung seiner
Aufgaben benötigt. Diesem Grundsatz kommt gerade im Bereich der Oberaufsicht
des Parlaments grosse Bedeutung zu (Bericht der Staatspolitischen Kommission
des Nationalrates zum Entwurf des Parlamentsgesetzes, BBl 2001 3467 ff., 3469,
3485 f.). Die Kommissionen und die von ihnen eingesetzten Subkommissionen sind
zur Erfüllung ihrer Aufgaben gemäss Art. 150 Abs. 1 lit. a ParlG berechtigt,
den Bundesrat zur Erteilung von Auskünften an Sitzungen einzuladen und von ihm
Berichte zu verlangen. Sie treffen geeignete Vorkehrungen für den
Geheimnisschutz. Sie können insbesondere vorsehen, dass Informationen, die dem
Amtsgeheimnis gemäss Artikel 8 ParlG unterstehen, nur einer Subkommission
zukommen. Die Ratsmitglieder sind nach Art. 8 ParlG an das Amtsgeheimnis
gebunden, sofern sie aufgrund ihrer amtlichen Tätigkeit von Tatsachen Kenntnis
haben, die zur Wahrung überwiegender öffentlicher oder privater Interessen,
insbesondere zum Schutz der Persönlichkeit oder mit Rücksicht auf ein hängiges
Verfahren, geheim zu halten oder vertraulich sind. Ein überwiegendes
öffentliches Interesse an der Geheimhaltung kann gemäss den Ausführungen im
Bericht der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates zum Entwurf des
Parlamentsgesetzes unter anderem bezüglich Tatsachen bestehen, deren
Bekanntgabe die freie Meinungs- und Willensbildung des Bundesrates, der
Bundesverwaltung oder des Bundesgerichts gefährdet oder die Wirksamkeit von
wichtigen behördlichen Massnahmen vereitelt (Bericht der Staatspolitischen
Kommission des Nationalrates, BBl 2001 3467 ff., 3526).
3.1.3 Art. 47 ParlG will die freie Meinungsbildung und Entscheidfindung in den
parlamentarischen Kommissionen schützen. Die Sitzungsteilnehmer sollen ihre
Standpunkte frei, unbehindert von äusseren Einflüssen und ohne Rücksichtnahmen
vertreten können. Die Vertraulichkeit der Beratungen erleichtert es den
Sitzungsteilnehmern, einerseits deutlich ihre Meinungen zu äussern und
andererseits zunächst eingenommene Positionen aufzugeben und zu Kompromissen
Hand zu bieten (vgl. BGE 108 Ia 275 E. 1c zu Art. 22 aGRN). Art. 47 ParlG will
einen vor äusseren Einflüssen geschützten, konstruktiven und
lösungsorientierten Diskurs innerhalb der staatlichen Organe ermöglichen (MARK
STUCKI, Das Parlament - blosse Kulisse oder Mitspieler auf der Medienbühne?
LeGes 2003/2 S. 113 ff., 120 f.). Die freie und unbeeinflusste Meinungsbildung
und Entscheidfindung innerhalb der staatlichen Organe ist als solche,
ungeachtet des Gegenstandes und der Bedeutung der zu treffenden Entscheidung,
ein hochwertiges Schutzgut. Dies ergibt sich auch aus dem
Öffentlichkeitsgesetz. Gemäss Art. 7 Abs. 1 lit. a BGÖ wird der Zugang zu
amtlichen Dokumenten eingeschränkt, aufgeschoben oder verweigert, wenn durch
seine Gewährung die freie Meinungs- und Willensbildung einer diesem Gesetz
unterstellten Behörde, eines anderen legislativen oder administrativen Organs
oder einer gerichtlichen Instanz wesentlich beeinträchtigt werden kann. Die
Botschaft des Bundesrates zum Öffentlichkeitsgesetz weist darauf hin, dass die
frühzeitige Bekanntgabe bestimmter Positionen je nach den Umständen die
öffentliche Auseinandersetzung vorzeitig blockieren kann, da es schwieriger
ist, seine Meinung im Scheinwerferlicht zu ändern (Botschaft zum
Öffentlichkeitsgesetz, BBl 2003 1963 ff., 2007). Gemäss Art. 3 Abs. 4 BGÖ sind
amtliche Dokumente über Positionen in laufenden und künftigen Verhandlungen in
keinem Fall zugänglich. Denn eine Verhandlung kann nicht wirkungsvoll geführt
werden, wenn eine Partei von Anfang an gezwungen wäre, ihre Karten auf den
Tisch zu legen (Botschaft zum Öffentlichkeitsgesetz, BBl 2003 1963 ff., 2015).

3.2 Gegenstand der Sitzung vom 17. Februar 2009 waren die in die Kritik
geratene Amtsführung des Bundesanwalts, Fragen betreffend die Kompetenzen des
Bundesanwalts und dessen Kontrolle durch den Bundesrat beziehungsweise die
Vorsteherin des EJPD und der aus den diesbezüglichen Meinungsverschiedenheiten
resultierende Konflikt. Die Ausführungen der Vorsteherin des EJPD an der
Sitzung der Subkommission EJPD/PK der Geschäftsprüfungskommission, welche die
Oberaufsicht über das EJPD und die Bundesanwaltschaft ausübt (siehe Art. 52
Abs. 1 in Verbindung mit Art. 26 Abs. 1 ParlG), waren in diesem Kontext von
einer gewissen Brisanz. Eine Veröffentlichung von Äusserungen der
Sitzungsteilnehmer, namentlich der Vorsteherin des EJPD, war in diesem
Zusammenhang geeignet, die Fronten zu verhärten und die Lösung des Konflikts zu
erschweren. Das staatliche Interesse an der Geheimhaltung war daher im
konkreten Fall besonders gross.

3.3 Andererseits bestand ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit, über die
Amtsführung des Bundesanwalts und den Konflikt zwischen diesem und der
Vorsteherin des EJPD betreffend Amtsführung, Kompetenzen und Kontrolle
informiert zu werden. Diese Auseinandersetzung und ihre Gründe waren jedoch der
Öffentlichkeit im Zeitpunkt der inkriminierten Tat aufgrund einer umfangreichen
Medienberichterstattung bereits bekannt. Die inkriminierte Veröffentlichung
trug nichts wesentlich Neues zur Information der Öffentlichkeit bei. Die Tat
war daher nicht geeignet, einen Beitrag zur öffentlichen Debatte zu diesem
Thema zu leisten.

3.4 Die Abwägung des staatlichen Geheimhaltungsinteresses und des öffentlichen
Informationsinteresses im Allgemeinen und im konkreten Fall ergibt, dass das
Geheimhaltungsinteresse deutlich überwog, da die inkriminierte Veröffentlichung
einerseits nichts wesentlich Neues zur öffentlichen Debatte beitragen konnte
und sie andererseits geeignet war, das konfliktbeladene Verhältnis zwischen der
Vorsteherin des EJPD und dem Bundesanwalt zusätzlich zu belasten und damit eine
Lösung zu erschweren.

Damit bestand ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung der vom
Beschwerdeführer veröffentlichten Äusserungen, welche unstreitig nicht
allgemein bekannt waren und nach dem Willen der Geheimnisträger geheim bleiben
sollten.

3.5 Der Schuldspruch wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen
(Art. 293 Abs. 1 StGB) verstösst auch bei Zugrundelegung eines materiellen
Geheimnisbegriffs und der damit erforderlichen Interessenabwägung nicht gegen
Bundesrecht.

3.6 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt auch, dass die Voraussetzungen für
eine Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit gemäss Art. 10 Ziff. 2 EMRK
erfüllt sind. Die in Art. 293 StGB vorgesehene Verurteilung des
Beschwerdeführers wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen ist
im Sinne von Art. 10 Ziff. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft
notwendig zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen. Die
Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Busse von 400 Franken verstösst
nicht gegen Art. 10 EMRK.

4.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat der
Beschwerdeführer die bundesgerichtlichen Kosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz
1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, sowie der Schweizerischen Bundesanwaltschaft schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 11. Januar 2013
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Näf