Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.173/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_173/2012

Urteil vom 19. April 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber C. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lucien W. Valloni,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Kosten und Entschädigung,

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, vom 27. Januar 2012.

Da Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.
Am 15. Juni 2007 erhob der juristische Berater A.________ gegen Rechtsanwalt
X.________ Anklage wegen Ehrverletzung. Gegenstand bildete ein von X.________
für einen Mandanten in italienischer Sprache verfasstes Schreiben vom 27. März
2007, welches an A.________ gerichtet war und in Kopie an den Mandanten sowie
an die italienische Botschaft in Bern und das italienische Konsulat in Zürich
ging. In dem Schreiben warf X.________ A.________ eine inkompetente
Prozessführung in einem Gerichtsfall in Italien vor, der den Mandanten von
X.________ betraf, sowie Anmassung des Rechtsanwaltstitels und
Urkundenfälschung.

Am 11. Mai 2011 liess das Bezirksgericht Zürich die Anklage definitiv nicht zu,
weil die Verfolgungsverjährung eingetreten war. Die Kosten wurden A.________
auferlegt, und dieser wurde verpflichtet, X.________ eine Prozessentschädigung
von Fr. 13'564.-- zu bezahlen.

Gegen die Kosten- und Entschädigungsregelung erhob A.________ kantonale
Beschwerde. Das Obergericht des Kantons Zürich hiess das Rechtsmittel am 27.
Januar 2012 gut. Es auferlegte die Kosten X.________ und verpflichtet diesen,
A.________ eine Prozessentschädigung von Fr. 17'226.40 zu bezahlen.

X.________ wendet sich mit Beschwerde ans Bundesgericht und beantragt, es seien
der Entscheid des Obergerichts vom 27. Januar 2012 aufzuheben und die Verfügung
des Bezirksgerichts vom 11. Mai 2011 zu bestätigen.

2.
2.1 In Anwendung von Art. 109 Abs. 3 BGG kann auf die Ausführungen der
Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtenen Entscheid S. 4 - 15).

Der Beschwerdeführer erklärte die Zustellung des Schreibens an das italienische
Konsulat in Zürich und die italienische Botschaft in Bern damit, dass aufgrund
des öffentlichen Auftretens des Beschwerdegegners auf die Missstände habe
hingewiesen werden müssen. Der Beschwerdegegner wies demgegenüber auf seine
geschäftlichen Beziehungen zu den italienischen Vertretungen in der Schweiz hin
und machte geltend, es sei dem Beschwerdeführer nur darum gegangen, diese zu
zerstören und dadurch sein berufliches Fortkommen zu behindern. Die Vorinstanz
geht bei der Prüfung dieser Frage davon aus, dass das italienische Konsulat und
die italienische Botschaft ein Interesse daran gehabt hätten "zu erfahren,
falls sich (der Beschwerdegegner) ihnen gegenüber fälschlicherweise als
Rechtsanwalt ausgegeben hätte". Auch bestehe "ein gewisses Interesse des
Klienten informiert zu werden, falls ein Rechtsanwalt seinen Beruf und seine
Berufspflichten nicht gewissenhaft ausübt". Vorliegend sei es dem
Beschwerdeführer aber darum gegangen, den Beschwerdegegner in seiner
beruflichen Ehre anzugreifen und ihn in seinem beruflichen Fortkommen oder
Bestehen zu behindern. Ein solches Interesse könne von vornherein nicht
schützenswert sein (angefochtener Entscheid S. 12). Mit seinem Verhalten habe
er in zivilrechtlich vorwerfbarer Weise gegen die privatrechtlichen
Bestimmungen zum Persönlichkeitsschutz verstossen und dadurch das
Ehrverletzungsverfahren veranlasst.

2.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil grundsätzlich den Sachverhalt
zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Der
Beschwerdeführer behauptet, der Beschwerdegegner habe sich als Avvocato der
Botschaft und des Konsulats "ausposaunt" (Beschwerde S. 5), und es sei denn
auch ein Mitarbeiter des Konsulats gewesen, der den Mandanten des
Beschwerdeführers seinerzeit zum Beschwerdegegner geschickt habe (Beschwerde S.
11). Die Vorinstanz stellt nichts Derartiges fest. Folglich ist auf die
Vorbringen nicht einzutreten.

2.3 Mit welcher Motivation der Beschwerdeführer gehandelt hat, stellt eine
Tatfrage dar. Der Sachverhalt kann vor Bundesgericht nur angefochten werden,
wenn er durch die Vorinstanz offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs.
1 BGG bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV festgestellt wurde. Willkür liegt
vor, wenn der angefochtene Entscheid im bemängelten Punkt offensichtlich
unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht.
Dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint, genügt nicht (BGE 137 I
1 E. 2.4).

Die Vorinstanz ist mit der Schlussfolgerung, der Beschwerdeführer habe mit der
Orientierung der italienischen Botschaft und des italienischen Konsulats nur
beabsichtigt, dem Beschwerdegegner beruflich zu schaden, nicht in Willkür
verfallen. In Bezug auf die angeblich inkompetente Prozessführung und die
Anmassung des Rechtsanwaltstitels war zunächst die Information des Mandanten
gerechtfertigt. Zudem erscheint eine Orientierung der in Frage kommenden
Aufsichtskommissionen über die Rechtsanwälte in Italien und der Schweiz als
sachgerecht. Diese Stellen hat der Beschwerdeführer denn auch informiert
(angefochtener Entscheid S. 13 oben). Über die angebliche Urkundenfälschung
hätte er die zuständige Strafuntersuchungsbehörde ins Bild setzen müssen.
Demgegenüber erscheinen diplomatische Vertretungen für die Entgegennahme von
Disziplinar- und Strafanzeigen nicht als die richtige Adresse. Anzumerken ist,
dass der vom Beschwerdeführer zusätzlich in einer italienischen Zeitschaft
platzierte Artikel über die Angelegenheit (a.a.O.) als Bestandteil einer
eigentlichen Kampagne gedeutet werden kann. Gesamthaft gesehen ist die
Schlussfolgerung der Vorinstanz, die Information von Botschaft und Konsulat sei
nicht aus gerechtfertigten Motiven geschehen, vertretbar.

3.
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch um aufschiebende
Wirkung gegenstandslos geworden.

Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen
(Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist keine Entschädigung
auszurichten, weil er vor Bundesgericht keine Umtriebe hatte.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 19. April 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: C. Monn