Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.169/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_169/2012

Urteil vom 25. Juni 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider, Denys,
Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Markus Heer,
Beschwerdeführer,

gegen

Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Thurgau, Zürcherstrasse 323, 8510
Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Entschädigung und Genugtuung; Willkür,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts
des Kantons Thurgau vom 26. Januar 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Kantonspolizei Thurgau nahm X.________ am 30. Mai 2010 wegen dringenden
Tatverdachts auf Zuwiderhandlung gegen das Waffengesetz (unbefugtes Schiessen)
fest. Der Vize-Statthalter des Bezirksamts Arbon eröffnete am 31. Mai 2010 die
Strafuntersuchung, führte die Hafteinvernahme durch und beantragte die
Anordnung der Untersuchungshaft bis 30. Juni 2010, was bewilligt wurde.
Aufgrund des weiteren Verdachts, X.________ entsorge Tierkadaver unrechtmässig
und verstosse gegen das Tierseuchengesetz, erliess der Vize-Statthalter am 3.
Juni 2010 einen Hausdurchsuchungsbefehl. Gestützt darauf wurden zwischen dem 8.
und 14. Juni 2010 sämtliche Güllenschächte des Hofes X.________ unter Beizug
der örtlichen Feuerwehr und einer Fachfirma abgesaugt und kontrolliert. Kadaver
fand man nicht. Am 23. Juni 2010 entliess der Vize-Statthalter X.________ aus
der Haft. Er stellte die gegen X.________ geführte Strafuntersuchung wegen
Gefährdung des Lebens (unbefugtes Schiessen), Sachbeschädigung und
Widerhandlung gegen das Tierseuchengesetz am 29. Oktober 2010 ein.

B.
X.________ klagte am 4. Mai 2011 gegen den Kanton Thurgau auf Zahlung von
Schadenersatz in der Höhe von Fr. 247'499.-- sowie Genugtuung nach
richterlichem Ermessen, je zuzüglich Zins. Die Staatsanwaltschaft Bischofszell
trat mit Verfügung vom 16. November 2011 auf die Begehren nicht ein. Sie erwog,
die ausgestandene Untersuchungshaft von 25 Tagen sei vom Obergericht des
Kantons Thurgau mit Entscheid vom 27. April 2011 in Anwendung von Art. 51 StGB
an die rechtskräftig ausgefällte Freiheitsstrafe von 9 Monaten wegen mehrfachen
Missbrauchs einer Fernmeldeanlage, Widerhandlung gegen das
Gewässerschutzgesetz, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte,
Tierquälerei und mehrfacher Widerhandlung gegen das Tierseuchengesetz
angerechnet worden. Die Anrechnung der Untersuchungshaft gehe Ansprüchen auf
Entschädigung vor.

Gegen den Nichteintretensentscheid legte X.________ mit Eingabe vom 28./29.
November 2011 Beschwerde ein. Das Obergericht des Kantons Thurgau schützte die
Beschwerde am 26. Januar 2012 teilweise und wies die Sache im Sinne der
Erwägungen an die Vorinstanz zurück.

C.
Mit Beschwerde in Strafsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde beantragt
X.________, es sei der Entscheid des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 26.
Januar 2012 aufzuheben und die Staatsanwaltschaft Bischofszell zu verpflichten,
ihm Schadenersatz in der Höhe von Fr. 247'499.-- sowie eine Genugtuung nach
richterlichem Ermessen (beides zuzüglich Zins ab 2. Mai 2011) zuzusprechen.
Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
X.________ ersucht ferner um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

D.
Das Obergericht des Kantons Thurgau beantragt am 30. Mai 2012 die Abweisung der
Beschwerde unter Verzicht auf weitere Ausführungen. Die Staatsanwaltschaft des
Kantons Thurgau verzichtet am 16. Mai 2012 auf eine Vernehmlassung zur
Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid betrifft die Frage der Entschädigung des
Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der (Teil-)Einstellung einer
Strafuntersuchung. Es handelt sich um einen Rückweisungsentscheid.
Die Rückweisung betrifft allerdings nur den Schaden, der dem Beschwerdeführer
angeblich aus dem beanstandeten Feuerwehreinsatz (Absaugen der Jauchegruben)
erwachsen ist. In diesem Rahmen hiess die Vorinstanz die Beschwerde gut und
wies die geltend gemachten Schadenspositionen zur materiellen Prüfung an die
Beschwerdegegnerin zurück (Entscheid, S. 5/6 E. 1d). Soweit der geltend
gemachte Schaden unmittelbar oder mittelbar auf der Inhaftierung beruht,
entschied die Vorinstanz demgegenüber abschliessend. Sie wies die Beschwerde
ab, weil sie die Forderungen des Beschwerdeführers aufgrund der Anrechnung der
25 Tage Untersuchungshaft an die durch das Urteil des Obergerichts des Kantons
Thurgau vom 27. April 2011 ausgefällte Freiheitsstrafe von 9 Monaten als
abgegolten erachtete (Entscheid, S. 4/5 E. 1b und c). Sie befand damit
materiell endgültig über einen Teil des gesamten Prozessgegenstandes, der klar
abtrennbar ist und für sich selber Gegenstand eines eigenen Verfahrens hätte
bilden können. Es liegt insofern ein selbstständig anfechtbarer Teilentscheid
im Sinne von Art. 91 lit. a BGG vor (vgl. BGE 136 II 165 E. 1.1 sowie 135 III
212 E. 1.2.2 und 1.2.3 zum Begriff des Teilentscheids; vgl. HANS PETER WALTER,
Das Teilurteil vor Bundesgericht, in Festschrift für Alfred Bühler, Der Weg zum
Recht, 2008, S. 241 ff., 257 ff.). Dagegen steht, je nach Anwendbarkeit der
Schweizerischen StPO oder des entsprechenden kantonalen Rechts (§ 65 ff. StPO/
TG), die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG oder aber diejenige in
öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten im Sinne von Art. 82 ff. BGG zur
Verfügung. Für die gleichzeitig erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde
besteht hingegen angesichts des Streitwerts von über Fr. 30'000.-- von
vornherein kein Raum (BGE 135 IV 43 E. 1.1.3).

Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen (Art. 81
Abs. 1 lit. a BGG). Er beanstandet, die Vorinstanz erachte einen Grossteil
seiner Forderungen als nicht entschädigungspflichtig. Sie ordne diese zu
Unrecht dem Schadensereignis der Inhaftierung zu und erachte sie daher
fälschlicherweise als durch Anrechnung abgegolten (Beschwerde, Ziff. 6). In
diesem Rahmen hat der Beschwerdeführer ein rechtlich geschütztes Interesse an
der Aufhebung bzw. Änderung des angefochtenen (Teil-)Entscheids (Art. 81 Abs. 1
lit. b BGG) und ist auf die Beschwerde einzutreten.

2.
Am 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0)
in Kraft getreten. Die Strafuntersuchung gegen den Beschwerdeführer wegen
Gefährdung des Lebens (unbefugtes Schiessen), Sachbeschädigung und
Widerhandlung gegen das Tierseuchengesetz wurde am 29. Oktober 2010
eingestellt. Mit Klage vom 4. Mai 2011 setzte dieser das
Entschädigungsverfahren unter der Herrschaft der neuen StPO in Gang. Das
übergangsrechtliche Prinzip nach Art. 448 Abs. 1 StPO statuiert zwar die
möglichst rasche und vollständige Ablösung der bisher geltenden
Verfahrensordnungen. Dieses Prinzip gilt jedoch nur für das formelle
Strafverfahrensrecht. Die Bestimmungen über die Entschädigung des zu Unrecht
Beschuldigten sind indessen materieller Natur. Die Anspruchsgrundlagen als
Folge der gegen den Beschwerdeführer geführten Strafuntersuchung haben sich
unter altem Recht verwirklicht. Es ist daher die bisherige kantonale
Strafprozessordnung im Sinne von § 65 ff. StPO/TG anwendbar (vgl. Urteile
6B_618/2011 vom 22. März 2012 E. 1.2 und 6B_428/2011 vom 21. November 2011 E.
2.2.2). Die Auslegung des Übergangsrechts betreffend Entschädigung für
Anwaltskosten wird dadurch nicht in grundsätzlicher Weise in Frage gestellt
(vgl. BGE 137 IV 352; Urteil 6B_618/2011 E. 1.2.2).

3.
Das Verfahren vor Bundesgericht ist grundsätzlich schriftlich. Der
Beschwerdeführer hat seinen Standpunkt in seiner Rechtsschrift ausführlich
dargetan. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern sich ausnahmsweise eine
öffentliche Parteiverhandlung im Sinne von Art. 57 BGG mit Zeugenbefragung
aufdrängte (so aber Beschwerde, Ziff. 10).

4.
Die kantonalen Instanzen haben die geltend gemachten Ansprüche des
Beschwerdeführers auf Schadenersatz und Genugtuung behandelt. Dass dies auf
Gesuch bzw. Klage hin geschah und nicht von Amtes wegen erfolgte, ist entgegen
dem in der Beschwerde vertretenen Standpunkt (Beschwerde, Ziff. 9) irrelevant.
Dass eine Prüfung von Amtes wegen umfassender gewesen wäre, behauptet der
Beschwerdeführer zu Recht nicht. Eine Rechtsverletzung ist nicht ersichtlich.

5.
Die Vorinstanz verneint im angefochtenen Entscheid einen Anspruch des
Beschwerdeführers auf Schadenersatz und Genugtuung für die ausgestandene
Untersuchungshaft von 25 Tagen. Diese Haft sei mit Urteil vom 27. April 2011 in
Anwendung von Art. 51 StGB an die im damaligen Verfahren ausgefällte
Freiheitsstrafe von 9 Monaten angerechnet worden (siehe Verfahren 6B_592/2011).
Mit der (rechtskräftigen) Anrechnung der Untersuchungshaft sei den Forderungen
des Beschwerdeführers die Anspruchsgrundlage entzogen, soweit sie auf der
Inhaftierung fussten. Dazu gehörten nebst den behaupteten "Ertragsausfällen aus
dem landwirtschaftlichen Gewerbe" auch die Schäden, welche der Beschwerdeführer
nur mittelbar auf den erlittenen Freiheitsentzug zurückführe. Das betreffe die
angeblichen "Schäden aus Arbeitsunfähigkeit der Eheleute X.________" sowie die
geltend gemachten "Mehraufwendungen durch Arbeiten Dritter während der
Inhaftierung" (Entscheid, S. 4 f., E. 1b und c).

6.
Die Vorinstanz geht im Grundsatz zutreffend vom Vorrang der Anrechnung der
Untersuchungshaft an eine andere Sanktion einerseits und der Subsidiarität der
wirtschaftlichen Entschädigung andererseits aus. Die Entschädigungsfrage stellt
sich grundsätzlich erst, wenn keine umfassende Anrechnung der (rechtmässig
angeordneten) Untersuchungs- oder Sicherheitshaft an eine andere Sanktion im
Sinne von Art. 51 StGB mehr möglich ist. Dieser Grundsatz entspricht nicht nur
der Konzeption der Schweizerischen StPO (im Hinblick auf Art. 429 und 431 Abs.
2 StPO) und ist vom Betroffenen hinzunehmen (vgl. Urteil 1B_179/2011 vom 17.
Juni 2011 E. 4.2 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung, insbesondere auf BGE 133
IV 150), sondern ergibt sich auch aus der hier anwendbaren kantonalen
Strafprozessordnung (vgl. THOMAS ZWEIDLER, Die Praxis zur thurgauischen
Strafprozessordnung, Bern 2005, § 65 Rz. 34). Die Kritik des Beschwerdeführers,
die Staatshaftung sei nur bei rechtswidrig angewandten Zwangsmassnahmen zufolge
Anrechnung eingeschränkt (Beschwerde, Ziff. 22 ff.), ist unbehelflich. Eine
Rechtsverletzung ist nicht ersichtlich.

7.
Der Beschwerdeführer beanstandet, der im Entschädigungsbegehren geltend
gemachte Schaden sei entgegen der Annahme im angefochtenen Entscheid zur
Hauptsache nicht durch die Inhaftierung (wegen unbefugten Schiessens)
verursacht worden, sondern wegen der Untersuchungsaktionen aufgrund des gegen
ihn gehegten Verdachts, er entsorge Tierkadaver auf illegale Weise. Eine
Anrechnung an eine andere Sanktion sei insoweit nicht möglich. Er wirft der
Vorinstanz eine unrichtige, unvollständige und damit eine willkürliche
Sachverhaltsfeststellung vor (Beschwerde, Ziff. 9 ff. und 16 ff.).

7.1 Soweit sich die Kritik des Beschwerdeführers in pauschalen und unbelegten
Behauptungen erschöpft (Beschwerde, Ziff. 12, 18), und er es dabei belässt, im
Rahmen seiner allgemein gehaltenen Ausführungen direkt oder indirekt auf sein
bei den Akten liegendes Entschädigungsgesuch zu verweisen, erfüllt die
Beschwerde die strengen Begründungsanforderungen nach Art. 106 Abs. 2 BGG
nicht. Dass der massgebende Sachverhalt in Bezug auf die Ansprüche auf
Entschädigung und Genugtuung von Amtes wegen zu ermitteln ist (Offizialprinzip;
NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, S. 835, Rz.
1819; ZWEIDLER, a.a.O., Rz. 6 zu § 66, S. 316), entbindet den Beschwerdeführer
nicht von der im bundesgerichtlichen Verfahren geltenden qualifizierten
Rügepflicht hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten einschliesslich
Willkür.

7.2 Einzutreten ist auf die Beschwerde allerdings, soweit der Beschwerdeführer
die von der Vorinstanz angeblich unrichtig oder unvollständig beurteilten
Schadenspositionen konkret benennt und im Einzelnen darlegt, weshalb diese
nicht mit seiner Inhaftierung (wegen unbefugten Schiessens) zusammenhängen,
sondern mit den Untersuchungshandlungen, die im Hinblick auf den Verdacht der
Widerhandlung gegen das Tierseuchengesetz angeordnet und durchgeführt wurden.
Das ist der Fall, soweit der Beschwerdeführer geltend macht, ihm seien infolge
Leerung der Jauchegruben Mehraufwendungen dadurch entstanden, dass Vieh aus
seinen Ställen habe verlegt und mit Kostenfolgen im Umfang von Fr. 2'656.--
temporär auswärtig habe betreut werden müssen (Beschwerde, Ziff. 14 mit Hinweis
auf Entschädigungsbegehren Ziff. 27). Dass hier kein Zusammenhang zwischen dem
geltend gemachten Schaden und der Inhaftierung des Beschwerdeführers (wegen
unbefugten Schiessens) besteht, ist offensichtlich. Dennoch hat die Vorinstanz
diese im Entschädigungsbegehren unter dem Titel "Mehraufwendungen durch
Arbeiten Dritter während der Inhaftierung" aufgeführte Schadensposition
unbesehen dem erlittenen Freiheitsentzug zugeordnet und durch Anrechnung an die
am 27. April 2011 rechtskräftig ausgefällte Freiheitsstrafe als kompensiert
erachtet (vgl. Entscheid, S. 5 E. 1c). Dass sie sich mit dem Schadensposten der
Viehverlegung konkret befasst und diesen auf seine Anspruchsgrundlage hin
überprüft hätte, ergibt sich aus den Urteilserwägungen nicht. Der
abschliessende Teilentscheid ist daher unrichtig, soweit die Vorinstanz die
hinreichend substanziierte Schadensposition der Viehverlegung kurzerhand dem
Schadensereignis der Inhaftierung zuweist, und er ist unvollständig, soweit die
Vorinstanz diese Schadensposition im Einzelnen gar nicht behandelt.
Entsprechendes gilt für den vom Beschwerdeführer geforderten Ersatz für
angefallene Mehraufwendungen wegen unsachgemässen Gülleaustrags (Kosten für
Neuansaat einer durch exzessiven Gülleaustrag beschädigten Wiese in der Höhe
von Fr. 2'931.50; Beschwerde, Ziff. 14, Entschädigungsbegehren Ziff. 28) und
für den von ihm geltend gemachten "Ertragsausfall" wegen Abfuhr und Entsorgung
von Hofdünger im Umfang von Fr. 11'505.-- (Beschwerde, Ziff. 13, 15;
Entschädigungsbegehren Ziff. 39). Auch insoweit ordnet die Vorinstanz die
fraglichen Schadenspositionen ohne materielle Prüfung dem erlittenen
Freiheitsentzug (wegen unbefugten Schiessens) zu, wiewohl ein Zusammenhang
zwischen Schaden und Inhaftierung nicht erkennbar ist. Der Einwand der
unrichtigen bzw. unvollständigen und damit willkürlichen
Sachverhaltsfeststellung erweist sich insoweit als begründet. Die Beschwerde
ist in diesem Punkt gutzuheissen.

8.
Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, er habe wegen verspäteter
"Haftgrundmitteilung" Anspruch auf Schadenersatz gemäss Art. 5 Abs. 5 EMRK
(Beschwerde, Ziff. 26 ff.), ist auf seine Rüge nicht einzutreten. Er bringt
diese erstmals vor Bundesgericht vor. Der vorinstanzliche Entscheid ist nicht
letztinstanzlich im Sinne von Art. 80 Abs. 1 BGG. Im Übrigen beruht die Rüge
auf einer aktenwidrigen Behauptung. Der am 30. Mai 2010 festgenommene
Beschwerdeführer wurde nicht erst am 3. Juni 2010 über die Gründe seiner Haft
informiert, sondern bereits am 31. Mai 2010 anlässlich der Hafteinvernahme
(kantonale Akten, act. 73 ff.).

9.
Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist. Eine
reformatorische Entscheidung fällt ausser Betracht (vgl. Urteil 6B_78/2009 vom
22. September 2009 E. 7.2.1 mit Hinweis). Der angefochtene Entscheid ist
aufzuheben und die Sache im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zur neuen
Entscheidung zurückzuweisen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.

Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird im Umfang des
teilweisen Obsiegens des Beschwerdeführers gegenstandslos. Soweit er
unterliegt, ist es zufolge Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art.
64 Abs. 1 BGG). Seiner finanziellen Lage ist bei der Festsetzung der
Gerichtskosten Rechnung zu tragen (Art. 65 Abs. 2 BGG). Der Kanton Thurgau hat
dem Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren im Umfang seines
teilweisen Obsiegens eine angemessene Parteientschädigung auszurichten (Art. 68
Abs. 2 BGG). Die Entschädigung ist dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers
zuzusprechen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das
angefochtene Urteil des Obergerichts des Kantons Thurgau vom 26. Januar 2012
wird aufgehoben und die Sache im Sinne der Erwägungen zur neuen Entscheidung an
die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen,
soweit es nicht zufolge teilweiser Gutheissung der Beschwerde gegenstandslos
geworden ist.

3.
Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 800.-- auferlegt.

4.
Der Kanton Thurgau hat Rechtsanwalt Markus Heer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1'500.-- zu entschädigen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Thurgau
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juni 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill