Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.131/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_131/2012

Urteil vom 21. Juni 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichter Schneider,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Gerichtsschreiberin Unseld.

Verfahrensbeteiligte
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Max Bleuler,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Sexuelle Nötigung, versuchte Nötigung; Willkür,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 14. Oktober 2011.

Sachverhalt:

A.
A.a Das Bezirksgericht Dielsdorf verurteilte X.________ am 2. Juli 2010 wegen
Verletzung des Geheim- oder Privatbereichs durch Aufnahmegeräte (Art. 179quater
Abs. 1 und 3 StGB) und Pornografie (Art. 197 Ziff. 3 StGB) zu einer bedingten
Geldstrafe von 270 Tagessätzen zu Fr. 90.--. Von den Vorwürfen der Schändung,
der sexuellen Nötigung und der versuchten Nötigung sprach es ihn frei.
A.b Gegen dieses Urteil legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Das
Obergericht des Kantons Zürich nahm am 14. Oktober 2011 von der Rechtskraft der
erstinstanzlichen Schuldsprüche Vormerk. Es erklärte X.________ zusätzlich der
sexuellen Nötigung (Art. 189 Abs. 1 StGB) und der versuchten Nötigung (Art. 181
i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB) schuldig und bestätigte den Freispruch vom Vorwurf
der Schändung. Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 270
Tagessätzen zu Fr. 60.--.
Das Obergericht hält u.a. folgenden Sachverhalt für erwiesen:
A.________, X.________ und B.________ trafen am 17. Mai 2009 um ca. 7 Uhr mit
C.________ in der Wohnung von B.________s Bruder in Regensdorf ein. Dort
schlief C.________ kurze Zeit später auf dem Sofa im Wohnzimmer ein. A.________
zog der auf dem Sofa liegenden C.________ die Hose und Unterhose aus, küsste
respektive leckte in Anwesenheit von X.________ und B.________ an deren Vagina
und drang mit den Fingern, später mit einer Banane und anschliessend auch mit
einer Karotte darin ein. X.________ und B.________ filmten sämtliche sexuellen
Handlungen an C.________ mit ihren Mobiltelefonen respektive Fotokameras.
A.________ liess von C.________ ab, als sie erwachte und sich zu wehren begann.
Im Anschluss an diese Ereignisse begab sich C.________ in das Badezimmer.
X.________ folgte ihr, umarmte sie, zog sie an sich und umfasste sie kräftig
mit beiden Armen. Er drohte ihr, er werde sie zusammenschlagen, wenn sie
jemandem vom Vorgefallenen erzähle. C.________ erschrak darüber so sehr, dass
sie erst ca. einen Monat danach wagte, ihrer Kollegin davon zu berichten.
C.________ forderte X.________ auf, die auf seinem Mobiltelefon von ihr
gemachten Filme über die vorangegangenen sexuellen Handlungen zu löschen.
X.________ entgegnete ihr, dies nur zu tun, wenn sie ihm gebe, was er wolle.
Dabei drückte er sie mit Gewalt gegen die Heizung des Badezimmers, küsste sie
teils mit der Zunge und griff sie im Intimbereich zwischen den Beinen über den
Kleidern aus, obwohl sie sich dagegen wehrte.

B.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil vom 14.
Oktober 2011 aufzuheben, ihn vom Vorwurf der sexuellen Nötigung und der
versuchten Nötigung freizusprechen und ihm für die erlittene Untersuchungshaft
eine Entschädigung von Fr. 18'000.-- sowie eine Genugtuung von Fr. 19'600.--
zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der
Hauptanträge an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um unentgeltliche
Rechtspflege und Verbeiständung.

C.
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 14. Oktober 2011 bildet Gegenstand des Verfahrens 6B_128/
2012.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Willkürverbots (Art. 9 BV)
und des Grundsatzes in dubio pro reo. Die Vorinstanz habe ihn gestützt auf eine
willkürliche Sachverhaltsfeststellung der sexuellen Nötigung und der versuchten
Nötigung schuldig gesprochen. Er anerkennt, der Geschädigten in das Badezimmer
gefolgt zu sein. Dort soll es aber nicht zu den von dieser geschilderten
Handlungen und Gesprächen gekommen sein. Weder A.________ noch B.________
hätten Aussagen gemacht, die auf ein deliktisches Geschehen im Badezimmer
hindeuten würden. Er sei einzig gestützt auf die unglaubhaften Angaben der
Geschädigten verurteilt worden. Die Vorinstanz habe die Geschädigte
hinsichtlich der Geschehnisse im Badezimmer keiner Glaubwürdigkeitsprüfung
unterzogen, sondern verweise diesbezüglich auf die Erwägungen zum
Schändungsvorwurf, was unzulässig sei. Sie setzte sich weiter nicht mit der
Frage auseinander, ob deren Aussagen mit dem Gesamtgeschehen in Einklang
gebracht werden können, d.h. ob plausibel sei, dass sie nach dem Erlebten noch
längere Zeit freiwillig in der fraglichen Wohnung verblieb.

1.2 Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann nur gerügt werden, wenn
sie willkürlich (Art. 9 BV) ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; BGE 134 IV 36 E. 1.4.1).
Dem vom Beschwerdeführer angerufenen Grundsatz in dubio pro reo kommt in seiner
Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine
über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 127 I 38
E. 2a; 124 IV 86 E. 2a; je mit Hinweisen).
Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid
offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen Situation in klarem
Widerspruch steht. Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar
oder gar zutreffender erscheint, genügt für die Annahme von Willkür nicht (BGE
137 I 1 E. 2.4; 134 I 140 E. 5.4; je mit Hinweisen). Die Rüge der Willkür muss
präzise vorgebracht und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). In der
Beschwerde muss im Einzelnen dargelegt werden, inwiefern der angefochtene
Entscheid an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet. Auf eine
rein appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht
nicht ein (BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen).

1.3 Die Vorinstanz würdigt die Aussagen sämtlicher Anwesender. Der
Beschwerdeführer gab u.a. an, er habe die Geschädigte im Badezimmer beruhigen
wollen, da sie in einem Schockzustand und hässig gewesen sei. Sie habe ihn
gebeten, das Video zu löschen, was er ihr versprochen, aber nicht gemacht habe.
Es sei zu keinen sexuellen Handlungen gekommen, da er eine Freundin habe und
diese eine gute Freundin der Geschädigten sei (Urteil S. 60).
A.________ gab demgegenüber an, B.________ habe versucht, durch das
Schlüsselloch zu schauen, und ihm gesagt, der Beschwerdeführer versuche, die
Geschädigte zu küssen. Die Geschädigte habe im Badezimmer geweint. Die beiden
seien mehr als zehn Minuten im Bad gewesen. Er könne sich vorstellen, dass der
Beschwerdeführer etwas gesagt habe, das sie als Bedrohung empfunden habe.
Dieser habe einige Tage später auch ihm gegenüber erwähnt, er würde die
Geschädigte schlagen oder umbringen, falls sie mit jemandem über das
Vorgefallene spreche. Sie hätten Angst gehabt, dass es zu einer Anzeige bei der
Polizei kommen könnte (Urteil S. 61).
Die Vorinstanz erachtet die Aussagen von A.________ als glaubhaft (Urteil S.
64). Die Geschädigte habe die Vorgänge im Badezimmer gleichbleibend und
detailliert beschrieben. Ihre Aussagen würden inhaltlich im Wesentlichen durch
diejenigen von A.________ gestützt, weshalb darauf abgestellt werden könne
(Urteil E. 6.4.3.1 S. 65 f.). Die Ausführungen des Beschwerdeführers seien
interessengebunden und nicht stimmig. Gemäss seinen Aussagen sei die
Geschädigte mit den ganzen sexuellen Handlungen einverstanden gewesen. Wäre dem
so gewesen, leuchte nicht ein, weshalb sie anschliessend unter Schock gestanden
und hässig gewesen sei (Urteil S. 65).

1.4 Die Erwägungen der Vorinstanz lassen keine Willkür erkennen. Der
Beschwerdeführer setzt sich damit auch nicht näher auseinander, sondern
behauptet pauschal, seinen Aussagen sei Glauben zu schenken, während die
Geschädigte unglaubwürdig sei. Auf die rein appellatorische Kritik an der
vorinstanzlichen Beweiswürdigung ist nicht einzutreten.

2.
Nicht einzutreten ist auf die Anträge betreffend die Entschädigungs- und
Genugtuungsbegehren, da der Beschwerdeführer diese nur für den Fall des
Obsiegens im Schuldpunkt stellt.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist infolge
Aussichtslosigkeit der Beschwerde und mangels Bedürftigkeit des
Beschwerdeführers abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Der Beschwerdeführer
verfügt über ein Bruttoeinkommen von Fr. 4'500.-- pro Monat. Besondere Auslagen
macht er nicht geltend. Er kann daher nicht als bedürftig gelten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Juni 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Unseld