Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.12/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_12/2012

Urteil vom 5. Juli 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiber Keller.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Johann Burri,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau,
Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Strafzumessung, Aufschub des Strafvollzugs (qualifizierte Widerhandlung gegen
das Betäubungsmittelgesetz),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Aargau, Strafgericht, 1. Kammer,
vom 29. September 2011.

Sachverhalt:

A.
X.________ transportierte zwischen Januar 2007 und März 2007 insgesamt 5 kg
Heroin von A.________ nach Olten, Pratteln und zweimal nach Horw, wobei er sich
mangels Führerausweis von seiner mitangeklagten Ehefrau B.________ (Verfahren
6B_7/2012) chauffieren liess. Für die vier Transporte erhielt er insgesamt Euro
1000.--, wobei ihm pro Transport Fr. 1'000.-- bis Fr. 1'500.-- versprochen
worden waren.

B.
Das Bezirksgericht Lenzburg verurteilte X.________ am 24. März 2011 wegen
mehrfacher qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Vom
Vorwurf des Beförderns und Aufbewahrens von Betäubungsmitteln sowie der
mehrfachen Geldwäscherei sprach es ihn frei. Es verurteilte X.________ zu einer
Freiheitsstrafe von drei Jahren, unter Anrechnung von 44 Tagen
Untersuchungshaft. Den Vollzug der Strafe schob es im Umfang von zweieinhalb
Jahren teilweise auf und setzte die Probezeit auf drei Jahre fest.
Die von der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil erhobene Berufung hiess das
Obergericht des Kantons Aargau am 29. September 2011 teilweise gut. Es
bestätigte den Schuld- und Freispruch, verurteilte X.________ jedoch zu einer
(unbedingten) Freiheitsstrafe von vier Jahren, unter Anrechnung von 44 Tagen
Untersuchungshaft.

C.
X.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, die Ziffern 1.3, 2
und 3 des Urteils des Obergerichts des Kantons Aargau seien aufzuheben. Er sei
zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren zu verurteilen, wobei der Vollzug der
Freiheitsstrafe im Umfang von zweieinhalb Jahren aufzuschieben und die
Probezeit auf drei Jahre festzusetzen sei.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beschwerdeführer rügt in seiner Beschwerde die vorinstanzliche
Strafzumessung. Die Vorinstanz habe die mehrfache Tatbegehung bereits im
qualifizierten Tatbestand der Bandenmässigkeit berücksichtigt. Das
bandenmässige Handeln habe sie zudem verschuldenserhöhend bei der
Strafzumessung bewertet. Dies verstosse gegen das Doppelverwertungsverbot,
weshalb die Tatkomponente weniger schwer wiege als die Vorinstanz annehme
(Beschwerde, S. 4 f.).

Er habe die ersten beiden Drogentransporte nicht deshalb gestanden, weil er
durch die abgehörten Telefongespräche belastet worden sei. Sein umfassendes
Geständnis habe den Ermittlungsbehörden erst Kenntnis der Drogentransporte nach
Horw verschafft. Das Geständnis müsse daher bei der Strafzumessung stärker
berücksichtigt werden (Beschwerde, S. 5 f.).
Der Beschwerdeführer beruft sich weiter auf eine erhöhte Strafempfindlichkeit,
da er drei kleine Kinder habe. Er habe während der Untersuchungshaft sehr
gelitten, habe sich Selbstverletzungen zugefügt und einen Suizidversuch
unternommen, weshalb er fortan medikamentös habe behandelt werden müssen. Seine
Ehe habe aufgrund der Ungewissheit gelitten (Beschwerde, S. 6).
Weiter rügt der Beschwerdeführer eine zu lange Verfahrensdauer, welche die
Vorinstanz im Gegensatz zur ersten Instanz nicht strafmildernd bewertet habe.
Ebenfalls habe er sich seit den inkriminierten Handlungen im Frühjahr 2007
wohlverhalten. Auch wenn eine deliktsfreie Lebensführung vorausgesetzt werden
könne, sei sein langdauerndes Wohlverhalten strafmildernd zu berücksichtigen
(Beschwerde, S. 8).
Der Beschwerdeführer erachtet die Strafzumessung insgesamt als nicht
angemessen. Richtigerweise hätte die Vorinstanz eine Strafe von höchstens drei
Jahren ausgefällt und den Vollzug im Umfang von zweieinhalb Jahren aufgeschoben
(Beschwerde, S. 9).

1.2 Gemäss Art. 47 StGB misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden des
Täters zu. Er beurteilt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen
Verhältnisse des Schuldigen. Es liegt im Ermessen des Sachrichters, in welchem
Umfang er die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Das
Bundesgericht greift auf Beschwerde hin nur in die Strafzumessung ein, wenn die
Vorinstanz den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn sie
von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche
Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch
ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 136 IV 55 E. 5.6 mit Hinweis).

1.3 Die Vorinstanz nimmt die Strafzumessung korrekt vor und berücksichtigt die
relevanten Tat- und Täterkomponenten. Darauf kann verwiesen werden
(angefochtenes Urteil, S. 9 ff.). Der Einwand des Beschwerdeführers, die
Vorinstanz habe die mehrfache Tatbegehung bereits im qualifizierten Tatbestand
der Bandenmässigkeit und damit doppelt berücksichtigt, geht fehl. Wesentlich
für den Begriff der Bande ist der Organisationsgrad und die Intensität der
Zusammenarbeit der Täter. Das bandenmässige Handeln zeichnet sich durch einen
ausdrücklich oder konkludent geäusserten Willen der Beteiligten aus, inskünftig
zur Verübung mehrerer selbständiger, im Einzelnen möglicherweise noch
unbestimmter Straftaten, zusammenzuwirken (ausführlich zur Charakteristik einer
Bande BGE 135 IV 158 E. 2 und 3). Die Qualifizierung erfolgt wegen der von der
Bande ausgehenden Gefährlichkeit (Urteil 6B_294/2011 vom 16. September 2011 E.
2.1), nicht jedoch aufgrund der Anzahl verübter Straftaten. Für die Annahme der
Bandenmässigkeit genügt auch bloss eine verübte Straftat, solange sich der
Wille der Mitglieder auf die gemeinsame Begehung einer Mehrzahl weiterer
Delikte richtet (Urteil 6B_294/2011 vom 16. September 2011 E. 2.1; BGE 102 IV
166 E. 1b). Die Vorinstanz hat somit nicht gegen das Doppelverwertungsverbot
verstossen.

1.4 Die Vorinstanz berücksichtigt das Geständnis des Beschwerdeführers sowie
seine Einsicht und Reue strafmildernd. Die Vorinstanz weist dabei ausdrücklich
auf den Umstand hin, dass er die Drogentransporte nach Horw von sich aus
zugegeben hat. Seine Behauptung, er habe die ersten beiden Transporte nicht
aufgrund der abgehörten Telefongespräche eingeräumt, ist unbelegt. Die
Vorinstanz erwägt ausserdem, dass der Beschwerdeführer die inkriminierten
Handlungen seiner Ehefrau nicht ohne weiteres eingeräumt, seine Taten
beschönigt und in Bezug auf seine Drogenkenntnisse Schutzbehauptungen
aufgestellt habe. Dass die Vorinstanz von einer weitergehenden Strafmilderung
absieht, ist nicht zu beanstanden.

1.5 Der Beschwerdeführer beruft sich zudem vergeblich auf eine erhöhte
Strafempfindlichkeit wegen seiner persönlichen und familiären Lage. Der
Beschwerdeführer vermag daraus nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. Insoweit
ist auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Relevanz der familiären
Situation im Rahmen der Strafempfindlichkeit zu verweisen (vgl. Urteil 6B_470/
2009 vom 23. November 2009 E. 2.5 mit zahlreichen Hinweisen). Die Vorinstanz
berücksichtigt beim Beschwerdeführer immerhin eine leicht erhöhte
Strafempfindlichkeit, die sich in geringem Masse strafmildernd auswirke. Dies
ist nicht zu beanstanden.

1.6 Schliesslich rügt der Beschwerdeführer zu Unrecht eine übermässige
Verfahrensdauer. Die Vorinstanz begründet ausführlich, weshalb eine Verletzung
des Beschleunigungsgebots zu verneinen ist (angefochtenes Urteil, S. 14 ff.).
Die inkriminierten Handlungen ereigneten sich zwischen Januar 2007 und März
2007, wobei der Beschwerdeführer Teil einer international tätigen Drogenbande
bildete, die umfangreiche Ermittlungen in verschiedenen Kantonen erforderten.
Gemäss Vorinstanz fand die Schlusseinvernahme am 18. Juni 2008 statt, und das
Ermittlungsverfahren wurde am 2. Oktober 2008 abgeschlossen. Die Akteneröffnung
erfolgte am 29. Juli 2009, wobei auf Verlangen des Beschwerdeführers die
eingeräumte Frist bis Ende September 2009 erstreckt wurde. Der Schlussbericht
des Bezirksamts Lenzburg datiert vom 15. Juli 2010, die Anklageschrift der
Staatsanwaltschaft vom 11. August 2010. Der erstinstanzliche Entscheid erging
am 24. März 2011. Der Zeitraum zwischen der Schlusseinvernahme und dem
Schlussbericht des Bezirksamts Lenzburg ist zwar als eher lang zu betrachten.
Die einzelnen Verfahrensschritte und die Verfahrensdauer insgesamt erweisen
sich im zu beurteilenden Fall jedoch noch als vertretbar. Eine Strafmilderung
lässt sich daraus nicht ableiten.

1.7 Die Vorinstanz berücksichtigt die rund vierjährige deliktsfreie Zeit des
Beschwerdeführers bei der Strafzumessung nicht. Dies ist nicht zu beanstanden.
Die Vorinstanz trägt damit dem Umstand Rechnung, dass deliktsfreies Verhalten
während eines laufenden Strafverfahrens vorausgesetzt werden darf.
Eine Verletzung von Art. 50 StGB liegt nicht vor.

2.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die
bundesgerichtlichen Kosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs.
1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau,
Strafgericht, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. Juli 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Der Gerichtsschreiber: Keller