Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

Strafrechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 6B.111/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
6B_111/2012, 6B_122/2012

Urteil vom 15. Mai 2012
Strafrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Mathys, Präsident,
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,
Bundesrichter Schöbi,
Gerichtsschreiberin Koch.

Verfahrensbeteiligte
6B_111/2012
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard,
Beschwerdeführer,

gegen

Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdegegnerin,

und

6B_122/2012
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Florhofgasse 2, 8001 Zürich,
Beschwerdeführerin,

gegen

X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Stephan Bernard,
Beschwerdegegner.
Gegenstand
6B_111/2012
Schadenersatz, Genugtuung,

6B_122/2012
Vergewaltigung, sexuelle Nötigung; Willkür,

Beschwerden gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 13. Dezember 2011.

Sachverhalt:

A.
X.________ und A.________ lernten sich am frühen Morgen des 5. Dezember 2010
nach dem Ausgang kennen. Die beiden fuhren per Taxi an die B.________-strasse
in Zürich-Wollishofen, wo X.________ vorübergehend wohnte. Im Trocknungsraum
kam es zu Vaginal- und Analverkehr. Dieser war nach Darstellung von A.________
unfreiwillig, nach jener von X.________ einvernehmlich.

B.
Das Bezirksgericht Zürich verurteilte X.________ am 24. Mai 2011 wegen
Vergewaltigung und sexueller Nötigung zu einer Freiheitsstrafe von
dreieinviertel Jahren. X.________ erhob Berufung. Das Obergericht des Kantons
Zürich sprach ihn am 13. Dezember 2011 zweitinstanzlich vollumfänglich frei. Es
verpflichtete die Staatskasse, ihm Fr. 5'000.-- als Schadenersatz und Fr.
60'000.-- als Genugtuung zu bezahlen, je zuzüglich Zins zu 5 % ab dem
Urteilsdatum.

C.
C.a Gegen dieses Urteil erhebt die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Beschwerde in Strafsachen (Verfahren 6B_122/2012). Sie beantragt, das
angefochtene Urteil sei aufzuheben. Die Sache sei zur neuen Beurteilung an die
Vorinstanz zurückzuweisen. X.________ beantragt mit Eingabe vom 12. April 2012,
die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft sei unter Kosten- und
Entschädigungsfolgen abzuweisen. Eventualiter sei ihm die unentgeltliche
Rechtsvertretung zu bewilligen. Das Obergericht des Kantons Zürich verzichtete
auf eine Stellungnahme.
C.b X.________ erhebt gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom
13. Dezember 2011 ebenfalls Beschwerde in Strafsachen (Verfahren 6B_111/2012).
Er beantragt, das Urteil sei hinsichtlich seiner Schadenersatz- und
Genugtuungsansprüche aufzuheben. Es seien ihm Fr. 39'354.35 als Schadenersatz
und Fr. 100'000.-- als Genugtuung nebst Zins seit dem 13. Dezember 2011
zuzusprechen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Staatskasse.
Eventualiter sei ihm die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung zu
bewilligen. Das Obergericht des Kantons Zürich und die Oberstaatsanwaltschaft
verzichteten auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Die Verfahren 6B_111/2012 und 6B_122/2012 sind zu vereinigen und in einem
Urteil zu behandeln. Zunächst ist die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft zu
prüfen, welche sich gegen den Freispruch richtet, anschliessend jene von
X.________ in Bezug auf Schadenersatz und Genugtuung.
2. Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich im Verfahren 6B_122
/2012

2.1 Die Oberstaatsanwaltschaft (Beschwerdeführerin) rügt, die Vorinstanz
würdige die Beweise in mehrfacher Hinsicht willkürlich, sie verletze den
Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung (Art. 9 BV, Art. 10 Abs. 2
und Art. 350 Abs. 2 StPO) und in diesem Zusammenhang die Tatbestände von Art.
189 und Art. 190 StGB. Die Vorinstanz verfalle in Willkür, indem sie nur auf
einen Teil der Aussagen der Geschädigten abstelle. Deren Aussagen seien
grundsätzlich glaubhaft. Deshalb sei vollumfänglich von ihren Schilderungen
auszugehen, wonach sie X.________ (dem Beschwerdegegner) wiederholt und auch
während des Geschlechtsverkehrs gesagt habe, sie möchte das von ihm ausgehende
Verhalten (Küssen, Ausziehen, Sex) nicht (Beschwerde S. 8). Ausserdem fehle
eine Gesamtwürdigung der Aussagen. Seien die Angaben des Beschwerdegegners und
des mit ihm befreundeten Zeugen C.________ unglaubhaft, so führe dies zu einer
erhöhten Glaubhaftigkeit der Aussagen der Geschädigten (Beschwerde S. 5 bis S.
7). Schliesslich seien die Verletzungen der Geschädigten und deren homosexuelle
Orientierung in die Beweiswürdigung einzubeziehen, was die Vorinstanz
unterlasse (Beschwerde S. 7).

2.2 Wer eine Person zur Duldung einer beischlafsähnlichen oder einer anderen
sexuellen Handlung nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet,
sie unter psychischen Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 189 Abs. 1
StGB). Wer eine Person weiblichen Geschlechts zur Duldung des Beischlafs
nötigt, namentlich indem er sie bedroht, Gewalt anwendet, sie unter psychischen
Druck setzt oder zum Widerstand unfähig macht, wird mit Freiheitsstrafe von
einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft (Art. 190 Abs. 1 StGB).
Die Tatbestände der sexuellen Nötigung gemäss Art. 189 Abs. 1 StGB und der
Vergewaltigung gemäss Art. 190 StGB dienen dem Schutz der sexuellen
Selbstbestimmung. Das Individuum soll sich im Bereich des Geschlechtslebens
unabhängig von äusseren Zwängen oder Abhängigkeiten frei entfalten und
entschliessen können. Die Tatbestände setzen voraus, dass der Täter das Opfer
durch eine Nötigungshandlung dazu bringt, eine sexuelle Handlung zu erdulden
oder vorzunehmen. Es ist eine erhebliche Einwirkung auf die Freiheit der
sexuellen Selbstbestimmung erforderlich. Dabei ist der Lage des Opfers Rechnung
zu tragen (BGE 131 IV 167 E. 3 und E. 3.1 S. 169 f. mit Hinweisen). Subjektiv
erfordern die Tatbestände Vorsatz. Der Täter muss wissen, dass das Opfer mit
den sexuellen Handlungen nicht einverstanden ist. Es genügt jedoch auch ein
Eventualvorsatz (BGE 87 IV 66 E. 3 S. 71).
Nach Art. 10 Abs. 2 StPO würdigt das Gericht die Beweise frei nach seiner aus
dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung. Im Berufungsverfahren
berücksichtigt es die im Vorverfahren und im Hauptverfahren erhobenen Beweise
(Art. 350 Abs. 2 StPO). Dabei kann die aus der Beweiswürdigung gewonnene
vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht, und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2
BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die
Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 136 II 304 E. 2.4 S.
313 f. mit Hinweis). Willkür bei der Beweiswürdigung liegt vor, wenn der
angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist oder mit der tatsächlichen
Situation in klarem Widerspruch steht (BGE 136 III 552 E. 4.2 S. 560 mit
Hinweisen). Dass eine andere Lösung oder Würdigung ebenfalls vertretbar
erscheint oder gar vorzuziehen wäre, genügt für die Annahme von Willkür nicht
(BGE 134 I 140 E. 5.4 S. 148 mit Hinweisen).

2.3 Die Beschwerdeführerin beanstandet die vorinstanzliche Würdigung der
Aussagen des Beschwerdegegners und des Zeugen C.________ im Gegensatz zur
Würdigung der Aussagen der Geschädigten nicht. Die Vorinstanz erachtet die
Aussagen sämtlicher Verfahrensbeteiligter, d. h. jene des Beschwerdegegners,
der Geschädigten und des Zeugen C.________, zumindest teilweise als
unglaubhaft. Dies betrifft insbesondere den Kerngehalt der Aussagen der
Geschädigten zu den sexuellen Handlungen im Trocknungsraum. Nach den
vorinstanzlichen Erwägungen sind die Aussagen der Geschädigten zu den
Stellungen und zum Zeitpunkt, wann sie den Beschwerdegegner aufgefordert habe,
den Sex abzubrechen, wenig präzise. Dies sei mit deren Alkoholkonsum zu
erklären. Im Zweifel sei von der für den Beschwerdegegner günstigeren Variante
auszugehen, wonach die Geschädigte erst beim Analverkehr geschrien und der
Beschwerdegegner sogleich aufgehört habe (Urteil S. 9 ff. und S. 16 ff.).
Der Beschwerdeführerin ist insoweit beizupflichten, als sich aus den Lücken in
den Schilderungen der Geschädigten zu den Stellungswechseln nichts zur
Glaubhaftigkeit der Aussagen ableiten lässt, obwohl diese das Kerngeschehen
betreffen. Beide Parteien machten hinsichtlich der Abfolge des
Geschlechtsverkehrs ähnliche Angaben (act. 6 Einvernahme der Geschädigten vom
5. Dezember 2010 S. 3 oben; act. 8 Einvernahme des Beschwerdegegners vom 6.
Dezember 2010 S. 4 f.). Die Beweiswürdigung, wonach sich der angeklagte
Sachverhalt nicht zweifelsfrei erstellen lasse, ist aber im Ergebnis nicht zu
beanstanden, weil sich die Geschädigte anlässlich ihrer zweiten Einvernahme 17
Tage nach dem Vorfall bereits nicht mehr an die einschneidenden Erlebnisse
erinnern konnte (Urteil S. 11, S. 16 f.; act. 13 S. 5 Ziff. 39). Auch wenn
Teile ihrer Aussagen glaubhaft sind, musste die Vorinstanz daraus nicht
schliessen, dies gelte für den Rest. Nichts zu ändern an der vorinstanzlichen
Würdigung vermag eine "Gesamtbetrachtung". Der Beweiswert der Aussagen der
Geschädigten erhöht sich nicht dadurch, dass die Vorinstanz die Aussagen des
Beschwerdegegners und des Zeugen C.________ als unglaubhaft wertet. Selbst bei
Einbezug aller Aussagen lassen sich die angeklagten Tathandlungen nicht
erhärten, zumal der Beschwerdegegner gerade diese bestreitet und der Zeuge
C.________ hierzu nichts sagen kann.
Der Einwand der Beschwerdeführerin, die Vorinstanz habe weitere erhebliche
Beweismittel ausser Acht gelassen, so etwa die Verletzungen der Geschädigten
und deren Homosexualität (Beschwerde S. 7), trifft zwar zu. Indessen führt
dieser Mangel nicht zu einem schlechterdings unvertretbaren Beweisergebnis. Die
Geschädigte hat eine Schürfung am Knie sowie äusserlich an Anus und Vagina je
einen kleinen Kratzer erlitten. Diese Verletzungen sind nicht derart
gravierend, dass daraus zwingend auf eine Vergewaltigung geschlossen werden
müsste. Auch bei einvernehmlichem, heftigem Geschlechtsverkehr können derartige
Verletzungen entstehen. Schliesslich bedeutet die grundsätzliche sexuelle
Neigung der Geschädigten nicht, dass diese ausschliesslich homosexuelle
Kontakte pflegte. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung ist im Ergebnis nicht
geradezu willkürlich, wenngleich einige Anhaltspunkte für die (andere) Deutung
der Beschwerdeführerin sprechen.

2.4 Auf die Rügen der Beschwerdeführerin, mit welchen sie die Aussagen der
Geschädigten selbst würdigt, ohne Willkür anhand des vorinstanzlichen Urteils
aufzuzeigen (Beschwerde S. 3, S. 5, S. 6 und S. 8 f.), ist nicht einzutreten
(Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 136 I 65 E. 1.3.1 S. 68 f. mit Hinweisen).

2.5 Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die Vorinstanz vermische im Rahmen
ihrer Beweiswürdigung Tat- und Rechtsfragen (Beschwerde S. 4, S. 5 und S. 7),
ist nicht ersichtlich und nicht hinreichend dargetan, dass dieses Vorgehen zu
einem schlechterdings unhaltbaren Beweisergebnis führt. Darauf ist ebenfalls
nicht einzutreten.

2.6 Auch der Einwand, die Vorinstanz gehe bei der Beweiswürdigung von falschen
Tatbestandsvoraussetzungen der Vergewaltigung und der sexuellen Nötigung nach
Art. 189 und Art. 190 StGB aus, ist unbegründet. Die Vorinstanz verlangt keine
fortwährende Gegenwehr beim gesamten Geschlechtsakt (Urteil S. 7 bis S. 22).
Sie lässt aber die Ungenauigkeit der Aussagen der Geschädigten zu den
Stellungswechseln und die ungenutzten Fluchtmöglichkeiten (namentlich in der
Stellung auf dem Beschwerdegegner), welche den Tathergang betreffen, in die
Glaubhaftigkeitsbeurteilung einfliessen. Dieses Vorgehen verletzt kein
Bundesrecht. Zur Beurteilung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen sind nicht
bloss die Tatbestandsmerkmale heranzuziehen. Gegenstand der richterlichen
Würdigung bildet die gesamte Aussage und deren Kontext (vgl. zur Aussageanalyse
BGE 129 I 49 E. 5 S. 58 f.; 128 I 81 E. 2, E. 3c und 3d S. 84 ff.; je mit
Hinweisen). Die Rügen erweisen sich als unbegründet. Die Beschwerde 6B_122/2012
ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.
3. Beschwerde von X.________ im Verfahren 6B_111/2012
3.1
3.1.1 X.________ (Beschwerdeführer) macht sinngemäss eine Verletzung von Art.
429 Abs. 2 StPO (SR 321.0) bei der Ermittlung der Schadenshöhe bzw. des
Lohnausfalls geltend. Er sei nicht angehört worden, wie hoch sein mutmassliches
Einkommen gewesen wäre. Die Vorinstanz habe auch nicht geprüft, ob er
tatsächlich Einsparungen gehabt oder ob er weiterhin Fixkosten wie seine Miete
bezahlt habe (Beschwerde S. 5). Ausserdem fehlten im angefochtenen Urteil
nähere Angaben zur Berechnung des Schadenersatzes, weshalb die aus dem Anspruch
auf rechtliches Gehör fliessende Begründungspflicht nach Art. 29 Abs. 2 BV
sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt sei.
3.1.2 Die Vorinstanz schätzt den Schaden gestützt auf Art. 42 Abs. 2 OR, weil
der Beschwerdeführer zur Zeit seiner Inhaftierung stellenlos war. Davon zieht
sie einen nicht näher bezifferten Betrag für Kost und Logis ab, weil dem
Beschwerdeführer Einsparungen entstanden seien. Sie spricht dem
Beschwerdeführer pauschal eine Entschädigung von Fr. 5'000.-- zu (angefochtenes
Urteil S. 22).
3.1.3 Wird die beschuldigte Person ganz oder teilweise freigesprochen oder wird
das Verfahren gegen sie eingestellt, so hat sie Anspruch auf Entschädigung
ihrer Aufwendungen für die angemessene Ausübung ihrer Verfahrensrechte (Art.
429 Abs. 1 lit. a StPO); auf Entschädigung der wirtschaftlichen Einbussen, die
ihr aus ihrer notwendigen Beteiligung am Strafverfahren entstanden sind (lit.
b) sowie auf Genugtuung für besonders schwere Verletzungen ihrer persönlichen
Verhältnisse, insbesondere bei Freiheitsentzug (lit. c). Die Strafbehörde prüft
den Anspruch von Amtes wegen. Sie kann die beschuldigte Person auffordern, ihre
Ansprüche zu beziffern und zu belegen (Abs. 2).
3.1.4 Der Beschwerdeführer verlangte in seiner Berufungserklärung sowie im
Plädoyer vor Vorinstanz Schadenersatz und Genugtuung für den Fall seines
Freispruchs. Die Schadenersatzforderung bezifferte er auf Fr. 39'354.35, davon
Fr. 32'600.-- (373 Tage Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft x Fr. 87.60
Einkommen pro Tag) für den Erwerbsausfall und Fr. 6'754.35 für Anwaltskosten.
Als Genugtuung beantragte er Fr. 300.-- pro Hafttag bzw. abgerundet Fr.
100'000.--. Die Vorinstanz erhob keine weiteren Beweise zur Schadenshöhe.
Der Beschwerdeführer war im Zeitpunkt der Inhaftierung arbeitslos (Urteil S.
22). Der Schaden für den Erwerbsausfall hängt deshalb davon ab, wie lange der
Beschwerdeführer ohne die Inhaftierung arbeitslos geblieben wäre, ob ihm
während dieser Zeit Arbeitslosengelder entgangen sind, ob, ab wann bzw. zu
welchem Einkommen er eine neue Anstellung gefunden hätte und wie hoch die
Einsparungen während der Haftdauer waren. Die Einschätzung des hypothetischen
Einkommens ist anhand von Tatsachenfeststellungen vorzunehmen, z. B. der
bisherigen Berufstätigkeit, der Berufserfahrung und des durchschnittlichen
Salärs der letzten Jahre (BGE 128 III 4 E. 4 c/bb S. 7 mit Hinweis). Im
vorinstanzlichen Verfahren bezog der Beschwerdeführer zu seinem Einkommen
Stellung. Er bezifferte den entgangenen Lohn bzw. das Arbeitslosengeld mit
seinem früheren Einkommen, ohne dieses zu belegen. Er äusserte sich nicht zu
den Tatsachen, welche einen Schluss auf sein hypothetisches Einkommen erlauben.
So fehlen z. B. Belege über das bisherige durchschnittliche Einkommen der
letzten Jahre vor der Inhaftierung, über die Berufserfahrungen, über hängige
Bewerbungen oder Stellenbemühungen, über die Anmeldung bei der
Arbeitslosenkasse, Abrechnungen der Arbeitslosengelder und ein Nachweis über
deren Kürzung wegen der Haft. Die Vorinstanz hätte diesen Fragen von Amtes
wegen nachgehen müssen (Art. 429 Abs. 2 StPO). Auch zu den Einsparungen für
Kost und Logis während der Haftdauer hätte die Vorinstanz die notwendigen
Beweise erheben müssen, z. B. indem sie dem Beschwerdeführer aufgefordert
hätte, sich hierzu zu äussern und Belege einzureichen. Die Bestimmung des
Schadenersatzbetrages für den Erwerbsausfall ohne die notwendigen Beweismittel
verletzt Art. 429 Abs. 2 StPO.
Die vorinstanzliche Begründung reicht auch nicht aus, um die Schätzung des
Schadens nachzuvollziehen. Die Vorinstanz beziffert den Schadenersatz für den
Erwerbsausfall nach Abzug der Einsparungen pauschal auf Fr. 5'000.--. Daraus
ist nicht ersichtlich, wie sich dieser Betrag zusammensetzt, d. h. wie hoch die
Vorinstanz den Erwerbsausfall (pro Tag und insgesamt) schätzt, und welche Summe
sie für Kost und Logis abzieht (vgl. zur Begründungspflicht: BGE 137 II 266 E.
3.2 S. 270 mit Hinweisen). Die Rügen erweisen sich als begründet. Das
angefochtene Urteil ist in Bezug auf den Schadenersatz aufzuheben und die Sache
an die Vorinstanz zurückzuweisen.
3.2
3.2.1 Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz lasse das Honorar von Fr.
6'754.35 für die Zweitmeinung von Rechtsanwalt D.________ bei der Schadenshöhe
zu Unrecht ausser Acht. Zwischen ihm und Rechtsanwalt D.________ habe ein
Auftragsverhältnis bestanden. Das Strafverfahren sei kausal für diese
zusätzlichen Anwaltskosten. Sein erster amtlicher Verteidiger habe ihn zu einem
falschen Geständnis überreden wollen. Der Beizug des zweiten Anwalts für
taktische Fragen sei üblich und erforderlich gewesen.
3.2.2 Die Vorinstanz erwägt, der Beschwerdeführer habe seit Beginn des
Verfahrens einen amtlichen Verteidiger gehabt, welcher ihn effektiv und
erfolgreich vertreten habe. Zwar sei die Zweitmeinung eine Konsequenz des
Strafverfahrens. Die entsprechenden Kosten stellten jedoch infolge der
Gewährung der amtlichen Verteidigung keine notwendige Folge der
Strafuntersuchung dar (Urteil S. 23).
3.2.3 Auf die Ausführungen der Vorinstanz kann verwiesen werden (Art. 109 Abs.
3 BGG). Für den Beizug eines weiteren Anwalts bestand kein Anlass. Der erste
amtliche Verteidiger wurde nach dem Vertrauensverlust des Beschwerdeführers
ausgewechselt. Somit bestand stets eine ordnungsgemässe Vertretung. Zog der
Beschwerdeführer einen weiteren frei gewählten Verteidiger bei, ohne dass dies
notwendig war, durfte die Vorinstanz den entsprechenden Betrag unberücksichtigt
lassen. Die Auffassung, Rechtsanwalt D.________ sei für die angemessene
Ausübung der Verfahrensrechte im Sinne von Art. 429 Abs. 1 lit. a StPO nicht
erforderlich, ist bundesrechtskonform.

3.3 Die übrigen Rügen des Beschwerdeführers zur Schadenshöhe können infolge
teilweiser Gutheissung der Beschwerde offen bleiben.

4.
4.1 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz verstosse bei der
Festsetzung der Genugtuung gegen das ihr zustehende Ermessen. Sie verletze Art.
29 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 9 BV. Er habe Fr. 300.-- pro Tag
ungerechtfertigt erlittene Untersuchungshaft bzw. insgesamt eine Summe von Fr.
100'000.-- beantragt. Die Vorinstanz reduziere den Ansatz auf Fr. 160.85 pro
Tag, ohne dies näher zu begründen. Aufgrund der Untersuchungshaft leide er
psychisch und physisch. Es habe sich um einen gravierenden Tatvorwurf
gehandelt. Dabei sei er im Ausland und nicht in Italien inhaftiert gewesen, wo
er seinen Wohnsitz habe. Schliesslich spreche die lange Haftdauer für eine
Erhöhung anstatt für eine Reduktion der Genugtuung.

4.2 Die Festlegung der Genugtuungssumme beruht auf richterlichem Ermessen. Das
Bundesrecht setzt keinen bestimmten Mindestbetrag fest (Art. 429 Abs. 1 lit. c
StPO). Bei der Ausübung des Ermessens kommt den Besonderheiten des Einzelfalles
entscheidendes Gewicht zu. Nach der bisherigen Rechtsprechung ist zunächst die
Grössenordnung der in Frage kommenden Genugtuung zu ermitteln, wobei Art und
der Schwere der Verletzung massgebend sind. In einem zweiten Schritt sind die
Besonderheiten des Einzelfalles zu würdigen, die eine Verminderung oder
Erhöhung der zuzusprechenden Summe nahelegen. Das Bundesgericht erachtet bei
kürzeren Freiheitsentzügen Fr. 200.-- pro Tag als angemessene Genugtuung,
sofern nicht aussergewöhnliche Umstände vorliegen, die eine höhere oder eine
geringere Entschädigung zu rechtfertigen vermögen. Bei längerer
Untersuchungshaft (von mehreren Monaten Dauer) ist der Tagessatz in der Regel
zu senken, da die erste Haftzeit besonders erschwerend ins Gewicht fällt (vgl.
BGE 113 IB 155 E. 3b S. 156 mit Hinweisen). Diese Rechtsprechung bleibt auch
für Anwendungsfälle der eidgenössischen Strafprozessordnung aktuell.

4.3 Was der Beschwerdeführer gegen die Festsetzung der Genugtuung von rund Fr.
160.-- pro Hafttag vorbringt, ist nicht geeignet, eine Bundesrechtsverletzung
darzutun. Die Vorinstanz wendet aufgrund der langen Haftdauer einen degressiven
Tagesansatz an. Dies entspricht der konstanten Rechtsprechung (vgl. E. 4.2).
Bei der Bemessung des weiteren immateriellen Schadens trägt die Vorinstanz den
Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung. Sie würdigt die schwere subjektive
Betroffenheit des Beschwerdeführers, welche sich aus der geografischen Distanz
zwischen Haftort und Wohnsitz, aus dem erschwerten Kontakt zu Familie und
Freunden sowie aus dem gravierenden Tatvorwurf der Vergewaltigung ergibt. Die
Bemessung der Genugtuung für weiteren immateriellen Schaden ist hinreichend
begründet und erweist sich angesichts des vorinstanzlichen Ermessens als
bundesrechtskonform.

5.
5.1 Die Beschwerde im Verfahren 6B_111/2012 ist teilweise gutzuheissen. Ziff. 3
des angefochtenen Urteils ist in Bezug auf den Schadenersatzbetrag aufzuheben
und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im
Übrigen ist die Beschwerde 6B_111/2012 abzuweisen. Das Gesuch von X.________ um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ist im Umfang seines Obsiegens
gegenstandslos. Der Kanton Zürich hat ihn für sein teilweises Obsiegen zu
entschädigen (Art. 68 Abs. 1 und Abs. 2 BGG). Soweit X.________ unterliegt, ist
sein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung abzuweisen, da
seine Rechtsbegehren von Anfang an aussichtslos waren (Art. 64 Abs. 1 BGG). Bei
diesem Ausgang des Verfahrens wird X.________ in reduziertem Umfang
kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seine angespannte finanzielle Situation
ist bei der Bemessung der Gerichtskosten gebührend zu berücksichtigen.

5.2 Die Beschwerde im Verfahren 6B_122/2012 ist abzuweisen, soweit darauf
einzutreten ist. Es sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 und Abs. 4
BGG). Der Kanton Zürich hat X.________ für das bundesgerichtliche Verfahren
angemessen zu entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege wird infolge Obsiegens gegenstandslos.

5.3 Die Parteientschädigung für X.________ ist für die Verfahren 6B_111/2012
und 6B_122/2012 auf insgesamt Fr. 3'000.-- festzusetzen. Praxisgemäss ist die
Parteientschädigung dem Rechtsvertreter von X.________ auszurichten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich im Verfahren
6B_122/2012 wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Beschwerde von X.________ im Verfahren 6B_111/2012 wird teilweise
gutgeheissen. Ziffer 3 des Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich vom 13.
Dezember 2011 wird in Bezug auf den Schadenersatzbetrag aufgehoben und die
Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Im Übrigen wird
die Beschwerde abgewiesen.

3.
Die Gesuche von X.________ um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung in
den Verfahren 6B_111/2012 und 6B_122/2012 werden abgewiesen, soweit sie nicht
gegenstandslos geworden sind.

4.
Die reduzierten Gerichtskosten von Fr. 800.-- im Verfahren 6B_111/2012 werden
X.________ auferlegt. Für das Verfahren 6B_122/2012 werden keine Kosten
erhoben.

5.
Der Kanton Zürich wird verpflichtet, dem Rechtsvertreter von X.________ für die
Verfahren 6B_111/2012 und 6B_122/2012 eine Parteientschädigung von insgesamt
Fr. 3'000.-- zu bezahlen.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 15. Mai 2012

Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Mathys

Die Gerichtsschreiberin: Koch