Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.88/2012
Zurück zum Index II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2012
Retour à l'indice II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 2012



Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_88/2012

Urteil vom 7. Juni 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter L. Meyer, von Werdt,
Gerichtsschreiber V. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Ursula Engelberger-Koller,
Beschwerdeführer,

gegen

Z.________,
vertreten durch Rechtsanwältin Nicole Kistler Huber,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Abänderung eines Scheidungsurteils,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zug, I.
Zivilabteilung, vom 6. Dezember 2011.

Sachverhalt:

A.
X.________ (geb. 1966) und Z.________ (geb. 1963) hatten am xxxx 1990
geheiratet. Sie sind die Eltern des Y.________ (geb. xxxx 1995). Am 22. August
2002 wurde die Ehe geschieden, das Kind unter die elterliche Sorge der Mutter
gestellt und der Vater verpflichtet, einen Kinderunterhaltsbeitrag von Fr.
1'000.-- zu leisten. Hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts hatten sich die
Ehegatten in einer gerichtlich genehmigten Ehescheidungskonvention wie folgt
geeinigt: X.________ bezahlt seiner geschiedenen Frau monatlich Fr. 3'500.--
für vier Jahre ab Rechtskraft des Scheidungsurteils und anschliessend Fr.
2'500.-- für die Dauer von fünf Jahren (das heisst bis und mit August 2011).
Die Konvention sah für bestimmte Sachverhalte eine Reduktion der nachehelichen
Unterhaltsbeiträge vor. Ausserdem hielten die Parteien Folgendes fest: "Ein
allfälliges Erwerbseinkommen der Ehegattin führt nicht zu einer Reduktion der
vereinbarten Unterhaltsbeiträge".

B.
B.a Nachdem der Sohn zu ihm gezogen war, beantragte X.________ mit Klage vom
29. Dezember 2009 insofern eine Abänderung des Scheidungsurteils vom 22. August
2002, als der Sohn unter seine elterliche Sorge zu stellen und der Mutter ein
Besuchs- und Ferienrecht einzuräumen sei, diese an den Unterhalt des Kindes
einen Beitrag von Fr. 650.-- zu leisten habe und der Ehegattenunterhalt ab
Klageeinreichung auf Fr. 1'500.-- reduziert und bis am 30. April 2010 befristet
werde. Mit Ausnahme der Neuregelung der elterlichen Sorge widersetzte sich
Z.________ den gestellten Begehren; namentlich wehrte sie sich gegen die
Abänderung des nachehelichen Unterhaltsbeitrages.
B.b Mit Urteil vom 11. November 2010 stellte das Kantonsgericht Zug den Sohn
unter die elterliche Sorge des Vaters, räumte der Mutter ein Besuchsrecht ein,
verurteilte diese zu Unterhaltsbeiträgen zugunsten des Sohnes (Fr. 360.-- vom
1. Januar 2010 bis 30. September 2010 und Fr. 122.-- für die Zeit danach,
längstens bis zum ordentlichen Abschluss einer angemessenen Ausbildung) und
verpflichtete X.________, ab 29. Dezember 2009 bis 30. April 2010 einen
nachehelichen Unterhaltsbeitrag von monatlich Fr. 1'500.-- und ab 1. Oktober
2010 bis 27. August 2011 einen solchen von Fr. 223.-- zu bezahlen.

C.
Gegen dieses Urteil ergriff Z.________ am 14. Dezember 2010 beim Obergericht
des Kantons Zug kantonale Berufung mit den bereits vor erster Instanz
gestellten Anträgen. Mit Urteil vom 6. Dezember 2011 verpflichtete das
Obergericht die Mutter zur Leistung von Kinderunterhaltsbeiträgen (Fr. 650.--
ab 1. Mai 2010 bis 27. August 2011 und Fr. 122.-- für die Zeit danach,
längstens bis zum ordentlichen Abschluss einer angemessenen Ausbildung), hiess
im Übrigen die Berufung teilweise gut, wies X.________s Begehren um Abänderung
des Ehegattenunterhalts ab und bestätigte die Regelung gemäss Scheidungsurteil
vom 22. August 2002 (s. Bst. A).

D.
D.a Mit Beschwerde in Zivilsachen vom 26. Januar 2012 wendet sich X.________
(nachfolgend Beschwerdeführer) an das Bundesgericht und beantragt die
Festlegung des nachehelichen Unterhaltsbeitrages im Sinne des erstinstanzlichen
Abänderungsentscheids (s. Bst. B.b).
D.b Am 29. Februar 2012 hat die Präsidentin der II. zivilrechtlichen Abteilung
der Beschwerde die aufschiebende Wirkung erteilt.
D.c In ihrer Beschwerdeantwort vom 21. Mai 2012 beantragt Z.________
(nachfolgend Beschwerdegegnerin), die Beschwerde vollumfänglich abzuweisen.
Auch das Obergericht des Kantons Zug schliesst auf Abweisung des Rechtsmittels.
Die Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin wurde dem Beschwerdeführer zur
Wahrung des rechtlichen Gehörs zugestellt.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Endentscheid über eine
vermögensrechtliche Zivilsache, deren Streitwert Fr. 30'000.-- übersteigt; die
Berufung in Zivilsachen erweist sich mithin als zulässig (Art. 72 Abs. 1, Art.
74 Abs. 1 lit. b, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG).

1.2 Im ordentlichen Beschwerdeverfahren sind vor Bundesgericht in rechtlicher
Hinsicht alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig. Das Bundesgericht wendet
das Recht in diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft
behauptete Rechtsverletzungen (Art. 42 Abs. 2 BGG) mit freier Kognition.

2.
Streitig ist im vorliegenden Unterhaltsabänderungsprozess die Anwendbarkeit der
in der Ehescheidungskonvention enthaltenen Bestimmung, wonach ein allfälliges
Erwerbseinkommen der Beschwerdegegnerin nicht zu einer Reduktion der
vereinbarten Frauenalimente führt (s. Sachverhalt Bst. A).

2.1 Das Obergericht erwägt, ein Änderungsverzicht sei zulässig, allerdings
unter Vorbehalt von Art. 27 Abs. 2 ZGB und der clausula rebus sic stantibus.
Letztere komme nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts (BGE 122 III 97 E.
3a) indes nur zum Zug, wenn das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung
infolge aussergewöhnlicher und unvorhersehbarer Änderung der Umstände so
gestört sei, dass das Beharren des Gläubigers auf seinem Vertragsanspruch
geradezu eine wucherische Ausbeutung des Missverhältnisses und damit einen
offenbaren Rechtsmissbrauch darstelle. Davon könne vorliegend keine Rede sein.
Auch eine übermässige Bindung im Sinne von Art. 27 Abs. 2 ZGB sei zu verneinen.
Das Obergericht befand weiter, der Abänderungsverzicht beschränke sich gemäss
seinem Wortlaut darauf, dass ein allfälliges Einkommen der Beschwerdegegnerin
unberücksichtigt bleibe. Deshalb sei zu prüfen, ob und inwiefern sich der
Bedarf der Beschwerdegegnerin seit der Scheidung erheblich, dauernd und
unvorhersehbar verändert habe. Das Obergericht stellte schliesslich fest,
dieser Bedarf habe sich lediglich vorübergehend (bis Ende 2010) um 10 % erhöht
und anschliessend um 2 % reduziert, weshalb nicht von einer erheblichen
Veränderung auszugehen sei. Aus diesen Gründen seien die Voraussetzungen für
eine Abänderung des Ehegattenunterhalts nicht erfüllt.

2.2 Formell rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Bundesrecht sowie die
offensichtlich unrichtige Feststellung des Sachverhalts. In seinen materiellen
Ausführungen macht er geltend, dass der Wechsel der elterlichen Sorge nicht
vorhersehbar war und diesbezüglich kein Ausschluss einer Abänderung vereinbart
wurde; vielmehr sei der Abänderungsverzicht unter der "Grundprämisse"
geschlossen worden, "dass die Beschwerdegegnerin für die Betreuung von
Y.________ zuständig sei". Auch die Abstufung der Unterhaltsbeiträge sei nur
erfolgt, weil davon ausgegangen werden konnte, dass sich die
Betreuungsaufwendungen mit zunehmendem Alter des Sohnes reduzieren würden und
der Beschwerdegegnerin daher ein teilweiser Wiedereinstieg ins Arbeitsleben
zumutbar sei. Mit dem streitigen Abänderungsverzicht sei der Beschwerdegegnerin
aber bewusst freigestellt worden, ob und in welchem Umfang sie einer
Erwerbstätigkeit nachgehen wolle, solange sie sich hinreichend um die Betreuung
des gemeinsamen Sohnes kümmere. Die Wegbedingung der Abänderungsgründe in Bezug
auf ein allfälliges Erwerbseinkommen sei somit ausschliesslich in Anbetracht
der Zuweisung der elterlichen Sorge über Y.________ an die Mutter erfolgt.
Nachdem diese Grundvoraussetzung weggefallen sei, habe auch der Verzicht auf
die Berücksichtigung des Einkommens der Ehefrau keine Gültigkeit mehr.

Die Beschwerdegegnerin bestreitet den Zusammenhang zwischen der elterlichen
Sorge und dem Verzicht auf die Berücksichtigung des von ihr erzielten
Erwerbseinkommens. Sie stellt sich auf den Standpunkt, in der streitigen
Klausel seien ausschliesslich die Folgen eines allfälligen Erwerbseinkommens
geregelt. Der Abänderungsverzicht gelte losgelöst von allen anderen Umständen;
deshalb sei unerheblich, ob der Wechsel der elterlichen Sorge voraussehbar war.
Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass dem Abänderungsverzicht wegen des
Wechsels der elterlichen Sorge keine Gültigkeit mehr zukomme, sei ausserdem
verspätet und durch nichts belegt. Nachdem in Ziff. 2 lit. a-c der
Scheidungskonvention mögliche Veränderungen im Detail geregelt und die
Auswirkungen auf die Unterhaltsbeiträge für jede Variante einzeln klar
definiert worden seien, müsse auch die in Ziff. 2 lit. d enthaltene Bestimmung
über den Änderungsverzicht so gelten, wie vereinbart. Dabei hätten die Parteien
namentlich berücksichtigt, dass ihr - der Beschwerdegegnerin - die
Eingliederung in den Arbeitsprozess aufgrund der mangelhaften Deutschkenntnisse
nicht leicht fallen wird. Für allfällige Unklarheiten habe der Beschwerdeführer
selbst einzustehen, denn er habe die Scheidungskonvention aufgesetzt und sei
für deren Formulierung verantwortlich.

2.3 Gemäss dem im Scheidungszeitpunkt (2002) noch anwendbaren aArt. 140 Abs. 1
ZGB (vgl. Art. 279 Abs. 2 ZPO) ist die Vereinbarung über die Scheidungsfolgen
erst rechtsgültig, wenn das Gericht sie genehmigt hat (Satz 1). Sie ist in das
Urteilsdispositiv aufzunehmen (Satz 2). Gleichwohl wird eine gerichtlich
vorbehaltlos genehmigte Scheidungsvereinbarung wie ein Vertrag ausgelegt
(Urteil 5C.270/ 2004 vom 14. Juli 2005 E. 5.3). Steht nun die inhaltliche
Tragweite des streitgegenständlichen Abänderungsverzichts in Frage, so ist
zunächst zu prüfen, ob die betreffende Bestimmung der Scheidungskonvention nach
dem wirklichen oder zumindest nach dem mutmasslichen (normativen)
Vertragswillen nur bei unveränderter Regelung der elterlichen Sorge gilt
(nachfolgend E. 3).

3.
3.1 Im schweizerischen Vertragsrecht gilt bei Fragen der Auslegung - wie bei
solchen des Konsenses - der Grundsatz des Primats des subjektiv übereinstimmend
Gewollten vor dem objektiv Erklärten, subjektiv aber unterschiedlich
Verstandenen. Auch im Auslegungsstreit hat das Sachgericht vorab zu prüfen, ob
die Parteien sich tatsächlich übereinstimmend geäussert, verstanden und in
diesem Verständnis geeinigt haben (Art. 18 Abs. 1 OR; BGE 123 III 35 E. 2b S.
40). Lässt sich dieser übereinstimmende wirkliche Wille feststellen, bestimmt
sich der Vertragsinhalt nach diesem wirklichen Willen (Tatfrage). Kann der
Richter den tatsächlichen Parteiwille nicht eruieren oder haben sich die
Parteien zwar übereinstimmend geäussert, jedoch voneinander abweichend
verstanden, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Willens der Parteien deren
Erklärungen nach Massgabe des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach
ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie nach den gesamten Umständen im Zeitpunkt
des Vertragsabschlusses verstanden werden durften und mussten (Rechtsfrage; s.
BGE 133 III 406 E. 2.2 S. 409; 132 III 626 E. 3.1 S. 632; 131 III 606 E. 4.1 S.
611, je mit Hinweisen).

3.2 Nachdem sich ein tatsächlicher Wille der Eheleute im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses offensichtlich nicht feststellen lässt, kommt von vornherein
nur eine normative Auslegung der streitigen Bestimmung der
Ehescheidungskonvention in Frage.
3.2.1 Bei der Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens hat der Wortlaut
Vorrang vor weiteren Auslegungsmitteln, es sei denn, er erweise sich aufgrund
anderer Vertragsbedingungen, dem von den Parteien verfolgten Zweck oder
weiteren Umständen als nur scheinbar klar (BGE 133 III 406 E. 2.2 S. 409). Den
wahren Sinn einer Vertragsklausel erschliesst zudem erst der
Gesamtzusammenhang, in dem sie steht. Die Begleitumstände des
Vertragsabschlusses oder die Interessenlage der Parteien in jenem Zeitpunkt
dürfen ergänzend berücksichtigt werden (allgemein: BGE 131 III 377 E. 4.2.1 S.
382 und 606 E. 4.2 S. 611 f.). Die objektivierte Auslegung einer
Scheidungsvereinbarung orientiert sich im Übrigen am dispositiven Recht, das in
der Regel die Interessen der Ehegatten genügend wahrt, weshalb derjenige
Ehegatte, der davon abweichen will, dies mit hinreichender Deutlichkeit zum
Ausdruck bringen muss (vgl. Urteile 5C.281/2000 vom 9. Mai 2001 E. 3, 5C.197/
2003 vom 30. April 2004 E. 2.2, in: FamPra.ch 2004 S. 690, und 5C.52/2007 vom
12. Juli 2007 E. 2, in: FamPra.ch 2007 S. 935).
3.2.2 Zwar ist der Wortlaut des Änderungsverzichts (s. Sachverhalt Bst. A) an
sich klar und letztlich vorbehaltlos. Auch sind sich die Parteien darüber
einig, dass dem Abänderungsverzicht die Annahme zugrunde liege, die
Beschwerdegegnerin werde sich in den Arbeitsprozess eingliedern und ein eigenes
Einkommen erzielen können. Uneinigkeit herrscht aber über den weiteren
Zusammenhang, in welchem der Änderungsverzicht zu verstehen und anzuwenden ist:
Während der Beschwerdeführer darauf beharrt, der Verzicht auf die
Berücksichtigung eines Einkommens sei untrennbar mit der elterlichen Sorge der
Beschwerdegegnerin verknüpft, verteidigt diese die These, der
Abänderungsverzicht sei einzig und allein an die Bedingung geknüpft, dass sie
ein Erwerbseinkommen erziele, und die mit ihrer Arbeitstätigkeit
"einhergehenden Begleitumstände" seien für die Parteien nicht relevant gewesen.

Die Argumentation der Beschwerdegegnerin vermag nicht zu überzeugen. Hätten die
Parteien eine Abänderung der Frauenalimente "losgelöst von allen anderen
Umständen" und damit auch unabhängig von der Frage der elterlichen Sorge
tatsächlich voll und ganz ausschliessen wollen, so ist nicht einzusehen,
weshalb sie in Ziff. 2 lit. a ihrer Scheidungskonvention zusätzlich auch noch
hätten vereinbaren sollen, dass die Beschwerdegegnerin in den ersten vier
Jahren nach der Scheidung Fr. 3'500.-- und in den folgenden fünf Fr. 2'500.--
an monatlichem Unterhalt beanspruchen kann. Nachdem die Beschwerdegegnerin
selbst ausführt, der Verzicht auf die Abänderung der Unterhaltsbeiträge gelte
"unabhängig vom Beginn, Umfang und der Art und Weise" ihrer Erwerbstätigkeit,
erschiene es wenig einleuchtend, den Zweck der zeitlichen Abstufung der
Unterhaltsbeiträge darin zu erblicken, dass die Parteien eine allfällige
Veränderung der Erwerbssituation der Beschwerdegegnerin berücksichtigen
wollten. Vielmehr ist mit dem Beschwerdeführer anzunehmen, dass die Parteien im
massgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses der Scheidungskonvention davon
ausgingen, das Kind Y.________ werde unter der elterliche Sorge seiner Mutter
aufwachsen, und dass sie den nachehelichen Unterhalt entsprechend abstuften, um
der Verringerung des Betreuungsaufwandes für den heranwachsenden Sohn Rechnung
zu tragen. Darauf deutet insbesondere der Umstand hin, dass die Frauenalimente
nach dem Willen der Parteien im Jahr 2006 reduziert werden und im Jahr 2011
ganz entfallen sollten, mithin in denjenigen Jahren, in denen Y.________ 11
Jahre bzw. 16 Jahre alt wurde. Offensichtlich richteten die Parteien ihre
Vereinbarung über den nachehelichen Unterhalt also - mit einer Abweichung
zugunsten der Beschwerdegegnerin - an der (nach wie vor geltenden) Grundregel
aus, wonach dem betreuenden Elternteil die (Wieder-)Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit im Umfang von 50 Prozent zumutbar ist, wenn das jüngste Kind
10-jährig ist, und zu 100 Prozent dann, wenn das jüngste Kind das 16.
Altersjahr erreicht hat (s. BGE 137 III 102 E. 4.2.2.2 S. 109). Die
objektivierte Auslegung führt demnach zur Erkenntnis, dass die in Ziff. 2 der
Scheidungskonvention getroffene und in Ziff. 3 des Scheidungsurteils vom 22.
August 2002 zum Urteil erhobene Regelung des nachehelichen Unterhalts als Ganze
sowohl nach ihrem Gesamtzusammenhang als auch unter Berücksichtigung der
Interessenlage der Parteien im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses auf der
"Grundprämisse" fusst, dass die Beschwerdegegnerin die elterliche Sorge über
Y.________ ausübt. Warum gerade der streitige Abänderungsverzicht nach dem
mutmasslichen Parteiwillen in singulärer Weise von dieser Grundvoraussetzung
ausgenommen sein und auch dann uneingeschränkt gelten sollte, wenn der
Beschwerdeführer die elterliche Sorge über das Kind hat, ist nicht ersichtlich.
3.2.3 Die Beschwerdegegnerin beruft sich darauf, der Beschwerdeführer habe
seine "Behauptung", dass der Abänderungsverzicht aufgrund des Wechsels der
elterlichen Sorge keine Gültigkeit mehr habe, verspätet vorgebracht und nicht
bewiesen (s. E. 2.2). Soweit die Beschwerdegegnerin damit geltend machen will,
der Beschwerdeführer habe eine unzulässige neue Tatsache oder ein unzulässiges
neues Beweismittel im Sinne von Art. 99 BGG vorgetragen, verkennt sie die Natur
seines Vorbringens. Denn bei seiner Aussage über die Gültigkeit einer
Vertragsklausel kann es sich schon begrifflich nur um ein rechtliches
Vorbringen handeln, äussert sich der Beschwerdeführer damit doch lediglich zur
Rechtslage. Einer neuen rechtlichen Argumentation steht im Verfahren vor
Bundesgericht aber nichts im Wege, sofern ihr die Sachverhaltsfeststellungen im
angefochtenen Urteil zugrunde gelegt werden (s. Urteil 4A_28/2007 vom 30. Mai
2007 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 133 III 421; BGE 130 III 28 E. 4.4 S. 35).
Dass den rechtlichen Erörterungen des Beschwerdeführers über den Text der
Ehescheidungskonvention hinaus noch andere Tatsachen zugrunde lägen, macht die
Beschwerdegegnerin nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.
3.2.4 Unbehelflich ist auch der weitere Einwand der Beschwerdegegnerin, als
Verfasser der Scheidungsvereinbarung müsse sich der Beschwerdeführer allfällige
Unklarheiten selbst zuschreiben (vgl. E. 2.2). Die Unklarheitsregel, gemäss
welcher eine mehrdeutige Vertragsnorm im Zweifel zu Lasten ihres Verfassers
auszulegen ist (BGE 124 III 155 E. 1b S. 158 mit Hinweisen), setzt voraus, dass
überhaupt eine unklare Vertragsbestimmung vorliegt. Nachdem die Auslegung der
streitigen Klausel nach dem Vertrauensprinzip deren Sinn aber zutage gefördert
hat (E. 3.2.2), bleibt für die Unklarheitsregel kein Platz, denn diese findet
erst Anwendung, wenn alle übrigen Auslegungsmittel versagen und der bestehende
Zweifel nicht anders behoben werden kann (BGE 133 III 61 E. 2.2.2.3 S. 69; 122
III 118 E. 2a S. 121).

3.3 Im Ergebnis hat das Obergericht Bundesrecht verletzt, indem es die Frage
der Anwendbarkeit der streitigen Konventionsbestimmung lediglich unter den
Gesichtspunkten des gültigen Zustandekommens der Scheidungskonvention (Art. 27
Abs. 2 ZGB) und der Notwendigkeit einer gerichtlichen Vertragsanpassung
(clausula rebus sic stantibus) geprüft hat, ohne zunächst im Wege der Auslegung
nach dem Inhalt der streitigen Klausel zu forschen. Wie die (normative)
Auslegung der Ehescheidungskonvention zeigt, kommt die in Ziff. 2 lit. d
enthaltene Abrede über den Abänderungsverzicht nach dem mutmasslichen Willen
der Parteien dann nicht zur Anwendung, wenn das Kind Y.________ unter der
elterlichen Sorge des Beschwerdeführers steht. In diesem - nun eingetretenen -
Fall darf ein allfälliges Erwerbseinkommen der Beschwerdegegnerin nicht
unberücksichtigt bleiben. Vielmehr wird das Obergericht zu prüfen haben, ob das
Erwerbseinkommen der Beschwerdegegnerin in der fraglichen Zeitperiode eine
Herabsetzung ihrer Unterhaltsrente rechtfertigt. Dabei wird das Obergericht im
Bedarf der Beschwerdegegnerin auch den Kosten Rechnung tragen müssen, die mit
ihrem Arbeitserwerb zusammenhängen.

4.
Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als begründet. Sie ist
gutzuheissen. Das Bundesgericht hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist
die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an das Obergericht des
Kantons Zug zurück. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die
Beschwerdegegnerin als unterliegende Partei für die Gerichtskosten aufzukommen
und dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 66 Abs. 1
und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Obergerichts des Kantons
Zug, I. Zivilabteilung, vom 6. Dezember 2011 wird aufgehoben. Die Sache wird
zur neuem Entscheid an das Obergericht zurückgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das Verfahren vor
Bundesgericht mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, I.
Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 7. Juni 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Hohl

Der Gerichtsschreiber: V. Monn