Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.593/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_593/2012

Urteil vom 1. November 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher,
Bundesrichter L. Meyer, Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
X.________ AG,
vertreten durch Rechtsanwalt Viktor Peter,
Beschwerdeführerin,

gegen

Grundbuchamt A.________.

Gegenstand
Eintrag eines Näherbaurechts im Grundbuch,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern, 1.
Abteilung, vom 10. Juli 2012.

Sachverhalt:

A.
Die X.________ AG ist Eigentümerin des Grundstücks B.________-GBB-1. Mit
öffentlicher Urkunde vom 19. Januar 2012 räumten ihr die Eigentümer des
Nachbargrundstückes B.________-GBB-2 ein Näherbaurecht ein. Inhalt dieser
Dienstbarkeit ist das Recht zur Erstellung einer Baute auf einer Länge von
37,64 m im Abstand von 3,745 bis 3,985 m zur Grundstücksgrenze.

B.
Mit Anmeldung vom 23. Januar 2012 ersuchte die X.________ AG das Grundbuchamt
A.________, Geschäftsstelle B.________, zu Gunsten ihres und zu Lasten des
Nachbargrundstücks das Näherbaurecht im Grundbuch einzutragen. Dabei reichte
sie dem Grundbuchamt einen Architektenplan ein, worin die im Unterabstand zu
erstellende Baute eingezeichnet ist.

Mit Verfügung vom 7. Februar 2012 wies das Grundbuchamt die Anmeldung ab mit
der Begründung, der eingereichte Architektenplan stelle keinen Plan für das
Grundbuch im Sinn von Art. 732 Abs. 2 ZGB dar.

Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Luzern mit
Entscheid vom 10. Juli 2012 ab.

C.
Gegen diesen Entscheid hat die X.________ AG am 20. August 2012 eine Beschwerde
in Zivilsachen eingereicht mit den Begehren um dessen Aufhebung und Anweisung
des Grundbuchamtes, das fragliche Näherbaurecht einzutragen. Es wurden keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
Bei der Abweisung einer Grundbuchanmeldung geht es - als Frage der
Grundbuchführung - um eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Zivilrecht, welcher kein Streitwert zukommt (Art. 72 Abs.
2 lit. b Ziff. 2 BGG; Urteile 5A_383/2010 vom 10. Dezember 2010 E. 1.1; 5A_145/
2011 vom 30. März 2011 E. 1 [nicht publ. in BGE 137 III 205]). Angefochten ist
der kantonal letztinstanzliche Entscheid (Art. 75 Abs. 1 BGG). Die Beschwerde
in Zivilsachen steht somit offen.

2.
Streitgegenstand ist, ob ein Architektenplan als Plan für das Grundbuch im Sinn
von Art. 732 Abs. 2 ZGB dienen kann. Das Grundbuchamt wie auch das Obergericht
haben die Frage verneint und befunden, im Kanton Luzern seien entsprechend dem
Informationsschreiben der Leitung Gruppe Grundbuch vom 19. Dezember 2011 nur
drei Varianten als Plan für das Grundbuch zu akzeptieren, nämlich der Plan des
Geometers (Format A4 oder A3), der Ausdruck aus dem GRAVIS oder der Ausdruck
aus dem Geoportal. Die Beschwerdeführerin hält dies für bundesrechtswidrig bzw.
der ratio legis von Art. 732 Abs. 2 ZGB widersprechend, indem der Sinn und
Zweck der zeichnerischen Darstellung einzig darin bestehe, spätere
Meinungsverschiedenheiten zwischen den Rechtsnachfolgern zu vermeiden.
Vorliegend entspreche der Architektenplan exakt dem Grundbuchplan, wie er im
Internet aufgeschaltet sei, und die geplante Lagerhalle sei massstabgetreu
eingezeichnet; der Architektenplan entspreche somit im Ergebnis dem Plan des
Geometers.

2.1 Das Näherbaurecht wird in der Form einer Dienstbarkeit begründet. Diese
belastet ein Grundstück immer als Ganzes. Die Parteien können die Ausübung
einer Dienstbarkeit jedoch auf einen Teil des Grundstücks beschränken, was beim
Näherbaurecht regelmässig zutrifft; diesfalls muss der betreffende Teil anhand
des Vertrages bzw. eines Planes eruiert werden können (HÜRLIMANN-KAUP,
Neuerungen im Dienstbarkeitsrecht, in: Die Dienstbarkeiten und das neue
Schuldbriefrecht, Zürich 2012, S. 36).

2.2 Im Rahmen der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Sachenrechtsrevision
wurde diesbezüglich Art. 732 ZGB neu gefasst und präzisiert: Beschränkt sich
die Ausübung einer Dienstbarkeit auf einen Teil des Grundstücks und ist die
örtliche Lage im Rechtsgrundausweis nicht genügend bestimmbar umschrieben, so
ist sie gemäss Art. 732 Abs. 2 ZGB in einem Auszug des Planes für das Grundbuch
zeichnerisch darzustellen.

Was ein "Plan für das Grundbuch" ist, wird aufgrund der Verweise in Art. 950
ZGB, Art. 29 Abs. 2 lit. e und Abs. 3 des Geoinformationsgesetzes (GeoIG, SR
510.62) sowie Art. 2 lit. f der Grundbuchverordnung (GBV, SR 211.432.1) in Art.
7 Abs. 1 der Verordnung über die amtliche Vermessung (VAV, SR 211.432.2)
verbindlich definiert: "Es handelt sich um einen aus den Daten der amtlichen
Vermessung erstellten analogen oder digitalen graphischen Auszug, der als
Bestandteil des Grundbuchs die Liegenschaften sowie die flächenmässig
ausgeschiedenen selbständigen und dauernden Rechte und Bergwerke abgrenzt; ihm
kommen die Rechtswirkungen im Grundbuch zu." Der Plan für das Grundbuch ist
mithin ein graphischer Auszug aus dem Grunddatensatz, der die Grundstücke
voneinander abgrenzt und am öffentlichen Glauben des Grundbuches teilhat (vgl.
ZOBL, Grundbuchrecht, 2. Aufl., Zürich 2004, Rz. 233 und 235).

Gemäss der Botschaft zur Revision des Sachenrechts ist im Zusammenhang mit Art.
732 Abs. 2 ZGB kein eigentlicher, vom Geometer ausgestellter und
unterzeichneter Plan, wie dies bislang praxisgemäss in verschiedenen Kantonen
verlangt wurde, erforderlich; es soll vielmehr ein Auszug aus dem Plan für das
Grundbuch, der beispielsweise aus dem Internet heruntergeladen wurde und auf
welchem die Grundstücksgrenzen und die Lage der Gebäude sichtbar sind, genügen
(vgl. BBl 2007 5310). In der Lehre wird darauf hingewiesen, dass es sich um
einen aktuellen Plan des Nachführungsgeometers mit sichtbaren Grundstückgrenzen
und Grundstücknummern handeln muss, wobei die Einzeichnungen der
Dienstbarkeiten nicht zwingend vom Nachführungsgeometer vorgenommen werden
müssen (PFÄFFLI, Neuerungen im Dienstbarkeitsrecht, in: Revision des
Immobiliarsachenrechts, Bern 2011, S. 121; PFÄFFLI, Dienstbarkeitsvertrag und
grundbuchlicher Vollzug, in: Die Dienstbarkeiten und das neue Schuldbriefrecht,
Zürich 2012, S. 89; PFÄFFLI/BYLAND, Sachenrecht und Notar: Neuerungen, in: Der
bernische Notar 2011, S. 80; ARNET, Neuerungen bei den Dienstbarkeiten, in:
Revision des Sachenrechts - ein erster Überblick für Eilige, Bern 2012, 10 f.;
SCHMID, Das Dienstbarkeitsrecht im Lichte der Revision des
Immobiliarsachenrechts, in: ZBGR 93/2012, S. 157). Im Unterschied zur amtlichen
Vermessung, welche als Bestandteil des Grundbuches die genauen Grenzverläufe
der Grundstücke festhält, finden die privaten Einzeichnungen keinen Eingang ins
Vermessungswerk und sie bilden auch nicht Gegenstand des öffentlichen Glaubens
(PFÄFFLI, Dienstbarkeiten: Neuerungen mit besonderer Berücksichtigung des
Bereinigungsverfahrens, in: ZBGR 91/2010, S. 362).

Während nach dem Gesagten die Parteien die Einzeichnungen selber vornehmen
können, genügt ein privat ersteller Plan nach neuem Recht nicht mehr (SCHMID/
HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 4. Aufl., Zürich 2012, Rz. 1246; HÜRLIMANN-KAUP,
a.a.O., S. 36; anders das frühere Recht, vgl. Urteil 5A_641/2008 vom 8. Januar
2009 E. 4.1; anders auch in noch unvermessenen Gebieten, vgl. Botschaft BBl
2007 5310). Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass der von ihr
eingereichte Plan materiell allen Anforderungen genüge oder sogar darüber
hinausgehe, stösst deshalb ist Leere. Sie geht ferner deshalb an der Sache
vorbei, weil die materielle Prüfungsbefugnis des Grundbuchverwalters beschränkt
ist (vgl. BGE 124 III 341 E. 2b) und ihm - ebenso dem verurkundenden Notar -
auch faktisch nicht zuzumuten wäre, die Übereinstimmung der im Architektenplan
eingezeichneten Grenzverläufe auf ihre tatsächliche Übereinstimmung mit dem
Vermessungswerk abzugleichen. Indes hat der Grundbuchverwalter, soweit die
örtliche Lage im Rechtsgrundausweis nicht genügend bestimmbar umschrieben
werden kann und deshalb ein Plan nötig ist, gemäss Art. 70 Abs. 3 GBV zu
prüfen, ob es sich dabei um einen Auszug des Planes für das Grundbuch handelt.
Dass ein Architektenplan nicht zwingend den Daten der amtlichen Vermessung
entsprechen muss, stellt im Übrigen auch die Beschwerdeführerin nicht in
Abrede. Insbesondere ist, selbst wenn der Architekt die Rohdaten online direkt
in sein eigenes System übernommen hat, nicht sichergestellt, dass diese in der
Folge nicht verändert worden sind. Das ist nicht der Fall, wenn der Plan direkt
aus den Registerdaten der amtlichen Vermessung generiert und über das
Publikationsportal ausgedruckt wird. Theoretisch wäre auch hier eine
anschliessende Manipulation möglich; indes würde es sich um eine bewusste
Änderung handeln, während es bei den ins eigene System gelesenen Daten ohne
weiteres zu unbeabsichtigten Veränderungen kommen kann.

2.3 Aus dem vorstehend Gesagten ergibt sich, dass ein Architektenplan nicht als
Plan für das Grundbuch im Sinn von Art. 732 Abs. 2 ZGB taugt und die Beschwerde
in Zivilsachen deshalb abzuweisen ist.

3.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Grundbuchamt A.________ und dem
Obergericht des Kantons Luzern, 1. Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 1. November 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Hohl

Der Gerichtsschreiber: Möckli