Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.505/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_505/2012

Urteil vom 8. August 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter von Werdt, als Einzelrichter,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Kantonsgericht St. Gallen, Einzelrichter im Familienrecht,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unentgeltliche Rechtspflege (vorsorgliche Massnahme, Obhutsentzug),

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Einzelrichter im
Familienrecht, vom 31. Mai 2012.

Erwägungen:

1.
A.________ (31. Mai 2005) und B.________ (5. November 2007) sind die Kinder von
X.________. Da A.________ seit dem 7. März 2011 den Kindergarten nicht mehr
besuchte und auch eine Einschulung dieses Kindes durch die Eltern nicht
stattfand, bemühte sich C.________, Leiterin der Abteilung Sozialabklärungen,
um ein Gespräch mit den Eltern; anlässlich einer Besprechung vom 11. November
2011 wies Frau C.________ die Eltern darauf hin, dass ein Obhutsentzug und eine
Fremdplatzierung der Kinder ins Auge gefasst würden, falls eine Einschulung von
A.________ unterbleibe. Da die Eltern nicht reagierten, entzog ihnen die
Vormundschaftsbehörde St. Gallen mit Beschluss vom 7. Dezember 2011 die Obhut
über A.________ und B.________ und ordnete deren Platzierung an einem vorerst
geheimen Ort an. Der Beschluss wurde vollstreckbar erklärt.
In teilweiser Gutheissung der Beschwerde der Eltern hob das Departement des
Innern des Kantons St. Gallen am 15. Februar 2012 den Beschluss der
Vormundschaftsbehörde auf und wies die Sache zu weiteren Abklärungen und zu
neuem Entscheid an die Vormundschaftsbehörde zurück. Für die Dauer des
Abklärungsverfahrens ordnete das Departement im Rahmen vorsorglicher Massnahmen
die Fremdplatzierung der Kinder an einem geeigneten fremden Ort an (4a) und
wies die Vormundschaftsbehörde an, den Ort zu bestimmen (4b). Einer allfälligen
Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung entzogen (5). Die Eltern erhoben
gegen die Anordnung vorsorglicher Massnahmen, d.h. gegen die Dispositiv-Ziffern
4a, 4b und 5 beim Kantonsgericht St. Gallen der Rechtsmittelbelehrung
entsprechend Beschwerde (FE.2012.11-EZE2) und ersuchten sinngemäss um
unentgeltliche Rechtspflege für das Beschwerdeverfahren. Mit Entscheid vom 31.
Mai 2012 wies der Einzelrichter im Familienrecht des Kantonsgerichts St. Gallen
das Gesuch wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde ab und forderte die
Beschwerdeführer auf, für das Beschwerdeverfahren FE.2012.11-EZE2 innert 10
Tagen einen Kostenvorschuss von Fr. 800.-- zu leisten.
Die Eltern haben gegen den ihnen am 5. Juni 2012 zugestellten Entscheid am 5.
Juli 2012 beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie ersuchen
sinngemäss um Aufhebung des angefochtenen Entscheids und um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege für das kantonale Beschwerdesverfahren sowie für
das Verfahren vor Bundesgericht und begehrten überdies die aufschiebende
Wirkung. Die Vorinstanz hat auf eine Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende
Wirkung verzichtet. In der Sache sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Mit Verfügung vom 13. Juli 2012 wurde der Beschwerde aufschiebende Wirkung
zuerkannt.
Die Beschwerdeführer haben ihre Beschwerde mit Eingabe vom 6. August 2012
ergänzt.

2.
Der angefochtene Entscheid ist den Beschwerdeführern am 5. Juni 2012 zugestellt
worden, womit die 30-tägige Beschwerdefrist am Donnerstag, 5 Juli 2012
abgelaufen ist (Art. 100 Abs. 1 und Art. 44 Abs. 1 BGG). Die am 6. August 2012
eingereichte Ergänzung der Beschwerde ist verspätet. Darauf ist nicht
einzutreten.

3.
In der Beschwerde ist in Auseinandersetzung mit den Erwägungen des
angefochtenen Entscheids darzulegen, welche Rechte der beschwerdeführenden
Partei durch das kantonale Gericht verletzt worden sind (Art. 42 Abs. 2 BGG;
BGE 134 II 244 E. 2.1 S. 245), wobei eine allfällige Verletzung
verfassungsmässiger Rechte vom Bundesgericht nicht von Amtes wegen geprüft
wird, sondern nur dann, wenn solche Rügen in der Beschwerdeschrift ausdrücklich
erhoben und begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 135 III 232 E. 1.2 S.
234). Wird eine Sachverhaltsfeststellung beanstandet, muss in der
Beschwerdeschrift dargelegt werden, inwiefern diese Feststellung willkürlich
oder durch eine andere Rechtsverletzung im Sinn von Art. 95 BGG (z.B. Art. 29
Abs. 2 BV oder Art. 8 ZGB) zustande gekommen ist (vgl. BGE 133 II 249 E. 1.2.2
und 1.4.3 S. 255) und inwiefern die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 in fine BGG; BGE 135 I 19 E.
2.2.2 S. 22). Auf rein appellatorische Kritik am Sachverhalt tritt das
Bundesgericht nicht ein.

4.
Der Einzelrichter im Familienrecht hat geprüft, ob im Fall der Beschwerdeführer
die Voraussetzungen des Art. 117 ZPO für die Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege erfüllt sind. Im Einzelnen hat er zusammengefasst erwogen, nach
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung seien Begehren als aussichtslos
anzusehen, bei denen die Gewinnaussichten beträchtlich geringer seien als die
Verlustgefahren und die deshalb nicht mehr als ernsthaft bezeichnet werden
können. Dagegen gälten Begehren nicht als aussichtslos, wenn sich die
Gewinnaussichten und die Verlustgefahren ungefähr die Waage halten oder jene
nur wenig geringer seien als diese. Die Prozesschancen seien in einer
vorläufigen und summarischen Prüfung des Prozessstoffs abzuschätzen. Die
Beschwerdeführer nennten keine konkreten Beschwerdegründe und setzten sich auch
nicht im Einzelnen mit dem vorinstanzlichen Entscheid auseinander. Auch wenn an
Laien keine zu hohen Anforderungen bezüglich der Begründung des Rechtsmittels
zu stellen seien, erscheine es doch als fraglich, ob unter dem Gesichtspunkt
der Begründung auf die Beschwerde einzutreten sei. Aufgrund des Entscheides des
Departementes habe die Vormundschaftsbehörde weitere Abklärungen zu treffen und
danach neu zu entscheiden. Die Beschwerdeführer könnten sich in diesem
Verfahren einbringen. Im Weiteren werfe sich jede Seite gegenseitig
fehlerhaftes Verhalten vor. Dokumente, die den Beschwerdeführern nicht
zusagten, würden von ihnen kurzerhand als Fälschungen/Falsifikate bezeichnet,
wobei sie die Begriffe nicht ihrem wahren Sinn entsprechend verstünden. Völlig
unverständlich sei, dass sie das Angebot, die Kinder zu sehen, nicht angenommen
hätten. Die Versuche der Behörden, Vertrauenspersonen der Eltern in das
Gespräch mit einzubeziehen, hätten zu keiner Änderung ihrer generell
ablehnenden Haltung geführt. Die Beschwerdeführer stellten viele Behauptungen
in der Raum, ohne auch nur ansatzweise Beweise dafür anzubieten. Das
Departement habe die Angelegenheit auf sachgerechte Weise "erwogen" und
beurteilt. Dass die Beschwerdeführer keine realistischen Vorstellungen hätten,
ergebe sich aus ihrer letzten Eingabe, gemäss welcher neu die Idee der "Schule
zu Hause" aufgeworfen werde. In der konkreten allgemeinen und finanziellen
Situation seien diese Lösung sowie der Besuch einer Privatschule offensichtlich
völlig unrealistisch. Aufgrund der Gesamtkonstellation erscheine es zutreffend,
dass das Departement des Innern für die Dauer der Abklärungen den bisherigen
Zustand beibelassen habe. Mit einer dem Antrag entsprechenden Änderung oder
einer Erteilung der aufschiebenden Wirkung würden die angeordneten Abklärungen
offensichtlich unterlaufen.

5.
Die Beschwerdeführer setzen sich mit den Erwägungen des angefochtenen
Entscheids nicht den aufgezeigten Anforderungen (E. 2) entsprechend
auseinander. Sie behaupten einfach, die Beschwerde sei aussichtsreich, ohne
aber auf die gegenteilige und begründete Auffassung der Vorinstanz einzugehen
und anhand dieser Erwägungen aufzuzeigen, inwiefern unter den berücksichtigten
Tatsachen die Annahme der Aussichtslosigkeit Bundesrecht verletzen soll. Mit
keinem Wort wird begründet, inwiefern die festgestellten Tatsachen willkürlich
sein oder sonst wie gegen Bundesrecht verstossen könnten. Die Beschwerdeführer
beschränken sich über weite Strecken in einer Behauptung anderer als im
angefochtenen Entscheid enthaltenen Tatsachen. Überdies ergehen sie sich in
einem Spiel um Worte, indem sie einfach behaupten, ihnen sei nur gesagt worden,
sie könnten die Kinder vielleicht sehen, wenn sie sich zu Gesprächen bereit
erklärten. Insgesamt vermag die Beschwerde, den Begründungsanforderungen nicht
zu genügen.

6.
Auf die offensichtlich ungenügend begründete und damit unzulässige Beschwerde
ist somit in Anwendung von Art. 108 Abs. 1 lit. b BGG durch den Einzelrichter
nicht einzutreten. Angesichts der gewährten aufschiebenden Wirkung obliegt nun
der Vorinstanz, eine neue Frist zur Leistung des Kostenvorschusses anzusetzen.

7.
Den Umständen des konkreten Falles entsprechend werden keine Kosten erhoben
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

8.
Da keine Gerichtskosten erhoben werden, die Beschwerdeführer keinen Anwalt mit
der Wahrung ihrer Interessen betraut haben und ihnen somit insoweit keine
ausgewiesenen Kosten entstanden sind, wird das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege gegenstandslos.

Demnach erkennt der Einzelrichter:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Es werden keine Kosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 8. August 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Einzelrichter: von Werdt

Der Gerichtsschreiber: Zbinden