Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.396/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_396/2012

Urteil vom 5. September 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter L. Meyer,
Gerichtsschreiber Zingg.

Verfahrensbeteiligte
X.________ GmbH,
vertreten durch Fürsprecher André Seydoux,
Beschwerdeführerin,

gegen

Y.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Kaspar Meng,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Parteientschädigung (vorsorgliche Massnahmen, Verfügungssperre im Grundbuch),

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Bern,
Zivilabteilung, 1. Zivilkammer, vom 23. April 2012.

Sachverhalt:

A.
Am 5. Dezember 2011 ersuchte die X.________ GmbH beim Regionalgericht Oberland
um den Erlass einer vorsorglichen Massnahme gegen Y.________. Ihm sei zu
verbieten, über gewisse Grundstücke zu verfügen und die Verfügungssperre sei im
Grundbuch vorzumerken. Am 21. Dezember 2011 ersuchte die X.________ GmbH um
Korrektur ihres Gesuchs, da irrtümlicherweise Y.________ als Gesuchsgegner
genannt worden sei, und nicht die Eigentümerin der Grundstücke, Z.________.
Nach Durchführung des Schriftenwechsels wies der Gerichtspräsident mit
Entscheid vom 13. Februar 2012 das Gesuch um vorsorgliche Massnahmen infolge
mangelnder Passivlegitimation und unzulässigen Parteiwechsels ab, auferlegte
der X.________ GmbH die Gerichtskosten und verurteilte sie, Y.________ eine
Parteientschädigung von Fr. 16'200.-- zu bezahlen.

B.
Am 27. Februar 2012 erhob die X.________ GmbH gegen diesen Entscheid Beschwerde
an das Obergericht des Kantons Bern. Sie beantragte, den Kostenentscheid des
Gerichtspräsidenten betreffend Parteientschädigung aufzuheben. Mit Entscheid
vom 23. April 2012 trat das Obergericht auf die Beschwerde nicht ein.

C.
Am 25. Mai 2012 hat die X.________ GmbH (Beschwerdeführerin) Beschwerde in
Zivilsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde erhoben. Sie beantragt, der
Entscheid des Obergerichts vom 23. April 2012 sei aufzuheben und die Sache sei
zur inhaltlichen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei
der Kostenentscheid des Regionalgerichts vom 13. Februar 2012 hinsichtlich der
Parteientschädigung aufzuheben und diese angemessen zu reduzieren. Zudem
ersucht die Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung.
Das Obergericht hat auf Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung
verzichtet. Y.________ (Beschwerdegegner) hat sich dem Gesuch widersetzt. Mit
Präsidialverfügung vom 15. Juni 2012 ist der Beschwerde aufschiebende Wirkung
zuerkannt worden.
Das Bundesgericht hat die Akten beigezogen, in der Sache aber keine
Vernehmlassungen eingeholt.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob ein
Rechtsmittel zulässig ist (BGE 135 III 329 E. 1 S. 331 mit Hinweisen).

1.1 Vor der Vorinstanz war einzig die dem Beschwerdegegner im erstinstanzlichen
Verfahren zugesprochene Parteientschädigung umstritten. Die Zulässigkeit der
Beschwerde gegen einen solchen Nebenpunkt richtet sich nach der Hauptsache
(Urteil 4A_420/2008 vom 9. Dezember 2008 E. 1.1 mit Hinweis). In der Hauptsache
beantragte der Beschwerdeführer eine vorsorgliche Massnahme auf Erlass einer
Verfügungssperre. Selbständig eröffnete Massnahmenentscheide, die vor oder
während eines Hauptverfahrens erlassen werden und nur für die Dauer des
Hauptverfahrens bzw. unter der Bedingung, dass ein Hauptverfahren eingeleitet
wird, Bestand haben, sind Zwischenentscheide im Sinne von Art. 93 BGG (BGE 134
I 83 E. 3.1 S. 86 f.; 138 III 76 E. 1.2 S. 79). Dies gilt nicht nur bei
Anordnung der Massnahme, sondern auch bei Verweigerung derselben (BGE 137 III
324 E. 1.1 S. 328). Die Verweigerung einer Verfügungssperre könnte einen nicht
wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit a BGG bewirken,
so dass die Beschwerde unter diesem Gesichtspunkt zulässig erscheint.

1.2 In der Hauptsache geht es um eine vermögensrechtliche Zivilsache (Art. 72
Abs. 1 BGG). Der erforderliche Streitwert beträgt Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1
lit. b BGG). Gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. c BGG berechnet sich der Streitwert bei
Beschwerden gegen Vor- und Zwischenentscheide nach den Begehren, die vor der
Instanz streitig sind, wo die Hauptsache hängig ist. Vor Obergericht war die
Hauptsache jedoch nicht mehr strittig, sondern einzig die fragliche
Parteientschädigung in der Höhe von Fr. 16'200.--. Es ist deshalb einzig auf
diesen Wert abzustellen (Urteil 4A_420/2008 vom 9. Dezember 2008 E. 1.2; vgl.
auch BGE 137 III 47 E. 1), womit der für die Beschwerde in Zivilsachen
erforderliche Streitwert nicht erreicht ist. Der Beschwerdeführer behauptet
zwar das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (Art. 74
Abs. 2 lit. a BGG). Da es in der Hauptsache aber um eine vorsorgliche Massnahme
geht, könnte der Beschwerdeführer selbst bei Zulässigkeit der Beschwerde in
Zivilsachen einzig die Verletzung verfassungsmässiger Rechte rügen (Art. 98
BGG). Dies deckt sich mit den Rügegründen bzw. der Kognition des Bundesgerichts
im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde (Art. 116 BGG). Kann eine Rüge
im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde erhoben werden, so besteht von
vornherein kein Raum für die Annahme einer Rechtsfrage von grundsätzlicher
Bedeutung (BGE 134 I 184 E. 1.3.3 S. 188). Die Beschwerde ist deshalb insgesamt
als subsidiäre Verfassungsbeschwerde entgegenzunehmen.

1.3 Angefochten werden können nur auf Rechtsmittel hin ergehende, kantonal
letztinstanzliche Urteile (Art. 114 i.V.m. Art. 75 BGG). Sofern der
Beschwerdeführer mit seinem Eventualantrag auch das Urteil des Regionalgerichts
anfechten möchte, kann darauf nicht eingetreten werden.

1.4 Bei Verfassungsrügen gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 117 i.V.m. Art. 106
Abs. 2 BGG). Verfassungsrügen müssen in der Beschwerde präzise vorgebracht und
begründet werden (BGE 134 I 83 E. 3.2 S. 88; 135 III 397 E. 1.4 S. 400 f.).
Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und
detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden
sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2 S. 234 mit Hinweisen). Auf ungenügend
begründete Rügen und rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid
tritt das Bundesgericht nicht ein. Wird insbesondere die Verletzung des
Willkürverbots gerügt, reicht es nicht aus, die Rechtslage aus Sicht des
Beschwerdeführers darzulegen und den davon abweichenden angefochtenen Entscheid
als willkürlich zu bezeichnen; vielmehr ist im Einzelnen darzulegen, inwiefern
das kantonale Gericht willkürlich entschieden haben soll und der angefochtene
Entscheid deshalb an einem qualifizierten und offensichtlichen Mangel leidet (
BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246).

2.
Die Vorinstanz ist auf die kantonale Beschwerde nicht eingetreten, weil das
Begehren nicht beziffert sei und damit den Bestimmtheitsanforderungen nicht
genüge.
Zunächst habe die Beschwerdeführerin dem Wortlaut nach lediglich einen
Aufhebungsantrag gestellt. Der Beschwerdebegründung lasse sich jedoch
entnehmen, dass sie einen reformatorischen Entscheid des Obergerichts wünsche
und keine Rückweisung an das Regionalgericht. Die Beschwerdeführerin verlange
in der Begründung die Festsetzung einer angemessenen Parteientschädigung. Das
Obergericht hat deshalb in der Folge untersucht, ob dieser Antrag hätte
beziffert werden müssen. Es hat auf BGE 137 III 617 hingewiesen, wonach in der
Berufung Begehren zu beziffern seien, die Geldforderungen betreffen. Nach
Ansicht des Obergerichts müsse dies auch für die Beschwerde gelten. Das
Bezifferungserfordernis stehe vorliegend zwar in einem gewissen
Spannungsverhältnis dazu, dass ein Antrag auf Ausrichtung einer
Parteientschädigung nicht beziffert werden müsse. Laut bundesgerichtlicher
Rechtsprechung (unter Hinweis auf Urteil 5A_514/2009 vom 25. Januar 2011 E.
1.2) gelte das Bezifferungserfordernis jedoch auch für die selbständige
Anfechtung der kantonalen Kostenregelung. Die Bezifferungspflicht sei im
Rechtsmittelverfahren sinnvoll, da sie auf dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs
beruhe. Die Gegenpartei solle wissen, was die beschwerdeführende Partei fordere
bzw. zu zahlen gewillt sei. Bei der Festsetzung der Parteientschädigung handle
es sich innerhalb des Rahmentarifs sodann um einen Ermessensentscheid und es
könne von der Beschwerdeführerin verlangt werden, zu sagen, was nach ihrer
Ansicht angemessen sei.

3.
Die Beschwerdeführerin beschränkt sich weitgehend darauf, den
Prozesssachverhalt aus ihrer eigenen Sicht darzulegen und das erstinstanzliche
Urteil zu kritisieren. Insbesondere macht sie geltend, der Gerichtspräsident
hätte ihr Gesuch als gegenstandslos abschreiben müssen oder mangels
schutzwürdigen Interesses darauf nicht eintreten dürfen. Zudem hätte er infolge
Gegenstandslosigkeit von einem Streitwert von Fr. 0.-- ausgehen müssen, statt
der Berechnung der Parteientschädigung einen Streitwert von Fr. 475'000.--
zugrunde zu legen. Der Gerichtspräsident hätte den Beschwerdegegner auch nicht
zu einer Stellungnahme auffordern dürfen und der Gegenanwalt habe diesbezüglich
sinnlosen Aufwand betrieben, um ein möglichst hohes Honorar zu erzielen. Auf
alle diese Ausführungen kann nicht eingetreten werden, da Gegenstand des
vorliegenden Beschwerdeverfahrens einzig der vorinstanzliche
Nichteintretensentscheid bildet (vgl. oben E. 1.3).
Daneben wirft die Beschwerdeführerin dem Obergericht einen Verstoss gegen das
Willkürverbot (Art. 9 BV) vor. Sie macht geltend, aus ihrem Rechtsbegehren in
der kantonalen Beschwerde gehe hervor, dass sie die ersatzlose Aufhebung der
erstinstanzlichen Parteientschädigung beantragt habe. Sie setzt damit der
obergerichtlichen Deutung des Wortlauts ihres Rechtsbegehrens aber bloss ihre
eigene Sicht der Dinge entgegen, ohne im Einzelnen darzulegen, inwiefern die
vorinstanzliche Interpretation willkürlich sein sollte. Insbesondere bestreitet
sie nicht, in der Begründung ihrer Beschwerde die angemessene Reduktion der
Parteientschädigung verlangt zu haben. Die Beschwerdeführerin macht weiter
geltend, sie habe gar keine Geldforderung gestellt, so dass die Ausführungen
des Obergerichts zur Bezifferung von Geldforderungen an der Sache vorbeigingen.
Sie übergeht damit aber, dass die Ausführungen des Obergerichts sich auch und
insbesondere auf die Anforderungen an die Begehren der Schuldnerpartei
beziehen.
Schliesslich macht sie geltend, dass das Obergericht für das
Beschwerdeverfahren von einem Streitwert von Fr. 16'200.-- hätte ausgehen
müssen und diesen Betrag der Berechnung der zweitinstanzlichen
Parteientschädigung hätte zugrunde legen müssen. Das Obergericht ist
tatsächlich in analoger Anwendung von Art. 308 Abs. 2 ZPO davon ausgegangen,
der Streitwert des Beschwerdeverfahrens betrage Fr. 475'000.--, und es hat in
der Folge die zweitinstanzliche Parteientschädigung anhand dieses Betrags
berechnet. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sich der Streitwert
nach Art. 308 ZPO berechne, macht aber ohne weitere Begründung geltend, bei
einer Beschwerde gegen einen Kostenentscheid könne dies nicht richtig sein. Mit
dieser Argumentation kann sie keine Willkür dartun.
Auf die Beschwerde kann somit insgesamt nicht eingetreten werden.

4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt die Beschwerdeführerin die
Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegner ist für seine
erfolglose Stellungnahme zum Gesuch um aufschiebende Wirkung nicht zu
entschädigen (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Bern,
Zivilabteilung, 1. Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 5. September 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Hohl

Der Gerichtsschreiber: Zingg