Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.377/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_377/2012

Urteil vom 25. Juli 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Christof Wyss,

gegen

Y.________, Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Till Gontersweiler.

Gegenstand
Eheschutzmassnahmen (Unterhaltsbeiträge),

Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, vom 13. April 2012.

Sachverhalt:

A.
Die Yogalehrerin Y.________ und der Hare-Krishna-Wandermönch X.________ lernten
sich 1999 in Indien kennen. Im Jahr 2000 kehrten sie wegen der ersten
Schwangerschaft in die Schweiz zurück, wo sie dann auch heirateten. Nachdem
hier auch das dritte Kind geboren war, wanderten sie anfangs 2006 wieder nach
Indien aus, wo sie rund drei Jahre lang in der Hare-Krishna-Gemeinschaft
lebten, wobei sie jeweils die Regenzeit in der Schweiz bzw. in Bali
verbrachten. Nach der Trennung kehrte die Ehefrau mit den drei Kindern in die
Schweiz zurück.

B.
Am 10. Juni 2009 reichte die Ehefrau ein Eheschutzgesuch ein. Mit Verfügung vom
7. Januar 2010 stellte das Bezirksgericht Meilen die Trennung der Parteien fest
und stellte die Kinder A.________ (geb. ***2000), B.________ (geb. ***2002) und
C.________ (geb. ***2005) unter die Obhut der Mutter, unter Erteilung eines
Besuchs- und Ferienrechts an den Vater. Sodann verpflichtete es diesen zu
Frauenalimenten von Fr. 3'520.-- und Kinderalimenten von je Fr. 900.-- (zzgl.
allfällige Kinderzulagen) pro Monat, unter Feststellung, dass er an diese
Beiträge vom 1. Oktober 2008 bis 31. Oktober 2009 bereits Fr. 4'000.-- pro
Monat bezahlt hatte.

Beide Parteien rekurrierten gegen diesen Entscheid. Die Ehefrau wandte sich
gegen die Abweisung ihres Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege; der Ehemann
focht die Abweisung seines Gesuches um unentgeltliche Rechtspflege an und
verlangte überdies, dass er von jeglichen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber
seiner Ehefrau entbunden und der Unterhalt für die Zeit ab 1. November 2009 auf
maximal Fr. 200.-- pro Kind begrenzt werde.

Mit Beschluss vom 13. April 2012 hiess das Obergericht des Kantons Zürich die
Rekurse teilweise gut, indem es beiden Parteien ab dem erstinstanzlichen
Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege gewährte und die Unterhaltsbeiträge
ab 1. Oktober 2008 auf Fr. 2'520.-- für die Ehefrau und auf Fr. 750.-- (zzgl.
allfällige Familienzulagen) pro Kind festsetzte.

C.
Gegen diesen Beschluss hat X.________ am 18. Mai 2012 eine Beschwerde in
Zivilsachen erhoben mit den Begehren, die Unterhaltspflicht gegenüber der
Ehefrau mangels Leistungspflicht aufzuheben und den Kinderunterhalt ab 1.
November 2009 auf Fr. 200.-- pro Kind festzusetzen; evetualiter wird die
Rückweisung der Sache an das Obergericht beantragt. Mit Präsidialverfügung vom
6. Juni 2012 wurde der Beschwerde mit Bezug auf die bis April 2012 fälligen
Unterhaltsbeiträge die aufschiebende Wirkung erteilt und das betreffende Gesuch
im Übrigen abgewiesen. In der Sache selbst wurden keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1.
Angefochten sind die Fr. 30'000.-- übersteigenden vermögensrechtlichen Belange
in einer kantonal letztinstanzlich entschiedenen Zivilsache; die Beschwerde ist
somit gegeben (Art. 51 Abs. 4, Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 75
Abs. 1 und Art. 90 BGG).

Weil Eheschutzentscheide vorsorgliche Massnahmen im Sinn von Art. 98 BGG
darstellen (BGE 133 III 393 E. 5.1 S. 397), kann einzig die Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gerügt werden. Hierfür gilt das strenge Rügeprinzip
(Art. 106 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer nennt keine Verfassungsnorm, streut
aber mehrmals das Wort "willkürlich" in seine Beschwerdebegründung.

2.
Mangels tauglicher Angaben bzw. Offenlegung der finanziellen Situation durch
den Ehemann haben die kantonalen Gerichte für die Bestimmung seines
durchschnittlichen Einkommens auf die Konten- und Kreditkartenbezüge der
letzten Jahre abgestellt. Das Bezirksgericht stellte jährliche Eingänge auf dem
Postfinance-Konto von rund Fr. 57'000.-- (2006), Fr. 54'200.-- (2007), Fr.
80'000.-- (2008) und Fr. 74'300.-- (2009) sowie Kreditkartenbezüge im Jahr 2009
von monatlich rund Fr. 800.-- fest; es ging als Folge davon aus, dass der
Ehemann aktuell über ein Einkommen von mindestens Fr. 7'000.-- pro Monat
verfüge.

Vor Obergericht reichte der Ehemann mit seinem Rekurs und sodann im Anschluss
an die Referentenaudienz mit einer Noveneingabe verschiedene Dokumente ein, so
eine "Schenkungsbestätigung" von seiner Mutter über Fr. 10'000.-- und
"Bestätigungen" von W.________ betreffend Autokauf sowie insbesondere
"Spendenbestätigungen" von diversen Personen und "Bestätigungen" der
Hare-Krishna-Glaubensgemeinschaft (ISKCON), mit welchen er nachweisen wollte,
dass es sich bei den auf seinen Konten eingegangenen Geldern nicht um
Einkommen, sondern um gesammelte Spenden handle. Er machte in diesem
Zusammenhang geltend, die ISKCON in Mayapur werde von Spenden aus aller Welt
unterstützt und es gehöre zu seinen Aufgaben als Wanderprediger, diese
Spendengelder bei Auslandsreisen einzusammeln. Er bezahle diese Gelder jeweils
bei seinen Schweiz-Aufenhalten auf das Postfinance-Konto ein und hebe sie
vorgängig zur Abreise nach Indien wiederum ab, um sie in Mayapur der ISKCON zu
übergeben. Zu den Kreditkartenabrechnungen fügte er an, dass er im Rahmen
seiner Tätigkeit als Wanderpriester die Reisekosten jeweils im Voraus bezahle
und sie vor Ort von den Hare-Krishna-Zentren zurückerstattet erhalte. Er
erziele lediglich bei seinen Aufenthalten in der Schweiz ein kleines Einkommen.
Das Obergericht hielt diese Ausführungen und "Bestätigungen" weitgehend für
unglaubwürdig, zumal nach seinen Feststellungen verschiedenen von der ISKCON
"bestätigten" Zahlungen keine Transaktionen auf dem Postfinance-Konto
gegenüberstanden und umgekehrt mehrere grosse Beträge abgehoben wurden, aber
erst viel später wieder angebliche Zahlungen an die ISKCON erfolgten; vor
diesem Hintergrund könne die Behauptung, dass es sich bei den Einzahlungen auf
dem Postfinance-Konto um Spenden statt Einkommen gehandelt habe, nicht als
glaubhaft erachtet werden. Was sodann die angebliche Schenkung der Mutter
anbelange, sei aus dem Kontoauszug der PostFinance keine entsprechende
Einzahlung ersichtlich, und der Ehemann gebe für seine Erklärung, das Geld erst
drei Monate später einbezahlt zu haben, keine plausiblen Gründe an. Im
Unterschied zum Bezirksgericht rechnete das Obergericht allerdings verschiedene
Gutschriften, deren Herkunft nicht nachweisbar war, sowie verschiedene Beträge,
die es als zweckgebundene Spenden anerkannte, nicht als Einkommen an. Des
Weiteren akzeptierte es die Behauptung des Ehemannes, er müsse die Reisekosten
jeweils selbst vorschiessen und erhalte sie rückvergütet, weshalb es davon
absah, die per Kreditkarte getätigten Ausgaben als Einkommen aufzurechnen.
Insgesamt ging es von einem Einkommen von Fr. 45'973.-- (2006), von Fr.
107'000.-- (2007), von Fr. 52'100.-- (2008) und von Fr. 37'330.-- (erste zehn
Monate 2009) und daraus resultierend von einem Durchschnittseinkommen von Fr.
5'770.-- pro Monat aus.

3.
Was der Ehemann in seiner Beschwerde vorbringt, ist nicht geeignet, eine
Verletzung verfassungsmässiger Rechte aufzuzeigen. Sinngemäss macht er Willkür
geltend und stellt jeweils den aus einer Auflistung der Ausgaben pro Jahr
resultierenden rechnerischen "Überschuss" den behaupteten Einzahlungen bzw.
Ablieferungen in Indien gegenüber, welche sich jeweils die Waage halten sollen.
Indes ist mit einer Auflistung von Ausgaben von vornherein keine Willkür
darzutun, geht es doch um die Bestimmung der Einkommenshöhe, nicht um die
Bestimmung des Bedarfes. Sodann ist mit dem blossen Wiederholen seiner Version,
wonach er jeweils die eingesammelten Spendengelder bei seinen Aufenthalten in
der Schweiz auf das Postfinance-Konto einbezahlt habe, um sie kurz vor der
Abreise nach Indien in bar zu beziehen und sie dort auf Konten der ISKCON
einzubezahlen oder für konkrete Projekte zu verwenden, und der Behauptung,
damit sei die Verwendung der Gelder belegt, keine Willkür darzutun. Das
Obergericht hat begründet, weshalb diese - im Übrigen jeglicher Lebenserfahrung
und vernünftigem Verhalten widersprechende - Vorgehensweise nicht als erwahrt
gelten kann (fehlende Übereinstimmung zwischen den Bewegungen auf dem
Postfinance-Konto und den "Bestätigungen" aus Indien). Zu bemerken ist im
Zusammenhang mit den vom Obergericht als Einkommen angesehen Geldern auch, dass
weder für die angeblichen Spenden noch für die angebliche Ablieferung der in
bar nach Indien eingeführten Gelder Bankbelege vorliegen, sondern einzig die
bereits erwähnten "Bestätigungen" von Spendern und Hare-Krishna-Funktionären.
Inwiefern das Obergericht in Willkür verfallen sein soll, wenn es vor diesem
Hintergrund die Eingänge auf dem Postfinance-Konto zum grösseren Teil als
Einkommen des Ehemannes angesehen hat, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist
es auch nicht willkürlich, wenn das Obergericht dem Ehemann für das Jahr 2007
ein Einkommen von Fr. 107'000.-- angerechnet hat, welches höher war als in den
anderen Jahren. Dies ist darauf zurückzuführen, dass der Zahlungseingang vom
24. August 2007 auf dem Privatkonto bei der ZKB über Fr. 55'000.-- ebenfalls
als Einkommen angesehen wurde, weil der Ehemann hierzu keine glaubwürdigen
Angaben machen konnte oder wollte. So hat das Obergericht festgehalten, dass er
diesen Betrag am 27. August 2007 nach Mayapur überwiesen habe, dies entgegen
seinen Ausführungen im Rekursverfahren, wonach er den Betrag abgehoben und in
bar nach Indien genommen habe. Auch die Herkunft des Betrages sei unklar.
Gemäss Kaufvertrag vom 1. Januar 2007 wolle der Ehemann einen BMW 530d Touring
für Fr. 15'000.-- an W.________ verkauft haben, welcher bestätigt habe, den
Betrag in bar bezahlt zu haben. Bei den Akten liege aber auch eine
Stellungnahme von W.________, in welcher dieser bestätige, den Betrag in Raten
bereits im Jahr 2006 bezahlt zu haben. Im Übrigen sei der Eingang von Fr.
55'000.-- auf dem ZKB-Konto aber erst am 24. August 2007 erfolgt, weshalb kein
Zusammenhang mit dem Autoverkauf glaubhaft erscheine. Sodann habe der Ehemann
geltend gemacht, den anderen BMW zum Preis von Fr. 35'000.-- an einen
Schwarzafrikaner veräussert zu haben, wobei keine Quittung bestehe. In einer
späteren Eingabe habe er ausgeführt, den BMW X5 zum Preis von Fr. 30'000.-- ins
Ausland verkauft zu haben, wobei es hierfür keine Quittung gebe. An der
Hauptverhandlung habe er ausgeführt, dass er aus dem Erlös des Fahrzeugverkaufs
die Unterhaltsbeiträge an die Ehefrau bezahlt habe, um kurz darauf auszuführen,
dass die Autos für Fr. 20'000.-- und Fr. 30'000.-- verkauft worden seien und
der Erlös das Startkapital für das Leben in Indien gebildet habe. Das
Obergericht hielt weiter dafür, dass der Ehemann auch nicht habe glaubhaft
machen können, dass die Fr. 55'000.-- zum Teil (nämlich im Betrag von Fr.
30'900.--) aus dem auf den Namen des Sohnes A.________ lautenden
Anlagesparfonds gestammt hätten. Mit all diesen Ausführungen des Obergerichtes
setzt sich der Beschwerdeführer nicht im Ansatz auseinander, weshalb es seiner
Willkürrüge an der nötigen Substanziierung fehlt. Insbesondere vermag er auch
mit der Behauptung, er habe gar kein so hohes Einkommen mit dem blossen Verkauf
von Hare-Krishna-CDs erzielen können, keine Willkür darzutun, zumal das
Obergericht nirgends festgehalten hat, das Einkommen stamme allein aus dieser
Quelle.

4.
Zusammenfassend ergibt sich, dass im Zusammenhang mit der Bemessung des
Einkommens des Beschwerdeführers keine Willkür dargetan ist. Andere Vorbringen
macht der Beschwerdeführer nicht.

Die Beschwerde in Zivilsachen ist mithin abzuweisen, soweit auf sie eingetreten
werden kann. Wie die vorstehenden Erwägungen zeigen, muss sie als von Anfang an
aussichtslos betrachtet werden, weshalb es an den materiellen Voraussetzungen
der unentgeltlichen Rechtspflege fehlt (Art. 64 Abs. 1 BGG) und das betreffende
Gesuch abzuweisen ist. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und er hat die Beschwerdegegnerin für die
Vernehmlassung zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege zu entschädigen (Art.
68 Abs. 2 BGG). Zufolge Entschädigung durch den Beschwerdeführer ist das von
der Beschwerdegegnerin ihrerseits gestellte Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege nur unter dem Vorbehalt der Uneinbringlichkeit der Kosten beim
Beschwerdeführer gutzuheissen.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege wird
abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

4.
Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdegegnerin mit Fr. 500.-- zu entschädigen.

5.
Der Beschwerdegegnerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und sie
wird durch Rechtsanwalt Till Gontersweiler verbeiständet. Dieser wird für den
Fall der Uneinbringlichkeit der Entschädigung gemäss Ziff. 4 aus der
Gerichtskasse mit Fr. 500.-- entschädigt.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juli 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Hohl

Der Gerichtsschreiber: Möckli