Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.370/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_370/2012

Urteil vom 16. Juli 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher, Bundesrichter von Werdt,
Gerichtsschreiber Bettler.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführerin,

gegen

Obergericht des Kantons Nidwalden,
Marktgasse 4, 6371 Stans,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Unentgeltliche Rechtspflege (Berufung gegen
die Abänderung eines Scheidungsurteils),

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts
des Kantons Nidwalden vom 18. April 2012.

Sachverhalt:

A.
Mit Urteil vom 17. Januar 2008 schied das Obergericht des Kantons Nidwalden die
Ehe zwischen X.________ und Y.________ und verpflichtete Y.________
insbesondere zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt.
Auf Klage von Y.________ hin änderte das Kantonsgericht Nidwalden mit Urteil
vom 30. November 2011 das Scheidungsurteil dahin gehend ab, als es die
Verpflichtung von Y.________ zur Zahlung von nachehelichen Unterhaltsbeiträgen
aufhob.

B.
B.a Dagegen erhob X.________ am 5. März 2012 ein als "Nichtigkeitsbeschwerde"
bezeichnetes Rechtsmittel an das Obergericht des Kantons Nidwalden. Sie
ersuchte ebenfalls um unentgeltliche Rechtspflege für das Rechtsmittelverfahren
(Ziff. 6 der Anträge) und stellte ein Gesuch um aufschiebende Wirkung (Ziff. 5
der Anträge).
B.b Mit Verfügung vom 14. März 2012 nahm das Obergericht die
"Nichtigkeitsbeschwerde" als Berufung entgegen (Verfahrensdossier ZA 12 3) und
wies diese als weitschweifige Eingabe zur Verbesserung innerhalb von 20 Tagen
an X.________ zurück. Zudem forderte das Obergericht X.________ in der gleichen
Verfügung auf, innerhalb von 20 Tagen (allenfalls innert einer kurzen
Nachfrist) einen Gerichtskostenvorschuss von Fr. 1'800.-- "zu leisten,
ansonsten auf ihre Berufung nicht eingetreten" werden könne.
B.c Am 28. März 2012 reichte X.________ dem Obergericht die verbesserte
Berufung ein. Sie wiederholte darin wortwörtlich die Anträge aus ihrer
"Nichtigkeitsbeschwerde" vom 5. März 2012 und ersuchte demnach in Ziff. 6 ihrer
Anträge erneut um unentgeltliche Rechtspflege.
Am 3. April 2012 ging bei der Gerichtskasse Nidwalden der von X.________
einbezahlte Kostenvorschuss von Fr. 1'800.-- ein.

C.
Mit Urteil vom 18. April 2012 trat das Obergericht auf das Gesuch um
aufschiebende Wirkung nicht ein (Ziff. 1 des Dispositivs). Zudem schrieb es das
Gesuch von X.________ um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege im
Berufungsverfahren ZA 12 3 "zufolge Gegenstandslosigkeit vom Gerichtsprotokoll
als erledigt" ab (Ziff. 2 des Dispositivs).

D.
Am 16. Mai 2012 hat X.________ (nachfolgend Beschwerdeführerin) eine Beschwerde
in Zivilsachen an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt sinngemäss, die
Ziff. 2 des Urteils vom 18. April 2012, mit dem das Obergericht das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos erklärt und vom Protokoll
abgeschrieben hat, sei aufzuheben und die Sache zum Entscheid über ihr Gesuch
um unentgeltliche Rechtspflege an das Obergericht zurückzuweisen. Zudem ersucht
sie auch für das bundesgerichtliche Verfahren um unentgeltliche Rechtspflege.
Das Obergericht beantragt in seiner Vernehmlassung vom 2. Juli 2012 sinngemäss,
die Beschwerde sei abzuweisen.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist der Entscheid des Obergerichts, das kantonal
letztinstanzlich ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege für das
Berufungsverfahren als gegenstandslos erklärt und vom Protokoll abgeschrieben
hat (Art. 75 BGG; zum Erfordernis der double instance vgl. BGE 137 III 424 E.
2.2 S. 426).
1.2
1.2.1 Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich um einen Zwischenentscheid
(vgl. dazu BGE 111 Ia 276 E. 2b S. 278 f.), der unter der Voraussetzung
angefochten werden kann, dass er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG). Dies ist der Fall, wenn die
unentgeltliche Verbeiständung verweigert und das Verfahren ohne Anwalt geführt
werden müsste (BGE 133 V 645 E. 2.2 S. 647 f.; 133 IV 335 E. 4 S. 338; 129 I
281 E. 1.1 S. 283; 129 I 129 E. 1.1 S. 131; 126 I 207 E. 2a S. 210) oder wenn
der Zwischenentscheid betreffend die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege
mit der Aufforderung zur Leistung eines Kostenvorschusses unter Androhung der
Säumnisfolgen bei Nichtleistung verbunden ist, also die Anhandnahme der Eingabe
oder des Rechtsmittels von der Bezahlung eines Kostenvorschusses abhängig
gemacht wird (BGE 126 I 207 E. 2a S. 210; 123 I 275 E. 2f S. 278; 111 Ia 276 E.
2b S. 279; 99 Ia 437 E. 2 S. 439).
1.2.2 Im Anwendungsbereich von Art. 29 Abs. 3 BV hat demnach das Bundesgericht
einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG
(der dem früheren Art. 87 Abs. 2 OG entspricht: BGE 135 III 329 E. 1.2.1 f. S.
332 f.) verneint, wenn der Kostenvorschuss bezahlt wurde und damit das
Tätigwerden des Gerichts gewährleistet war (Urteil 2D_1/2007 vom 2. April 2007
E. 3.3; vgl. auch Urteil 1P.150/1999 vom 20. Juli 1999 E. 1a/aa). Inwiefern
sich daran im Anwendungsbereich von Art. 117 ff. ZPO (SR 272) etwas geändert
haben sollte, ist nicht ersichtlich (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur ZPO, BBl
2006 7302 Ziff. 5.8.4 zu Art. 116 E-ZPO; MEICHSSNER, Das Grundrecht auf
unentgeltliche Rechtspflege, 2008, S. 162). Die Gesuchstellerin kann dann
allenfalls den noch in der Sache zu treffenden Endentscheid in diesem Punkt
beim Bundesgericht anfechten, wenn ihr das kantonale Gericht Verfahrenskosten
auferlegen sollte. Wurde der Gesuchstellerin gleichzeitig auch die
unentgeltliche Verbeiständung verweigert, tritt das Bundesgericht einzig
insoweit auf die Beschwerde gegen den Zwischenentscheid ein (Urteile 8C_665/
2011 vom 26. Januar 2012 E. 5.5; 8C_475/2007 vom 23. April 2008 E. 1, in:
Plädoyer 2009 S. 69).

1.3 Vorliegend hat die Beschwerdeführerin den verlangten Kostenvorschuss von
Fr. 1'800.-- unbestrittenermassen bezahlt. Damit fehlt es dem angefochtenen
Zwischenentscheid, mit dem das Obergericht das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege gegenstandslos erklärt hat, an einem nicht wieder gutzumachenden
Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.

1.4 Die Beschwerdeführerin legt sodann nicht dar (vgl. BGE 138 III 46 E. 1.2 S.
47 zur Pflicht, das Vorliegen der Voraussetzungen gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG zu
begründen, soweit diese nicht offensichtlich vorliegen) und es ist aus ihrer
Beschwerde an das Bundesgericht auch nicht sinngemäss ersichtlich, dass sich
ihr Gesuch auch auf die unentgeltliche Verbeiständung bezogen hätte.

2.
Aus den dargelegten Gründen ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Die
Beschwerdeführerin wird kosten-, nicht hingegen entschädigungspflichtig (Art.
66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). Ihrem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren kann nicht entsprochen
werden, zeigen doch die vorstehenden Erwägungen auf, dass ihre Beschwerde von
Beginn weg keinen Erfolg haben konnte (Art. 64 Abs. 1 BGG). Die Umstände
rechtfertigen es jedoch, keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. Juli 2012

Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Hohl

Der Gerichtsschreiber: Bettler