Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.257/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_257/2012

Urteil vom 4. Juni 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter von Werdt, Herrmann,
Gerichtsschreiber Zbinden.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
vertreten durch Advokat Guido Ehrler,
Beschwerdeführerin,

gegen

Fürsorgerat des Kantons Basel-Stadt, Rheinsprung 16/18, Postfach 1532, 4001
Basel.

Gegenstand
Fürsorgerische Freiheitsentziehung,

Beschwerde gegen das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt
als Verwaltungsgericht vom 19. März 2012.

Sachverhalt:

A.
A.a X.________ (geb. 1964) begann ab 2008 im Zusammenhang mit Eheproblemen mit
regelmässigem Konsum von Alkohol in hohen Dosen. Die im Januar 2010, Mai und
August 2011 anlässlich von Polizeikontrollen durchgeführten Atemproben ergaben
Blutalkoholkonzentrationswerte von 1.83 bis 2.8 Promillen. Nach einem
epileptischen Anfall am Arbeitsplatz im Mai 2009 wurde X.________ das erste Mal
in die Universitären Psychiatrischen Kliniken (UPK) Basel hospitalisiert. Bis
heute sind insgesamt neun Hospitalisationen zu verzeichnen, wobei den Angaben
von X.________ zufolge lediglich in zwei Fällen eine Einweisung im Rahmen
fürsorgerischer Freiheitsentziehung erfolgt sein soll.

A.b Den Akten ist im Weiteren zu entnehmen, dass X.________ nach wiederholten
Alkoholentzugsbehandlungen im Februar 2011 freiwillig zur Langzeittherapie in
die "A.________-Klinik" eintrat, die Behandlung aber nach nur zwei Wochen
abbrach. Nach einem weiteren Eintritt in die UPK im Rahmen fürsorgerischer
Freiheitsentziehung am 22. März 2011 plante die Betroffene erneut eine
Langzeitbehandlung in besagter Klinik, nahm aber den Eintrittstermin vom 20.
April 2011 nicht wahr. Schliesslich trat sie am 9. Juni 2011 in diese
Pflegeinstitution ein, brach aber die Behandlung am 21. Juli 2011 erneut ab.
A.c Mit Entscheid vom 21. September 2011 wies der Fürsorgerat des Kantons
Basel-Stadt X.________ gestützt auf Art. 397a Abs. 1 ZGB in eine therapeutische
Institution "vom Typ B.________" ein. Als Grundlage für diesen Entscheid diente
namentlich das psychiatrische Gutachten der UPK Basel vom 23. August 2011, das
im Rahmen einer Einweisung zwecks Begutachtung erstellt worden war.
A.d Mit Urteil vom 8. Dezember 2011 wies das Appellationsgericht des Kantons
Basel-Stadt als Verwaltungsgericht den gegen die Einweisung erhobenen Rekurs
von X.________ ab.
A.e Am 27. Februar 2012 hiess das Bundesgericht die von X.________ gegen das
Urteil des Appellationsgerichts erhobene Beschwerde in Zivilsachen teilweise
gut, soweit darauf einzutreten war; es hob das Urteil des Appellationsgerichts
des Kantons Basel-Stadt vom 8. Dezember 2011 auf und wies die Sache zur
Ergänzung des Sachverhalts im Sinn der Erwägungen und zu neuem Entscheid innert
14 Tagen ab Zustellung der begründeten Ausfertigung des bundesgerichtlichen
Urteils an die Vorinstanz zurück (5A_111/2012 act. 11/6). Die Ergänzung des
Sachverhalts betraf die Behandlungs- und Krankheitseinsicht von X.________ und
die Frage der vom Alkoholmissbrauch ausgehenden konkreten und unmittelbaren
Gefahr.

B.
Anlässlich der Verhandlung vom 19. März 2012 hörte das Appellationsgericht den
Gutachter zu den ergänzenden Sachfragen sowie X.________ und deren Therapeuten,
Dr. Y.________, an. Ferner kam der Anwalt der Beschwerdeführerin zu Wort. Mit
Urteil vom gleichen Tag wies das Appellationsgericht den Rekurs ab.

C.
Die anwaltlich verbeiständete X.________ (Beschwerdeführerin) hat gegen das ihr
am 30. März 2012 in voller Ausfertigung zugestellte Urteil des
Appellationsgerichts am 2. April 2012 per Fax und am 9. Mai 2012 (Postaufgabe)
schriftlich beim Bundesgericht Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Sie beantragt
zur Hauptsache, das Urteil des Appellationsgerichts Basel-Stadt vom 19. März
2012 und der Entscheid des Fürsorgerates Basel Stadt vom 21. September 2011
seien aufzuheben. Ferner sei festzustellen, dass sie kraft Urteil des
Bundesgerichts vom 27. Februar 2012 in "verfahrensbeendigender" Weise entlassen
worden sei. Eventuell sei sie definitiv aus der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung zu entlassen. Subeventuell sei festzustellen, dass sie
nicht gegen ihren Willen in den "B.________" oder einer anderen typähnlichen
Anstalt eingewiesen werden dürfe. Für das bundesgerichtliche Verfahren ersucht
die Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.

D.
Das Gesuch der Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung ist mit Verfügung
vom 3. April 2012 abgewiesen worden.

E.
Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt schliesst auf Abweisung der
Beschwerde.

F.
Die Beschwerdeführerin ist am 22. Februar 2012 durch die kantonale Abteilung
Sucht aus der stationären Massnahme "beurlaubt" worden.

G.
Die Beschwerdeführerin hat den Bundesgericht am 29. Mai 2012 ein weiteres
Schreiben zukommen lassen.

Erwägungen:

1.
1.1 Angefochten ist ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid (Art. 75
Abs. 1 und Art. 90 BGG) betreffend fürsorgerische Freiheitsentziehung. Er
betrifft eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit, die in engem Zusammenhang
mit dem Zivilrecht steht und demzufolge mit Beschwerde in Zivilsachen beim
Bundesgericht angefochten werden kann (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Die
begründete Ausfertigung des angefochtenen Urteils ist der Beschwerdeführerin am
30. März 2012 zugestellt worden, womit die Beschwerdefrist infolge der
Ostergerichtsferien am Montag 14. Mai 2012 abgelaufen ist (Art. 100 Abs. 1 BGG;
Art. 46 Abs. 1 lit. a BGG). Die am 9. Mai 2012 schriftlich eingereichte
Beschwerde ist damit rechtzeitig erfolgt. Die Fax-Eingabe vom 2. April 2012 ist
ungültig und damit unbeachtlich (BGE 121 II 252 E. 4b S. 255; für das neue
Recht: Urteil 9C_739/2007 vom 28. November 2007 E. 1.2).

1.2 Das Urteil des Bundesgerichts vom 27. Februar 2012 ist dem
Appellationsgericht am 28. Februar 2012 in begründeter Ausfertigung zugestellt
worden, womit diese Instanz innert 14 Tagen ab Zustellung, d.h. bis zum 13.
März 2012 neu zu entscheiden hatte. Der angefochtene Entscheid ist jedoch erst
am 19. März 2012 ergangen. Nach Ansicht des Appellationsgerichts hat das
Bundesgericht mit dieser Anordnung nicht die Aufhebung der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung für den Fall der Nichteinhaltung der Frist verfügt, sondern
implizite dem Rechtsmittel der Beschwerdeführerin die aufschiebende Wirkung
zuerkannt.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, das Bundesgericht gehe in der Begründung
zum Entscheid (E. 4) davon aus, die Beschwerdeführerin sei bei Nichteinhaltung
der Frist zu entlassen. Mit der Anordnung der Entlassung für den Fall der
Nichteinhaltung der Frist gelte das Einweisungsverfahren als beendet. Entgegen
der Auffassung der Vorinstanz habe das Bundesgericht nicht die
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, sondern die Entlassung der
Beschwerdeführerin angeordnet.
Es erscheint fraglich, ob das Bundesgericht einem kantonalen Rechtsmittel
aufschiebende Wirkung zuerkennen kann. Sicher ist indes, dass es dem
Bundesgericht mit dieser Anordnung darum ging, den bis anhin äusserst
schleppenden Verfahrensgang mit Blick auf Art. 5 Ziff. 4 EMRK voranzutreiben
und das Appellationsgericht zu mehr Speditivität anzuhalten. Die letzte
kantonale Instanz hat zwar die Frist nicht eingehalten, hat aber immerhin am
19. März 2012 entschieden. Im Lichte dieser tatsächlichen Gegebenheiten ist es
nicht angebracht, die Beschwerdeführerin allein deshalb zu entlassen, weil die
Frist um einige Tage nicht eingehalten worden ist. Dem Feststellungsantrag der
Beschwerdeführerin ist somit von vornherein nicht zu entsprechen.

1.3 Nach den Ausführungen des Appellationsgerichts ist die Beschwerdeführerin
bereits am 22. Februar 2012 aus der stationären Behandlung "beurlaubt" worden.
Dem angefochtenen Entscheid lässt sich nicht entnehmen, wer diese "Beurlaubung"
angeordnet hat. Aus der Beschwerde ergibt sich, dass die Abteilung für Sucht
sich zu diesem Schritt veranlasst gesehen hat. Im vorliegenden Fall hat indes
der Fürsorgerat des Kantons Basel-Stadt die fürsorgerische Freiheitsentziehung
angeordnet, womit auch diese Behörde zur Entlassung der betroffenen Person
ausschliesslich zuständig ist (Art. 397b Abs. 3 ZGB; Urteil 5A_708/2010 vom 5.
November 2010 E. 3.1). Im vorliegenden Fall ist nicht erstellt, dass eine
Entlassung der Beschwerdeführerin durch die zuständige Behörde angeordnet
worden wäre. Das Verfahren kann damit nicht als gegenstandslos abgeschrieben
werden. Vielmehr verfügt die Beschwerdeführerin nach wie vor über ein aktuelles
Interesse (Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG) an der Überprüfung der gegen sie
verhängten Massnahme, zumal sie aufgrund der bestehenden Rechtslage jederzeit
wieder in die Anstalt zurückversetzt werden kann (Urteil 5P.346/2002 vom 30.
Oktober 2002 E. 2, in: FamPra.ch 2003 S. 227).

2.
Die Einweisung bzw. die Zurückbehaltung in einer Anstalt gestützt auf Art. 397a
Abs. 1 ZGB erfordert, dass die betroffene Person infolge der im Gesetz
umschriebenen Schwächezustände persönlicher Fürsorge bedarf, die ihr nur in
einer Anstalt gewährt werden kann (BGE 114 II 213 E. 5; siehe zum Ganzen: BGE
134 III 289 E. 4). Die in Art. 397a Abs. 1 ZGB enthaltene Aufzählung der
Schwächezustände ist abschliessend (BBl 1977 III 26 Ziff. 212.2). Insbesondere
sieht das Gesetz keine fürsorgerische Freiheitsentziehung allein wegen
Fremdgefährdung vor (vgl. dazu insbesondere auch EUGEN SPIRIG, Zürcher
Kommentar, N. 340 zu Art. 397a ZGB; THOMAS GEISER, Basler Kommentar
Zivilgesetzbuch I, 4. Aufl. 2010, N. 26 zu Art. 397a ZGB).

3.
Im vorliegenden Fall ist fraglich, ob sich eine Fortführung der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung überhaupt rechtfertigt, nachdem die Beschwerdeführerin
bereits am 22. Februar 2012 "beurlaubt" worden ist und gemäss Angaben ihres
Anwalts vom 29. Mai 2012 nach einer kurzen Unterbrechung erneut per sofort
beurlaubt worden ist. Dennoch rechtfertigt es sich, die Voraussetzungen der
fürsorgerischen Freiheitsentziehung zu überprüfen.

4.
Das Appellationsgericht ist im Fall der Beschwerdeführerin gestützt auf die
durchgeführte Begutachtung, die Befragung der Gutachter und der Betroffenen
anlässlich der Verhandlung vom 8. Dezember 2011 von einer schweren
Alkoholabhängigkeit ausgegangen (Urteil 5A_111/2012 vom 27. Februar 2012 E.
2.1). Die Vorinstanz hat diese Feststellung im Entscheid vom 19. März 2012
übernommen. Die Beschwerdeführerin bringt in ihrer Beschwerde gegen den
genannten Entscheid nichts vor, was diese Schlussfolgerung infrage stellte.
Aufgrund dessen ist somit im Fall der Beschwerdeführerin von einer schweren
Alkoholabhängigkeit und somit von einem Schwächezustand im Sinn von Art. 397a
Abs. 1 ZGB auszugehen.

5.
5.1 Das Appellationsgericht verweist einleitend auf einen Vorfall, der sich
unmittelbar nach der "Beurlaubung" vom 22. Februar 2012 ereignet hat. Am 29.
Februar 2012 wurde die Beschwerdeführerin in der Wohnung von Z.________, einem
Kollegen, dessen Einladung sie gefolgt war, im Rahmen eines Streits so heftig
geschlagen, dass sie sich ein Schädeltrauma zuzog. Die Beschwerdeführerin hat
nach den Ausführungen des Appellationsgerichts einen Alkoholtest verweigert.
Die Vorinstanz hält im Weiteren dafür, die Beschwerdeführerin habe zugegeben,
etwa gleichviel wie ihr Kollege getrunken zu haben, bei dem der Atemtest 2.43%
ergab. Die Beschwerdeführerin sei von der Sanität in das Universitätsspital
verbracht worden, von wo sie vor der Behandlung wieder weggelaufen sei, obwohl
das erlittene Schädeltrauma unbedingt habe behandelt werden müssen. Die Polizei
habe auf Anordnung des behandelnden Arztes nach der Beschwerdeführerin gesucht,
diese aber nicht in ihrer Wohnung vorgefunden. Am nächsten Morgen sei sie in
der Wohnung ihres Kollegen angetroffen und wieder zur Notaufnahme des
Universitätsspitals verbracht worden. Nach dem angefochtenen Urteil kann einem
Bericht der Abteilung Sucht vom 15. März 2012 entnommen werden, dass die
Beschwerdeführerin am 13. März 2012 morgens in alkoholisiertem Zustand und
völlig "verschlagen" die UPK zu erneuter Behandlung aufsuchte.

5.2 Das Appellationsgericht geht aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen
an der Verhandlung und aufgrund der geschilderten Vorfälle davon aus, dass die
Beschwerdeführerin durch ihr bekannte Personen konkret und akut gefährdet ist.
Das Appellationsgericht hält es im Weiteren für notorisch, dass Alkohol zu
Gewaltproblemen führe, und gelangt zum Schluss, die Beschwerdeführerin drohe
aufgrund ihres Umfelds eine konkrete unmittelbare Gefahr, weiterhin Opfer von
Gewalttaten zu werden.

5.3 Die Beschwerdeführerin macht geltend, es sei zutreffend, dass sie vor
weiteren Gewaltübergriffen vonseiten ihres Kollegen geschützt werden müsse.
Dazu seien indes zivilrechtliche bzw. strafrechtliche Sanktionen gegenüber dem
Gewalttäter erforderlich und könne nicht auf das Institut der fürsorgerischen
Freiheitsentziehung gegriffen werden. Die angeordnete Massnahme sei
unverhältnismässig.

5.4 Der Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass dem geschilderten
Gewaltereignis in erster Linie mit zivil- und strafrechtlichen Mitteln zu
begegnen ist. Diese Schlussfolgerung rechtfertigt sich vorliegend nicht zuletzt
auch deshalb, weil aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens nicht restlos
geklärt ist, ob die Beschwerdeführerin in alkoholisiertem Zustand ihren
Kollegen provoziert und damit das Gewaltereignis ausgelöst hat. Hinzu kommt,
dass ein einziger Vorfall konkret ausgewiesen wird. Damit lässt sich eine
fürsorgerische Freiheitsentziehung nicht rechtfertigen.

6.
6.1 Mit Bezug auf den Fürsorgebedarf hält der an der Verhandlung befragte
Gutachter, Dr. W.________, im Weiteren dafür, bei der Beschwerdeführerin würden
aufgrund des sehr hohen Alkoholkonsums sehr rasch erhebliche Schädigungen
auftreten. Offensichtlich sei bereits eine Schädigung in Form kognitiver
Einschränkungen eingetreten, die sich in "Wortfindungsstörungen",
Schwierigkeiten zeitliche Abläufe bei Bewusstsein zu haben (sog.
"Zeitgitterstörungen") und in Weitschweifigkeit äusserten. Diese Schädigungen
seien bei längerfristiger Abstinenz reversibel. Der Beschwerdeführerin sei es
indes an der früheren Hauptverhandlung besser gegangen als zum heutigen
Zeitpunkt. Obwohl sie seit einer Woche abstinent gewesen sei, erwiesen sich die
kognitiven Einschränkungen nach wie vor als erheblich und brauche sie jetzt
wesentlich länger, ungefähr einen Monat, um wieder zu einen normalen, klaren
Zustand zu kommen. Problematisch sei, dass das Gehirn keine Erholungsphase mehr
habe. Die Beschwerdeführerin sei keine "Pegeltrinkerin", sondern gelte als
"Konflikttrinkerin", wobei ihre Schwelle erheblich herabgesetzt sei. In der
Konfliktsituation trinke sie sehr viel Alkohol.

Das Obergericht führt im angefochtenen Urteil aus, an der Verhandlung vom 19.
März 2012 sei aufgefallen, dass sich die Beschwerdeführerin kaum an die
zeitlichen Abläufe oder Daten und Wochentage erinnern könne und kürzlich
erlebte Vorfälle kaum richtig habe wiedergeben können. Sie habe zudem auf die
ihr gestellten Fragen nicht angemessen reagiert, diese nicht beantworten können
und habe Mühe bekundet, die richtigen Worte zu finden. Damit würden die vom
Sachverständigen erwähnten "Wortfindungsstörungen" und "Zeitfensterstörungen"
deutlich sichtbar. Noch an der Verhandlung des Appellationsgerichts vom 10.
November 2011 seien die Äusserungen der Beschwerdeführerin besser verständlich
gewesen. Aufgefallen seien aber auch die weitschweifigen und unpräzisen
Äusserungen zu den gestellten Fragen. Selbst nach einer abstinenten Woche seien
die kognitiven Einschränkungen auch für einen Laien deutlich erkennbar gewesen.
Diesem Ergebnis könne nicht entgegengehalten werden, bezüglich der
beschriebenen Einschränkungen seien keine Tests durchgeführt worden. Aufgrund
des vorgeschriebenen raschen Verfahrens hätten solche Tests zu unterbleiben,
zumal die aufgezeigten kognitiven Einschränkungen für das Gericht unmittelbar
nachvollziehbar gewesen seien. Aus all diesen Überlegungen ergebe sich, dass
der Beschwerdeführerin im Falle unterbliebener Suchtbehandlung schwerwiegende,
durch die Sucht begründete gesundheitliche Folgeschäden drohten.

6.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz und der an der
Verhandlung anwesende Gutachter hätten übersehen, dass sie wegen des Vorfalls
vom 29. Februar 2012 ein Schädelhirntrauma erlitten habe und laut Bericht der
Abteilung Sucht vom 13. März 2012 an diesem Tag noch "völlig verschlagen"
gewesen sei. An der Verhandlung vom 19. März 2012 habe sie ein grosses Hämatom
am Kopf aufgewiesen und habe daher immer noch an den Folgen des Schädeltraumas
gelitten. Der ebenfalls anwesende Therapeut, Dr. Y.________, habe die
Ausführungen des Gutachters Dr. W.________ nicht bestätigen können. Bei dieser
Sachlage hätte der Gutachter verschiedene Tests durchführen müssen, um seine
entgegen dem gerichtlichen Gutachten der UPK vom 28. August 2011 aufgestellte
Behauptung zu untermauern, sie (die Beschwerdeführerin) habe bereits
alkoholbedingte Einschränkungen. Das Appellationsgericht sei in Willkür
verfallen, indem es ohne klare korrekt diagnostizierte neurologische Befunde
die vom Gutachter beschriebenen "Wortfindungsstörungen", "Zeitgitterstörungen"
ihrem Alkoholkonsum zugeschrieben habe.

6.3 Willkür in der Beweiswürdigung setzt voraus, dass der Richter den Sinn und
die Tragweite eines Beweismittels offensichtlich nicht erkannt, ohne
vernünftigen Grund ein entscheidendes Beweismittel ausser Acht gelassen oder
aus den vorhandenen Beweismitteln einen unhaltbaren Schluss gezogen hat (BGE
137 III 226 E. 4.2 S. 234; 129 I 8 E. 2.1 S. 9).

6.4 Der Vorwurf willkürlicher Beweiswürdigung erweist sich als begründet: Dem
angefochtenen Entscheid lässt sich zwar entnehmen, dass sich am 29. Februar
2012 ein Gewaltereignis gegenüber der Beschwerdeführerin und zu ihren Lasten
zugetragen hat, bei dem ihr ein Schädeltrauma zugefügt worden ist. Weiter
ergibt sich, dass es sich dabei nicht um einen Bagatellfall gehandelt hat,
zumal der behandelnde Arzt des Universitätsspitals nach der Beschwerdeführerin
suchen liess, als diese unverhofft das Spital vor der Durchführung einer
Behandlung verliess. Angesichts des Umstandes, dass sich dieser Vorfall nur
knapp drei Wochen vor der Verhandlung vom 19. März 2012 zugetragen hat und die
Beschwerdeführerin anlässlich der Verhandlung die beschriebenen, früher nicht
bzw. nicht in diesem Ausmass vorhandenen kognitiven Störungen aufwies, hätten
sich weitere Abklärungen aufgedrängt. Insbesondere wäre es angebracht gewesen,
den anwesenden Gutachter mit diesem Ereignis bzw. dessen Folgen zu
konfrontieren und ihn nach der Ursächlichkeit des Gewaltereignisses für die
festgestellten Defizite der Beschwerdeführerin zu fragen. Da solche Abklärungen
unterblieben sind, ist die Behauptung der Beschwerdeführerin, der Vorfall vom
29. Februar 2012 sei für ihren an der Verhandlung festgestellten
Gesundheitszustand ursächlich, zum heutigen Zeitpunkt weder einwandfrei
erstellt noch widerlegt. Die Feststellung der Vorinstanz, die besagten Defizite
seien auf den Alkoholkonsum zurückzuführen, erweist sich unter diesen Umständen
als willkürlich. Aufgrund dieser willkürlichen Feststellung lässt sich kein
Fürsorgebedarf im Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB annehmen. Angesichts dieser
verfassungswidrigen Feststellung stellt die Meinung des Gutachters, der Zustand
der Beschwerdeführerin werde sich verschlechtern, wenn eine Behandlung
unterbleibe, keine konkrete Gefahr im Sinn der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung dar.

7.
Zusammenfassend ergibt sich somit, dass weder das Gewaltereignis vom 29.
Februar 2012 noch die vom Gutachter Dr. W.________ festgestellten kognitiven
Defizite, noch dessen sonstigen Ausführungen einen genügenden Fürsorgebedarf im
Sinn von Art. 397a Abs. 1 ZGB erkennen lassen. Angesichts der ungenügenden
tatsächlichen Feststellungen wäre das angefochtene Urteil grundsätzlich erneut
aufzuheben und die Sache zu ergänzenden Feststellungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Im vorliegenden Fall ist jedoch von diesem Schritt abzusehen:
Wie bereits dargelegt (E. 3 hiervor) bestehen infolge der wiederholten
Beurlaubung der Beschwerdeführerin grundsätzliche Bedenken gegen eine
Fortführung der Freiheitsentziehung. Im Weiteren ist zu berücksichtigen, dass
die hier strittige fürsorgerische Freiheitsentziehung am 21. September 2011
verfügt worden ist. Die erste gerichtliche Beurteilung durch das
Appellationsgericht erfolgte erst am 8. Dezember 2011. Nach erfolgter
Anfechtung dieses Entscheids und der Gutheissung des von der Beschwerdeführerin
erhobenen Rechtsmittels konnte die Vorinstanz nicht wie angeordnet innert 14
Tagen ab Zustellung des begründeten bundesgerichtlichen Urteils (13. März
2012), sondern erst am 19. März 2012 erneut entscheiden. Damit hat das
Verfahren ohne Berücksichtigung des vorliegenden bundesgerichtlichen
Verfahrens, rund sechs Monate in Anspruch genommen. Mit Art. 5 Ziff. 4 EMRK,
der von den zuständigen Behörden einen Entscheid innert kurzer Frist verlangt,
ist eine weitere Verzögerung nicht zu vereinbaren. Die am 21. September 2011
angeordnete fürsorgerische Freiheitsentziehung ist demnach ohne weiteres
aufzuheben und es ist die Entlassung der Beschwerdeführerin anzuordnen, soweit
sich diese überhaupt noch in einer Anstalt befindet.

8.
Die Beschwerde ist in diesem Sinne gutzuheissen. Bei diesem Ausgang des
Verfahrens sind keine Kosten zu erheben (Art. 66 Abs. 4 BGG). Der Kanton
Basel-Stadt hat indes die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren zu entschädigen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

9.
Mit der vorliegenden Kosten- und Entschädigungsregelung wird das Gesuch der
Beschwerdeführerin um unentgeltliche Rechtspflege gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil des Appellationsgerichts
Basel-Stadt vom 19. März 2012 wird aufgehoben. Die mit Entscheid des
Fürsorgerates des Kantons Basel-Stadt vom 21. September 2011 angeordnete
fürsorgerische Freiheitsentziehung wird aufgehoben. Die Beschwerdeführerin ist
unverzüglich zu entlassen, soweit sie sich zurzeit noch in einer Anstalt
befindet.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Kanton Basel-Stadt hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 3'000.-- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, dem Fürsorgerat des Kantons
Basel-Stadt, der Abteilung Sucht des Kantons Basel-Stadt und dem
Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 4. Juni 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Hohl

Der Gerichtsschreiber: Zbinden