Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.245/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_245/2012

Urteil vom 13. September 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichterin Escher,
Bundesrichter L. Meyer, von Werdt, Herrmann,
Gerichtsschreiber von Roten.

Verfahrensbeteiligte
1. A.________,
2. B.________,
3. C.________,
4. D.________,
alle vertreten durch Rechtsanwalt Franz Hess,
Beschwerdeführer,

gegen

1. E.________,
2. F.________,
beide vertreten durch Rechtsanwalt Bernhard Stadelmann,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Überbaurecht,

Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern, 1. Abteilung,
vom 10. Februar 2012.

Sachverhalt:

A.
Die an einem Hang gelegenen Grundstücke Nrn. 4489, 4490 und 4305 (alle
Grundbuch G.________) sind mit einem Terrassenhaus überbaut, das in drei
aneinandergebaute Häuser unterteilt ist. Da die Häuser bzw. die jeweiligen
Wohngeschosse und das Dach die Grenzen der einzelnen Grundstücke überragen,
errichtete der damalige Eigentümer und spätere Verkäufer zugunsten und zulasten
der Grundstücke je ein Überbaurecht. Diesbezüglich heisst es in Ziff. 5 der
öffentlichen Urkunde vom 4. Juni 1986 Folgendes:
Grundstück Nr. 4489 besteht aus dem 3. und 4. Geschoss. Es ist eine
Maisonnette-Wohnung. Das Grundstück Nr. 4489 erhält das Ueberbaurecht zulasten
Nr. 4490 und 4305 laut Ueberbaurechtsplan vom 12. Mai 1986 mit Unterhalt bis
und mit Unterkant Bodendecke 3. Geschoss sowie bis und mit Oberkant Decke 4.
Geschoss, inklusive Dach im Wohnungsbereich und der dazugehörigen Garage mit
Garagenvorplatz, soweit es sich nicht um Teile der Decke und Dach im Bereich
der Garagen für 1. und 2. Geschoss handelt.
Die Dienstbarkeit wurde als "Überbaurecht lt. Plan" im Grundbuch eingetragen.
Die drei Häuser stehen heute je im hälftigen Miteigentum der Ehegatten
E.________/F.________ (oberes Haus; 3. und 4. Wohngeschoss; Grundstück Nr.
4489), der Ehegatten A.________/B.________ (mittleres Haus; 2. Wohngeschoss;
Grundstück Nr. 4490) und der Ehegatten C.________/D.________ (unteres Haus; 1.
Wohngeschoss; Grundstück Nr. 4305). Im Jahre 2009 erstellten die Ehegatten
E._______/F.________ auf dem in die Nachbargrundstücke hinüberragenden Dach
eine Fotovoltaikanlage.

B.
Die Ehegatten A.________/B.________ und C.________/D.________
(Beschwerdeführer) reichten am 18. Januar 2010 eine Klage ein mit dem
Hauptbegehren, die Ehegatten E.________/F.________ (Beschwerdegegner) seien zu
verpflichten, die Fotovoltaikanlage zu entfernen, soweit sie die Grundstücke
Nrn. 4490 und 4305 tangiere. Das Amtsgericht L.________ und auf Appellation der
Beschwerdeführer hin das Obergericht des Kantons Luzern wiesen die Klage ab
(Urteile vom 4. Oktober 2010 und vom 10. Februar 2012).

C.
Mit Eingabe vom 23. März 2012 erneuern die Beschwerdeführer vor Bundesgericht
ihr Klagebegehren. Es sind die kantonalen Akten, hingegen keine Vernehmlassung
eingeholt worden.

Erwägungen:

1.
Das angefochtene Urteil betrifft ein Überbaurecht (Art. 674 ZGB) und damit eine
Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG) in einer vermögensrechtlichen Angelegenheit,
deren Streitwert sich gemäss den obergerichtlichen Feststellungen (E. 8 S. 6)
auf Fr. 60'000.-- beläuft und den Mindestbetrag von Fr. 30'000.-- übersteigt
(Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Es ist kantonal letztinstanzlich (Art. 75 BGG),
lautet gegen die Beschwerdeführer (Art. 76 Abs. 1 BGG) und schliesst das
Verfahren ab (Art. 90 BGG). Auf die - im Weiteren fristgerecht (Art. 100 Abs. 1
BGG) erhobene - Beschwerde kann eingetreten werden.

2.
Das Amtsgericht hat sein Urteil am 4. Oktober 2010 gefällt und tags darauf den
Parteien zugestellt, die es am 6. bzw. 11.ds. entgegengenommen haben. Für das
erst- und zweitinstanzliche Verfahren war damit die kantonale
Zivilprozessordnung massgebend (vgl. Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 der am
1. Januar 2011 in Kraft getretenen Schweizerischen Zivilprozessordnung, SR
272).

3.
Die rechtliche und tatsächliche Ausgangslage zeigt sich fallbezogen wie folgt:

3.1 Mit der Marginalie "Überragende Bauten" sieht Art. 674 ZGB vor, dass Bauten
und andere Vorrichtungen, die von einem Grundstücke auf ein anderes überragen,
Bestandteil des Grundstückes verbleiben, von dem sie ausgehen, wenn dessen
Eigentümer auf ihren Bestand ein dingliches Recht hat (Abs. 1), und dass das
Recht auf den Überbau als Dienstbarkeit in das Grundbuch eingetragen werden
kann (Abs. 2). Hat der Überbauende ein Recht auf den Überbau als Dienstbarkeit,
kommen ihm somit zwei dingliche Rechtspositionen zu: Das Eigentum an den
überragenden Bauten und die Dienstbarkeitsberechtigung, die überragenden Bauten
in die Eigentumssphäre des Nachbarn hinüberreichen zu lassen (vgl. TUOR/
SCHNYDER/SCHMID, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 13. Aufl. 2009, § 100 N.
25 S. 943; STEINAUER, Les droits réels, II, 4. Aufl. 2012, S. 137 N. 1649).

3.2 Die Beschwerdegegner und die Beschwerdeführer sind Eigentümer von
Terrassenhäusern mit überragenden Bauten. Die Beschwerdegegner als Eigentümer
des am Abhang zuoberst gelegenen Grundstücks Nr. 4489 haben ein Überbaurecht
(Grunddienstbarkeit) zulasten der hangabwärts anschliessenden Grundstücke Nrn.
4490 und 4305 der Beschwerdeführer. Sie sind somit Eigentümer der überragenden
Bauten und aus der Grunddienstbarkeit berechtigt, die auf die Grundstücke der
Beschwerdeführer überragenden Bauten beizubehalten. Zu den überragenden Bauten
gehört nebst Teilen der Wohngeschosse auch ein Teil des Daches, auf dem die
Beschwerdegegner eine Fotovoltaikanlage erstellt haben.

3.3 Die Rechte aus dem Eigentum und aus der Grunddienstbarkeit können sich
decken, müssen es aber nicht, wenn und soweit vorab im Dienstbarkeitsvertrag
das Recht bzw. die ihm entsprechende Duldungspflicht näher bestimmt wird (z.B.
durch die Beschränkung der Ausübung auf einen Teil des belasteten Grundstücks
oder durch die Verpflichtung, eine bestimmte Art von Bauwerk zu erstellen und
bestehen zu lassen). Um diese Frage dreht sich der vorliegende Rechtsstreit.
Dass die Beschwerdegegner als Eigentümer des überragenden Daches eine
Fotovoltaikanlage erstellen dürfen, steht ausser Diskussion. Streitig ist
hingegen, ob die Beschwerdeführer aufgrund der Grunddienstbarkeit verpflichtet
sind, nicht nur das auf ihr Grundstück überragende Dach, sondern seit 2009 ein
auf ihr Grundstück überragendes Dach mit einer Fotovoltaikanlage zu dulden.

4.
Die Beschwerdeführer machen geltend, anders als das Dach selber falle die
Fotovoltaikanlage nicht unter den Begriff "Bauten und andere Vorrichtungen" im
Sinne von Art. 674 ZGB (S. 5 ff. Ziff. 6-8). Mit diesem bereits im
Appellationsverfahren erhobenen Einwand habe sich das Obergericht nicht
auseinandergesetzt (S. 4 f. Ziff. 5 der Beschwerdeschrift).

4.1 Das Obergericht hat festgehalten, die Beschwerdeführer wendeten ein, der
streitige Aufbau (Fotovoltaikanlage) sei ohne Weiteres abmontierbar und könne
daher gar nicht Gegenstand eines Überbaurechts sein (E. 3 S. 3). Es hat diesen
Einwand vorab geprüft und dafürgehalten, die Sicht sei abzulehnen. Wenn ein
Dach Gegenstand eines Überbaurechts sein könne (was ausser Frage stehe), so
umfasse dieses Recht sämtliche Teile des Daches, also auch jene, die sich ohne
Mühe entfernen liessen, wie zum Beispiel die Ziegel. Die beantragten Beweise
zum Thema, ob die streitige Anlage ohne Weiteres demontierbar sei, seien
demnach nicht abzunehmen (E. 5 S. 4 des angefochtenen Urteils). Entgegen der
Darstellung der Beschwerdeführer ist das Obergericht auf ihren Einwand
eingegangen. Es hat ausgeführt, weshalb es die Auffassung nicht teilt. Die
Begründung genügt verfassungsmässigen Anforderungen (Art. 29 Abs. 2 BV; vgl.
BGE 133 III 439 E. 3.3 S. 445; 135 III 513 E. 3.6.5 S. 520 und 670 E. 3.3.1 S.
677).

4.2 In der Sache wenden die Beschwerdeführer ein, Gegenstand des vereinbarten
Überbaurechts sei das Dach, aber nicht die Fotovoltaikanlage als zusätzliche
Dachaufbaumontage, die im Gegensatz zu Ziegeln weder eine Dachfunktion habe
noch eine konstruktive Einheit mit dem Dach bilde. Das Obergericht selber gehe
davon aus, dass die Fotovoltaikanlage kein "Bestandteil des Grundstückes" im
Sinne von Art. 674 ZGB sein könne. Es trifft zu, dass das Obergericht
angenommen hat, eine Vorrichtung - wie die fragliche Solaranlage - stelle
objektiv keinen notwendigen Bestandteil des Daches dar (E. 6.4 S. 6 des
angefochtenen Urteils). Das Obergericht hat sich dabei offenbar an die deutsche
Lehre zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks oder Gebäudes
angelehnt (vgl. STRESEMANN, Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 6.
Aufl. 2012, N. 32 zu § 94 BGB bei/in Anm. 127 mit Hinweis auf CHRISTOPH
REYMANN, Fotovoltaikdienstbarkeiten bei Anlagen auf fremden Grundstücken,
Deutsche Notar-Zeitschrift, DNotZ 2010 Heft 2, S. 84 ff., S. 96).

4.3 Gleichwohl erweist sich der Einwand der Beschwerdeführer als unbegründet.
Denn den Beschwerdegegnern steht unstreitig ein dingliches Recht am Überbau zu.
Dessen Gegenstand sind gemäss der im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeit die
in die belasteten Grundstücke hineinragenden Teile des Daches und der
Wohngeschosse. Wie das Dach aber im Einzelnen gestaltet ist (z.B. mit
Dachkäneln, Antennen, Schneereitern, Kaminaufsätzen usw.), beantwortet nicht
der Begriff "Bauten oder andere Vorrichtungen". Umfang und Inhalt des
Überbaurechts sind vielmehr durch Auslegung der Dienstbarkeit zu bestimmen
(vgl. Urteile 5A_661/2008 vom 9. März 2009 E. 3, in: ZBGR 91/2010 S. 162, und
5C.20/2003 vom 18. Juni 2003 E. 1.3, in: ZBGR 85/2004 S. 303 f.). Erst wenn
sich ergibt, dass die konkrete Dachgestaltung nicht von der Dienstbarkeit
erfasst wird, ist zu prüfen, ob ein eigentlicher Anbau an den Überbau vorliegt,
der allenfalls wiederum Art. 674 ZGB unterstünde, oder ob es sich um eine
bewegliche Sache am Überbau handelt, auf die Art. 674 ZGB nicht anwendbar ist
und die auf Verlangen des Nachbarn zu beseitigen ist, sofern der Nachbar nicht
aufgrund eines anderweitigen Rechts zu ihrer Duldung verpflichtet ist (vgl.
MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1964, N. 7 und N. 17 zu Art. 674 ZGB).

5.
Die Auslegung der Grunddienstbarkeit "Überbaurecht lt. Plan" hat die Frage zu
beantworten, ob die Beschwerdeführer eine bauliche Änderung an den überragenden
Teilen des Daches zu dulden verpflichtet sind, die darin besteht, dass auf
einer bestimmten Fläche die Dachziegel durch Solarmodule ersetzt werden
(Indachmontage) oder dass an der Ziegeleindeckung mittels Dachsparrenankern
Metallschienen und daran wiederum Solarmodule befestigt werden (Aufdachmontage;
vgl. App.Bel. 2 der Beschwerdeführer).

5.1 Das Obergericht hat die Auslegung nach Art. 738 ZGB vorgenommen (E. 6.1 S.
4 f.) und dafürgehalten, aus dem Eintrag im Grundbuch ergebe sich nichts und
der Inhalt der Dienstbarkeit sei nach dem Erwerbsgrund zu bestimmen (E. 6.2 S.
5). Der Auffassung der Beschwerdegegner, das Überbaurecht sei im vertikalen
Bereich nicht näher umschrieben und die Gestaltung in diesem Bereich deshalb
frei, ist das Obergericht nicht gefolgt. Es hat angenommen, das Überbaurecht
betreffe die beiden Wohngeschosse inklusive Dach. Sinn des Überbaurechts sei,
dem berechtigten Grundstück das Eigentum an den (überragenden) Wohngeschossen
mit Dach einzuräumen (E. 6.3 S. 5). Die Dienstbarkeit ermögliche hingegen keine
eigentlichen Ausbauten wie etwa die Errichtung eines zusätzlichen Geschosses.
Über die Dachgestaltung könne dem Wortlaut des Dienstbarkeitsvertrages
allerdings nichts entnommen werden. Dies sei denn auch in erster Linie Sache
des öffentlichen Baurechts. Der Dienstbarkeitsberechtigte sei somit bei der
Dachgestaltung im Rahmen der geltenden öffentlich-rechtlichen Bau- und
Nutzungsvorschriften sowie im Rahmen der nicht exzessiven Ausübung der
Dienstbarkeit frei. Er könne auf dem Dach Vorrichtungen anbringen, die diese
Voraussetzungen erfüllten, auch wenn eine Vorrichtung - wie die fragliche
Solaranlage - objektiv keinen notwendigen Bestandteil des Daches darstelle.
Jede Auslegung habe sich am vernünftigen Resultat zu orientieren, weshalb auch
der Zweck der Dienstbarkeit zu berücksichtigen sei. Bei deren Begründung sei
nicht an die Fotovoltaik gedacht worden. Selbst wenn der Aufbau einer flachen
Solaranlage auf dem Dach der Beschwerdegegner zu einer gewissen Mehrbelastung
führen würde, müsste dies von den Berechtigten (recte: Belasteten) geduldet
werden. Die Veränderung der Dachgestaltung durch Anbringen einer Solaranlage
beinhalte keine Änderung des bisherigen Zwecks der Dienstbarkeit, sondern
ergebe sich vielmehr aus der Entwicklung der Technik. Den entsprechenden
Ausführungen der Vorinstanz (E. 5.3 S. 7 f.) sei deshalb vollumfänglich
zuzustimmen (E. 6.4 S. 5 f. des angefochtenen Urteils). An der verwiesenen
Stelle hat das Amtsgericht unter anderem festgestellt, bei der
Fotovoltaikanlage handle es sich um flache Solarplatten, die auf dem Dach
angebracht worden seien. Die Charakteristik des Daches werde durch die
Fotovoltaikanlage nicht entscheidend verändert. Alles in allem sei
festzuhalten, dass die Beschwerdeführer durch die Fotovoltaikanlage keinen
beachtenswerten Nachteil erlitten (E. 5.3 S. 8 des amtsgerichtlichen Urteils).

5.2 Die Beschwerdeführer pflichten der obergerichtlichen Auslegung insoweit
bei, als für den Inhalt der Dienstbarkeit der Erwerbsgrund massgebend sei, d.h.
die öffentliche Urkunde vom 4. Juni 1986. Deren Wortlaut sei klar und
eindeutig. Gesprochen werde ausdrücklich nur vom "Dach", hingegen nicht von
zukünftigen, von der Dachfunktion unabhängigen Dachaufbauten wie der
Fotovoltaikanlage (S. 9 ff. Ziff. 11-13). Deren Anbringen verletze den
Grundsatz der Identität und bedeute eine Änderung des ursprünglichen Zwecks der
Dienstbarkeit, der allein darin bestanden habe, die einzelnen Wohneinheiten
separat zu veräussern und somit das geplante Bauvorhaben zu realisieren.
Weitere Bedürfnisse habe der damalige Grundeigentümer und Veräusserer der
Wohneinheiten nicht gehabt, als er das Überbaurecht als Eigentümerdienstbarkeit
errichtet habe. Das Obergericht habe denn auch verbindlich festgestellt, dass
bei der Begründung der Dienstbarkeit nicht an Fotovoltaik gedacht worden sei.
Auch nur ein entferntes Interesse an der Energiegewinnung mit einer auf dem
Dach angebrachten Anlage habe im Zeitpunkt der Begründung der Dienstbarkeit
nicht bestanden. Neue Technologien, die nicht konkret eine erweiterte Nutzung
innerhalb des ursprünglichen Zwecks ermöglichten, müssten unbeachtet bleiben.
Die Energiegewinnung durch eine Fotovoltaikanlage sei nicht ursprünglicher und
objektiv erkennbarer Zweck der vorliegend streitigen Dienstbarkeit (S. 12 ff.
Ziff. 14-17 der Beschwerdeschrift).

5.3 Die Auslegung der als "Überbaurecht lt. Plan" im Grundbuch eingetragenen
Grunddienstbarkeit hat nach den Regeln in Art. 738 ZGB zu erfolgen. Massgebend
für den Inhalt der Dienstbarkeit ist der Eintrag, soweit sich Rechte und
Pflichten daraus deutlich ergeben, und im Rahmen des Eintrages kann sich der
Inhalt der Dienstbarkeit aus ihrem Erwerbsgrund oder aus der Art ergeben, wie
sie während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden
ist (Art. 738 Abs. 1 und 2 ZGB). Der Eintrag "Überbaurecht lt. Plan" sagt
nichts zur streitigen Erstellung einer Fotovoltaikanlage. Der Plan umreisst
lediglich die Grenzen des Überbaus. Für den Inhalt ist deshalb auf den
Erwerbsgrund abzustellen (vgl. BGE 128 III 169 E. 3a S. 172; 137 III 444 E. 3
S. 448 f.). Erwerbsgrund ist die öffentliche Urkunde vom 4. Juni 1986, mit der
der damalige Grundeigentümer und spätere Verkäufer das Überbaurecht als
Eigentümergrunddienstbarkeit (sog. Eigengrenzüberbau) errichtet hat. Die
heutigen Eigentümer der berechtigten und belasteten Grundstücke sind somit
nicht die Begründungsparteien. In ihrem Verhältnis muss der Erwerbsgrund so
ausgelegt werden, wie er nach seinem Wortlaut und Zusammenhang sowie namentlich
aufgrund der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks und mit Rücksicht auf
Sinn und Zweck der Dienstbarkeit verstanden werden durfte und musste (vgl. BGE
128 III 265 E. 3a S. 267; 131 III 345 E. 1.2 S. 347). Der Zweck der
Dienstbarkeit im Besonderen ist nach den gleichen Grundsätzen zu ermitteln.
Soweit er sich nicht aus dem Eintrag im Grundbuch ergibt, gilt im Verhältnis zu
Dritten der Zweck als massgebend, der aus dem Dienstbarkeitsvertrag selber
hervorgeht oder objektiv erkennbar ist. Kann davon nicht ausgegangen werden,
ist zur Bestimmung des Zwecks danach zu fragen, welche Interessen bei
objektiver Betrachtung zur Zeit der Errichtung aufgrund der Bedürfnisse des
herrschenden Grundstücks vernünftigerweise von Bedeutung sein konnten (vgl. BGE
130 III 554 E. 3.1 S. 557 und E. 3.2 S. 559; Urteil 5A_264/2009 vom 4. Juni
2009 E. 2.2, in: ZBGR 91/2010 S. 170).

6.
Die Auslegung des Erwerbsgrundes ergibt Folgendes:

6.1 Im Erwerbsgrund wird zum Inhalt des Überbaurechts nur indirekt etwas
gesagt, zumal darin unmittelbar lediglich die Unterhaltspflicht geregelt ist.
Das Überbaurecht besteht danach für die beiden Wohngeschosse und das Dach,
wobei sich die Dienstbarkeitsfläche aus dem beigefügten Plan ergibt. Inhaltlich
kann aus der Verbindung des Überbaurechts für zwei Wohngeschosse und für das
Dach geschlossen werden, dass es nicht zulässig wäre, die Form des Daches
("Giebeldach") oder die Dachneigung zu verändern, um ein zusätzliches
Wohngeschoss einzurichten (z.B. durch ein "Mansardendach") oder neu zu
erstellen (z.B. auf einem "Flachdach"). Insoweit wird das Überbaurecht für das
Dach auch inhaltlich bestimmt.

6.2 Die Beschwerdeführer verstehen unter dem "Dach" das Dach, das der Begründer
der Dienstbarkeit hat erstellen lassen, d.h das Dach, wie es im Zeitpunkt der
Bestellung der Dienstbarkeit geplant war bzw. bestanden hat. Aus dem Wort
"Dach" kann indessen nicht geschlossen werden, jede bauliche Änderung, z.B. die
Ersetzung der Dacheindeckung aus Ziegeln durch Eternit oder das Anbringen einer
Isolierung, sei untersagt. Ein entsprechender Wille darf dem Begründer der
Grunddienstbarkeit nicht unterstellt werden. Beweggrund war für ihn, wie die
Beschwerdeführer wohl zutreffend hervorheben, durch die Begründung der
Überbaurechte die Terrassenhäuser einzeln und je zu Alleineigentum verkaufen zu
können (vgl. GERHARD EGGEN, Privatrechtliche Fragen des neuen Bauens und ihre
Wirkungen auf das Grundbuch, ZBGR 53/1972 S. 207 ff., S. 217 f. Ziff. 10). Der
Begründer war Unternehmer und hat bei der Errichtung der Dienstbarkeit im
Zweifelsfall nicht mehr gewollt, als in der Urkunde niedergeschrieben worden
ist. Die Dachgestaltung durch die Überbauberechtigten nach dem Verkauf hat für
ihn offenkundig keine Rolle gespielt. Auch an eine Fotovoltaikanlage hat er
gemäss den obergerichtlichen Feststellungen nicht gedacht. Ein gleichsam
qualifiziertes Schweigen des Begründers, wonach jede Veränderung der
ursprünglichen Gestaltung des Daches ausgeschlossen sein sollte, kann nicht
angenommen werden. Die Beschwerdegegner als unbeteiligte Dritte müssten sich
einen derartigen inneren Willen des Begründers mangels Erkennbarkeit nicht
entgegengehalten lassen (vgl. BGE 130 III 554 E. 3.1 S. 557).

6.3 Der Beweggrund des Begründers für die Errichtung des Überbaurechts darf
nicht mit dessen Zweck gleichgesetzt werden. Der Zweck des Überbaurechts
besteht und erschöpft sich darin, dem Eigentümer des berechtigten Grundstücks
das Eigentum an den in die Nachbargrundstücke hineinragenden Wohngeschossen und
am Dach zu erhalten (vgl. Urteil 5A_229/2010 vom 7. Juli 2010 E. 4.1.1, in:
ZBGR 92/2011 S. 209). Die Zweckbestimmung ist im gezeigten Sinne offen. Der
vorliegende kann nicht mit dem von den Beschwerdeführern zitierten Fall
verglichen werden, wo der Zweck mit "Recht auf die Errichtung, den Betrieb und
die Beibehaltung einer Leitung für die Übertragung elektrischer Energie
(Hochspannung)" klar umschrieben war, der Einsatz der Leitung zur Erbringung
von Fernmeldediensten deshalb gegen den Grundsatz der Identität der
Dienstbarkeit verstossen hat und sich wegen der unzulässigen Zweckänderung die
Frage einer zumutbaren Mehrbelastung infolge Technologiewandels gar nicht
stellen konnte (vgl. BGE 132 III 651 E. 8 S. 655 ff.).

6.4 Bei der vorliegenden affirmativen Dienstbarkeit mit einer weitgehend
offenen Zweckumschreibung ist dem Dienstbarkeitsbelasteten diejenige
Mehrbelastung grundsätzlich zumutbar, die auf eine objektive Veränderung der
Verhältnisse, wie etwa die Entwicklung der Technik, zurückgeht und nicht auf
willentlicher Änderung der bisherigen Zweckbestimmung beruht und die die
zweckentsprechende Benützung des belasteten Grundstücks nicht behindert oder
wesentlich mehr als bisher einschränkt (vgl. BGE 131 III 345 E. 4.3.2 S. 359;
Urteil 5C.13/2007 vom 2. August 2007 E. 5.1, in: ZBGR 90/2009 S. 158). Der
Einbau von Sonnenkollektoren gleichwie z.B. das Anbringen einer zusätzlichen
Isolierung kann dabei zur Entwicklung der Technik gezählt werden, zumal - wie
das Obergericht festgestellt hat - der Begründer der Dienstbarkeit im Jahre
1986 noch nicht an Fotovoltaik gedacht haben dürfte (vgl. zu gewandelten
technischen oder ökologischen Anschauungen: BGE 117 II 466 E. 5b S. 475,
betreffend Urheberrecht).

6.5 Der Erwerbsgrund des Überbaurechts gibt für die Gestaltung des Daches nach
dem Gesagten nur wenige inhaltliche Vorgaben und schliesst mit seiner offenen
Zweckumschreibung eine Anpassung an die technologische Entwicklung nicht aus,
wobei gestalterische Änderungen freilich einen funktionellen Zusammenhang mit
dem Dach aufweisen müssen, für das das Überbaurecht bestellt worden ist.
Zusätzliche Aufbauten auf dem Dach wie einen Taubenschlag oder eine
Wetterstation müssten die Dienstbarkeitsbelasteten nicht dulden (E. 6.1-6.4).

6.6 Was die Fotovoltaikanlage betrifft, bereitet die Indachmontage keine
Schwierigkeiten. Denn ob die Dacheindeckung aus Ziegeln oder aus Solarmodulen
besteht, kann unter dem Blickwinkel des Überbaurechts für das Dach letztlich
keine Rolle spielen und beinhaltet somit eine zulässige Gestaltung des Daches.
Als heikel erscheint hingegen die Aufdachmontage, wie sie für die
Fotovoltaikanlage hier offenbar durchgeführt worden ist, handelt es sich doch
um eine zusätzliche bauliche Vorrichtung auf dem Dach, die zumindest
funktionell nicht unmittelbar mit dem Dach zusammenhängt. Über ihre
Zulässigkeit im Sinne blosser Dachgestaltung muss aufgrund der örtlichen
Verhältnisse (z.B. Neigungswinkel, Abstand zwischen Solarmodul und
Dacheindeckung usw.) entschieden werden, die die zuständigen kantonalen
Gerichte besser kennen als das Bundesgericht. Den daherigen Ermessensentscheid
überprüft das Bundesgericht zwar grundsätzlich frei. Es übt aber Zurückhaltung
und schreitet nur ein, wenn die Vorinstanz grundlos von in Lehre und
Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen abgewichen ist, wenn sie Tatsachen
berücksichtigt hat, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle hätten
spielen dürfen, oder wenn sie umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen hat,
die zwingend hätten beachtet werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht
in Ermessensentscheide ein, falls sich diese als offensichtlich unbillig, als
in stossender Weise ungerecht erweisen (vgl. BGE 136 III 74 E. 2.2.1 S. 78; 133
III 416 E. 6.3.3 S. 419; zum Beurteilungsspielraum in technischen Fragen: BGE
135 II 384 E. 2.2.2 S. 389 f.). Die Voraussetzungen für ein bundesgerichtliches
Eingreifen sind hier nicht erfüllt. Gemäss den obergerichtlichen Feststellungen
handelt es sich um flache Solarplatten, die auf dem Dach angebracht worden
sind, die Charakteristik des Daches nicht wesentlich verändern und keinen
beachtenswerten Nachteil für die Dienstbarkeitsbelasteten bedeuten. Es kann
anhand der Akten ergänzt werden (Art. 105 Abs. 2 BGG), dass die Solarmodule
dachparallel und in einem Abstand von wenigen Zentimetern von den Dachziegeln
angebracht worden sind (vgl. App.Bel. 1 und 2 der Beschwerdeführer). Eine sich
derart an das Dach anschmiegende Fotovoltaikanlage, die mit der Dacheindeckung
gleichsam eine Einheit bildet und sich nicht merklich als zusätzliche Aufbaute
vom Dach abhebt, durften die kantonalen Gerichte als zulässige Dachgestaltung
anerkennen, die vom Überbaurecht umfasst wird und deshalb von den
Beschwerdeführern als Dienstbarkeitsbelasteten zu dulden ist.

6.7 Aus den dargelegten Gründen kann die obergerichtliche Auslegung des
Überbaurechts nicht beanstandet werden. Die Frage, wie ein eigentlicher Anbau
an den Überbau oder eine bewegliche Sache am Überbau zu behandeln wäre (E. 4.3
hiervor), kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.

7.
Insgesamt muss die Beschwerde abgewiesen werden, soweit darauf einzutreten ist.
Die Beschwerdeführer werden damit kostenpflichtig, hingegen nicht
entschädigungspflichtig, da keine Vernehmlassungen eingeholt worden sind (vgl.
Art. 66 Abs. 1 und 5 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Beschwerdeführern unter
solidarischer Haftbarkeit auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Luzern, 1.
Abteilung, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 13. September 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Hohl

Der Gerichtsschreiber: von Roten