Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.211/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_211/2012

Urteil vom 25. Juni 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter L. Meyer, von Werdt,
Gerichtsschreiber V. Monn.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Z.________,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Beistandswechsel,

Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, vom 19. Januar 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________ (geb. 1952) und Z.________ (geb. 1962) sind die geschiedenen Eltern
von S.________ (geb. 1996) und T.________ (geb. 1999). Im Scheidungsurteil vom
8. September 2004 hatte das Bezirksgericht Winterthur nicht nur den
persönlichen Verkehr zwischen Vater und Kindern geregelt, sondern auch eine
Erziehungsbeistandschaft im Sinne von Art. 308 Abs. 1 und 2 ZGB angeordnet.

B.
Mit Beschluss vom 29. Januar 2008 hob die Vormundschaftsbehörde der Stadt
A.________ die Beistandschaft gemäss Art. 308 Abs. 1 ZGB auf und ernannte
zugleich W.________ zum neuen Beistand gemäss Art. 308 Abs. 2 ZGB, nachdem die
mit diesem Amt betraute Person seit 2005 bereits zweimal ausgewechselt worden
war. Mit einem weiteren Beschluss vom 22. Dezember 2010 regelte die
Vormundschaftsbehörde in Abänderung des Scheidungsurteils auch das Besuchsrecht
zwischen X.________ und seinen beiden Kindern neu.

C.
Gegen diese vormundschaftlichen Beschlüsse setzte sich X.________ in
verschiedenen Verfahren zur Wehr. Ohne Erfolg beantragte er der
Vormundschaftsbehörde, erneut eine Erziehungsbeistandschaft nach Art. 308 Abs.
1 ZGB zu errichten, und ersuchte sie darum, dem Beistand W.________ das Mandat
zu entziehen und einen neuen Besuchsrechtsbeistand einzusetzen. Vor dem
Bezirksrat Winterthur focht X.________ auch die Änderung der
Besuchsrechtsregelung an. Der Bezirksrat vereinigte dieses Beschwerdeverfahren
mit den hängigen Beschwerden betreffend die Gesuche um Auswechslung des
Besuchsrechtsbeistands W.________ und um (Wieder-)Errichtung einer
Erziehungsbeistandschaft für S.________ und T.________ und wies alle Begehren
ab, soweit er auf die Beschwerden eintrat (Beschluss vom 26. August 2011).

D.
Hierauf gelangte X.________ an das Obergericht des Kantons Zürich. Dieses trat
auf die als Berufung entgegengenommene Eingabe nicht ein, soweit X.________ auf
der "Wiedereinführung einer Erziehungsbeistandschaft" und auf seinem Begehren
beharrte, den Besuchsrechtsbeistand auszuwechseln; bezüglich beider Punkte
erwog es im Sinne einer Eventualbegründung, die Berufung wäre bei einer
materiellen Prüfung ohnehin abzuweisen. Hinsichtlich der Besuchsrechtsregelung
bestätigte das Obergericht den Beschluss der Vormundschaftsbehörde und wies die
Berufung insofern ab.

E.
Mit Eingabe vom 9. März 2012 (Datum der Postaufgabe) wendet sich X.________
(nachfolgend Beschwerdeführer) nun an das Bundesgericht. In der Sache stellt er
das Begehren, dem Beistand W.________ unverzüglich das Mandat zu entziehen.

Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten, aber keine Vernehmlassungen
eingeholt.

Erwägungen:

1.
1.1 Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob
eine Beschwerde zulässig ist (BGE 135 III 212 E. 1 S. 216; 134 III 115 E. 1 S.
117, je mit Hinweisen).

1.2 Die Beschwerde richtet sich einzig gegen die Verweigerung des
Beistandswechsels. Streitig ist also eine nicht vermögensrechtliche
vormundschaftliche Massnahme, mithin ein öffentlich-rechtlicher Entscheid, der
in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zivilrecht steht und als Endentscheid von
einer letzten kantonalen Instanz gefällt wurde (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6,
Art. 75 und 90 BGG).

1.3 Die - hier massgebliche - ordentliche Beschwerdefrist beträgt 30 Tage nach
Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des Entscheids (Art. 100 Abs. 1 BGG).
Die Frist beginnt am Tag zu laufen, der auf die Mitteilung des Entscheids folgt
(Art. 44 Abs. 1 BGG), wobei eine Mitteilung, die nur gegen Unterschrift
überbracht wird, spätestens am siebenten Tag nach dem ersten erfolglosen
Zustellungsversuch als erfolgt gilt (Art. 44 Abs. 2 BGG).

Der angefochtene Entscheid war dem Beschwerdeführer am 25. Januar 2012 von der
Schweizerischen Post zur Abholung gemeldet worden. Die siebentägige Frist
gemäss Art. 44 Abs. 2 BGG endete somit am 1. Februar 2012, so dass die am 9.
März 2012 der Schweizerischen Post übergebene Beschwerde eigentlich verspätet
wäre. Allerdings hat Post die Abholungsfrist auf Gesuch des Beschwerdeführers
bis zum 8. Februar 2012 verlängert; an diesem Tag hat der Beschwerdeführer den
angefochtenen Entscheid auch abgeholt. Nun hat die Frage, wie lange eine
Sendung bei der Post abgeholt werden kann, aber grundsätzlich keinen Einfluss
auf den Zeitpunkt des Eintritts der gesetzlichen Zustellfiktion (Art. 44 Abs. 2
BGG), selbst dann nicht, wenn auf der Abholungseinladung eine andere als die
siebentägige Frist vermerkt ist (Botschaft des Bundesrates vom 28. Februar 2001
zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4297; BGE 127 I 31 E. 3b/aa
S. 36). Nach der Rechtsprechung kann allerdings selbst von einem Juristen, der
nicht Anwalt und auch nicht anwaltlich vertreten ist, nicht verlangt werden,
die Unterscheidung zwischen dem Ende der postalischen Abholfrist und dem Ende
der Legalfrist betreffend Zustellungsfiktion zu kennen (Urteile 1C_85/2010 vom
4. Juni 2010 E. 1.4.3; vgl. auch 2D_37/2010 vom 23. November 2010 E. 3.4).
Unter Vertrauensgesichtspunkten darf daher auch dem Beschwerdeführer aus dem
Auseinanderklaffen des Datums der Zustellfiktion (1. Februar 2012) und des
letzten Tages der postalischen Abholfrist (8. Februar 2012) kein Nachteil
erwachsen, weshalb die Beschwerde als rechtzeitig erhoben entgegenzunehmen ist.

1.4 Im ordentlichen Beschwerdeverfahren sind vor Bundesgericht in rechtlicher
Hinsicht alle Rügen gemäss Art. 95 f. BGG zulässig. Das Bundesgericht wendet
das Recht in diesem Bereich von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und prüft
mit freier Kognition, ob der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Es befasst
sich aber nur mit formell ausreichend begründeten Rügen (BGE 134 III 102 E. 1.1
S. 104 f.; s. auch Urteil 5A_92/2008 vom 25. Juni 2008 E. 2.3). Nach Art. 42
Abs. 2 BGG ist in der Begründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der
angefochtene Akt Recht verletzt. Der Beschwerdeführer muss auf den
angefochtenen Entscheid eingehen und im Einzelnen aufzeigen, worin eine
Verletzung von Bundesrecht liegt; er soll im Schriftsatz mit seiner Kritik an
den Erwägungen der Vorinstanz ansetzen, die er als rechtsfehlerhaft erachtet
(vgl. BGE 121 III 397 E. 2a S. 400; Urteil 4A_22/2008 vom 10. April 2008 E. 1).
Allgemein gehaltene Einwände, die er ohne aufgezeigten oder erkennbaren
Zusammenhang mit bestimmten Entscheidungsgründen vorbringt, genügen nicht (BGE
116 II 745 E. 3 S. 749).

2.
2.1 Zu klären wäre vor Bundesgericht an sich die Frage, ob das Obergericht auf
die Berufung hätte eintreten müssen, die der Beschwerdeführer gegen den
Entscheid des Bezirksrats erhoben hatte. Das Obergericht befand nämlich, weil
die Berufungsschrift den Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht genüge,
sei auf die Berufung nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer setzt sich damit
nicht auseinander, sondern beschränkt sich darauf, an der Erforderlichkeit
eines Beistandswechsels festzuhalten. Wie es sich mit dem
Nichteintretensentscheid des Obergerichts verhält, kann letztlich offenbleiben,
denn das Obergericht äussert sich nichtsdestotrotz auch zur Begründetheit des
Gesuchs um Auswechslung des Besuchsrechtsbeistands und kommt zum Schluss, die
Berufung wäre abzuweisen.

2.2 Das Obergericht erinnert daran, dass der Besuchsrechtsbeistand den
Interessen der Kinder verpflichtet und nicht dazu da sei, die Vorstellungen des
einen Elternteils gegenüber dem andern durchzusetzen. Deshalb könne sich der
Beschwerdeführer grundsätzlich nicht darauf berufen, dass er sich ungenügend
unterstützt fühle. Die Durchführung des Besuchsrechts hänge von
unterschiedlichsten Faktoren ab, müsse stetig angepasst werden und verlange
daher eine gewisse Flexibilität aller Beteiligten. Dass und inwiefern der
Beistand die Interessen der Kinder nicht wahrgenommen hätte, werde nicht
dargetan. Auch wenn dem Beistand im Einzelfall einmal ein Fehler unterlaufen
wäre, nach Darstellung des Beschwerdeführers rund ein Viertel aller
Besuchswochenenden nicht geklappt hätte und es auch bezüglich des
Ferienbesuchsrechts dreimal zu grösseren Schwierigkeiten gekommen wäre, könne
von vielen Fehlleistungen oder von einer unsorgfältigen Arbeitsweise des
Beistandes nicht die Rede sein. Im Ergebnis seien weder Gründe für eine
Amtsenthebung im Sinne von Art. 445 Abs. 1 ZGB geltend gemacht worden noch
lasse sich aus den erhobenen Vorwürfen ein Ungenügen im Sinne von Art. 445 Abs.
2 ZGB konstruieren. Das Obergericht räumt ein, dass das Vertrauen des
Beschwerdeführers in den Beistand zerrüttet ist und die Ablehnung eines
Beistands eine erfolgreiche Amtsausübung beeinträchtigen könne. Dies allein
genüge jedoch nicht, denn das Kindeswohl werde durch Kontinuität regelmässig
besser gewahrt als durch einen durch die bisherige Amtsführung nicht gebotenen
Wechsel. Dies gelte im vorliegenden Fall umso mehr, als bereits einmal auf
Wunsch des Beschwerdeführers ein Beistandswechsel erfolgt und es auch weiteren
Berufspersonen nicht gelungen sei, das Mandat zur Zufriedenheit des
Beschwerdeführers auszuüben. Gestützt auf all diese Erwägungen kommt das
Obergericht zum Schluss, dass die Berufung in der Sache abzuweisen wäre. Sollte
sich allerdings in Zukunft herausstellen, dass die fehlende Vertrauensbasis
zwischen Beistand und Kindsvater die Kindesinteressen ernstlich zu gefährden
drohte, müsste ein Beistandswechsel in Betracht gezogen werden.

2.3 Gegen diese Beurteilung des Obergerichts vermag der Beschwerdeführer mit
seinen Erörterungen nichts auszurichten. Zutreffend betont das Obergericht
unter Hinweis auf Art. 367 Abs. 3 ZGB, dass ein Beistand nur unter den in Art.
445 Abs. 1 und 2 ZGB aufgeführten Voraussetzungen abgesetzt werden kann. Was
der Beschwerdeführer dem Bundesgericht vorträgt, um die Notwendigkeit eines
Beistandswechsels zu belegen, erschöpft sich aber letztendlich in blossen
Variationen über das von Misstrauen und Feindschaft geprägte Verhältnis zu
seiner ehemaligen Ehefrau, deren Einflussbereich er den seiner Ansicht nach
voreingenommenen Beistand zuordnet. Zu den konkreten Bedürfnissen und
Interessen seiner Kinder, auf die es nach den zutreffenden Erwägungen des
Obergerichts in erster Linie ankommt, äussert sich der Beschwerdeführer jedoch
mit keinem Wort. Insbesondere setzt er sich auch nicht mit der vorinstanzlichen
Feststellung auseinander, wonach er nicht dargetan habe, dass der Beistand die
Interessen der Kinder nicht wahrgenommen hätte. Ebenso wenig zeigt er auf,
inwiefern das fehlende Vertrauen zwischen ihm und dem Beistand die
Kindesinteressen entgegen der Einschätzung des Obergerichts bereits im jetzigen
Zeitpunkt ernstlich gefährde.

3.
Nach dem Gesagten hält der angefochtene Entscheid vor Bundesrecht stand. Die
Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie ist abzuweisen, soweit im Lichte
von Art. 42 Abs. 2 BGG überhaupt darauf eingetreten werden kann. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens hat der Beschwerdeführer für die Gerichtskosten
aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin sind keine
entschädigungspflichtigen Aufwendungen entstanden (Art. 68 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II.
Zivilkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 25. Juni 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Hohl

Der Gerichtsschreiber: V. Monn