Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Zivilrechtliche Abteilung, Beschwerde in Zivilsachen 5A.200/2012
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
5A_200/2012

Urteil vom 30. April 2012
II. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin,
Bundesrichter Marazzi, von Werdt,
Gerichtsschreiber Möckli.

Verfahrensbeteiligte
X.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Vormundschaftsbehörde Y.________.

Gegenstand
Beistandschaft - Schlussrechnung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz,
Kammer III, vom 18. Januar 2012.

Sachverhalt:

A.
X.________, geb. 1971, von Kosovo, seit Anfang 2009 mit Ausländerausweis C, ist
verheiratet mit Z.________, geb. 1977, und hat die vier Kinder A.________, geb.
1996, B.________, geb. 1998, C.________, geb. 2000, und D.________, geb. 2007.
Bei X.________ wurden kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen (mit
narzisstischen, passiv-aggressiven und antisozialen Anteilen, ICD-10 F61),
Störungen durch Alkohol, schädlicher Gebrauch (ICD-10 F10.1) sowie eine
rezidivierende depressive Störung gegenwärtig mittelgradige Episode ohne
somatisches Syndrom (ICD-10 F33.10) diagnostiziert. Er ist deshalb in
psychiatrischer Behandlung und wurde in der Vergangenheit verschiedentlich in
psychiatrische Kliniken eingeliefert.
Ab April 2006 bis 27. April 2008 bezog X.________ Krankentaggeldleistungen.
Zwischen dem 22. Oktober und 6. Dezember 2007 fanden berufliche Abklärungen
statt, für welche die IV-Stelle Taggelder auszahlte. Am 22. Dezember 2008
verfügte die IV-Stelle Schwyz, dass X.________ Anspruch auf eine ganze
Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 100% ab 1. Juli 2007 habe.

B.
Mit Beschluss vom 22. August 2007 errichtete die Vormundschaftsbehörde
Y.________ eine Vertretungs- und Verwaltungsbeistandschaft über X.________. Mit
Beschluss vom 22. Januar 2008 nahm die Vormundschaftsbehörde das
Eingangsinventar ab.
Am 24. November 2008 reichte der Beistand E.________ der Vormundschaftsbehörde
den Rechenschaftsbericht für die Zeit vom 30. August 2007 bis 31. Oktober 2008
zur Genehmigung ein und beantragte, infolge Aufgabe seiner Tätigkeit im
Sozialzentrum F.________ die Beistandschaft auf seinen Amtsnachfolger
G.________ zu übertragen. Mit Beschluss vom 7. Januar 2009 genehmigte die
Vormundschaftsbehörde den Schlussbericht und übertrug die Beistandschaft an
H.________.
Gegen diesen Beschluss erhob X.________ am 26. Januar 2009 Beschwerde beim
Regierungsrat des Kantons Schwyz. Mit Verfügung vom 16. Februar 2009 überwies
das Sicherheitsdepartement die Beschwerde an die Vormundschaftsbehörde
Y.________.
Mit Beschluss vom 28. Oktober 2009 hob die Vormundschaftsbehörde die
Beistandschaft auf und genehmigte den Schlussbericht des Beistandes.
Am 26. November 2009 reichte H.________ den Rechenschaftsbericht für den
Zeitraum vom 1. November 2007 bis 16. November 2009 und die Schlussrechnung per
16. November 2009 ein. Am 22. Dezember 2009 reichte die I.________ AG ihren
Prüfungsbericht ein. Mit Beschluss vom 13. Januar 2010 genehmigte die
Vormundschaftsbehörde die Schlussrechnung und entliess H.________ aus dem Amt
als Beistand.
Gegen diesen Beschluss erhob X.________ am 1. Februar 2010 eine Beschwerde,
welche der Regierungsrat am 17. August 2011 abwies.
Die hiergegen erhobene Beschwerde vom 13. September 2011 wies das
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 18. Januar 2012 ab,
soweit es darauf eintrat.

C.
Gegen diesen Entscheid hat X.________ am 7. März 2012 eine Beschwerde erhoben
mit den Begehren um dessen Aufhebung und um Prüfung der Schlussrechnung der
Vormundschaftsbehörde Y.________ vom 26. November 2009 durch einen vom
Bundesgericht zu bestellenden Gutachter. Ferner verlangt er die unentgeltliche
Rechtspflege. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt, aber die kantonalen
Akten beigezogen.

Erwägungen:

1.
Angefochten ist der kantonal letztinstanzliche Endentscheid in einer
Vormundschaftssache, wogegen die Beschwerde in Zivilsachen offen steht (Art. 72
Abs. 2 lit. b Ziff. 5, Art. 75 Abs. 1 und Art. 90 BGG). Soweit der
Beschwerdeführer den Sachverhalt aus seiner eigenen Sicht schildert bzw.
ergänzt, ohne dass dieser im angefochtenen Entscheid festgestellt wäre und ohne
dass in diesem Zusammenhang die Verletzung verfassungsmässiger Rechte angerufen
würde, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (Art. 97 Abs. 1, Art. 99 Abs.
1, Art. 105 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Nicht zum Verfahrensgegenstand
gehört sodann die Errichtung der Beistandschaft als solche, welche der
Beschwerdeführer als unzulässige Zwangsverwaltung geisselt. Im Übrigen ist auf
die Eintretensfrage jeweils im Sachzusammenhang einzugehen.

2.
Das Verwaltungsgericht hat festgehalten, dass aufgrund der schwierigen
Situation bei Aufnahme der Beistandschaft (u.a. Aufenthalt in der
psychiatrischen Klinik) faktisch noch bis Anfang November 2007 die
Sozialberatung F.________ für die finanzielle Unterstützung zuständig gewesen
sei, deren Handlungen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien, und
es sich deshalb rechtfertige, die Berichtsperiode am 1. November 2007 beginnen
zu lassen. Sodann hat es darauf hingewiesen, dass gewisse Unklarheiten im
vorliegenden Verfahren daher rührten, dass die Handlungsfähigkeit des
Verbeiständeten grundsätzlich bestehen bleibe und dieser deshalb die Handlungen
des Beistandes durchkreuzen könne.
In der Sache selbst hat das Verwaltungsgericht befunden, dass die
Rechnungsführung zu keiner Beanstandung Anlass gebe. Der gesamte
Zahlungsverkehr sei erfasst und die Belege seien durchgehend nummeriert, so
dass alle Buchungssätze mühelos nachvollzogen werden könnten. Sodann sei, so
gut dies unter den gegebenen Umständen und der schwierigen Zusammenarbeit mit
dem Beschwerdeführer möglich gewesen sei, ein Inventar aufgenommen und der
Schlussrechnung beigefügt worden. Ebenfalls sei über die Vermögensentwicklung
berichtet worden. Es lägen ein Verzeichnis der Vermögenswerte, Forderungen und
Schulden sowie eine laufende Rechnung vor, weshalb von einer externen
Begutachtung abgesehen werden könne, zumal auch in materieller Hinsicht die
Rechnung nicht zu beanstanden sei.

3.
Der Beschwerdeführer erhebt eine Vielzahl von Willkür- und Gehörsrügen.

3.1 Die Behauptung des Beschwerdeführers, in willkürlicher Weise habe das
Verwaltungsgericht seine PC-Konto-Auszüge, aus denen die wahren Zahlungen
bevorgehen würden, nicht als Beweismittel zugelassen, erweist sich als
appellatorisch, ist doch nicht ersichtlich, an welcher Stelle das
Verwaltungsgericht diese aus den Akten gewiesen hätte; insbesondere ist dies
nicht in E. 2.2 geschehen, wie vom Beschwerdeführer geltend gemacht.

3.2 Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, es sei willkürlich, wenn auf die
erst im Zusammenhang mit der Beschwerde an den Regierungsrat gemachte
Zusammenstellung der Vormundschaftsbehörde vom 21. Juni 2011 abgestellt werde,
geht er nicht auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid ein, wonach
dieser Klientenkontoauszug, der den Zeitraum vom 22. August 2007 bis 16.
November 2009 betreffe, identisch mit den beiden separaten
Klientenkontoauszügen für die Zeit vom 1. November 2007 bis 31. August 2009 und
vom 1. November 2009 bis 16. November 2009 sei, welche von der
Vormundschaftsbehörde am 13. Januar 2010 genehmigt worden seien, weshalb es
sich nicht um neue Tatsachen handle, die ins Recht gelegt worden seien, zumal
die Aufstellung nach Buchungskonten im Auszug vom 21. Juni 2011 einzig als
Hilfestellung für eine einfachere Überprüfung erfolgt sei. Es ist nicht zu
sehen und durch den Beschwerdeführer auch nicht begründet, inwiefern die
Zusammenstellung vor diesem Hintergrund ein im kantonalen Verfahren
unzulässiges Novum darstellen soll. Ebenso wenig ist eine Gehörsverletzung
ersichtlich, wenn das Verwaltungsgericht befunden hat, der Beschwerdeführer
habe offensichtlich über die beiden ursprünglichen Auszüge verfügt, da er in
seiner Beschwerdeschrift vom 1. Februar 2010 ausdrücklich darauf Bezug genommen
habe, weshalb er mithin zu allen entscheidrelevanten Informationen habe
Stellung nehmen können.

3.3 Nicht zu folgen ist sodann der Behauptung, durch die willkürliche
Ausklammerung der Sozialberatung F.________ werde dieser ein rechtsfreier
Sonderstatus gewährt: Das Verwaltungsgericht hat einzig festgehalten, dass
deren Handlungen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens seien. In diesem
Zusammenhang ist weder Willkür noch eine Gehörsverletzung ersichtlich, wären
doch die Handlungen der Sozialberatung F.________ ebenfalls beschwerdefähig.
Insofern trifft es auch nicht zu, dass für diese Zeit keine
Rechnungslegungspflicht bestanden hätte bzw. die Handlungen gar nie überprüft
werden könnten. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht begründet, weshalb es
sich rechtfertige, die vorliegend relevante Berichtsperiode am 1. November 2007
beginnen zu lassen (vgl. E. 2); mit den betreffenden Ausführungen setzt sich
der Beschwerdeführer nicht auseinander.

3.4 Appellatorisch ist sodann das Wiederholen der Kritik an der
Rechnungsprüfung durch die I.________ (diese habe nur stichprobenartig geprüft;
sie führe einen anderen Schlusssaldo auf; ihre Befunde seien falsch). In diesem
Zusammenhang ist weder ersichtlich, inwiefern der angefochtene Entscheid, der
sich mit den betreffenden Vorbringen ausführlich auseinandersetzt, willkürlich
sein soll, noch ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs dargetan.
Dies gilt insbesondere auch mit Bezug auf das Vorbringen, es seien während der
Zeit der Beistandschaft von den IV-Leistungen rund Fr. 70'000.-- (Beschwerde S.
4) bzw. rund Fr. 81'000.-- (Beschwerde S. 10) nicht ausbezahlt bzw. von seinem
Vermögen abgezweigt worden, wofür das Verwaltungsgericht keine Erklärung
geliefert habe. Dieses hat festgehalten, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum
vom 1. Juni 2007 bis 31. Dezember 2009 Anspruch auf IV-Rentenleistungen in der
Höhe von Fr. 174'565.-- hatte und ihm von der Nachzahlung von Fr. 105'697.--
der IV-Stelle Schwyz vom 22. Dezember 2008 effektiv Fr. 29'722.80 ausbezahlt
wurden, weil sich folgende Differenzbeträge ergaben: bereits bezogene
IV-Taggelder von Fr. 8'528.40; Rückforderung J.________ Versicherung von Fr.
47'666.20; Rückleistung an den Sozialdienst von Fr. 20'856.--; Korrektur der
IV-Taggeld-Kürzung von Fr. 1'076.40.

3.5 Nicht einzugehen ist auf die Kritik an den SKOS-Richtlinien; im
vorliegenden Verfahren geht es um die Rechnungsprüfung, nicht um die Höhe der
ausgezahlten Unterstützungsleistungen. Im Übrigen hat sich das
Verwaltungsgericht ausführlich zum Geldfluss und auch zur Verrechnung bzw.
Rückerstattung der vorbezogenen Sozialhilfeleistungen geäussert.

3.6 Nicht zur Sache ist sodann die Rundumkritik, wonach das Verwaltungsgericht
verkannt habe, dass die "Handlungsfreiheit des Verbeiständeten" tatsachenwidrig
sei und er die Pläne des Beistandes eben gerade nicht habe durchkreuzen können,
dass er sich erst einen Anwalt habe leisten können, als er durch einen Tipp auf
die unentgeltliche Rechtspflege aufmerksam geworden sei, und dass der Grossteil
der ihm willkürlich vorenthaltenen IV-Leistungen Kindergeld betroffen habe.

3.7 Im Zusammenhang mit dem verwaltungsgerichtlich abgelehnten Antrag auf
externe Prüfung der Rechnung bzw. auf ein Gutachten kritisiert der
Beschwerdeführer, dass das Verwaltungsgericht sich selbst eine
Buchhaltungs-Expertenfunktion anmasse und falsche Plausibilitäts-Behauptungen
aufstelle, was gegen Art. 9 und Art. 29 Abs. 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verstosse. Inwiefern der angefochtene Entscheid in der Sache selbst falsch sein
soll, wird jedoch nicht substanziiert dargelegt; vielmehr belässt es der
Beschwerdeführer bei allgemeinen Behauptungen, wonach die Darstellung des
Verwaltungsgerichts "nach allgemein gültigen buchhalterischen Massstäben per se
unsinnig" sei und es im Zusammenhang mit der Gewährung der unentgeltlichen
Rechtspflege selbst anerkannt habe, dass die Notwendigkeit für den Beizug eines
Rechtsvertreters angesichts der nicht leicht überprüfbaren Schlussrechnung zu
bejahen sei. Damit ist weder Willkür noch eine Gehörsverletzung mit Bezug auf
die Schlussrechnung darzutun.
Appellatorisch ist weiter die konträr zur gegenteiligen
verwaltungsgerichtlichen Feststellung stehende Behauptung, die Buchungsbelege
seien unvollständig und verschiedene Zahlungen seien gar nicht verbucht bzw.
erfasst worden, und ebenso wenig ist eine angebliche Falsch- oder Nichtbuchung
mit der Behauptung dargetan, aufgrund des ihm teilweise verwehrten Zugriffes
auf das SZKB-Konto seien die darauf überwiesenen IV-Nachzahlungen gar nicht
"effektiv ausbezahlt" worden. Was sodann die erneut thematisierten
Taggeldzahlungen der J.________ Versicherung sowie die Sozialhilfeleistungen
der Fürsorgebehörden K.________ und Y.________ anbelangt, kann auf E. 3.4 und
die ausführlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts verwiesen werden, mit
welchen sich der Beschwerdeführer nicht substanziiert auseinandersetzt.

3.8 Soweit abschliessend nochmals sämtliche Erwägungen des Verwaltungsgerichtes
als willkürlich und gehörsverletzend gerügt werden und in diesem Zusammenhang
ein Verstoss gegen die Garantie eines fairen Verfahrens im Sinn von Art. 6
Ziff. 1 EMRK behauptet wird, ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht
sämtliche Vorbringen des Beschwerdeführers umfassend geprüft hat. Vor diesem
Hintergrund ist ein Verstoss gegen Art. 6 Ziff. 1 EMRK insbesondere auch nicht
darin zu erblicken, dass das Verwaltungsgericht kein "neutrales Gutachten" zu
den gesamten Buchungsvorgängen in Auftrag gegeben hat, durfte es doch aufgrund
eigener Prüfung der Schlussrechnung und antizipierter Beweiswürdigung zum
Schluss kommen, dass ein solches nicht erforderlich sei.

4.
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde in Zivilsachen abzuweisen, soweit darauf
eingetreten werden kann. Zudem ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen,
dass die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos anzusehen und deshalb das
Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege abzuweisen ist (Art. 64 Abs. 1 BGG).
Aufgrund der besonderen Umstände ist indes auf eine Kostenerhebung zu
verzichten (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde in Zivilsachen wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. April 2012
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Die Präsidentin: Hohl

Der Gerichtsschreiber: Möckli